DFB-Pokal

Dingert vor Finaleinsatz: "Wertschätzung für die Karriere"

21.05.2025
Christian Dingert (m.): "Habe es mir immer gewünscht und hatte das Pokalfinale als Ziel vor Augen" Foto: IMAGO

Christian Dingert pfeift am Samstag (ab 20 Uhr, live im ZDF und bei Sky) das 82. DFB-Pokalfinale zwischen dem VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. Für den 44-Jährigen ist es das erste Endspiel in diesem Wettbewerb. Mit DFB.de spricht Dingert über das Finale und seine Rituale vor einem Spiel.

DFB.de: Christian Dingert, herzlichen Glückwunsch zur Nominierung als Schiedsrichter für das DFB-Pokalfinale 2025! Wie haben Sie von der Ansetzung erfahren und was ging Ihnen als erstes durch den Kopf?

Dingert: Der Anruf kam von Knut Kircher, dem Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH. Er hat mir die frohe Botschaft übermittelt. Ich war zunächst – wie sagt man so schön – geflasht und habe das nicht so richtig realisiert. Die Überraschung war im ersten Moment geglückt. Dann überwog aber relativ schnell die Freude.

DFB.de: Das heißt, Sie haben es nicht kommen sehen?

Dingert: Mein Team und ich haben bereits in der vergangenen Saison gute Leistungen gezeigt. Daran haben wir in dieser Spielzeit angeknüpft. Ich kann nicht sagen, dass ich es habe kommen sehen, aber ich habe es mir immer gewünscht und hatte das Pokalfinale als Ziel vor Augen. Ich hatte die Hoffnung, dass es irgendwann klappt.

DFB.de: Bundesliga-Debüt 2010 beim Spiel 1. FC Köln gegen den FC St. Pauli, zuletzt das insgesamt 200. Bundesliga-Spiel geleitet, als Video-Assistent bei zwei Europameisterschaften im Einsatz gewesen, nun das DFB-Pokalfinale – wo ordnen Sie dieses Spiel in Ihrem persönlichen Highlight-Ranking ein? 

Dingert: Zweifelsohne ist das DFB-Pokalfinale das Highlight schlechthin. Man hat als Schiedsrichter über die Jahre viele Spiele mit Höhen und Tiefen hinter sich gebracht. Das Pokalfinale ist neben der Bestätigung der eigenen aktuellen Leistung auch ein Stück weit eine Wertschätzung für die Karriere. Ich möchte nicht sagen, dass die Nominierungen als Video-Assistent bei der EURO 2024 (z. B. im EM-Halbfinale zwischen England und den Niederlanden, Anm. d. Red.) weniger relevant sind. Als Schiedsrichter kommt man aber über die Spielleitung auf dem Feld. Daher ist diese Ansetzung für mich umso schöner. 

DFB.de: Wie bereiten Sie und Ihr Team sich auf dieses besondere Spiel vor?

Dingert: Wichtig ist, dass man auch vor so einem Spiel eine grundsätzliche Routine hat. Wir gehen es prinzipiell so an wie jedes andere Spiel auch. Es ist wichtig, dass wir jetzt nicht sagen, dass wir im Vorfeld irgendetwas ändern müssen. Wir haben unseren bewährten Ablauf. Ansonsten werde ich mir, wie in der Bundesliga und 2. Bundesliga auch, die Mannschaften im Vorfeld noch einmal im Detail anschauen. Insbesondere was deren Taktik und einzelne Spielszenen angeht, damit wir da professionell vorbereitet sind.

DFB.de: Geht das so einfach vor einem Pokalfinale?

Dingert: Natürlich gibt es im Vorfeld ein bisschen mehr zu regeln und abzustimmen. Es herrscht eine Art Ausnahmezustand in Berlin. Aber grundsätzlich läuft es schon so ab wie bei jedem anderen Spiel auch.

DFB.de: Spielt eine Rolle, dass es auf dem Papier eine Art Klassenunterschied im Finale zwischen dem Meister der 3. Liga Arminia Bielefeld und dem Champions-League-Teilnehmer VfB Stuttgart gibt?

Dingert: In der ersten Pokalrunde in dieser Saison hatte ich dieses Szenario schon einmal mit Rot-Weiß Essen gegen RB Leipzig. Das war auch 3. Liga gegen Bundesliga. Von daher ist das nichts Unbekanntes für uns. Ich will auch gar nicht auf die Geschichte "David gegen Goliath" eingehen. Bielefeld spielt nicht zu Unrecht im Pokalfinale. Sie haben hochkarätige Mannschaften besiegt, den Titelverteidiger aus dem Wettbewerb befördert. Wir gehen die Sache seriös und ganz offen an.

DFB.de: Sie haben es schon gesagt: Berlin wird im Ausnahmezustand sein. Das Spiel findet standesgemäß zur besten Sendezeit um 20 Uhr statt. Wie schafft man es, vor so einem großen Spiel den Tag über cool zu bleiben?

Dingert: Wir hatten über die Saison hinweg ja öfter mal Abendspiele. Deshalb haben wir auch da einen routinierten Tagesablauf. Es hilft schon, eine gewisse Lockerheit zu behalten, trotzdem aber auch den Fokus auf das Spiel zu legen. Gleichwohl ist es so, dass man vor Spielen ein Kribbeln im Bauch hat. Dieses Mal wird es wahrscheinlich beim Einlaufen so weit sein und dann vielleicht einen Tick mehr als sonst. Es wird sicherlich ein Mix aus Vorfreude, Angespanntheit und Fokus.

DFB.de: Wie sieht denn so ein Tagesablauf aus?

Dingert: Wir starten mit dem Frühstück. Ausnahmsweise wird es dann im Anschluss ein "Matchday Meeting" geben, in dem alles noch einmal abgesprochen wird, was Abläufe wie die Fahrt zum Stadion usw. betrifft. Danach bespreche ich mit meinem Team alle wichtigen Details. Nach dem Mittagessen ist Ruhe angesagt. Jeder bereitet sich dann individuell vor. Der eine legt sich gerne nochmal hin, der andere geht ins Gym oder liest ein Buch. 

DFB.de: Was für ein Typ sind Sie?

Dingert: Ich benötige Ruhe. Ich mache vielleicht ein Schläfchen. Und dann folgt auch schon bald die Abfahrt in Richtung Stadion.

DFB.de: Sie haben Ihr Team schon erwähnt. Sie werden gemeinsam mit Benedikt Kempkes und Nikolai Kimmeyer auf dem Feld stehen. Unterstützt von Robert Hartmann als Viertem Offiziellen, Sascha Thielert als Ersatz-Assistenten sowie Benjamin Brand und Felix-Benjamin Schwermer als VARs. Haben Sie ihnen die frohe Kunde von der Ansetzung selbst überbracht?

Dingert: Es war mir ein Anliegen, dass ich es meinen beiden Assistenten Benedikt und Nikolai persönlich sage. Denn die Ansetzung ist eine Auszeichnung für das gesamte Team, weil wir seit der Vorsaison gemeinsam zu den Spielen rausfahren. Gesagt habe ich es ihnen vor einem der letzten Bundesligaspiele bei einem Abendessen. Ich habe ihnen selbst angefertigte Eintrittskarten auf den Platz gelegt. Statt "Block", "Reihe", "Sitz" stand dort dann das Stadion drauf und "Seitenlinie Trainerseite" und "Seitenlinie Gegenseite". Beide waren kurz verwirrt. Die anderen Kollegen hatte ich telefonisch informiert.

DFB.de: Wie war die Reaktion, als Ihre Assistenten realisierten, was es mit den speziellen Karten auf sich hat?

Dingert: Sie konnten es im ersten Moment nicht glauben. Kurz darauf aber waren sie sehr euphorisch und haben sich riesig gefreut.

DFB.de: Schiedsrichter-Assistenten stehen häufig weniger im Fokus als der Schiedsrichter selbst. Können Sie uns Ihr Team vorstellen: Was macht Benedikt Kempkes und Nikolai Kimmeyer aus?

Dingert: Mit Benedikt arbeite ich schon seit einigen Jahren zusammen. Er ist der Ruhepol auf der Trainerseite. Da er auch früher mal in der 2. Bundesliga gepfiffen hat, gibt er mir ab und zu auch mal Input, was das Spielmanagement angeht. Ansonsten hält er auch neben dem Vierten Offiziellen die Trainer manchmal in Schach. Nikolai hat sein erstes Bundesliga-Spiel mit uns 2023 gemacht. Er ist auch eher der ruhigere Typ, besonnen und fokussiert.

DFB.de: Sie leiten nicht nur das wichtigste Pokalspiel in Deutschland, Sie werden dabei auch noch eine RefCam tragen, zusätzlich wurde das Public Announcement auch im Finale eingeführt. Da kommt ganz schön was zusammen, oder?

Dingert: Für uns ist das nicht komplett neu. Ich stehe allem, was mehr Transparenz schafft, positiv gegenüber. Selbst beim Public Announcement haben wir nun seit dem Start der Testphase nach der Winterpause einige Erfahrungen gesammelt. Ich habe auch schon zwei Durchsagen gehabt. Was die RefCam angeht, bekomme ich während dem Spiel gar nicht mit, was da für Bilder am Ende ausgespielt werden. Es ist dann einfach eine zusätzliche Kamera, mehr nicht. Die Herausforderung wird eher die zusätzliche Verkabelung sein, das dauert in der Vorbereitung ein paar Minuten länger.

DFB.de: Haben Sie ein besonderes Ritual vor dem Spiel?

Dingert: Das Ritual ist bei mir der geregelte und routinemäßige Zeitablauf vor dem Spiel. Sind wir im Stadion angekommen, machen wir die Platzrunde mit Soundcheck. Jeder hat im Anschluss seinen eigenen Ablauf. Ich lege mir meine Schiedsrichterutensilien raus, vom Trikot über die Pfeife bis zum Freistoßspray. Das ist meine Routine. Aberglaube oder ein konkretes Ritual gibt es bei mir nicht.

DFB.de: In Ihrem 200. Bundesliga-Spiel sind Sie in einem Sondertrikot aufgelaufen. Darauf zu sehen waren die Namen von 62 Schiedsrichter*innen, die im Rahmen der "Danke Schiri"-Aktion vom DFB ausgezeichnet wurden. Möchten Sie noch eine Botschaft an die so wichtigen Unparteiischen an der Basis senden?

Dingert: Ich möchte an dieser Stelle nochmal erwähnen, dass diese jährliche Veranstaltung vom DFB immer etwas Besonderes ist und eine besondere Wertschätzung darstellt. Das ist eine Auszeichnung der 62 Schiedsrichter*innen an der Basis, stellvertretend für alle, die im Amateurbereich tätig sind und dort so großartige Arbeit leisten. Dort ist es nicht immer ganz so einfach. Wichtig ist, dass man immer den Spaß und die Leidenschaft in den Vordergrund stellt, auch wenn die Kritik manchmal unsachlich oder unfair ist.

DFB.de: Abschließend: Wie sieht für Sie ein erfolgreiches Pokalfinale aus?

Dingert: Das Pokalfinale ist ein Erfolg für uns, wenn nach dem Spiel niemand über den Schiedsrichter spricht. Das ist in jedem Spiel so und das bringt unser Jobprofil mit. Wenn die Zuschauer ein tolles Fußballspiel sehen und der Schiri im Hintergrund bleibt, dann haben wir als Team ein erfolgreiches DFB-Pokalfinale erlebt.

Kategorien: DFB-Pokal, Schiedsrichter

Autor: mgb