3. Liga

RWE-Trainer Uwe Koschinat: "Vertrauen enorm gewachsen"

01.08.2025
Koschinat: "Der Ehrgeiz und die Power, das Maximale herauszuholen, ist auf jeden Fall vorhanden" Foto: Getty Images

Nicht nur die Fans von Rot-Weiss Essen und des TSV 1860 München fiebern dem Eröffnungsspiel der neuen Saison 2025/2026 in der 3. Liga entgegen. Am heutigen Freitag (ab 19 Uhr, live und frei empfangbar bei MagentaSport) stehen sich die beiden Traditionsvereine an der Hafenstraße gegenüber. Im DFB.de-Interview spricht RWE-Trainer Uwe Koschinat mit Mitarbeiter Ralf Debat über den Start und die Perspektiven.

DFB.de: Die 3. Liga startet mit dem Duell zwischen RWE und dem TSV 1860 München in die neue Saison. Hätten Sie sich ein besseres Auftaktspiel wünschen können, Herr Koschinat?

Uwe Koschinat: Nein, definitiv nicht. Es treffen zwei Traditionsklubs aufeinander, es ist ein Flutlichtspiel, das Stadion ist ausverkauft. Für uns ist der TSV 1860 ein echter Gradmesser. Danach wissen wir, wo wir stehen.

DFB.de: Für viele Beobachter sind die "Löwen" vor allem wegen ihrer hochkarätigen Neuverpflichtungen der Aufstiegsfavorit Nummer eins. Für Sie auch?

Koschinat: Klares Ja. Der Verein macht aus seinen Ambitionen ja auch keinen Hehl. Wer sich so prominent verstärkt, der weiß natürlich, welche Erwartungen damit verbunden sind. Hinzu kommt, dass 1860 schon in der Vorsaison eine gute Rückrunde gespielt und jetzt auch während der Vorbereitung überzeugt hat.

DFB.de: Rot-Weiss Essen hat in den bisherigen drei Spielzeiten in der 3. Liga am 1. Spieltag jeweils verloren. Wie wollen Sie das ändern?

Koschinat: Eines vorweg: Die früheren Ergebnisse spielen für mich gar keine Rolle, damit beschäftige ich mich erst gar nicht. Sagen kann ich dagegen, dass wir nach der positiven Entwicklung während der abgelaufenen Saison und nach unserer ebenfalls starken Vorbereitung allen Grund haben, selbstbewusst in das Spiel zu gehen. Wir sind gut gerüstet und haben gerade in den Abendspielen vor eigenem Publikum in den zurückliegenden Monaten immer überzeugt. Das wollen wir fortführen.

DFB.de: Welche Bedeutung hat grundsätzlich ein erfolgreicher Saisonauftakt?

Koschinat: Möglichst gut zu starten, ist auf jeden Fall sehr wichtig, auch wenn sich das nicht immer am nackten Ergebnis festmachen lässt. Klar, ein Erfolg und im besten Fall auch eine gute Leistung beruhigen. Aber auch nach einer Niederlage werden wir ganz sicher nicht alles über den Haufen werfen. Dazu haben wir uns eine zu stabile Grundlage geschaffen. Der Saisonstart kann eine Bestätigung für den eingeschlagenen Weg sein, kann aber auch wichtige Hinweise liefern, an welchen Stellen Korrekturen notwendig sind.

DFB.de: Hinter Meister Arminia Bielefeld war Rot-Weiss Essen die erfolgreichste Mannschaft der vergangenen Rückserie, kletterte dabei aus der Abstiegszone bis auf einen einstelligen Tabellenplatz. Welche Erwartungen ergeben sich daraus?

Koschinat: Was mich persönlich angeht, gibt mir die positive Entwicklung Anlass, viel Optimismus und Selbstbewusstsein auszustrahlen.

DFB.de: Von einigen Trainerkollegen wird auch RWE zu den Kandidaten auf die Aufstiegsplätze gezählt. Ehrt oder ärgert Sie das?

Koschinat: Weder noch. Zum Zeitpunkt dieser Umfragen sind aus meiner Sicht nur wenige Rückschlüsse auf das tatsächliche Leistungsvermögen der einzelnen Mannschaften möglich. Bei vielen Vereinen ist die Kaderplanung noch nicht abgeschlossen, noch bis Anfang September sind Transfers möglich. Von daher messe ich dem keine große Bedeutung bei.

DFB.de: Was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um in der 3. Liga erfolgreich zu sein?

Koschinat: Eine gute körperliche Robustheit spielt bei der extremen Leistungsdichte in dieser Spielklasse ebenso eine wesentliche Rolle wie eine möglichst hohe Effektivität. Man muss in der Lage sein, konstant zu punkten, dann längere Krisen werden bestraft. Gerade in der abgelaufenen Saison sind mit dem SV Sandhausen und der U 23 von Borussia Dortmund zwei Teams in den Abstiegsstrudel geraten, die sich über weite Strecken in ganz anderen Tabellenregionen aufgehalten haben. Wenn es Rückschläge gibt, ist es entscheidend, die Ruhe zu bewahren und an die eigenen Qualitäten zu glauben.

DFB.de: Bis auf Julian Eitschberger sind alle Stammspieler der Rückrunde geblieben. Kann das gerade in der Anfangsphase der Saison ein entscheidender Vorteil gegenüber der Konkurrenz sein?

Koschinat: Diese Konstellation ermöglicht es uns, von Beginn klare Ideen zu verfolgen. Durch die erfolgreiche Rückserie und den Gewinn des Niederrheinpokals hat die Mannschaft eine innere Sicherheit gefunden. Die Jungs wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Davon werden wir sicherlich profitieren.

DFB.de: Welchen neuen Input bekommt das Team durch die verpflichteten Zugänge?

Koschinat: Mit Marvin Obuz, der vom 1. FC Köln zu uns zurückgekehrt ist, haben wir einen Spezialisten für die rechte Angriffsseite dazubekommen, der uns taktisch noch flexibler macht. Luca Bazzoli ist ein spielstarker und robuster Sechser oder Innenverteidiger, der uns als Spielertyp guttut und das Team besser macht. Aber auch die weiteren neuen Spieler bieten uns wertvolle Optionen und erhöhen den Konkurrenzkampf. Positiv erwähnen muss ich in diesem Zusammenhang aber auch unsere zahlreichen jungen Spieler, die sich sehr positiv entwickeln und in das Rennen um die Stammplätze eingreifen.

DFB.de: Innerhalb weniger Tage waren sämtliche 11.907 Dauerkarten vergriffen. Wie kommt das bei Ihnen und beim Team an?

Koschinat: In der Beziehung zwischen Mannschaft und Anhängern ist das gegenseitige Vertrauen enorm gewachsen. Das ist ein Faustpfand, das wir mitnehmen. Die Menschen haben richtig Bock auf die neue Saison - wir auch.

DFB.de: Selten hat es ein Trainer so schnell in die Herzen der RWE-Fans geschafft wie Sie. Wie empfinden Sie diese Entwicklung?

Koschinat: In erster Linie ist es ein Spiegelbild dessen, was das Team auf dem Platz leistet. Ohne sportlichen Erfolg wäre auch die Reaktion auf meine Person eine andere. Dennoch denke ich, dass die Fans spüren, dass ich ein Typ bin, der gerne vorangeht, der sich auch in schwierigen Situationen nicht weg duckt und der eine klare Linie verfolgt.

DFB.de: Stellen Sie sich darauf ein, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden?

Koschinat: Ich habe schon oft gesagt, dass es als Trainer immer ein schmaler Grat zwischen "Uwe, Uwe"- und "Uwe raus"-Rufen ist. Ich für meinen Teil werde alles tun, was in meiner Macht steht, um mit Rot-Weiss Essen auch weiterhin erfolgreich zu sein.

DFB.de: Die Partie gegen die "Löwen" wird Ihr 238. Spiel in der 3. Liga sein. Damit kommen Sie unter den derzeitigen 20 Trainern auf die meisten Einsätze und belegen in der Liste der Rekordtrainer insgesamt Platz fünf. Was bedeutet Ihnen das?

Koschinat: Gerade wenn ich an die Anfangszeit meiner Karriere zurückdenke, ist das eine überragende Zahl. Meine erste Cheftrainerstelle hatte ich beim damaligen Aufsteiger Fortuna Köln in der Regionalliga West angetreten. Damals erschien selbst der Sprung in die 3. Liga meilenweit entfernt. Inzwischen schon bei deutlich mehr als 300 Partien in der 2. Bundesliga und in der 3. Liga an der Seitenlinie gestanden zu haben, ist schon eine Hausnummer.

DFB.de: Welchen besonderen Reiz übt die 3. Liga auf Sie als Trainer aus?

Koschinat: Die Spielklasse ist in jeder Saison eine große Herausforderung. Zum einen kommen immer sechs bis sieben neuen Vereine hinzu, so dass die Liga im Vorfeld nur schwer vorhersehbar ist. Es gibt immer wieder eine interessante Mischung durch zahlreiche gefühlte Erst- oder zumindest Zweitligisten mit riesigen Zuschauerzahlen, kleineren Klubs mit anderen Ambitionen und Rahmenbedingungen sowie zweiten Mannschaften, bei denen die Nachwuchsförderung besonders im Blickpunkt steht. Die Drucksituation, sich in dieser Liga und damit auf der bundesweiten Bühne zu behaupten, ist schon erheblich.

DFB.de: Sie haben schon einige Stationen in der 2. Bundesliga hinter sich. Wie groß ist Ihr Ehrgeiz, wieder dort zu arbeiten?

Koschinat: Der Ehrgeiz und die Power, das Maximale herauszuholen, ist auf jeden Fall vorhanden. Dennoch gehört meiner voller Fokus allein meiner jetzigen Aufgabe, mit der ich mich zu 100 Prozent identifiziere. Ganz ehrlich: Aktuell kann es für mich nichts Besseres geben, als Trainer bei Rot-Weiss Essen und mit dem Team so erfolgreich wie möglich zu sein.

Kategorien: 3. Liga

Autor: mspw