3. Liga
Hartmann zum Start der 3. Liga: "Stehen international hervorragend da"

Hinter der 3. Liga liegt eine Saison der Rekorde, jetzt dominiert die Vorfreude auf die neue Spielzeit. Am nächsten Freitag, 1. August (ab 19 Uhr, live und frei empfangbar bei MagentaSport), geht es los: Rot-Weiss Essen empfängt im Eröffnungsspiel den TSV 1860 München mit Ex-Nationalspieler Kevin Volland. Zum Saisonstart spricht Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb der DFB GmbH & Co. KG, über die Entwicklung der 3. Liga, die Frage der finanziellen Stabilität, die Diskussion um zweiten Mannschaften und den VAR.
Frage: Die 3. Liga startet in ihre 18. Saison. Wie hat sich die Liga seit ihrer Einführung 2008 entwickelt – sportlich, wirtschaftlich und strukturell?
Manuel Hartmann: Die Entwicklung ist in allen Bereichen sehr positiv. Die Zuschauerzahlen haben sich im Vergleich zu den ersten Jahren verdoppelt, das öffentliche Interesse an der 3. Liga hat im Laufe der Jahre massiv zugenommen. Die Erträge haben sich sogar verdreifacht. Hinzu kommt die Entwicklung der Infrastruktur. Das betrifft nicht nur die Stadien. In den vergangenen beiden Jahren hatten jeweils 14 Klubs in der 3. Liga ein anerkanntes Leistungszentrum, die zweiten Mannschaften nicht eingerechnet. Wir stellen eine Professionalisierung auf allen Ebenen fest, von der Vermarktung bis zur Personalentwicklung.
Frage: Haben Sie weitere Beispiele?
Hartmann: Die Fanbetreuung hat sich deutlich verbessert. Im Nachwuchsbereich hat sich zunehmend herauskristallisiert, dass die 3. Liga eine sehr wertvolle Entwicklungsstufe für junge Spieler ist. Nick Woltemade, der 2023 zum Spieler der Saison in der 3. Liga gewählt wurde, und Said El Mala als Drittliga-Newcomer 2024/2025 sind aktuell sehr gute Beispiele. Sie haben diesen Sommer bei der U 21- und U 19-EM für Furore gesorgt. Zusammengefasst: Die 3. Liga ist in ihrer Struktur als eingleisige Profiliga gefestigt und hat sich als Marke etabliert. Hier gibt es Profifußball zum Anfassen, einen extrem ausgeglichenen Wettbewerb und eine tolle Bühne für Talente.
Frage: Hat sich auch die finanzielle Stabilität verbessert?
Hartmann: Ein ganz klares Ja. Die ersten Tendenzen zeigen, dass die in den vergangenen Jahren getroffenen Maßnahmen greifen. Die Vorgaben zur Eigenkapitalauflage wurden deutlich verschärft. Außerdem haben wir das ehemalige Financial Fairplay 3. Liga modifiziert. Es handelt sich nicht mehr um ein reines Belohnungssystem, Verstöße in den Kriterien Planqualität und korrigiertes Saisonergebnis haben nun Sanktionen zur Folge. Die fälligen Strafen fließen in den Belobigungstopf für die anderen Klubs und werden zusätzlich zum bestehenden Grundstock von insgesamt einer Million Euro ausgeschüttet. Wichtig war, dass die Klubs in die Erarbeitung der Maßnahmen mit eingebunden waren. Die Task Force "Wirtschaftliche Stabilität 3. Liga", in die sich viele Bereiche eingebracht haben, hat hier wertvolle Arbeit geleistet. Das Hauptziel war, mit angepassten Ausgabenregelungen die wirtschaftliche Verantwortung der Klubs zu stärken. Denn nicht die Einnahmen sind die größte Herausforderung in der 3. Liga, sondern als Klub die Ausgaben im Griff zu behalten.
Frage: Also alles gut in der 3. Liga?
Hartmann: Wir sind sehr optimistisch, die 3. Liga mittelfristig weiter zu stabilisieren und positiv fortzuentwickeln. Das plakative Klischee der Pleiteliga trifft längst nicht mehr zu. Ein Beispiel: In der Saison 2023/2024 hatte erstmals kein einziger Klub in der 3. Liga bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Saison eine Liquiditätslücke. Das sind positive Zeichen. Aber wir müssen immer realistisch und hellwach bleiben, um die Stabilität und Integrität des Wettbewerbs zu schützen. Das Regelwerk kann nicht komplett ausschließen, dass einzelne Klubs temporär über die Stränge schlagen. Auch hier versuchen wir, mit passenden Mechanismen vorab entgegenzuwirken. Klubs, die mehr als 80 Prozent ihrer Gesamterträge für das Personal im Spielbetrieb verwenden, müssen beispielsweise eine zusätzliche Liquiditätsreserve in Höhe von einer Million Euro hinterlegen. Damit wird ein Risikopuffer geschaffen und zugleich die Hürde höher gesetzt, überhaupt derart stark ins wirtschaftliche Risiko zu gehen.
Frage: Wäre es vorstellbar, die 3. Liga auszugliedern, um die Erträge für die Klubs zu verbessern?
Hartmann: Die Ertragsentwicklung ist sehr gut. Der Gesamtertrag in der Saison 2023/2024 lag bei fast 300 Millionen Euro, das waren im Schnitt 16,2 Millionen pro Klub. Hierbei sind nur die Klubs mit ersten Mannschaften in der 3. Liga eingerechnet. Damit stehen wir im internationalen Vergleich hervorragend da. In Europa würden sich viele 2. Ligen solche Zahlen wünschen. Die Erträge haben sich in den vergangenen beiden Jahren um mehr als 50 Prozent erhöht. Wir haben also für eine 3. Liga ein sehr hohes Niveau erreicht, gleiches gilt für die grundsätzliche Attraktivität der Liga. Auf dieser Grundlage wollen wir uns punktuell weiterentwickeln. Eine Ausgliederung steht von Seiten des DFB nicht zur Debatte, es ist auch kein Wunsch in diese Richtung von den Klubs an uns herangetragen worden. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die Liga jährlich eine hohe Fluktuation von sechs bis sieben Klubs hat. Das ist für die Fans und sportliche Spannung gut, würde aber bei einer Ausgliederung eine stabile Governance deutlich erschweren. Wir sehen uns hier sehr gut aufgestellt – auch durch die Einbindung der Klubs über den Ausschuss 3. Liga.
Frage: Welche Gedanken gibt es beim DFB, die Attraktivität der 3. Liga weiter zu stärken?
Hartmann: Ein aktueller Schwerpunkt ist der verstärkte Fokus auf die Talententwicklung. Die 3. Liga hat sich mehr und mehr als wertvolle Bühne für junge Spieler herauskristallisiert. Ihre Bedeutung für die Entwicklung von Talenten hat spürbar zugenommen. In der abgelaufenen Saison entfielen mehr als 30 Prozent der Gesamteinsatzminuten in der 3. Liga auf Spieler unter 23 Jahren mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das ist ein neuer Bestwert und liegt deutlich über der Bundesliga und 2. Bundesliga. Insgesamt 21 Spieler aus der 3. Liga waren in der abgelaufenen Saison für die deutschen U-Nationalmannschaften im Einsatz - auch das ist ein neuer Rekord. Allein bei der U 19-EM waren sieben Drittligaspieler im deutschen Kader. Mit Said El Mala wurde einer von ihnen in die UEFA-Mannschaft des Turniers gewählt. Aktuell prominenteste Beispiele, welch wichtige Entwicklungsstufe die 3. Liga sein kann, sind sicher Nick Woltemade und Angelo Stiller. Aber auch Stars wie Joshua Kimmich, Antonio Rüdiger, Thomas Müller und noch einige andere haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass der Weg aus der 3. Liga bis ganz nach oben führen kann. Um diese Entwicklung weiter zu fördern, wird der Nachwuchsfördertopf in der 3. Liga zur neuen Saison auf drei Millionen Euro erhöht. Und das Ziel ist, ihn noch weiter auszubauen.
Frage: Die Teilnahme der zweiten Mannschaften ist umstritten. Wie bewerten Sie deren Stellenwert für die Liga?
Hartmann: Es ist offenkundig, dass hier ein Spannungsfeld besteht. Das ergibt sich aus den unterschiedlichen Perspektiven. Auf der einen Seite die Fans und die Öffentlichkeit, die zweite Mannschaften als wenig attraktiv wahrnehmen. Auf der anderen Seite steht der Gedanke der bestmöglichen Talentförderung im deutschen Fußball. Dieser Aspekt kommt in der öffentlichen Diskussion oft etwas kurz. In der 3. Liga selbst gibt es unter den Klubs sehr wenige kritische Töne zum Thema zweite Mannschaften – aus mehreren Gründen: Zweite Mannschaften sind in der 3. Liga keine Konkurrenz um den Aufstieg oder um die DFB-Pokalplätze. Außerdem bedeutet jede zweite Mannschaft mehr TV-Geld für die anderen Vereine, weil nur die Klubs mit ersten Mannschaften in der 3. Liga daran partizipieren. Es ist im Übrigen kein Trend hin zu zweiten Mannschaften in der 3. Liga zu erkennen. Vergangene Saison waren erstmals seit 2015/2016 wieder drei zweite Mannschaften vertreten, in der neuen Saison sind es zwei.
Frage: Wieso spielen die zweiten Mannschaften in der 3. Liga?
Hartmann: Die zweiten Mannschaften sind ein wesentlicher Bestandteil zur Heranführung von Talenten und für den Übergang in den Profibereich. Es ist statistisch nachgewiesen, dass frühe und regelmäßige Spielpraxis im Erwachsenenbereich förderlich für den weiteren Karriereverlauf ist. Hier leisten zweite Mannschaften einen wichtigen Beitrag. Dieser wäre aus der Erfahrung heraus allein über erste Mannschaften nicht abbildbar. Vor allem in Traditionsklubs, die häufig unbedingt aufsteigen wollen oder gegen den Abstieg kämpfen, herrscht ein großer Druck auf allen Beteiligten. Die Folge: Es wird eher auf erfahrene Spieler gesetzt und jüngere Spieler erhalten geringere Einsatzzeiten.
Frage: Was ist mit dem Gedanken einer eigenen Liga für U 23-Mannschaften?
Hartmann: Dass der Wettkampf gegen Ältere für Spieler im Übergangsbereich unerlässlich ist, ist unumstrittene Expertenmeinung. Für viele Lizenzvereine ist diese Wettbewerbssituation ein entscheidendes Kriterium für das Gelingen von Karrierewegen. Man muss sich nur die damaligen Kader ansehen, mit denen der FC Bayern II Meister in der 3. Liga wurde und der SC Freiburg II später Vizemeister. Dort haben sich viele Spieler hervorragend entwickelt. Prominenteste Beispiele aus diesen Mannschaften sind Jamal Musiala, Angelo Stiller und U 21-Nationaltorhüter Noah Atubolu. Das Spielen unter Gleichaltrigen auch im Anschluss an die U 19 sehen die Experten kritischer. Aus sportlicher Sicht wäre eine eigene Liga für U 21- oder U 23-Mannschaften also kontraproduktiv.
Frage: Werden allmählich die Technologien wie VAR oder Torlinientechnik in den Spielbetrieb der 3. Liga integriert?
Hartmann: Hier besteht ein kontinuierlicher Austausch zwischen dem DFB und den Klubs. Die Meinungsbilder in den bislang vorgenommenen Abstimmungen waren relativ eindeutig. Bisher ist mehrheitlich keine Einführung von Seiten der Klubs gefordert. Es gilt hierbei, verschiedene Aspekte sehr gut abzuwägen.
Frage: Welche sind das in erster Linie?
Hartmann: Finanziell ist zu beachten, dass die Kosten zur Initialisierung sowie die unterjährigen Kosten durch die Klubs refinanziert werden müssten. Darüber hinaus müsste im Hinblick auf den VAR das Personal im Schiedsrichterbereich weiter aufgestockt werden. Besonders wichtig sind die grundsätzlichen technischen Voraussetzungen und die damit verbundene Erwartungshaltung. Das Kamerakonzept in den Übertragungen der 3. Liga beinhaltet deutlich weniger Einstellungen als in der Bundesliga und 2. Bundesliga. Das erschwert es, strittige Situationen in der 3. Liga zufriedenstellend einzusehen und aufzulösen. Die mögliche Folge könnten zusätzliche Diskussionen und eine noch größere Enttäuschung der Betroffenen sowie der Öffentlichkeit über den VAR in der 3. Liga sein. Erkenntnisse aus technischen Weiterentwicklungen und neu getesteten Modellen müssen abgewartet werden. Auch andere Perspektiven sind einzubeziehen - nicht zuletzt die Fans, die zum Teil sehr kritisch auf die Auswirkungen des VAR blicken. Es handelt sich hier um einen fortlaufenden Diskussionsprozess. Maßgeblich sind dabei am Ende die betroffenen Vereine.
Frage: Herr Hartmann, was liegt Ihnen in der 3. Liga noch am Herzen?
Hartmann: Ich freue mich, dass die 3. Liga auch im Bereich Nachhaltigkeit einen riesigen Schritt nach vorne gemacht hat. Der DFB hat Nachhaltigkeitsrichtlinien erlassen, die in der vergangenen Saison testweise in der 3. Liga eingeführt wurden und nun verbindlich greifen. Die neuen Kriterien sollen einen gemeinsamen Standard aller Vereine als Basis für weiterführende individuelle Nachhaltigkeitsbemühungen gewährleisten. Es geht dabei nicht nur um Klima und Umwelt, sondern auch um Klubführung und -organisation sowie soziale Verantwortung. Wir haben damit die Lücke zur Bundesliga und 2. Bundesliga geschlossen und die dort bestehende Nachhaltigkeitsrichtlinie auf die 3. Liga sinnvoll heruntergebrochen. Auch das trägt zur Weiterentwicklung der Liga, ihrer Professionalisierung und Attraktivität bei.
Das Interview wurde von saarnews für das Saisonmagazin zum Start der 3. Liga geführt.
Kategorien: 3. Liga, DFB GmbH & Co. KG, Talentförderung
Autor: dfb

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