Torhüterinnen: "In Deutschland wieder als Vorreiter vorangehen"

Silke Rottenberg und Michael Fuchs sind im Team mit DFB-Torwartkoordinator Marc Ziegler für Konzepte, Entwicklung und Strategien im Bereich des Torwartspiels verantwortlich. Zudem ist Silke Rottenberg verantwortliche Torwarttrainerin der U-Teams, Michael Fuchs der Frauen-Nationalmannschaft. Im DFB.de-Interview sprechen die beiden mit Redakteurin Annette Seitz über die Erkenntnisse der torwartspezifischen WM-Analyse, warum eine gute Torfrau eine Ballbehandlung wie eine Feldspielerin braucht und wieso Deutschland ein Torwartland ist.

DFB.de: In der vergangenen Trainer- und Trainerinnentagung der weiblichen Nationalmannschaften bildeten die Erkenntnisse der WM-Analyse zu den Torhüterinnen einen Schwerpunkt. Was genau wurde vorgestellt?

Michael Fuchs: Im Speziellen waren die Erkenntnisse bezüglich des Offensivspiels Thema. Im Blickpunkt stand dabei die Frage, wie das Zusammenspiel zwischen Torhüterinnen und Mannschaft verbessert werden und wie man beispielsweise das Überzahlspiel schon in der ersten Reihe herstellen kann, um das Angriffsspiel insgesamt effektiver für das komplette Team zu gestalten. Die umfassende Analyse der WM aus Torhüterinnensicht haben wir schon zu einem früheren Zeitpunkt vorgestellt.

DFB.de: Erstmals wurde unter Führung von Silke Rottenberg bei der WM das Torhüterinnenspiel genau analysiert. Warum?

Silke Rottenberg: Ganz einfach, wir wollen im Detail herausarbeiten, wo genau sich das Torwartspiel verbessert hat und wo trotzdem noch die Stellschrauben sind, an denen wir drehen müssen. Hier wollen wir in Deutschland wieder als Vorreiter vorangehen, um zu schauen, was wir in unserer Ausbildung noch verändern und optimieren können.

DFB.de: Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Fuchs: Grundsätzlich haben wir Erkenntnisse bezogen auf Zielverteidigung, Raumverteidigung, und Offensivspiel. Eine Schlüsselerkenntnis ist eben, dass sich viele Gegentore verhindern ließen, wenn die taktische Zusammenarbeit zwischen Mannschaft und Torhüterinnen besser wäre.

DFB.de: Was ist Ihnen besonders aufgefallen bei der WM in Frankreich?

Rottenberg: Eine wichtige Rolle spielt das Mitspielverhalten. Das sieht man auch an Almuth Schult, die ja bei der WM gespielt hat. Sie hebt sich von anderen Torhüterinnen ab, weil sie in der Lage ist, beidfüßig zu spielen. Ein großer Vorteil. Die meisten Torhüterinnen benutzen dagegen nur einen Fuß. Eine Torhüterin muss zudem die Übersicht haben: Wo kann ich den Ball verteilen, wie bekomme ich ihn zurück, wie nehme ich ihn an? Also wesentliche Punkte, um buchstäblich mit der Mannschaft zu spielen. Nicht die Mannschaft soll sich auf die Torhüterin einstellen, sondern die Torhüterin ist ein Bestandteil des Teams und soll das Spiel so vorantreiben.

Fuchs: Die Torhüterin braucht gute fußballerische Fähigkeiten und stabile Techniken, um das Offensivspiel anzukurbeln. Sie muss wie die Feldspielerinnen ein Verständnis vom Fußballspiel mitbringen und zusammen mit dem Team Fußball spielen wollen. Das ist aber keine neue Erkenntnis, das versuchen wir schon seit längerer Zeit im ganzen Jugendbereich umzusetzen.

Rottenberg: Im torwartspezifischen Spiel haben wir festgestellt, dass die Raumverteidigung - also das Fangen oder Sichern von Flanken, Pässen in die Tiefe und Eingaben von der Seite - nach wie vor ein großes Thema ist. Dass man Querpässe durchaus noch besser verteidigen kann, aber im Zusammenspiel zwischen Torhüterin und Mannschaft. Zudem gibt es, was die technischen Abläufe angeht, beim Eins-gegen-Eins-Verhalten oder bei Torschüssen noch Punkte, die sich verbessern lassen.

DFB.de: Wie kann man das nun in der Praxis umsetzen?

Fuchs: Wir konzipieren Trainingsformen für Mannschaften und Torhüterinnen. Das wenden wir im Offensivspiel schon jetzt im unteren Jugendbereich in der U 16 mit Anouschka Bernhard und Gerd Bode an. Hier werden konkrete Ideen entwickelt, wie man ein Spiel aufbaut, um in der hintersten Reihe Überzahl zu schaffen und dadurch den Gegner vor Probleme zu stellen.

Rottenberg: Der Wissenstransfer findet beispielsweise durch Workshops statt. Wir hatten vor Kurzem einen Workshop mit den DFB-Torwarttrainern, in dem wir viele Details aus der WM-Analyse aufgegriffen und Videosequenzen dazu ausgesucht haben. Anhand dieser Basisszenen wollen wir Trainingseinheiten konzipieren, die die taktische Zusammenarbeit von Torhüterin und Mannschaft thematisieren. Natürlich gehen wir auch in die Vereine. Unseren DFB-Trainern und -trainerinnen und denen aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga haben wir unsere Analyse schon nähergebracht, das haben wir auch mit den DFB-Honorartrainern und -trainerinnen der Juniorinnen schon getan, die ja mit ihrer aktiven Mitarbeit einen sehr großen Anteil an der WM-Analyse haben. Wir wollen unsere Erkenntnisse streuen. Im August gab es beispielsweise erstmals eine Torwarttrainertagung für die Trainer der Kleinsten, also mit den Trainern der Mädels, die noch in Jungenmannschaften spielen. Das ist sehr gut angekommen. Wir veranstalten in diesem Bereich auch Workshops, wollen nicht berieseln, sondern aktiv Dinge erarbeiten. Wir sind sehr viel im Austausch mit Trainern, Verbänden und Torhüterinnen, das läuft wunderbar, so versuchen wir unsere Ideen zu vertiefen und unseren roten Faden zu vermitteln. Auch bei den Vereinen versuchen wir, dafür zu werben, noch mehr in Torwarttrainer zu investieren, mehr Torwarttrainingszeiten zu bekommen. Der nächste Schritt werden Ausbildungsblöcke sein, die wir von der U 15 bis zur U 17 kreieren wollen. Immer mit dem Blick auf den internationalen "Anspruch".

DFB.de: Vor einigen Jahren wurde der erste Torhüterinnen-Leitfaden entwickelt, der vor zwei Jahren um den Männerbereich erweitert wurde. Was genau ist im Leitfaden zum Torwartspiel festgeschrieben?

Rottenberg: Wir beschreiben in bebilderten Reihen technische Abläufe detailliert mit den wesentlichen Coachingpunkten und vermitteln den Trainern dazu methodische Übungsreihen, anhand derer sie die Techniken Schritt für Schritt zu Hause entwickeln können. Zudem werden taktische Elemente thematisiert: Wie stelle ich eine Mauer, wie verteidige ich den Raum, wie verhalte ich mich bei Ecken? Aktuell sind wir dabei, einen speziellen Taktikleitfaden zu schreiben.

DFB.de: Michael Fuchs, Sie sind seit 2007 im Frauenbereich tätig, wurden mit Silvia Neid Welt-, Europameister und Olympiasieger. Wie hat sich das Torhüterinnen-Spiel entwickelt über die Jahre?

Fuchs: Es ist auf jeden Fall athletischer und schneller geworden. Die Anforderungen sind vor allem in fußballerischer Hinsicht gestiegen. Man erwartet, dass eine Torhüterin Qualitäten wie eine Feldspielerin in technischer Hinsicht hat und auch ein großes taktisches Verständnis mitbringt.

DFB.de: Hat sich damit auch die Arbeit des Torwarttrainers verändert?

Fuchs: In gewisser Weise. Das klassische Bällehalten und Flankenabfangen ist dem Umstand gewichen, dass man mehr Wert auf die Torhüterin als erste Angreiferin legt. Hinzugekommen ist noch, dass man vom klassischen Raum- und Zielverteidigen eine komplexere Vorstellung hat. Das heißt, es reicht nicht aus, einfach Übungsformen durchzuführen, wie man hechtet oder den Ball fängt. Man versucht vielmehr, diese Themen in komplexe und situative Übungsformen einzubinden. Die Torhüterin soll so im Torwarttraining in spielnahe Situationen gebracht werden, um die Techniken mit taktischem Bezug anzuwenden und Erlerntes im letzten Schritt ins Mannschaftstraining zu integrieren. So hat sich unsere Rolle verändert vom reinen Torwarttrainer zum Spezialtrainer mit der Aufgabe Torwart. Das ist eine Rolle, in der der Torwarttrainer mit dem Cheftrainer gemeinsam Übungsformen entwickelt, Taktiken bespricht und sich einbringt ins gesamte Trainerteam.

DFB.de: Silke Rottenberg, Sie und Michael Fuchs kennen sich schon sehr lange. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit ihm und DFB-Torwartkoordinator Marc Ziegler beschreiben?

Rottenberg: "Mix" war 2007 ja schon kurz mein Torwarttrainer, als ich noch aktiv war. Danach bin ich ins Trainerteam gerückt. Wir pflegen eine sehr enge Absprache, jeder kann sich auf den anderen verlassen, wir arbeiten sehr intensiv zusammen. Wir haben ein enges Netzwerk, tauschen uns regelmäßig über die Leistungen der Torhüterinnen am Wochenende aus, er ist zudem bei jedem Torwartcamp dabei und weiß, wie die Honorartrainer arbeiten. Mit Michael Fuchs und Marc Ziegler ist unglaublich viel Torwartexpertise im engen Austausch. Eine sehr fruchtbare und intensive Zusammenarbeit.

DFB.de: Wie genau sieht Ihre Aufgabe beim DFB aus, Michael Fuchs?

Fuchs: Neben dem Torwarttraining bei der Frauen-Nationalmannschaft bin ich mit Marc Ziegler für die Torwarttrainer-Ausbildung - vor allem die Torwarttrainer-A-Lizenz - beim DFB zuständig. Daneben bin ich noch im konzeptionellen Bereich tätig, dabei geht es um alles hinsichtlich der Torwartentwicklung. Wir entwickeln neue Strukturen und Konzepte, erweitern unser Wissen und geben es weiter. Das ist sehr interessant für mich, weil ich mit sehr vielen anderen Torwarttrainern zusammenkomme und da einerseits die Erfahrungen, die ich als aktiver Torwarttrainer bei den Frauen sammle, einbringen kann, anderseits aber auch die Erfahrungen der anderen Torwarttrainer für meine eigene Tätigkeit mitnehmen kann.

DFB.de: Frau Rottenberg, Sie waren eine Weltklasse-Torfrau, Deutschland hatte nie Probleme auf dieser Position. Warum ist das so?

Rottenberg: Ich glaube, dass wir einfach ein Stück weit mehr im Detail arbeiten. Zu Zeiten von Marion Isbert gab es dieses spezielle Torwarttraining noch nicht, zu meinen Zeiten erst später. Jörg Daniel hat mir mehr oder weniger das Torwartspiel mit 24 beigebracht. Und jetzt ist es ganz normal, der DFB hat in diesem Bereich sehr viel investiert. Wir haben zwei festangestellte Torwarttrainer und viele DFB-Honorartrainer und -trainerinnen, die die Mannschaften begleiten. Wir pflegen einen sehr guten und engen Austausch. Auch mit den Vereinstorwarttrainern und -trainerinnen sind wir im stetigen Austausch, der auch mal kritisch, aber sehr konstruktiv ist. Wir schauen über den Tellerrand. All das trägt dazu bei, dass wir auf dieser Position so gut dastehen. So sind nur sehr wenige Verbände weltweit aufgestellt.

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Silke Rottenberg und Michael Fuchs sind im Team mit DFB-Torwartkoordinator Marc Ziegler für Konzepte, Entwicklung und Strategien im Bereich des Torwartspiels verantwortlich. Zudem ist Silke Rottenberg verantwortliche Torwarttrainerin der U-Teams, Michael Fuchs der Frauen-Nationalmannschaft. Im DFB.de-Interview sprechen die beiden mit Redakteurin Annette Seitz über die Erkenntnisse der torwartspezifischen WM-Analyse, warum eine gute Torfrau eine Ballbehandlung wie eine Feldspielerin braucht und wieso Deutschland ein Torwartland ist.

DFB.de: In der vergangenen Trainer- und Trainerinnentagung der weiblichen Nationalmannschaften bildeten die Erkenntnisse der WM-Analyse zu den Torhüterinnen einen Schwerpunkt. Was genau wurde vorgestellt?

Michael Fuchs: Im Speziellen waren die Erkenntnisse bezüglich des Offensivspiels Thema. Im Blickpunkt stand dabei die Frage, wie das Zusammenspiel zwischen Torhüterinnen und Mannschaft verbessert werden und wie man beispielsweise das Überzahlspiel schon in der ersten Reihe herstellen kann, um das Angriffsspiel insgesamt effektiver für das komplette Team zu gestalten. Die umfassende Analyse der WM aus Torhüterinnensicht haben wir schon zu einem früheren Zeitpunkt vorgestellt.

DFB.de: Erstmals wurde unter Führung von Silke Rottenberg bei der WM das Torhüterinnenspiel genau analysiert. Warum?

Silke Rottenberg: Ganz einfach, wir wollen im Detail herausarbeiten, wo genau sich das Torwartspiel verbessert hat und wo trotzdem noch die Stellschrauben sind, an denen wir drehen müssen. Hier wollen wir in Deutschland wieder als Vorreiter vorangehen, um zu schauen, was wir in unserer Ausbildung noch verändern und optimieren können.

DFB.de: Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Fuchs: Grundsätzlich haben wir Erkenntnisse bezogen auf Zielverteidigung, Raumverteidigung, und Offensivspiel. Eine Schlüsselerkenntnis ist eben, dass sich viele Gegentore verhindern ließen, wenn die taktische Zusammenarbeit zwischen Mannschaft und Torhüterinnen besser wäre.

DFB.de: Was ist Ihnen besonders aufgefallen bei der WM in Frankreich?

Rottenberg: Eine wichtige Rolle spielt das Mitspielverhalten. Das sieht man auch an Almuth Schult, die ja bei der WM gespielt hat. Sie hebt sich von anderen Torhüterinnen ab, weil sie in der Lage ist, beidfüßig zu spielen. Ein großer Vorteil. Die meisten Torhüterinnen benutzen dagegen nur einen Fuß. Eine Torhüterin muss zudem die Übersicht haben: Wo kann ich den Ball verteilen, wie bekomme ich ihn zurück, wie nehme ich ihn an? Also wesentliche Punkte, um buchstäblich mit der Mannschaft zu spielen. Nicht die Mannschaft soll sich auf die Torhüterin einstellen, sondern die Torhüterin ist ein Bestandteil des Teams und soll das Spiel so vorantreiben.

Fuchs: Die Torhüterin braucht gute fußballerische Fähigkeiten und stabile Techniken, um das Offensivspiel anzukurbeln. Sie muss wie die Feldspielerinnen ein Verständnis vom Fußballspiel mitbringen und zusammen mit dem Team Fußball spielen wollen. Das ist aber keine neue Erkenntnis, das versuchen wir schon seit längerer Zeit im ganzen Jugendbereich umzusetzen.

Rottenberg: Im torwartspezifischen Spiel haben wir festgestellt, dass die Raumverteidigung - also das Fangen oder Sichern von Flanken, Pässen in die Tiefe und Eingaben von der Seite - nach wie vor ein großes Thema ist. Dass man Querpässe durchaus noch besser verteidigen kann, aber im Zusammenspiel zwischen Torhüterin und Mannschaft. Zudem gibt es, was die technischen Abläufe angeht, beim Eins-gegen-Eins-Verhalten oder bei Torschüssen noch Punkte, die sich verbessern lassen.

DFB.de: Wie kann man das nun in der Praxis umsetzen?

Fuchs: Wir konzipieren Trainingsformen für Mannschaften und Torhüterinnen. Das wenden wir im Offensivspiel schon jetzt im unteren Jugendbereich in der U 16 mit Anouschka Bernhard und Gerd Bode an. Hier werden konkrete Ideen entwickelt, wie man ein Spiel aufbaut, um in der hintersten Reihe Überzahl zu schaffen und dadurch den Gegner vor Probleme zu stellen.

Rottenberg: Der Wissenstransfer findet beispielsweise durch Workshops statt. Wir hatten vor Kurzem einen Workshop mit den DFB-Torwarttrainern, in dem wir viele Details aus der WM-Analyse aufgegriffen und Videosequenzen dazu ausgesucht haben. Anhand dieser Basisszenen wollen wir Trainingseinheiten konzipieren, die die taktische Zusammenarbeit von Torhüterin und Mannschaft thematisieren. Natürlich gehen wir auch in die Vereine. Unseren DFB-Trainern und -trainerinnen und denen aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga haben wir unsere Analyse schon nähergebracht, das haben wir auch mit den DFB-Honorartrainern und -trainerinnen der Juniorinnen schon getan, die ja mit ihrer aktiven Mitarbeit einen sehr großen Anteil an der WM-Analyse haben. Wir wollen unsere Erkenntnisse streuen. Im August gab es beispielsweise erstmals eine Torwarttrainertagung für die Trainer der Kleinsten, also mit den Trainern der Mädels, die noch in Jungenmannschaften spielen. Das ist sehr gut angekommen. Wir veranstalten in diesem Bereich auch Workshops, wollen nicht berieseln, sondern aktiv Dinge erarbeiten. Wir sind sehr viel im Austausch mit Trainern, Verbänden und Torhüterinnen, das läuft wunderbar, so versuchen wir unsere Ideen zu vertiefen und unseren roten Faden zu vermitteln. Auch bei den Vereinen versuchen wir, dafür zu werben, noch mehr in Torwarttrainer zu investieren, mehr Torwarttrainingszeiten zu bekommen. Der nächste Schritt werden Ausbildungsblöcke sein, die wir von der U 15 bis zur U 17 kreieren wollen. Immer mit dem Blick auf den internationalen "Anspruch".

DFB.de: Vor einigen Jahren wurde der erste Torhüterinnen-Leitfaden entwickelt, der vor zwei Jahren um den Männerbereich erweitert wurde. Was genau ist im Leitfaden zum Torwartspiel festgeschrieben?

Rottenberg: Wir beschreiben in bebilderten Reihen technische Abläufe detailliert mit den wesentlichen Coachingpunkten und vermitteln den Trainern dazu methodische Übungsreihen, anhand derer sie die Techniken Schritt für Schritt zu Hause entwickeln können. Zudem werden taktische Elemente thematisiert: Wie stelle ich eine Mauer, wie verteidige ich den Raum, wie verhalte ich mich bei Ecken? Aktuell sind wir dabei, einen speziellen Taktikleitfaden zu schreiben.

DFB.de: Michael Fuchs, Sie sind seit 2007 im Frauenbereich tätig, wurden mit Silvia Neid Welt-, Europameister und Olympiasieger. Wie hat sich das Torhüterinnen-Spiel entwickelt über die Jahre?

Fuchs: Es ist auf jeden Fall athletischer und schneller geworden. Die Anforderungen sind vor allem in fußballerischer Hinsicht gestiegen. Man erwartet, dass eine Torhüterin Qualitäten wie eine Feldspielerin in technischer Hinsicht hat und auch ein großes taktisches Verständnis mitbringt.

DFB.de: Hat sich damit auch die Arbeit des Torwarttrainers verändert?

Fuchs: In gewisser Weise. Das klassische Bällehalten und Flankenabfangen ist dem Umstand gewichen, dass man mehr Wert auf die Torhüterin als erste Angreiferin legt. Hinzugekommen ist noch, dass man vom klassischen Raum- und Zielverteidigen eine komplexere Vorstellung hat. Das heißt, es reicht nicht aus, einfach Übungsformen durchzuführen, wie man hechtet oder den Ball fängt. Man versucht vielmehr, diese Themen in komplexe und situative Übungsformen einzubinden. Die Torhüterin soll so im Torwarttraining in spielnahe Situationen gebracht werden, um die Techniken mit taktischem Bezug anzuwenden und Erlerntes im letzten Schritt ins Mannschaftstraining zu integrieren. So hat sich unsere Rolle verändert vom reinen Torwarttrainer zum Spezialtrainer mit der Aufgabe Torwart. Das ist eine Rolle, in der der Torwarttrainer mit dem Cheftrainer gemeinsam Übungsformen entwickelt, Taktiken bespricht und sich einbringt ins gesamte Trainerteam.

DFB.de: Silke Rottenberg, Sie und Michael Fuchs kennen sich schon sehr lange. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit ihm und DFB-Torwartkoordinator Marc Ziegler beschreiben?

Rottenberg: "Mix" war 2007 ja schon kurz mein Torwarttrainer, als ich noch aktiv war. Danach bin ich ins Trainerteam gerückt. Wir pflegen eine sehr enge Absprache, jeder kann sich auf den anderen verlassen, wir arbeiten sehr intensiv zusammen. Wir haben ein enges Netzwerk, tauschen uns regelmäßig über die Leistungen der Torhüterinnen am Wochenende aus, er ist zudem bei jedem Torwartcamp dabei und weiß, wie die Honorartrainer arbeiten. Mit Michael Fuchs und Marc Ziegler ist unglaublich viel Torwartexpertise im engen Austausch. Eine sehr fruchtbare und intensive Zusammenarbeit.

DFB.de: Wie genau sieht Ihre Aufgabe beim DFB aus, Michael Fuchs?

Fuchs: Neben dem Torwarttraining bei der Frauen-Nationalmannschaft bin ich mit Marc Ziegler für die Torwarttrainer-Ausbildung - vor allem die Torwarttrainer-A-Lizenz - beim DFB zuständig. Daneben bin ich noch im konzeptionellen Bereich tätig, dabei geht es um alles hinsichtlich der Torwartentwicklung. Wir entwickeln neue Strukturen und Konzepte, erweitern unser Wissen und geben es weiter. Das ist sehr interessant für mich, weil ich mit sehr vielen anderen Torwarttrainern zusammenkomme und da einerseits die Erfahrungen, die ich als aktiver Torwarttrainer bei den Frauen sammle, einbringen kann, anderseits aber auch die Erfahrungen der anderen Torwarttrainer für meine eigene Tätigkeit mitnehmen kann.

DFB.de: Frau Rottenberg, Sie waren eine Weltklasse-Torfrau, Deutschland hatte nie Probleme auf dieser Position. Warum ist das so?

Rottenberg: Ich glaube, dass wir einfach ein Stück weit mehr im Detail arbeiten. Zu Zeiten von Marion Isbert gab es dieses spezielle Torwarttraining noch nicht, zu meinen Zeiten erst später. Jörg Daniel hat mir mehr oder weniger das Torwartspiel mit 24 beigebracht. Und jetzt ist es ganz normal, der DFB hat in diesem Bereich sehr viel investiert. Wir haben zwei festangestellte Torwarttrainer und viele DFB-Honorartrainer und -trainerinnen, die die Mannschaften begleiten. Wir pflegen einen sehr guten und engen Austausch. Auch mit den Vereinstorwarttrainern und -trainerinnen sind wir im stetigen Austausch, der auch mal kritisch, aber sehr konstruktiv ist. Wir schauen über den Tellerrand. All das trägt dazu bei, dass wir auf dieser Position so gut dastehen. So sind nur sehr wenige Verbände weltweit aufgestellt.

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