2. Frauen-Bundesliga

Kim Fellhauer: "Ohne Fußball geht es nicht"

25.12.2025
Kim Fellhauer: "Manchmal hat das Leben irgendetwas anderes für einen bestimmt" Foto: imago

Kim Fellhauer liebt den Fußball. Aber nach dem vierten Kreuzbandriss musste sie im vergangenen Jahr ihre Karriere schweren Herzens beenden. Es ging einfach nicht mehr. Ohne Fußball ging es jedoch genauso wenig. Inzwischen zählt die 27-Jährige zum Trainerstab bei der zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt. Im DFB.de-Interview spricht Fellhauer über ihre lange Leidenszeit, ihr neues Leben als Trainerin und ihre beste Freundin Giulia Gwinn.

DFB.de: Kim Fellhauer, nach vier Kreuzbandrissen haben Sie 2024 Ihre Karriere beendet. Wie blicken Sie mit etwas Abstand auf diese Entscheidung zurück?

Kim Fellhauer: Es war extrem bitter, weil ich den Fußball über alles liebe. Aber es gab keine Alternative zu dieser Entscheidung. Mein Körper lässt es leider nicht mehr zu, dass ich Fußball spiele. Ich bin froh, dass ich weitestgehend schmerzfrei einkaufen kann. Aber selbst joggen ist nicht mehr möglich. In meinen Knien war nahezu alles irgendwann mal kaputt, was kaputt gehen konnte.

DFB.de: Glauben Sie, dass Sie einfach unglaublich viel Pech hatten?

Fellhauer: Weiß ich nicht. Bei Frauen reißt das Kreuzband nachweislich viel häufiger als bei Männern. Dass es mich viermal getroffen hat, war natürlich extrem. Aber es ist ja in allen möglichen Situationen passiert: Mal mit Gegnerin, mal ohne Gegnerin. Dann habe ich versucht, ein halbes Jahr ohne Kreuzband zu spielen. Das hat auch nicht geklappt. Manchmal hat das Leben irgendetwas anderes für einen bestimmt.

DFB.de: Wie trifft man so eine weitreichende Entscheidung?

Fellhauer: In meinem Fall war es absehbar, dass es nur auf diese Entscheidung hinauslaufen konnte. Ich habe mir trotzdem sehr viel Zeit gelassen, weil ich es einfach nicht wahrhaben wollte. Ich habe es immer als Challenge gesehen, auch nach dem nächsten schlimmen Rückschlag wieder zurückzukommen. Es hat ja auch immer funktioniert. Nur zuletzt eben nicht mehr. Da hatte ich alles ausgereizt. Ich habe auch medizinisch alles ausgelotet, was geht. Und dann ging eben nichts mehr.

DFB.de: Sie können sich also nichts vorwerfen?

Fellhauer: Nein, überhaupt nicht. Ich habe alles versucht. Ich war im Grunde nie im Urlaub, weil ich im Sommer ständig in der Reha war und für mein Comeback geschuftet habe. Am Ende war dann in diesem Fall doch mein Verstand stärker als mein Herz.

DFB.de: War für Sie trotzdem klar, dass Sie im Fußball bleiben werden?

Fellhauer: Natürlich, das war ganz klar. Ohne Fußball geht es nicht. Mir hat vor allem das Kabinenleben gefehlt. Es gibt einfach nichts Geileres, als Fußballerin oder Fußballer zu sein. Am Anfang habe ich wegen der Endgültigkeit der Entscheidung sehr gelitten. Umso dankbarer bin ich den Verantwortlichen in Frankfurt, dass sie mir die Möglichkeit eröffnet haben, bei der Eintracht erste Schritte in den Trainerberuf gehen zu können.

DFB.de: Und wie ist es?

Fellhauer: Es macht viel Spaß. Das Team macht es mir extrem leicht. Das Trainerdasein ist eine neue Leidenschaft, die ich entwickelt habe. Am Anfang habe ich gedacht, dass ich vielleicht doch noch etwas auf dem Trainingsplatz mitmischen kann. Aber mein Körper hat mir ziemlich schnell und deutlich gezeigt, dass ich da auf dem falschen Weg bin. Es geht nicht mehr. Mittlerweile spüre ich aber, wie stark ich in der neuen Aufgabe aufgehen kann.

DFB.de: Konnten Sie mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung direkt als Trainerin einsteigen?

Fellhauer: Ich habe mich während meiner vielen Verletzungspausen immer schon sehr intensiv mit erfahrenen Trainerinnen und Trainerin ausgetauscht, vieles auch schon als Spielerin immer aus einem etwas anderen Blickwinkel beobachtet. Von daher fiel mir der Einstieg tatsächlich recht leicht. Bei gewissen Kleinigkeiten muss ich aber natürlich selbst manchmal über den Perspektivwechsel schmunzeln. Nur ein Beispiel: Als Spielerin habe ich zum Aufwärmen bestimmt 3000 Mal das berühmte Rondo gespielt, also fünf draußen und zwei im Kreis. Aber als ich dann als Trainerin die Hütchen dafür aufstellte, musste ich anfangs erstmal überlegen, welche Abstände eigentlich nötig sind. Grundsätzlich sind wir hier aber ein Team, das sich hervorragend unterstützt.

DFB.de: Sportlich läuft es bei der U 20 der Eintracht in der 2. Bundesliga nicht optimal. Die Mannschaft kämpft um den Klassenverbleib. Greifen Sie in der zweiten Saisonhälfte nochmal richtig an?
Fellhauer: Natürlich lief die Hinrunde nicht optimal. Der Sieg zum Jahresabschluss war aber genau das richtige Signal. Wir gehen jetzt mit einem Erfolgserlebnis in die Pause und werden mit viel positiver Energie in das neue Jahr starten. Wir werden alles daran setzen, eine kleine Aufholjagd zu starten. Die 2. Bundesliga ist mittlerweile sehr stark mit einigen ambitionierten Teams und mehrere U20-Mannschaften. Es wird nicht leicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir es noch schaffen. Das Potenzial ist auf jeden Fall da.

DFB.de: Ihre Karriere als Spielerin haben Sie ausschließlich beim SC Freiburg verbracht. Wieso nun die Eintracht als erste Station als Trainerin?

Fellhauer: Katharina Kiel und Fritzy Kromp waren hier sehr wichtig. Beide haben mir in persönlichen Gesprächen sehr eindrucksvoll vermittelt, in Frankfurt einen tollen Weg als Trainerin einschlagen zu können. Ich brauchte und wollte einfach mal einen Tapetenwechsel. Ich bin der Eintracht für das entgegengebrachte Vertrauen sehr dankbar.

DFB.de: Fritzy Kromp ist mittlerweile beim SV Werder Bremen in der Googel Pixel Frauen-Bundesliga.

Fellhauer: Und dort sehr erfolgreich. Werder überwintert sensationell als Tabellendritter und damit aktuell auf einem Rang, der für die Champions League reichen kann. Daran hat Fritzy einen großen Anteil. Dass Julia Simic zudem nun Co-Trainerin bei der Schweizer Nationalmannschaft wird, belegt, welch starke Entwicklungsmöglichkeiten auch im Trainerinnenbereich bei der Eintracht vorhanden sind.

DFB.de: Eine Ihrer besten Freundinnen ist Giulia Gwinn, die nun Kapitänin der A-Nationalmannschaft ist. Gwinn hat auch bereits zwei Kreuzbandrisse überstanden. Wie sehen Sie ihre Entwicklung?

Fellhauer: Wirklich großartig. Wir haben damals beim SC Freiburg zusammen im Internat gewohnt und haben dann gemeinsam eine WG bezogen. Es war eine sehr lustige Zeit. Ihre Entscheidung, nach München zu wechseln, war sportlich komplett richtig, aber für uns beide sehr, sehr hart. Aber wir sehen uns regelmäßig. Wir verbringen immer die Sommerurlaube und die Jahreswechsel zusammen. Giuli hat eine wahnsinnige Karriere eingeschlagen. Sie ist unglaublich gereift und eine tolle Kapitänin.

DFB.de: Auch das Drama bei der EURO in diesem Sommer ist noch sehr präsent, als sie im ersten Spiel schwer verletzt ausgewechselt werden musste.

Fellhauer: Ich war im Stadion und habe mit ihr gelitten. Es war unglaublich bitter, dass das Turnier in diesem Moment für sie direkt vorbei war. An ihrer Reaktion, als sie auf dem Rasen lag, habe ich direkt gewusst, dass es kleine Kleinigkeit ist. Ich habe dann mein Handy rausgeholt und mir die Wiederholung im Livestream angeschaut.

DFB.de: Hatten Sie damals Kontakt zu Ihr?

Fellhauer: Wir haben direkt geschrieben und ich bin nach dem Spiel auch zu ihr. Ich bin froh, dass sie wieder da ist. Giuli ist einfach eine Kämpfernatur, die sich nicht unterkriegen lässt.

DFB.de: Nun steht Weihnachten und der Jahreswechsel auf dem Programm. Wie sieht die Zeit für Sie aus?

Fellhauer: Ich versuche, ein paar Tage abzuschalten. Aber als Trainerin ist das gar nicht so leicht, den Kopf mal freizubekommen. Ich freue mich natürlich trotzdem auf ein paar Tage mit meiner Familie. Mein Zwillingsbruder Robin, der ja beim FC Augsburg spielt, wird auch da sein. Das ist eine schöne Zeit, die ich genießen werden. Und im neuen Jahr geht es dann auch schon wieder los. Die Rückrunde wird lang und intensiv. Es ist wichtig, jetzt etwas Kraft zu tanken.

Kategorien: 2. Frauen-Bundesliga

Autor: sw