Schiedsrichter
Hasenhüttl: "Schiris sind viel professioneller geworden"

Schon seit mehreren Jahren pflegt die DFB Schiri GmbH eine Kooperation mit dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL). Im Rahmen dieser Zusammenarbeit besuchen Trainer regelmäßig die Trainingslager der Unparteiischen, um sich dort mit den Referees im Profifußball auszutauschen. In diesem Jahr war Ralph Hasenhüttl zu Gast im Sommertrainingslager der Bundesliga-Schiedsrichter im niedersächsischen Ankum. Der Österreicher war bis zum Ende der vergangenen Saison Coach des Bundesligisten VfL Wolfsburg und trainierte von 2018 bis 2022 den englischen Premier-League-Klub FC Southampton. In Ankum sprach Hasenhüttl vor allem zum Thema "Premier League und Bundesliga im Vergleich". Mit DFB.de sprach der 57-Jährige anschließend nicht zuletzt über seine Sicht auf die Unparteiischen in Deutschland und England.
Ralph Hasenhüttl über …
... Unterschiede zwischen den Referees in der Premier League und der Bundesliga: In England lassen die Schiedsrichter bei Zweikämpfen nach meinem Eindruck mehr laufen. Wobei man dazu sagen muss, dass es dort auch die Zuschauer nicht mögen, wenn jemand versucht, Fouls zu "ziehen". Da werden teilweise die eigenen Spieler ausgebuht, wenn sie zu schnell fallen, deshalb bleiben die Spieler eher auf den Beinen. In der Bundesliga gehen die Akteure insgesamt schneller und leichter zu Boden. Auf der anderen Seite habe ich den Eindruck, dass die Positionierung der Referees in Deutschland deutlich besser ist. In England sind sie häufiger im Weg, gerade bei kurzen Spielverlagerungen. Da kommt es immer mal wieder zu Ballberührungen durch die Schiedsrichter und in der Folge zu ärgerlichen Unterbrechungen. Diesbezüglich geht es in Deutschland aus meiner Sicht professioneller zu.
… Respekt für die Schiedsrichter: Die Unparteiischen haben nirgendwo ein leichtes Leben, der Druck auf sie ist groß, in England wie in Deutschland. Fehler werden nirgendwo gerne gesehen, deshalb bin ich auch so froh, dass es den VAR gibt, der dazu beiträgt, sie deutlich zu reduzieren. In England hat der institutionalisierte Austausch zwischen Schiedsrichtern und Trainern vor dem Spiel dazu beigetragen, dass sich die Kommunikation und das gegenseitige Verständnis verbessert haben. Man lernt sich einfach besser kennen. Aber diesbezüglich habe ich zuletzt auch in der Bundesliga deutliche Fortschritte erkannt.
… den neuen Handshake-Dialog vor Spielen der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga: Das kenne ich so ähnlich aus England, dort heißt es "Briefing". Man kann dort in der Kürze der Zeit natürlich keine tiefgreifenden Gespräche führen, sieht sich aber schon einmal, gibt sich die Hand, bespricht den Umgang miteinander, wünscht sich gegenseitig ein gutes Spiel, kann kurz in Ruhe miteinander sprechen. Das ist absolut positiv für das Verhältnis zueinander.
… seine Vorbereitung auf die Unparteiischen, die Spiele seines Teams leiten: Für mich als Trainer ist es eminent wichtig zu wissen, ob da jemand kommt, der eher schnell eine Karte zieht, oder ob er eine robuste Spielweise zulässt. Darauf muss ich meine Mannschaft einstellen. Lässt ein Referee zum Beispiel viel laufen, dürfen wir nicht darauf aus sein, Fouls zu "ziehen" und können selbst auch körperlicher agieren. Pfeift er dagegen kleinlicher, muss mein Team vor allem im letzten Spielfelddrittel in Zweikämpfen vorsichtiger und cleverer vorgehen.
… die Frage, worauf sich die Schiedsrichter besonders gut vorbereiten sollten: Auf die Atmosphäre im Stadion natürlich, um seine Unparteilichkeit wahren zu können, wenn es hitzig wird. Aber auch auf Besonderheiten des einen oder anderen Spielers, der vielleicht dazu neigt, sich Vorteile verschaffen zu wollen. Da sollte ein Schiedsrichter zu Beginn nicht so schnell pfeifen, wenn es nicht unbedingt nötig ist, einfach um diesem Spieler früh zu zeigen: So geht das hier nicht. Das tut dem Spiel gut.
… die Bedeutung guter Regelkenntnisse als Trainer: Das ist enorm wichtig, um darauf vorbereitet zu sein, was kommen kann. Das betrifft zum Beispiel die Auslegung der Abseitsregel, aber auch die Bewertung von Zweikämpfen im Strafraum. Wenn ich weiß, wie die Schiedsrichter die Regeln in bestimmten Situationen interpretieren, kann ich mich darauf einstellen – und meine Mannschaft ebenso. Je nachdem muss ich dann beispielsweise das Zweikampfverhalten anpassen.
… die Änderungen im Schiedsrichterwesen im Laufe seiner Karriere: Die Schiedsrichter sind viel, viel professioneller geworden. Es hat mich hier in Ankum sehr beeindruckt, wie akribisch sie arbeiten und sich auf die Saison vorbereiten. Sie sind auch fitter als früher. Das Spiel ist viel schneller geworden, was bedeutet, dass auch die Unparteiischen körperlich in einem sehr guten Zustand sein müssen, um ihm weiter folgen zu können. Das wird ja auch regelmäßig in Tests überprüft, und das finde ich gut und wichtig. Heute kommt es sogar manchmal vor, dass ein Schiedsrichter einen Spieler bei einem schnellen Angriff überläuft.
… Änderungen, die er zuletzt besonders gelungen fand, und Dinge, die er sich wünscht: Was dem Fußball ganz sicher entgegenkommt, ist die Einführung des Video-Assistenten, vor allem bei knappen Abseitssituationen, die sich mit menschlichem Auge gar nicht erfassen lassen. Wie wichtig der VAR ist, merkt man vor allem in Spielen, in denen es ihn nicht gibt. Was ich nicht mag, sind Spieler, die sich gegen Ende des Spiels lange auf dem Feld behandeln lassen, um Zeit zu schinden, und dann nur wenige Sekunden, nachdem sie draußen waren, wieder auf den Platz wollen. Die sollten länger außerhalb des Spielfelds warten müssen, bis sie wieder reindürfen. Beim leidigen Thema Handspiel wünsche ich mir, dass berücksichtigt wird, wohin der Ball geflogen wäre und welche Wirkung das Handspiel erzielt hat. Wenn ein Strafstoß gegeben wird, obwohl keinerlei Torgefahr bestand, ist die Konsequenz zu hart. In solchen Fällen sollte es maximal einen indirekten Freistoß außerhalb des Strafraums geben.
Kategorien: Schiedsrichter
Autor: af

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