Männer-Nationalmannschaft

Zuletzt 6:1: Die DFB-Pflichtspielhistorie gegen Nordirland

07.09.2025
Steuerte beim 6:1 gegen Nordirland im Jahr 2019 drei Tore bei: Serge Gnabry Foto: GES/Marvin Ibo Guengoer/DFB

Gegen Nordirland trat die deutsche Nationalmannschaft bisher 19-mal an – 14-mal ging es um Punkte. Meist in der Qualifikation, nur 1958 (WM) und 2016 (EM) traf man sich bei einer Endrunde. Die DFB-Bilanz ist positiv mit 13 Siegen und vier Remis bei zwei Niederlagen, das Torverhältnis beträgt 46:15. Aber zwischen 1982 und 1996 gab es fünf Spiele ohne Sieg, und nur gegen die Nordiren verlor Deutschland in einer Qualifikation beide Spiele (vor der EM 1984). DFB.de blickt auf die Pflichtspielbegegnungen zurück.

Das WM-Spiel: 2:2 am 15. Juni 1958 in Malmö

Der schwedische König erwies den Spielern durch seine Gegenwart die Ehre, 28.000 Zuschauer füllten das Stadion in Malmö, in dem es im letzten Vorrundenspiel für beide Teams ums Viertelfinale ging. Deutschland reichte ein Punkt, bei einer Niederlage drohte ein Entscheidungsspiel. Danach sah es aus, auch im dritten WM-Spiel geriet man in Rückstand: Nach einer missglückten Rettungstat des Torwarts Fritz Herkenrath kam der Ball zu McParland, der aus spitzem Winkel einschoss (19.). Das provozierte die Reaktion von Helmut Rahn, einer von sechs Weltmeistern auf dem Platz. Auf rechts brach der Essener durch und überwand den überragenden Harry Gregg mit einem schönen Lupfer (21.). Übrigens ein Tor mit Vorankündigung, wie Fritz Walter in seinen Memoiren verriet. Auf dem Hotelzimmer habe er ihm prophezeit: "Verlass dich drauf, heute mach ich’s mit Gefühl."

Mit 1:1 ging es in die Kabinen. Heraus kam eine dominantere deutsche Elf, aber in Führung gingen wieder die Nordiren und wieder war es MacParland (66.). Nun dauerte die deutsche Antwort etwas länger, aber sie kam. Uwe Seeler zog in der 78. Minute aus 20 Metern ab zum 2:2. Von den Rängen schallten "Uwe, Uwe"-Rufe. Es blieb beim Remis, auch weil der Kölner Verteidiger Georg Stollenwerk sich nicht zu schade war, den Ball auf den Stadion-Parkplatz zu dreschen, wodurch eine Nachspielzeit entstand – es war der einzige Ball.

4:3 am 26. Oktober 1960 in Belfast

WM-Qualifikation: In Belfast wurde deutsche Fußballgeschichte geschrieben. Denn die Mannschaft von Sepp Herberger fuhr den ersten Sieg auf der britischen Insel ein – wenn auch nur gegen die "kleinen" Nordiren. Im Windsor-Park fanden sich 40.000 Zuschauer ein. Noch hatte dort keine Mannschaft des Kontinents gewonnen. So wurde es eine doppelte Premiere – und sie kündigte sich früh an. Nach sieben Minuten gelang dem Mönchengladbacher Albert Brülls das 1:0 für die Elf, die von Assistenztrainer Helmut Schön gecoacht wurde, während Herberger des besseren Überblicks wegen auf der Tribüne saß. Günter Herrmann (Karlsruhe) debütierte, Charly Dörfel (HSV), Willi Giesemann (FC Bayern) und der 35-jährige Frankfurter Richard Kreß machten ihr zweites Spiel, der Kölner Stopper Leo Wilden sein drittes.

Das Experiment mit den "Grünschnäbeln" drohte zu misslingen, als Wildens Gegenspieler McAdams zu zwei Toren kam (27., 51.). Aber die Deutschen drehten die Partie binnen vier Minuten erneut: Uwe Seeler (54.) und Dörfel (55.) stellten die Anzeige auf 2:3. Dörfel sorgte nach 79 Minuten mit einem Prachttor per Volleyschuss für die Entscheidung, ehe McAdams mit dem Schlusspfiff auf 3:4 verkürzte. Die Nordiren baten nach Abpfiff höflich um die bereits in der Wäschetruhe liegenden DFB-Trikots – von dem Gegner, der ihnen die erste Heimniederlage gegen ein nichtbritisches Team zugefügt hatte.

2:1 am 10. Mai 1961 in Berlin

WM-Qualifikation: Im Rückspiel wurde die Chile-Fahrkarte gelöst, jedenfalls zweifelten die Fachleute nicht mehr. "2:1 – wir fahren nach Chile", titelte das Sport Magazin. Offenbar hatten die Briten ihr Wetter mitgebracht, ein scharfer Wind fegte Regen durchs Olympiastadion, das 94.600 Zuschauer restlos füllten. Auf der Anfahrt ins Stadion kollidierte der nordirische Bus mit einer Straßenbahn, von ihrem Kurs brachte sie der kleine Unfall nicht ab.

"Welches Bangen, welches Zittern um dieses heißersehnte 2:1. Unsere Elf musste sich gewaltig steigern, um diese beiden wertvollen Punkte [...] zu sichern.", fand das Sport Magazin. Auch diesmal war die deutsche Startelf unerfahren: Die Hamburger Jürgen Werner und Klaus Stürmer liefen erst zum zweiten Mal auf, drei weitere hatten keine sieben Länderspiele auf dem Buckel. Der Senior im Team schoss das 1:0: Richard Kreß aus Frankfurt, 36-jährig, nutzte nach 29 Minuten seine Chance. Das 2:0 glückte Linksaußen Brülls, der schon in Belfast traf (58.), die Massen forderten: "Deutschland vor, noch ein Tor." Es fiel jedoch auf der Gegenseite, McIlroy überwand Hans Tilkowski aus spitzem Winkel (70.). Nun wurde es dramatisch und Tilkowski "hechtet wie ein Panther durch den Torraum. Wir überstehen auch diese gefährlichen Sekunden.", lesen wir im Sport Magazin. Der Abpfiff besiegelte den ersten Länderspielsieg in Berlin nach dem Krieg.

Jeweils 0:1 1982/1983 in Belfast und Hamburg

EM-Qualifikation, 17. November 1982: In diesem Spiel startete eine große Stürmerkarriere in der Nationalmannschaft. Nach 72 Minuten wechselte Jupp Derwall den 22-jährigen Bremer Rudi Völler für Bernd Schuster ein. Auch Schuster war quasi Neuling, der Querkopf hatte nach einem Streit mit Derwall 18 Monate pausiert. Weder der Rückkehrer noch der Debütant konnten die erste Niederlage gegen die Nordiren verhindern. Das Tor des Tages fiel nach 18 Minuten durch Ian Stewart, 30.000 Fans jubelten. Der Vizeweltmeister verlor verdient, aber Derwall nicht seine Zuversicht: "Das Spiel bringt uns nicht um, wirklich nicht."

EM-Qualifikation, 16. November 1983: Weit gedrückter war die Stimmung nach dem Rückspiel. Wieder ein historischer Tag: Deutschland verlor erstmals ein Heimspiel in einer Qualifikation. Die Serie schwacher Länderspiele 1982/83 setzte sich fort. Die vorzeitige Qualifikation für Frankreich wurde im Hamburger Nebel vergeben, das Tor eines 18-jährigen löste eine große Krise aus. Norman Whiteside, Super-Talent von Manchester United, traf aus der Drehung zum Entsetzen der 61.000 nach 50 Minuten in Toni Schumachers Kasten. "Derwall raus"-Rufe schallten durch den Volkspark. Kapitän Karl-Heinz Rummenigge: "Man muss es so hart sagen, es war eine Blamage."

1:1 und 3:1 1996/1997 in Nürnberg und Belfast

WM-Qualifikation, 9. November 1996: Nach dem fünften sieglosen Spiel gegen die Nordiren, darunter zwei Testspiele, taumelte der amtierende Europameister. Der Kicker titelte: "Der Rückschlag". Auf Taggarts 0:1 (39.) folgte postwendend der Ausgleich durch Andreas Möller (41.) per herrlichem 18-Meter-Schuss. 40.718 Zuschauer hofften vergebens auf weitere Tore."Wie die Nordiren wird sich kaum noch ein Gegner verschanzen", beschwichtigte der Kicker und Bundestrainer Berti Vogts sagte: "Wirklich nachdenklich müsste ich nur werden, wenn wir diese Chanen nicht herausgespielt hätten." Eine Niederlage setzte es übrigens vor den Bildschirmen. Das Spiel konkurrierte am Samstagabend mit "Wetten dass" und verlor mit 12,85 Millionen zu 15,21 Millionen – nach Zuschauern.

WM-Qualifikation, 20. August 1997: Wie im Hinspiel gingen die Nordiren in Führung - Hughes traf nach einer Stunde, Vogts daraufhin zwei goldrichtige Entscheidungen: er brachte erst Thomas Häßler (64.), dann Oliver Bierhoff (70.). Bessere Joker hat es wohl nie gegeben. Zwischen der 73. und 79. Minute erzielte Bierhoff nach Häßler-Vorarbeit drei Tore! Es ist noch immer der schnellste Hattrick der DFB-Historie und er brachte den Sieg. Das ungleiche Duo war das neue Traumpaar des deutschen Fußballs. Bierhoff witzelte: "Wir geben unsere Vermählung bekannt."

3:0 und 4:0 1999 in Belfast und Dortmund

EM-Qualifikation, 27. März 1999: In der Ribbeck-Ära waren hohe Siege selten. Umso erstaunlicher, dass der höchste bei den Nordiren in diese Zeit fiel. Zwar wusste der Bundestrainer auch, "dass dieser Sieg nicht makellos war". Denn die drei Tore schaffte man mit nur einer erspielten Chance, die Marco Bode per Kopf zum 1:0 (11.) nutzte. Bodes zweites Tor resultierte aus einem 23-Meter-Freistoß (43.), auch Dietmar Hamanns 3:0 war von dieser Art – aus 25 Metern. Nach 62 Minuten war das Spiel entschieden - auch das ein Novum gegen Nordirland.

EM-Qualifikation, 8. September 1999: Im Rückspiel kam es noch besser. Wieder überraschte ein Mann die Nation mit Toren, von dem man es nicht gewohnt war. Christian Ziege traf in seinem womöglich besten Länderspiel gleich dreimal. Nach Bierhoffs Führung (3.) legte der damals für den FC Middlesbrough spielende Mittelfeldspieler drei Treffer nach – ein echter Hattrick (16., 33., 45.). Das im Umbau befindliche Westfalen-Stadion blieb ein Garant für deutsche Erfolge. 41.000 Zuschauer sahen den fünften Sieg in Folge in der Qualifikation, 13 Jahre hatte es das nicht mehr gegeben. Fast schon historisch…

1:0 in Paris bei der EM 2016

EM-Gruppenspiel, 21. Juni 2016: Joachim Löw saß im Studio der ARD und zog ein langes Gesicht. Eben noch hatten die Zuschauer Bilder jubelnder deutscher Spieler gesehen, ein ganzes Land war erleichtert. Da lieferte die Laune des Bundestrainers ein Kontrastprogramm. Löw: "Mit dem Ergebnis bin ich nicht zufrieden. Wir hätten schon zur Halbzeit 3:0 oder 4:0 führen müssen. Ich kann mich nur schwer erinnern, dass ich schon mal so ein Spiel erlebt habe."

Gruppensieger Deutschland hatte sein Ziel erreicht, aber das Problem der Chancenverwertung blieb. Aber immerhin: Es gab nun Chancen, sogar im Übermaß; 26 Torschüsse zählten die Statistiker nach den 90 Minuten von Paris, während Manuel Neuer keinen Ball halten musste. Gewinner des Tages waren EM-Debütant Joshua Kimmich (zweites Länderspiel), der sich den Platz des rechten Verteidigers sicherte, und Mario Gomez – der neue Brecher im Sturm. Er schoss nach 30 Minuten das Tor des Tages, vorbereitet vom kolossal verbesserten Thomas Müller, der indes ein Pechvogel blieb. Müller traf Pfosten (27., per Kopf) und Latte (34.), schoss den überragenden McGovern an (7.) oder knapp vorbei (23.). Weil auch sonst keiner mehr traf musste der Weltmeister bis zuletzt zittern. Aber es brannte nichts mehr an gegen harmlose Nordiren, deren Fans unentwegt sangen und die knappe Niederlage feierten. Auch sie kamen ins Achtelfinale.

2:0 und 3:1 2016/2017 in Hannover und Belfast

WM-Qualifikation, 11. Oktober 2016: Mit dem schmucklosen Heimsieg stellte das DFB-Team einen Startrekord auf. Drei Siege bei 8:0-Toren – besser war sie nie in eine Qualifikation gekommen. Julian Draxler brachte den Weltmeister nach einer Kombination über Mesut Özil und Thomas Müller in Führung und bereits vier Minuten später legte Sami Khedira per Kopf nach. Die 42.132 Zuschauer hätten sicher gern noch ein paar Tore mehr gesehen, doch die Nordiren waren nicht daran interessiert die Schleusen zu öffnen und mit dem Resultat nicht unzufrieden. Löw war es auch nicht: "Wir haben die Aufgabe erfüllt. Ein müheloser Sieg." Selten genug gegen diesen Gegner.

WM-Qualifikation, 5. Oktober 2017: Auf dem Weg zur WM nach Russland hatte das Löw-Team ihre ersten acht Spiele gewonnen, nun fehlte noch ein Punkt. Die zuhause vier Jahre ungeschlagenen Nordiren waren zuversichtlich, Co-Trainer Jimmy Nicholl sagte: "Ich glaube, wir können die Deutschen schlagen." Die gingen mit dem Hoffenheimer Sandro Wagner als Mittelstürmer ins Spiel. Das machte sich bezahlt. Zunächst rückte Neu-Münchner Sebastian Rudy in den Blickpunkt, nach 77 Sekunden bereits dämpfte er die Stimmung im ausverkauften Windsor-Park (18.104 Zuschauer) mit einem Traumtor. Dann begannen die Wagner-Spiele. Nach 17 Minuten köpfte er noch an den Pfosten, nach 21 drückte er eine Müller-Vorlage zum 2:0 ein. Damit war alles entschieden, Marc-André ter Stegen musste vor der Pause nur einen Schuss halten. Es dauerte bis zur 86. Minute, ehe Joshua Kimmich seine starke Leistung mit dem 3:0 krönte. In der dritten Minute der Nachspielzeit glückte den Gastgebern ihr Ehrentreffer durch Magennis. Die Freude über die WM-Fahrkarte wurde allerdings getrübt, da die deutsche Mannschaft eine Stunde vor dem Anpfiff vom Tod des langjährigen DFB-Zeugwarts Manfred Drexler erfuhr.

2:0 und 6:1 in Belfast und Frankfurt

EM-Qualifikation, 9. September 2019: Nach einer 2:4-Heimniederlage gegen die Niederlande stand die Mannschaft von Joachim Löw unter Druck. Das merkte man ihr an, spielerisch war es kein Vergnügen und die Elf "ließ Wünsche offen, nicht nur im phasenweise wilden ersten Abschnitt", kommentierte der kicker. Mit Manuel Neuer und Toni Kroos standen nur noch zwei Weltmeister von Rio in der Startelf. Die Nerven des Bundestrainers beruhigte dann Marcel Halstenberg mit dem ersten Schuss nach Wiederanpfiff, der gleich einschlug (48.). Aber erst in der Nachspielzeit sicherte Serge Gnabry (90+2) den verdienten Sieg - man hatte 74 % Ballbesitz. Damit wuchs eine merkwürdige Serie: In Montagsspielen blieb die Nationalmannschaft zum 16. Mal in Folge ungeschlagen.

EM-Qualifikation, 19. November 2019: Die Qualifikation war vor dem letzten Spiel bereits geschafft, nun tat die Löw-Elf etwas für die EM-Euphorie. Dass Corona alles zunichte machen würde, ahnte ja keiner. Jedenfalls glückte der Abschluss und die Nordiren kamen höher denn je unter die Räder. Dabei gingen sie durch Smith sogar in Führung (7.), doch provozierten sie damit fünf Bayern-Tore in Serie: der überragende Gnabry (19., 47., 60.) und Leon Goretzka (43., 73.) gaben der deutschen Überlegenheit sichtbaren Ausdruck. Den Schlusspunkt setzte ein Dortmunder: Julian Brandt machte das halbe Dutzend voll (90+1). "Das ist ein schöner Abschluss des Jahres und lässt uns gute Laune haben", sagte Gnabry. Dafür kann er heute Abend gern erneut sorgen.

Kategorien: Männer-Nationalmannschaft, WM 2026

Autor: um