U 21-Männer

Di Salvo: "Wir mussten viele Widerstände überwinden"

16.10.2025
Antonio Di Salvo: "Ich bin überzeugt davon, dass wir im November zwei gute Spiele abliefern und mit einem guten Gefühl in die Winterpause gehen" Foto: Thomas Böcker/DFB

Die deutsche U 21-Nationalmannschaft blickt auf eine durchwachsene Länderspielphase zurück. In der EM-Qualifikation verlor das Team von Cheftrainer Antonio Di Salvo gegen Griechenland (2:3) und gewann in Nordirland (2:1). Im Interview mit DFB.de spricht Di Salvo über die beiden vergangenen Begegnungen.

DFB.de: Antonio Di Salvo, mit einem ein Sieg und einer Niederlage fällt die Bilanz gemischt aus, ein Spiegelbild dieser Länderspielmaßnahme?

Antonio Di Salvo: Schon, gute und schwierige Situationen halten sich tatsächlich die Waage. Die Niederlage gegen Griechenland war natürlich nicht eingeplant und zeigte auch die Probleme auf, die wir während dieser Abstellung hatten. Umso wichtiger war der Erfolg in Nordirland, der vor allem ein Sieg der Moral und des Willens war. Eine sehr wichtige Komponente am Ende dieser zehn intensiven Tage.

DFB.de: Sie sprechen Probleme an, welche genau waren das?

Di Salvo: Wir hatten in der Defensive extreme personelle Engpässe. Uns sind vor und während der Maßnahme sechs Abwehrspieler ausgefallen (Jeltsch, Gechter, Quarshie, Collins, Baum, Pauli), was vor allem auf der Position des rechten Innenverteidigers und des rechten Außenverteidigers zu Veränderungen führte und wir Spieler positionsfremd einsetzen mussten. In einer Findungsphase, in der sich die Mannschaft derzeit noch befindet, ist das schwierig zu kompensieren. Betonen möchte ich, dass dies nichts mit fehlendem Vertrauen in die nominierten Spieler zu tun, sondern es geht neben den Positionswechseln um ständige Umstellungen und die fehlende Abstimmung. Diese Zeit müssen wir den Spielern geben und berücksichtigen, dass wir das in den wenigen Trainingseinheiten nicht komplett aufarbeiten können.

DFB.de: Sind die frühen Gegentore in beiden Spielen so erklärbar?

Di Salvo: Bedingt. Verunsicherung und fehlendes Selbstvertrauen waren schon spürbar, als die Abwehrkette neu zusammengestellt wurde, das ist verständlich. In einer Anfangsphase, selbst wenn man nicht gut im Spiel ist, muss man aber kein Gegentor kassieren. Auch, weil man anschließend viel mehr investieren muss und dieser gegnerischen Führung hinterherläuft. Geärgert hat mich, dass wir die Standard-Variante der Griechen, die zum 0:1 führte, im Vorfeld klar besprochen haben, sie aber trotzdem nicht verteidigt haben. Und das Verhalten nach dem 0:1-Rückstand, als wir den Ball vom Anstoß weg nach hinten spielen und diese Passivität mit dem Fehler von Dennis (Anm. d. R.: Seimen) endet. Da müssen wir anders agieren, das habe ich mit der Mannschaft klar besprochen.

DFB.de: Sie sprechen den Fehler von Dennis Seimen an …?

Di Salvo: Da kann ich direkt unterbrechen. Jedem unterlaufen mal Fehler, das muss man analysieren und abhacken. Viel wichtiger war mir seine Reaktion. Er ist im Griechenland-Spiel stabil geblieben und ist anschließend kritisch mit sich umgegangen. In Nordirland hat er souverän agiert und war zur Stelle, als er gebraucht wurde. Insgesamt war das eine sehr reife Reaktion auf sein Missgeschick.

DFB.de: Die Niederlage gegen Griechenland hat ein Gefühl hervorgerufen, dass die U 21 lange Zeit nicht erlebt hat: Eine Niederlage in der Qualifikation. War dies spürbar?

Di Salvo: Ja, sowohl bei der Mannschaft als auch beim Trainerteam und dem Staff. Da es zudem eine ärgerliche und vermeidbare Niederlage war, hat das schon an allen genagt. Wir kommen nach der Pause sehr gut zurück ins Spiel, gleichen zum 2:2 aus, müssen dann aufgrund unserer Chancen in Führung gehen und kassieren stattdessen mit der einzigen Offensivaktion der Griechen in Hälfte zwei den Gegentreffer, weil wir diese Situation komplett unterschätzt haben. Das ist schon ärgerlich und unglücklich. Generell mussten wir in dieser Maßnahme viele Widerstände überwinden, das war einer davon. Ich kann dem Ganzen aber auch viel Positives abgewinnen: Wir wissen, dass wir ein funktionierendes Team sind und solche Situationen wegstecken können, das gibt Vertrauen für zukünftige Aufgaben.

DFB.de: Ein besonderes Erlebnis hatten Sie dann in Nordirland, mit einem traditionsreichen Stadion und einem sehr engagierten Gegner?

Di Salvo: The Oval Stadium ist schon ein besonderes Erlebnis und gleichzeitig eine Herausforderung. Tradition und Nostalgie beeindrucken auf jeden Fall. Solche Stadien entsprechen häufig aber nicht mehr dem funktionellen Anspruch im heutigen Profifußball, damit muss man umgehen. Hinzu kommt die Platzgröße: Fehlende Meter in Länge und Breite haben den Nordiren nach der Führung zusätzlich in die Karten gespielt, um die Räume sehr eng zu machen. Dazu eine hochmotivierte und körperlich sehr präsente nordirische Mannschaft, das hat uns zu Beginn des Spiels Probleme bereitet.

DFB.de: Die Mannschaft wirkte etwas überrascht aufgrund der körperlichen Wucht der Nordiren?

Di Salvo: Wir haben unsere Mannschaft in der kompletten Vorbereitung auf das Spiel darauf hingewiesen, an der Herangehensweise hat es also nicht gelegen. Aber sich darauf einzustellen und es dann 1:1 auf dem Platz zu erfahren, das ist nochmal ein Unterschied. Wichtig war, dass die Mannschaft im Laufe der ersten Halbzeit diesen Fight angenommen hat. Das war die Grundlage, um in der zweiten Hälfte durch ständiges Bespielen und Stressen der Nordiren den Sieg zu erzwingen. Es war spielerisch sicher nicht unser bestes Spiel, aber Wille und Moral haben gestimmt, das freut mich sehr.

DFB.de: In der nächsten Abstellungsperiode im November warten Malta und Georgien. Was wird wichtig sein, um beide Spiele erfolgreich zu gestalten?

Di Salvo: Die Mannschaft wird weiter zusammenwachsen, diesen Prozess werden wir forcieren. Die Spiele gegen Griechenland und Nordirland haben zudem gezeigt, wie ausgeglichen diese Qualifikationsgruppe ist, wie wichtig jedes einzelne Spiel ist. Die Mannschaft muss zudem den Transfer von mentaler Vorbereitung und Besprechung des Matchplans hin zur Umsetzung auf den Platz besser hinbekommen, damit wir frühe Gegentore vermeiden und von Beginn an im Spiel sind. Dabei wird uns helfen, wenn wir wieder im 11 gegen 11 trainieren können und im gesamten Mannschaftsverbund offensive und defensive Abläufe sowie Standards trainieren können, das war diesmal leider aufgrund der personellen Engpässe nicht möglich. Ich bin überzeugt davon, dass wir im November zwei gute Spiele abliefern und mit einem guten Gefühl in die Winterpause gehen.

Kategorien: U 21-Männer

Autor: mb