Zu Ehren des "Bombers": Gerd Müllers wichtigste Länderspieltore

Der größte deutsche Torjäger aller Zeiten lebt nicht mehr, am Sonntag verstarb Gerd Müller im Alter von 75 Jahren. Die Karriere des Europameisters von 1972 und Weltmeisters von 1974 war in der Nationalmannschaft und Bundesliga mit Bestmarken gepflastert - seine 365 Ligatreffer sind bis heute Rekord. Anlässlich seines 75. Geburtstages im November 2020 hatte DFB.de eine Serie zu seinen zehn wichtigsten Länderspieltoren veröffentlicht. Zu Ehren Gerd Müllers erinnern wir noch mal an große Momente des "Bombers der Nation".

Spätes Glück in Nikosia

Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko muss die Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön auf der Mittelmeerinsel Zypern antreten. Auf dem Hartplatz tut sich der Vizeweltmeister von 1966 am 23. November 1968 in Nikosia trotz drückender Überlegenheit schwer. Der Fußballzwerg hält bis zur 90. Minute ein 0:0, dann zeigt der rumänische Schiedsrichter Pirvu eine vierminütige Nachspielzeit an.

Zum Glück für die Deutschen. In der 92. Minute kommt Gerd Müller, dem außer einem Pfostenschuss wenig gelungen ist, nach einer Kombination über Berti VogtsWolfgang Weber und Siggi Held im Strafraum frei zum Schuss - und das ist fast schon die Garantie für ein Tor. So kommt es, Müller dreht jubelnd ab. Im achten Länderspiel ist es bereits sein siebtes Tor. Es bewahrt Deutschland vor einer großen Blamage. "Darauf erst mal einen Schluck", stößt Helmut Schön hervor. Das Rückspiel 1969 endet übrigens 12:0.

"Reißender Wolf" gegen Österreich

Auch gegen den Nachbarn aus Österreich geht es im Mai 1969 in Nürnberg um Punkte auf dem Weg zur WM in Mexiko 1970, auch in diesem Spiel ist die DFB-Auswahl Favorit - und wieder braucht sie Geduld. Die Zuschauer im ausverkauften Frankenstadion sind weniger geduldig und rufen schon weit vor Schluss nach Uwe Seeler, dem zurückgetretenen Torjäger der Nation. Noch ist Müller nicht der Liebling der Massen, aber er arbeitet daran.

In Minute 88 kommt der Ball über Georg Volkert von links in den Strafraum, Jupp Heynckes verlängert im Fallen mit der Hacke auf Gerd Müller und der verblüfft alle: Er lupft den Ball gleich über zwei Gegenspieler, lässt ihn aufsetzen und köpft gegen Torwart Fraydl ein. 1:0! Das ist der Sieg, wieder durch ein Müller-Tor. "Außerhalb des Strafraums ist er ein Lamm, innerhalb wird er zum reißenden Wolf", seufzt sein Gegenspieler Norbert Hof nach dem Spiel. Und Müller, der mit seiner Leistung gar nicht zufrieden ist, beteuert: "Ich glaube immer bis zuletzt an den Sieg." 

Kopfball verhindert WM-Fehlstart

Zum Auftakt der Weltmeisterschaft in Mexiko bekommt Deutschland den vermeintlich leichtesten Gegner serviert. Doch Außenseiter Marokko führt zur Pause und hält nach 77 Minuten noch ein 1:1. Dem DFB-Team droht eine Blamage, als eine Kombination der Joker das erlösende 2:1 einleitet. Jürgen Grabowskis Flanke köpft Johannes Löhr auf die Latte. Der Abpraller fällt dem Mann mit dem eingebauten Torinstinkt auf die Stirn: Gerd Müller! Es ist der Sieg.

Kommentar Müller: "In den letzten 20 Minuten habe ich ganz schön geschnauft. Da wollte ich schon gar nicht mehr nach vorne mitlaufen, aber dann habe ich gesehen, dass von hinten der Löhr kommt. Dann bin ich doch mit vorgegangen."

Revanche für Wembley

Im Viertelfinale kommt es zur Revanche für das Wembley-Finale, das England 1966 gewann. Auch diese dramatische Partie in Mexiko muss in die Verlängerung, nachdem die Deutschen einen 0:2-Rückstand in glühender Hitze aufgeholt haben. Alle fürchten einen Losentscheid, doch dann schlägt der Bomber wieder zu. Gerd Müller, der in dieser Partie viereinhalb Kilo abnimmt, ist in der 108. Minute noch hellwach. Die Assistenten sind dieselben wie gegen Marokko: Der unermüdliche Jürgen Grabowski hat von rechts vor das Tor geflankt, wo Linksaußen Hannes Löhr am höchsten steigt und in die Mitte köpft. Zu Müller, der in dieser Partie erst zu seiner zweiten Chance kommt - weil er ausnahmsweise unbewacht ist. Aus nur zwei Metern drischt er volley mit rechts ein. Das Foto von diesem Tor wird zu einem der berühmtesten seiner Karriere. Das Tor natürlich auch, denn es bedeutet den Sieg gegen den aktuellen Weltmeister.

Was sagt Müller? "Ich habe geglaubt, ich erreiche den Ball nicht mehr. Ich war schon zu weit vor und musste das Bein noch mächtig hochreißen, um ihn zu bekommen. Ich hatte nicht gedacht, dass hohe Flanken doch noch zum Erfolg führen, und den anderen gesagt, sie sollen mich flach anspielen." Gut, dass sie nicht auf ihn hörten…

Nicht lang gefackelt in Tirana

Mehr als drei Jahre nach dem blamablen ersten Albanien-Gastspiel (0:0), das Deutschland die EM-Teilnahme kostete, kommt es 1971 zur Neuauflage in Tirana. Wieder geht es um die Fahrkarte zur Europameisterschaft, diesmal fällt aber noch keine Entscheidung. Dennoch können sich die Deutschen keinen Ausrutscher leisten beim punktlosen Schlusslicht.

Das wehrt sich wie 1967 nach Kräften, nur einer findet das Tor der Skipetaren: Gerd Müller. In der 38. Minute kommt der Ball über Jürgen Grabowski und Wolfgang Overath zum "Bomber", der nicht lange fackelt. Im 28. Länderspiel ist es bereits sein 31. Tor, weshalb der kicker feststellt: "Wenn der Müller nicht wär'". Der Gefeierte gibt zu Protokoll: "Ja mei, das war ein schweres Spiel. Dass ich das Tor des Tages schoss, darüber freue ich mich besonders."

Erster Sieg in Wembley

Das Hinspiel im EM-Viertelfinale am 29. April 1972 markiert einen Meilenstein der DFB-Historie. Erstmals gewinnt eine deutsche Nationalmannschaft in England, das seine Länderspiele im mythischen Wembley-Stadion austrägt. Der verregnete Abend gilt als bestes deutsches Länderspiel von Günter Netzer und zumindest damals auch als bestes der DFB-Historie.

Hart umkämpft ist es dennoch, und der Sieg bahnt sich erst mit Netzers glücklich verwandeltem Elfmeter (85.) an. Entschieden ist es aber erst, als es wieder mal "Bumm" macht. Gerd Müller, bis daher eher unauffällig agierend und ungewöhnlich oft in der eigenen Hälfte, setzt den Ball in der 88. Minute nach einem für ihnen typischen Drehschuss flach mit rechts in die Ecke. Im kicker liest sich das so: "Fünf Mann stehen wie eine Sperrkette vor Gerd, der ihnen den Rücken zukehrt. Eine Drehung, und wie Apollo 16 zischt der Ball weg. Ins entlegene Eck! Sieg! Triumph in Wembley!" Im torlosen Rückspiel von Berlin wird die EM-Fahrkarte gelöst.

Über Belgien ins EM-Finale

Die Müller-Festspiele des Frühsommers 1972 halten auch bei der EM-Endrunde an. In der noch laufenden Bundesligasaison hat er nach 32 Spieltagen bereits 40 Tore erzielt (und damit einen bis heute gültigen Rekord aufgestellt), aber satt ist der Bomber noch immer nicht. Zum Glück für Deutschland, das bei dem kleinen Turnier, das mit dem Halbfinale beginnt, in Antwerpen auf Gastgeber Belgien trifft. Müller hat schon vor der Pause ein Tor geköpft (24.), der Widerstand des Gegners hält aber noch an.

In der 71. Minute spielt Günter Netzer, schon Vorbereiter des ersten Tores, einen langen Ball vors belgische Tor. In den Lauf von Müller, der das aufsetzende Leder an der Strafraumgrenze an Torwart Christian Piot mit rechts in den Kasten spitzelt. Zwei Gegenspieler kommen zu spät, wieder mal ist Müller schneller als alle anderen. Es ist die Vorentscheidung, das belgische Anschlusstor fällt zu spät, Deutschland steht im Finale. Die Gastgeber dagegen sind raus und wissen auch warum: "Aus durch Müller!" So treffend titelt die Zeitung Het Laatste Nieuws.

Erstmals Europameister

Bei seiner ersten EM-Endrunde steht Deutschland gleich im Finale. An den Gegner hat Gerd Müller sehr gute Erinnerungen, erst drei Wochen zuvor hat er bei der Eröffnung des Münchner Olympiastadions den Russen alle vier Tore zum 4:1 eingeschenkt.

Auch im einseitigen EM-Finale am 18. Juni 1972 in Brüssel schlägt er gleich wieder zu, sein 1:0 (28.) markiert den Pausenstand. Herbert Wimmer baut die Führung aus (52.), nun muss noch einer den Sack zubinden. Das ist wieder ein Fall für Müller, der vom aufgerückten Vorstopper Georg "Katsche" Schwarzenbeck nicht ganz freiwillig den Ball bekommt und aus fünf Metern mit rechts zum 3:0 einschiebt. Der Triumph der "Jahrhundertelf" ist perfekt. Mit dieser Partie durchbricht Müller als erster Deutscher die 50-Tore-Marke in Länderspielen (51).

Das Tor in der Wasserschlacht

Die letzte Zwischenrundenpartie um den Einzug ins WM-Finale 1974 geht als Wasserschlacht in die Fußballgeschichte ein. Nach sintflutartigen Regenfällen herrschen im Frankfurter Waldstadion irreguläre Platzverhältnisse, Teile des Rasens gleichen einer Seenplatte. Kein Tag für Techniker und auch keiner für Torjäger. Eigentlich. Uli Hoeneß scheitert sogar mit einem Elfmeter, und so hoffen die leicht feldüberlegenen Polen, die gewinnen müssen, weiter auf den Finaleinzug.

Bis zur 75. Minute, dann erhalten sie einen gewaltigen Dämpfer. Rainer Bonhof hat sich auf links durchgetankt, ein Verteidiger spitzelt ihm den Ball zwar weg, aber genau zu Müller. Annahme und Schuss sind bei ihm eins, eine Sekunde später schlägt der Ball flach links unten im polnischen Tor ein. Dabei bleibt es, wieder schießt Müller Deutschland in ein Finale. Nur einer wundert sich darüber - Gerd Müller. Er sagt: "Ich weiß nicht, woher ich die Ruhe genommen habe, um kalt meine Torchance zu nutzen."

WM-Triumph in München

Nur einer weiß schon vor dem Anpfiff, dass Gerd Müller mit dem WM-Finale gegen die Niederlande am 7. Juli 1974 in München seine Länderspielkarriere beenden wird - er selbst. Mit 28 tritt er ab, aus privaten Gründen. Er will nicht mehr so viel reisen, mehr bei der Familie sein. Jetzt geht es nur noch um einen perfekten Abgang, und den verschafft er sich im 62. und letzten Länderspiel selbst.

Es läuft die 43. Minute des packenden Finales, in dem beide Teams schon einen Elfmeter verwandelt haben. Nach einem Pass von Jürgen Grabowski tankt sich Rainer Bonhof auf rechts durch und flankt flach und scharf in den Strafraum. Müller kommt mit links an den Ball, der ihm zunächst verspringt. Schneller als seine Bewacher erfasst er die Situation und jagt die Kugel flach mit rechts ins linke Eck, Torwart Jan Jongbloed reagiert nicht mal. "Tore, die Müller macht, die nur Müller macht, weil er die kürzesten Reflexe hat", huldigt ihm ARD-Sprecher Rudi Michel. Es ist das 68. Tor des "Bombers" für Deutschland und das zum zweiten WM-Triumph. Es macht ihn unsterblich.

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Der größte deutsche Torjäger aller Zeiten lebt nicht mehr, am Sonntag verstarb Gerd Müller im Alter von 75 Jahren. Die Karriere des Europameisters von 1972 und Weltmeisters von 1974 war in der Nationalmannschaft und Bundesliga mit Bestmarken gepflastert - seine 365 Ligatreffer sind bis heute Rekord. Anlässlich seines 75. Geburtstages im November 2020 hatte DFB.de eine Serie zu seinen zehn wichtigsten Länderspieltoren veröffentlicht. Zu Ehren Gerd Müllers erinnern wir noch mal an große Momente des "Bombers der Nation".

Spätes Glück in Nikosia

Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko muss die Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön auf der Mittelmeerinsel Zypern antreten. Auf dem Hartplatz tut sich der Vizeweltmeister von 1966 am 23. November 1968 in Nikosia trotz drückender Überlegenheit schwer. Der Fußballzwerg hält bis zur 90. Minute ein 0:0, dann zeigt der rumänische Schiedsrichter Pirvu eine vierminütige Nachspielzeit an.

Zum Glück für die Deutschen. In der 92. Minute kommt Gerd Müller, dem außer einem Pfostenschuss wenig gelungen ist, nach einer Kombination über Berti VogtsWolfgang Weber und Siggi Held im Strafraum frei zum Schuss - und das ist fast schon die Garantie für ein Tor. So kommt es, Müller dreht jubelnd ab. Im achten Länderspiel ist es bereits sein siebtes Tor. Es bewahrt Deutschland vor einer großen Blamage. "Darauf erst mal einen Schluck", stößt Helmut Schön hervor. Das Rückspiel 1969 endet übrigens 12:0.

"Reißender Wolf" gegen Österreich

Auch gegen den Nachbarn aus Österreich geht es im Mai 1969 in Nürnberg um Punkte auf dem Weg zur WM in Mexiko 1970, auch in diesem Spiel ist die DFB-Auswahl Favorit - und wieder braucht sie Geduld. Die Zuschauer im ausverkauften Frankenstadion sind weniger geduldig und rufen schon weit vor Schluss nach Uwe Seeler, dem zurückgetretenen Torjäger der Nation. Noch ist Müller nicht der Liebling der Massen, aber er arbeitet daran.

In Minute 88 kommt der Ball über Georg Volkert von links in den Strafraum, Jupp Heynckes verlängert im Fallen mit der Hacke auf Gerd Müller und der verblüfft alle: Er lupft den Ball gleich über zwei Gegenspieler, lässt ihn aufsetzen und köpft gegen Torwart Fraydl ein. 1:0! Das ist der Sieg, wieder durch ein Müller-Tor. "Außerhalb des Strafraums ist er ein Lamm, innerhalb wird er zum reißenden Wolf", seufzt sein Gegenspieler Norbert Hof nach dem Spiel. Und Müller, der mit seiner Leistung gar nicht zufrieden ist, beteuert: "Ich glaube immer bis zuletzt an den Sieg." 

Kopfball verhindert WM-Fehlstart

Zum Auftakt der Weltmeisterschaft in Mexiko bekommt Deutschland den vermeintlich leichtesten Gegner serviert. Doch Außenseiter Marokko führt zur Pause und hält nach 77 Minuten noch ein 1:1. Dem DFB-Team droht eine Blamage, als eine Kombination der Joker das erlösende 2:1 einleitet. Jürgen Grabowskis Flanke köpft Johannes Löhr auf die Latte. Der Abpraller fällt dem Mann mit dem eingebauten Torinstinkt auf die Stirn: Gerd Müller! Es ist der Sieg.

Kommentar Müller: "In den letzten 20 Minuten habe ich ganz schön geschnauft. Da wollte ich schon gar nicht mehr nach vorne mitlaufen, aber dann habe ich gesehen, dass von hinten der Löhr kommt. Dann bin ich doch mit vorgegangen."

Revanche für Wembley

Im Viertelfinale kommt es zur Revanche für das Wembley-Finale, das England 1966 gewann. Auch diese dramatische Partie in Mexiko muss in die Verlängerung, nachdem die Deutschen einen 0:2-Rückstand in glühender Hitze aufgeholt haben. Alle fürchten einen Losentscheid, doch dann schlägt der Bomber wieder zu. Gerd Müller, der in dieser Partie viereinhalb Kilo abnimmt, ist in der 108. Minute noch hellwach. Die Assistenten sind dieselben wie gegen Marokko: Der unermüdliche Jürgen Grabowski hat von rechts vor das Tor geflankt, wo Linksaußen Hannes Löhr am höchsten steigt und in die Mitte köpft. Zu Müller, der in dieser Partie erst zu seiner zweiten Chance kommt - weil er ausnahmsweise unbewacht ist. Aus nur zwei Metern drischt er volley mit rechts ein. Das Foto von diesem Tor wird zu einem der berühmtesten seiner Karriere. Das Tor natürlich auch, denn es bedeutet den Sieg gegen den aktuellen Weltmeister.

Was sagt Müller? "Ich habe geglaubt, ich erreiche den Ball nicht mehr. Ich war schon zu weit vor und musste das Bein noch mächtig hochreißen, um ihn zu bekommen. Ich hatte nicht gedacht, dass hohe Flanken doch noch zum Erfolg führen, und den anderen gesagt, sie sollen mich flach anspielen." Gut, dass sie nicht auf ihn hörten…

Nicht lang gefackelt in Tirana

Mehr als drei Jahre nach dem blamablen ersten Albanien-Gastspiel (0:0), das Deutschland die EM-Teilnahme kostete, kommt es 1971 zur Neuauflage in Tirana. Wieder geht es um die Fahrkarte zur Europameisterschaft, diesmal fällt aber noch keine Entscheidung. Dennoch können sich die Deutschen keinen Ausrutscher leisten beim punktlosen Schlusslicht.

Das wehrt sich wie 1967 nach Kräften, nur einer findet das Tor der Skipetaren: Gerd Müller. In der 38. Minute kommt der Ball über Jürgen Grabowski und Wolfgang Overath zum "Bomber", der nicht lange fackelt. Im 28. Länderspiel ist es bereits sein 31. Tor, weshalb der kicker feststellt: "Wenn der Müller nicht wär'". Der Gefeierte gibt zu Protokoll: "Ja mei, das war ein schweres Spiel. Dass ich das Tor des Tages schoss, darüber freue ich mich besonders."

Erster Sieg in Wembley

Das Hinspiel im EM-Viertelfinale am 29. April 1972 markiert einen Meilenstein der DFB-Historie. Erstmals gewinnt eine deutsche Nationalmannschaft in England, das seine Länderspiele im mythischen Wembley-Stadion austrägt. Der verregnete Abend gilt als bestes deutsches Länderspiel von Günter Netzer und zumindest damals auch als bestes der DFB-Historie.

Hart umkämpft ist es dennoch, und der Sieg bahnt sich erst mit Netzers glücklich verwandeltem Elfmeter (85.) an. Entschieden ist es aber erst, als es wieder mal "Bumm" macht. Gerd Müller, bis daher eher unauffällig agierend und ungewöhnlich oft in der eigenen Hälfte, setzt den Ball in der 88. Minute nach einem für ihnen typischen Drehschuss flach mit rechts in die Ecke. Im kicker liest sich das so: "Fünf Mann stehen wie eine Sperrkette vor Gerd, der ihnen den Rücken zukehrt. Eine Drehung, und wie Apollo 16 zischt der Ball weg. Ins entlegene Eck! Sieg! Triumph in Wembley!" Im torlosen Rückspiel von Berlin wird die EM-Fahrkarte gelöst.

Über Belgien ins EM-Finale

Die Müller-Festspiele des Frühsommers 1972 halten auch bei der EM-Endrunde an. In der noch laufenden Bundesligasaison hat er nach 32 Spieltagen bereits 40 Tore erzielt (und damit einen bis heute gültigen Rekord aufgestellt), aber satt ist der Bomber noch immer nicht. Zum Glück für Deutschland, das bei dem kleinen Turnier, das mit dem Halbfinale beginnt, in Antwerpen auf Gastgeber Belgien trifft. Müller hat schon vor der Pause ein Tor geköpft (24.), der Widerstand des Gegners hält aber noch an.

In der 71. Minute spielt Günter Netzer, schon Vorbereiter des ersten Tores, einen langen Ball vors belgische Tor. In den Lauf von Müller, der das aufsetzende Leder an der Strafraumgrenze an Torwart Christian Piot mit rechts in den Kasten spitzelt. Zwei Gegenspieler kommen zu spät, wieder mal ist Müller schneller als alle anderen. Es ist die Vorentscheidung, das belgische Anschlusstor fällt zu spät, Deutschland steht im Finale. Die Gastgeber dagegen sind raus und wissen auch warum: "Aus durch Müller!" So treffend titelt die Zeitung Het Laatste Nieuws.

Erstmals Europameister

Bei seiner ersten EM-Endrunde steht Deutschland gleich im Finale. An den Gegner hat Gerd Müller sehr gute Erinnerungen, erst drei Wochen zuvor hat er bei der Eröffnung des Münchner Olympiastadions den Russen alle vier Tore zum 4:1 eingeschenkt.

Auch im einseitigen EM-Finale am 18. Juni 1972 in Brüssel schlägt er gleich wieder zu, sein 1:0 (28.) markiert den Pausenstand. Herbert Wimmer baut die Führung aus (52.), nun muss noch einer den Sack zubinden. Das ist wieder ein Fall für Müller, der vom aufgerückten Vorstopper Georg "Katsche" Schwarzenbeck nicht ganz freiwillig den Ball bekommt und aus fünf Metern mit rechts zum 3:0 einschiebt. Der Triumph der "Jahrhundertelf" ist perfekt. Mit dieser Partie durchbricht Müller als erster Deutscher die 50-Tore-Marke in Länderspielen (51).

Das Tor in der Wasserschlacht

Die letzte Zwischenrundenpartie um den Einzug ins WM-Finale 1974 geht als Wasserschlacht in die Fußballgeschichte ein. Nach sintflutartigen Regenfällen herrschen im Frankfurter Waldstadion irreguläre Platzverhältnisse, Teile des Rasens gleichen einer Seenplatte. Kein Tag für Techniker und auch keiner für Torjäger. Eigentlich. Uli Hoeneß scheitert sogar mit einem Elfmeter, und so hoffen die leicht feldüberlegenen Polen, die gewinnen müssen, weiter auf den Finaleinzug.

Bis zur 75. Minute, dann erhalten sie einen gewaltigen Dämpfer. Rainer Bonhof hat sich auf links durchgetankt, ein Verteidiger spitzelt ihm den Ball zwar weg, aber genau zu Müller. Annahme und Schuss sind bei ihm eins, eine Sekunde später schlägt der Ball flach links unten im polnischen Tor ein. Dabei bleibt es, wieder schießt Müller Deutschland in ein Finale. Nur einer wundert sich darüber - Gerd Müller. Er sagt: "Ich weiß nicht, woher ich die Ruhe genommen habe, um kalt meine Torchance zu nutzen."

WM-Triumph in München

Nur einer weiß schon vor dem Anpfiff, dass Gerd Müller mit dem WM-Finale gegen die Niederlande am 7. Juli 1974 in München seine Länderspielkarriere beenden wird - er selbst. Mit 28 tritt er ab, aus privaten Gründen. Er will nicht mehr so viel reisen, mehr bei der Familie sein. Jetzt geht es nur noch um einen perfekten Abgang, und den verschafft er sich im 62. und letzten Länderspiel selbst.

Es läuft die 43. Minute des packenden Finales, in dem beide Teams schon einen Elfmeter verwandelt haben. Nach einem Pass von Jürgen Grabowski tankt sich Rainer Bonhof auf rechts durch und flankt flach und scharf in den Strafraum. Müller kommt mit links an den Ball, der ihm zunächst verspringt. Schneller als seine Bewacher erfasst er die Situation und jagt die Kugel flach mit rechts ins linke Eck, Torwart Jan Jongbloed reagiert nicht mal. "Tore, die Müller macht, die nur Müller macht, weil er die kürzesten Reflexe hat", huldigt ihm ARD-Sprecher Rudi Michel. Es ist das 68. Tor des "Bombers" für Deutschland und das zum zweiten WM-Triumph. Es macht ihn unsterblich.

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