DFB-Pokal

Gladbach gegen St. Pauli: Lienen hat bei Ex-Klubs "keine Priorität"

02.12.2025
Im letzten Pokalduell mit Gladbach für St. Pauli an der Seitenlinie: Trainer Ewald Lienen Foto: Getty Images

Ewald Lienen lässt sich nicht locken. Zwar scheint niemand geeigneter zu sein, sich über das Spiel im DFB-Pokalachtelfinale heute (ab 18 Uhr, live auf Sky) zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC St. Pauli zu äußern, aber der 72 Jahre alte Fußball-Lehrer hat seine Prinzipien. Über den aktuellen Fußball wolle er sich, wenn überhaupt, nur noch in seinem Podcast äußern, auch weil ihm mittlerweile so einiges nicht gefalle. In der Frage nach dem Gewinner sieht er einen gefährlichen gesellschaftlichen Trend, das interessiere ihn überhaupt nicht. "Ich bin Fan von gutem Fußball", sagt Lienen. "Es würde mich also freuen, wenn der Bessere gewinnt. Aber ich habe da keine Priorität." 

Lange genug war der je her kritische Geist Teil des Geschäfts und hat der Ball sein Leben bestimmt. Bei diesen beiden Vereinen verbrachte er in verschiedenen Funktionen den Großteil seiner beruflichen Zeit. Für Borussia spielte er in zwei gleichgroßen Etappen insgesamt acht Jahre, ein halbes Jahr war er, noch am alten Bökelberg, auch Trainer. Dem FC St. Pauli widmete er acht Jahre seines Lebens ohne Unterbrechung (2014 bis 2022) - als Trainer, Technischer Direktor und Markenbotschafter. In diese Zeit fiel auch das einzige Pokalspiel bisher zwischen St. Pauli und der Borussia, und damals konnte er sich keine Neutralität leisten, denn er war mittendrin: Als Trainer des FC St. Pauli sollte er seine erste Liebe aus dem Pokal werfen. 

Kult auf dem Kiez

In der ersten Runde der Pokalsaison 2015/16 führte das Los diese beiden Vereine erstmals zusammen. Man kann also nicht gerade von einem Klassiker sprechen, auch in der Bundesliga hat man sich wegen St. Paulis häufiger Fehlzeiten nur unregelmäßig gesehen. Doch für einen Mann war "dieses Spiel am Montag etwas Besonderes", wie Ewald Lienen damals bei einem der zahlreichen Medientermine, die das Los ihm einbrachte, zugab. "Ich habe in Mönchengladbach Freundschaften geschlossen, die bis heute halten", ließ er in seine Seele blicken. Damals fuhr er noch ein Auto mit Kennzeichen MG, war Mönchengladbach sein erster Wohnsitz.  

Doch 2015 war Lienen nach nur einem halben Jahr schon Kult auf dem Hamburger Kiez, weil er die Mannschaft nach der Winterpause vom letzten Platz noch ans rettende Ufer der 2. Bundesliga gebracht hatte. In die neue Saison war man gut gestartet, nun wollten sie auch im Pokal Zeichen setzen. St. Pauli hatte wirtschaftlich das ganz große Los gezogen, die Partie wurde nicht nur wie üblich im Pay-TV übertragen, sondern auch exklusiv in der ARD. Zudem füllten 28.175 Besucher an einem Montagabend am Millerntor Ränge und Kassen.

Die Gladbacher waren unter Trainer Lucien Favre vom Abstiegskandidaten zu einer Spitzenmannschaft mutiert, wussten aber noch nicht ganz, wo sie standen. Für sie war es das erste Pflichtspiel der Saison. Lange sah es nach einem Fehlstart des Favoriten aus. St. Pauli dominierte die erste Hälfte und Marc Rzatkowski sorgte mit einem satten Linksschuss von der Strafraumgrenze (33.) für die beinahe folgerichtige Pausenführung.

Favorit Gladbach gewinnt Pokalduell

Lucien Favre muss dann die passenden Worte gefunden haben, es kam jedenfalls eine andere Mannschaft aufs Feld zurück, die binnen 20 Minuten drei Tore erzielte. Zwei gingen auf das Konto des Zugangs aus Hannover, Lars Stindl. Ibrahima Traoré hatte in Robben-Manier (Bogenschuss mit links von halbrechts) für das 1:2 gesorgt. Das Spiel war längst entschieden, als Torgan Hazard mit einem Treffer unter die Latte des kurzen Torwartecks noch einen draufsetzte. Die Zuschauer kommentierten das spontan mit Gesängen à la "We love St. Pauli, we do", wodurch sich Lienen einmal mehr darin bestätigt sah "dass ich hier gut hinpasse".  

Weil ihm schon damals das Ergebnis nicht das Wichtigste war, sah man ihn hinterher sogar lächelnd mit Favre zusammen stehen. Auf das Spiel heute freue er sich, so viel lässt Lienen DFB.de dann doch noch wissen - und wünscht beiden Vereinen "nur das Beste".

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Autor: um