DER DFB

Hermann Neuberger: 17 Jahre "Macher" an der DFB-Spitze

23.10.2025
Händedruck mit DFV-Präsident Moldenhauer: Neuberger im November 1990 in Leipzig Foto: imago

Vor einem halben Jahrhundert, am 25. Oktober 1975, begann eine Ära im deutschen Fußball. An diesem Tag wurde Hermann Neuberger auf dem DFB-Bundestag in Hamburg mit überwältigender Mehrheit – man zählte bei 160 Delegierten nur vier Gegenstimmen aus Westfalen – zum Präsidenten gewählt. Das war er 17 Jahre lang, länger als jeder andere, und kein Gremium wählte ihn ab. Erst "Gevatter Tod" sorgte im September 1992 für ein jähes Ende, aber nicht für ein Vergessen. Der DFB benannte seine langjährige Verbandszentrale im Frankfurter Stadtwald nach ihm. Ab 1993 gab es das Hermann-Neuberger-Haus – bis zum Besitzerwechsel vor einem Jahr. 

Ab Samstag gibt es wieder eines, denn der Verband, in dem Neuberger 1950 bis 1956 seine ersten Schritte auf Funktionärsebene unternahm, ehrt ihn anlässlich des Jubiläums auf die gleiche Weise. Heribert Ohlmann, wie einst Neuberger Präsident des Saarländischen Fußballverbandes, sagt: "Wir wollen Hermann Neuberger ein bleibendes Andenken bewahren. Deshalb trägt unser Verbandsgebäude künftig den Namen 'Hermann Neuberger-Haus'. Außerdem haben wir gemeinsam mit dem Saarländischen Rundfunk eine Plakette »Content im öffentlichen Raum« angebracht, die sein Wirken im Bewegtbild zeitgemäß vermittelt."

Neuendorf zu Gast im Saarland

Ohlmann wird am Samstag auch die Begrüßungsrede zum Festakt (Beginn 10 Uhr) im altbekannten Saarbrücker Gebäude mit dem nun neuen Namen halten. Er übergibt dann das Wort an Bernd Neuendorf, der in einer Pressemitteilung des DFB Neuberger als "Personifizierung des Sportfunktionärs und des DFB, seines DFB, den er so nachhaltig prägte", bezeichnete. Neubergers Wirken wird im Anschluss auch visuell gewürdigt, der Titel des Films ist ein Zitat des Gewürdigten: "Man nennt mich Macher".

Mit einigem Recht. Nicht umsonst nannten sie den 1919 geborenen Lehrersohn aus Völklingen, der über den Journalismus zum Fußball kam, den heimlichen Ministerpräsidenten des Saarlands. War er doch mal gleichzeitig Direktor des Saar-Totos, Präsident des Landessportbundes und des SFV. Und im Grunde war er ja auch ein Politiker auf dem Spielfeld, das er im Alter von 55 für sein restliches Leben wählte: DFB-Präsident. Darin ging Hermann Neuberger, der am 12. Dezember 1919 zur Welt kam, regelrecht auf. Unübertroffene 17 Jahre währte seine Amtszeit (25. Oktober 1975 bis 17. September 1992) und darin ging er auf wie kein Zweiter. Sportlich wurde sie mit zwei Weltmeistertiteln und einer Europameisterschaft gekrönt.

WM 1974 "nicht zuletzt sein Verdienst"

In Sachen Fließ war er den Stars der Generation Beckenbauer ein vortreffliches Leitbild. Neuberger war ein Workaholic, als es das Wort noch gar nicht gab. In den Urlaub ließ er sich Akten nachschicken und in der DFB-Zentrale hatte der Saarländer, Vater von vier Töchtern, ein Appartement – für den Fall dass eine Sitzung mal wieder länger dauert. Seit 1969 DFB-Vizepräsident, war es seine Aufgabe, die WM 1974 im eigenen Land als OK-Chef zu organisieren. Sie war sportlich mit dem Weltmeistertitel, wirtschaftlich und imagemäßig ein großer Erfolg und ein sehr guter Grund, ihn ein Jahr später zum  Nachfolger von Hermann Gößmann zu wählen.

Und dass Neuberger als Vizepräsident auch OK-Chef der nächsten vier WM-Endrunden wurde, denn "Hermann the German", wie er in der Fußballwelt genannt wurde, konnte das. FIFA-Präsident Joao Havelange wurde einmal so zitiert: "Wenn sich die Fußball-Weltmeisterschaften zum größten Sport-Spektakel unserer Zeit entwickelt haben, ist dies nicht zuletzt auch sein Verdienst."

Händedruck über Trabbi-Dach

Seine Verdienste um den DFB sind nicht geringer. Neuberger führte im DFB Direktorenposten ein, mit zunehmender Bedeutung des Fußballs brauchte es Juristen, Steuerexperten und Verwaltungsfachleute. Er bewirkte dass die Trainerausbildung an der Kölner Sporthochschule alleinige DFB-Sache wurde. Der Ausbau der Verbandszentrale geht ebenso auf ihn zurück wie die Vergabe des Pokalfinales nach Berlin. Dass es seit über 50 Jahren eine 2. Profiliga gibt, war im Wesentlichen auch sein Werk, den Plan allerdings setzte er noch als Vize-Präsident in die Tat um.

Die logistisch anspruchsvolle Wiedervereinigung der beiden deutschen Fußballverbände 1990 verdient besondere Erwähnung. Der damalige DFV-Präsident Hans-Georg Moldenhauer und Neuberger reichten sich im November 1990 in Leipzig über einem Trabbi-Dach symbolträchtig die Hände, eines der berühmtesten Bilder der Neuberger-Ära – und der schönsten dazu. Der Trabi ist heute im DFB-Campus zu besichtigen, das historische Handschlagfoto ebenso.

Es gab auch weniger glückliche Momente in seiner Amtszeit. Bernd Neuendorf: "In der politisch schwierigen Gemengelage rund um die Weltmeisterschaft 1978 hat sein Umgang mit dem Militär-Regime des Ausrichterlandes Argentinien allerdings zurecht Fragen auf geworfen. Und auch seine fehlende Distanz zu einzelnen Personen aus dem nationalsozialistischen Milieu ist aus heutiger Sicht kritisch zu sehen. Unbestritten sind aber letztlich seine Errungenschaften bezüglich der Weiterentwicklung des Fußballs sowie des DFB." Für Ex-Bundestrainer Berti Vogts war er schlicht "der beste Präsident, den man sich nur vorstellen kann".

Kategorien: DER DFB

Autor: um