Stoppa: "War mit dem Fußball verheiratet"

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußbal in den Fokus. Heute: Margit Stoppa, die über viele Jahre den DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball und die Frauen-Bundesliga geleitet hat.

Für Margit Stoppa hat im Oktober 2019 ein neues Leben begonnen. Es ist zwar kein Leben ohne den Fußball, das wäre für Stoppa unvorstellbar. Aber es ist ein Leben, in dem der Fußball nicht mehr die Hauptrolle spielt. "Früher bin ich morgens aufgewacht und mein erster Gedanke hat sich um den Fußball gedreht. Abends vor dem Einschlafen war es genauso", sagt Stoppa, die zwölf Jahre lang den DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball und die Frauen-Bundesliga geleitet hat. Heute schaut sie sich interessiert Begegnungen der Nationalmannschaft und in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga an. In verantwortlicher Position ist sie nicht mehr tätig. Sie hat den Frauenfußball in den vergangenen Jahren zusammen mit vielen engagierten Weggefährt*innen – allen voran DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg – in Deutschland etabliert. Dieses wichtige Erbe hat Stoppa jetzt in andere Hände übergeben.

"Ich hatte viel zu wenig Zeit für Freunde und Familie"

"Ich genieße es, dass ich mich jetzt auch wieder um andere Dinge im Leben kümmern und mehr meinen Interessen und Hobbys nachgehen kann", sagt die 72-Jährige. "Früher war ich oft unterwegs, vor allem auch an den Wochenenden. So hatte ich viel zu wenig Zeit für Freunde und Familie. Ich war praktisch mit dem Fußball verheiratet. Heute sind solche Dinge des Lebens wieder ganz wichtig für mich. Mir ist beispielsweise der Tag in der Woche heilig, an dem ich mich um meine Enkeltochter kümmern kann."

In ihrem Keller hat Stoppa ihr ganz persönliches Fußball-Archiv. Wenn sie dorthin abtaucht, ist dies für sie auch immer eine Reise in ihre eigene Vergangenheit, vielleicht sogar zum Ursprung ihrer Leidenschaft für den Fußball. Aber wie ist Stoppa zum Fußball gekommen? Ihre Mutter hat ihr mal die entsprechende Geschichte dazu erzählt. Und die geht so: "Ich war drei Jahre alt und sollte um die Ecke im Tante-Emma-Laden etwas einkaufen gehen. Meine Mutter konnte mit meinem kleineren Bruder das Haus nicht verlassen, mein Vater war arbeiten. Aber ich kam und kam von dem Einkauf einfach nicht zurück und meine Mutter machte sich Sorgen. Als sie nachschauen ging, wo ich denn bleibe, entdeckte sie mich eine Straße weiter beim Fußballspielen mit den Nachbarjungen, was fortan zur Tradition wurde."

Stoppa, die in der ehemaligen DDR aufwuchs, hat über Umwege den Schritt in den Verein geschafft. Da es für sie lange nicht die Möglichkeit gab, ihrem geliebten Sport in einem organisierten Spielbetrieb nachzugehen, musste sie sich zunächst eine andere Aktivität aussuchen. Stoppa hatte die Wahl zwischen Turnen und Leichtathletik und entschied sich für letzteres: "Dabei habe ich mir gute Grundlagen an der Kinder- und Jugendsportschule erarbeitet, die mir beim Fußball zugute kamen." Später, während des Studiums an der DHfK in Leipzig, wechselte sie zum Handball und nutzte jede Gelegenheit, um mit ihren Kommiliton*innen zu kicken.

1990: Verbandstag und Wiedervereinigung

Einige Jahre danach war es dann endlich soweit und Stoppa konnte im Verein Fußball spielen. Sie schloss sich 1975 der BSG Motor Köpenick in Berlin an und feierte schöne Erfolge: "Wir haben mehrfach Titel gewonnen, ich war beste Torschützin und spielte in der Ostberliner Auswahl." Nach der Geburt ihres Sohnes setzte sie ihre Karriere fort. Mit 36 Jahren musste sie allerdings wegen einer Knieverletzung im Jahr 1982 Schluss machen. Dieses Ende war auch gleichzeitig ein Beginn: Stoppa startete ihr ehrenamtliches Engagement, das für den Frauenfußball in Deutschland so wichtig war: "Nach meiner aktiven Zeit engagierte ich mich ab 1984 ehrenamtlich im DFV der DDR, zunächst in der AG Frauenfußball und in der Kommission Freizeit- und Breitensport."

Das Jahr 1990 war dann auch für Stoppa ein sehr bewegtes und ereignisreiches. Der VIII. Verbandstag des DFV der DDR beschloss am 31. März drei wichtige Maßnahmen für den Frauenfußball:

  • die Gründung einer Nationalmannschaft, die am 9. Mai ihr erstes und einziges Länderspiel gegen die damalige CSSR absolvierte und 0:3 unterlag
  • die Einführung der offiziellen DDR-Meisterschaft (bisher nur DDR-Bestenermittlung)
  • eine eigenständige Struktur für den Frauenfußball. Als Vorsitzende war Stoppa Mitglied im Vorstand des DFV.

Am 20. November löste sich am Vormittag der DFV der DDR auf, um am Nachmittag einen Regionalverband zu gründen, der am 21. November 1990 dem DFB beitrat. "Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Tage, an den Außerordentlichen Bundestag mit Festakt in Leipzig", sagt Stoppa rückblickend.

"Als Team konnten wir wichtige Entscheidungen vorbereiten"

Nach der Wende lernte Stoppa auch Hannelore Ratzeburg kennen. "Hannelore hatte die Person gesucht, die für den Frauenfußball im Osten zuständig war, und so sind wir erstmals in Kontakt gekommen. Für den Westteil Berlins war Hannelore Kloninger verantwortlich und wir haben uns dann zu dritt in Berlin getroffen. Es gab viel zu besprechen, vor allem, wie der gemeinsame Spielbetrieb und die künftige Zusammenarbeit gestaltet werden kann."

Von 1998 an war Stoppa als Stellvertreterin im Ausschuss für Frauenfußball tätig und ab 2007 als Vorsitzende des neu gegründeten Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball an der Seite von Hannelore Ratzeburg, die auf dem Bundestag in Mainz als Vizepräsidentin gewählt wurde. "Als Team konnten wir wichtige Entscheidungen für den weiblichen Fußball vorbereiten und auf den Weg bringen, unter anderem die B-Juniorinnen-Bundesliga, den Ü 35-Cup, den Futsal-Cup der B-/C-Juniorinnen sowie die eingleisige 2. Frauen-Bundesliga", sagt Stoppa.

Es war eine sehr intensive Zeit für sie, auch mit terminlichen Herausforderungen als Spielleiterin der Frauen-Bundeliga, als Mitglied des Spielausschusses, als Mitglied der Kommission Frauen-Bundesligen und des DFB-Vorstandes. Für die WM der Frauen 2011 in Deutschland wollte sie sich auch ganz diesem Ereignis widmen und beendete zwei Jahre vorfristig ihr Arbeitsleben. Nicht ohne Grund ist Stoppa beim DFB-Bundestag 2016 in Erfurt mit der Ehrennadel des DFB in Gold geehrt worden.

Heute beobachtet sie das Geschehen aus der passiven Rolle, aktiv gestaltet hat sie den Fußball lange genug. Sie erlebte beispielsweise den letzten Titelgewinn der Frauen-Nationalmannschaft 2013 bei der EM in Schweden und ist deshalb der Ansicht, dass "es Zeit wird, dass wir mal wieder einen größeren Triumph feiern können. Dank der Arbeit von Martina Voss-Tecklenburg und ihrem Team sind wir wieder auf dem richtigen Weg." Hoffnung macht ihr in diesem Zusammenhang die Arbeit in den Vereinen. "Der VfL Wolfsburg gehört seit Jahren zur Spitzenklasse in Europa. Bayern München sehe ich auf dem besten Weg dorthin", sagt Stoppa. "Aber auch bei vielen anderen Klubs wird professionell gearbeitet. Wenn auch die Medien diese Arbeit angemessen unterstützen, hat der Frauenfußball eine gute Perspektive."

[sw]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußbal in den Fokus. Heute: Margit Stoppa, die über viele Jahre den DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball und die Frauen-Bundesliga geleitet hat.

Für Margit Stoppa hat im Oktober 2019 ein neues Leben begonnen. Es ist zwar kein Leben ohne den Fußball, das wäre für Stoppa unvorstellbar. Aber es ist ein Leben, in dem der Fußball nicht mehr die Hauptrolle spielt. "Früher bin ich morgens aufgewacht und mein erster Gedanke hat sich um den Fußball gedreht. Abends vor dem Einschlafen war es genauso", sagt Stoppa, die zwölf Jahre lang den DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball und die Frauen-Bundesliga geleitet hat. Heute schaut sie sich interessiert Begegnungen der Nationalmannschaft und in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga an. In verantwortlicher Position ist sie nicht mehr tätig. Sie hat den Frauenfußball in den vergangenen Jahren zusammen mit vielen engagierten Weggefährt*innen – allen voran DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg – in Deutschland etabliert. Dieses wichtige Erbe hat Stoppa jetzt in andere Hände übergeben.

"Ich hatte viel zu wenig Zeit für Freunde und Familie"

"Ich genieße es, dass ich mich jetzt auch wieder um andere Dinge im Leben kümmern und mehr meinen Interessen und Hobbys nachgehen kann", sagt die 72-Jährige. "Früher war ich oft unterwegs, vor allem auch an den Wochenenden. So hatte ich viel zu wenig Zeit für Freunde und Familie. Ich war praktisch mit dem Fußball verheiratet. Heute sind solche Dinge des Lebens wieder ganz wichtig für mich. Mir ist beispielsweise der Tag in der Woche heilig, an dem ich mich um meine Enkeltochter kümmern kann."

In ihrem Keller hat Stoppa ihr ganz persönliches Fußball-Archiv. Wenn sie dorthin abtaucht, ist dies für sie auch immer eine Reise in ihre eigene Vergangenheit, vielleicht sogar zum Ursprung ihrer Leidenschaft für den Fußball. Aber wie ist Stoppa zum Fußball gekommen? Ihre Mutter hat ihr mal die entsprechende Geschichte dazu erzählt. Und die geht so: "Ich war drei Jahre alt und sollte um die Ecke im Tante-Emma-Laden etwas einkaufen gehen. Meine Mutter konnte mit meinem kleineren Bruder das Haus nicht verlassen, mein Vater war arbeiten. Aber ich kam und kam von dem Einkauf einfach nicht zurück und meine Mutter machte sich Sorgen. Als sie nachschauen ging, wo ich denn bleibe, entdeckte sie mich eine Straße weiter beim Fußballspielen mit den Nachbarjungen, was fortan zur Tradition wurde."

Stoppa, die in der ehemaligen DDR aufwuchs, hat über Umwege den Schritt in den Verein geschafft. Da es für sie lange nicht die Möglichkeit gab, ihrem geliebten Sport in einem organisierten Spielbetrieb nachzugehen, musste sie sich zunächst eine andere Aktivität aussuchen. Stoppa hatte die Wahl zwischen Turnen und Leichtathletik und entschied sich für letzteres: "Dabei habe ich mir gute Grundlagen an der Kinder- und Jugendsportschule erarbeitet, die mir beim Fußball zugute kamen." Später, während des Studiums an der DHfK in Leipzig, wechselte sie zum Handball und nutzte jede Gelegenheit, um mit ihren Kommiliton*innen zu kicken.

1990: Verbandstag und Wiedervereinigung

Einige Jahre danach war es dann endlich soweit und Stoppa konnte im Verein Fußball spielen. Sie schloss sich 1975 der BSG Motor Köpenick in Berlin an und feierte schöne Erfolge: "Wir haben mehrfach Titel gewonnen, ich war beste Torschützin und spielte in der Ostberliner Auswahl." Nach der Geburt ihres Sohnes setzte sie ihre Karriere fort. Mit 36 Jahren musste sie allerdings wegen einer Knieverletzung im Jahr 1982 Schluss machen. Dieses Ende war auch gleichzeitig ein Beginn: Stoppa startete ihr ehrenamtliches Engagement, das für den Frauenfußball in Deutschland so wichtig war: "Nach meiner aktiven Zeit engagierte ich mich ab 1984 ehrenamtlich im DFV der DDR, zunächst in der AG Frauenfußball und in der Kommission Freizeit- und Breitensport."

Das Jahr 1990 war dann auch für Stoppa ein sehr bewegtes und ereignisreiches. Der VIII. Verbandstag des DFV der DDR beschloss am 31. März drei wichtige Maßnahmen für den Frauenfußball:

  • die Gründung einer Nationalmannschaft, die am 9. Mai ihr erstes und einziges Länderspiel gegen die damalige CSSR absolvierte und 0:3 unterlag
  • die Einführung der offiziellen DDR-Meisterschaft (bisher nur DDR-Bestenermittlung)
  • eine eigenständige Struktur für den Frauenfußball. Als Vorsitzende war Stoppa Mitglied im Vorstand des DFV.

Am 20. November löste sich am Vormittag der DFV der DDR auf, um am Nachmittag einen Regionalverband zu gründen, der am 21. November 1990 dem DFB beitrat. "Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Tage, an den Außerordentlichen Bundestag mit Festakt in Leipzig", sagt Stoppa rückblickend.

"Als Team konnten wir wichtige Entscheidungen vorbereiten"

Nach der Wende lernte Stoppa auch Hannelore Ratzeburg kennen. "Hannelore hatte die Person gesucht, die für den Frauenfußball im Osten zuständig war, und so sind wir erstmals in Kontakt gekommen. Für den Westteil Berlins war Hannelore Kloninger verantwortlich und wir haben uns dann zu dritt in Berlin getroffen. Es gab viel zu besprechen, vor allem, wie der gemeinsame Spielbetrieb und die künftige Zusammenarbeit gestaltet werden kann."

Von 1998 an war Stoppa als Stellvertreterin im Ausschuss für Frauenfußball tätig und ab 2007 als Vorsitzende des neu gegründeten Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball an der Seite von Hannelore Ratzeburg, die auf dem Bundestag in Mainz als Vizepräsidentin gewählt wurde. "Als Team konnten wir wichtige Entscheidungen für den weiblichen Fußball vorbereiten und auf den Weg bringen, unter anderem die B-Juniorinnen-Bundesliga, den Ü 35-Cup, den Futsal-Cup der B-/C-Juniorinnen sowie die eingleisige 2. Frauen-Bundesliga", sagt Stoppa.

Es war eine sehr intensive Zeit für sie, auch mit terminlichen Herausforderungen als Spielleiterin der Frauen-Bundeliga, als Mitglied des Spielausschusses, als Mitglied der Kommission Frauen-Bundesligen und des DFB-Vorstandes. Für die WM der Frauen 2011 in Deutschland wollte sie sich auch ganz diesem Ereignis widmen und beendete zwei Jahre vorfristig ihr Arbeitsleben. Nicht ohne Grund ist Stoppa beim DFB-Bundestag 2016 in Erfurt mit der Ehrennadel des DFB in Gold geehrt worden.

Heute beobachtet sie das Geschehen aus der passiven Rolle, aktiv gestaltet hat sie den Fußball lange genug. Sie erlebte beispielsweise den letzten Titelgewinn der Frauen-Nationalmannschaft 2013 bei der EM in Schweden und ist deshalb der Ansicht, dass "es Zeit wird, dass wir mal wieder einen größeren Triumph feiern können. Dank der Arbeit von Martina Voss-Tecklenburg und ihrem Team sind wir wieder auf dem richtigen Weg." Hoffnung macht ihr in diesem Zusammenhang die Arbeit in den Vereinen. "Der VfL Wolfsburg gehört seit Jahren zur Spitzenklasse in Europa. Bayern München sehe ich auf dem besten Weg dorthin", sagt Stoppa. "Aber auch bei vielen anderen Klubs wird professionell gearbeitet. Wenn auch die Medien diese Arbeit angemessen unterstützen, hat der Frauenfußball eine gute Perspektive."

###more###