Koch: "Wieder in ruhiges Fahrwasser gelangt"

Einen Tag noch, dann endet die Interimspräsidentschaft von Dr. Rainer Koch. Gemeinsam mit Dr. Reinhard Rauball hatte der 60 Jahre alte Jurist den DFB in den vergangenen Monaten geführt, nach dem Rücktritt von Reinhard Grindel im April bildeten die beiden 1. DFB-Vizepräsidenten eine Doppelspitze. Im Interview mit DFB.de wirft Koch einen Blick zurück, vor allem aber nennt er die großen Herausforderungen und Chancen für den Verband, der heute mit der Grundsteinlegung für den Bau des neuen DFB und seiner Akademie sowie am Freitag mit dem 43. Ordentlichen DFB-Bundestag in Frankfurt am Main vor wegweisenden Entscheidungen steht.

DFB.de: Herr Dr. Koch, am Freitag endet Ihre bereits zweite Amtszeit als Interimsspitze des DFB. Was überwiegt: Abschiedsschmerz, Wehmut oder Erleichterung?

Dr. Rainer Koch: Es gibt ja dieses Sprichwort, nach dem aller guten Dinge drei sind. Für die Situation des DFB gilt das ausdrücklich nicht. Weder wäre nach den Rücktritten von Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel ein weiterer vorzeitiger Rückzug an der Verbandsspitze gut, noch damit einhergehend eine dritte Interimspräsidentschaft von mir und dem weiteren 1. DFB-Vizepräsidenten. Ganz im Gegenteil: Das wäre sehr schlecht. Und deswegen muss auch fortan alles darangesetzt werden, dass wir die Voraussetzungen für einen dauerhaft guten, geordneten und erfolgreichen Betrieb des DFB schaffen. Um die Frage zu beantworten: Bei mir überwiegt die Zufriedenheit mit dem, was wir in den vergangenen Monaten geschafft haben.

DFB.de: Auf welche Entwicklung sind Sie dabei besonders stolz?

Koch: Es war von entscheidender Bedeutung, die in den Tagen und Wochen rund um den Rücktritt von Reinhard Grindel in der Öffentlichkeit entstandene Unruhe auszuräumen. Mit großer Geschlossenheit von DFB und DFL haben wir es gemeinsam geschafft, sehr rasch zu einem ruhigen und sachlichen Geschäftsbetrieb zu finden. So haben wir die Strukturveränderungen, die notwendig sind, damit der nächste DFB-Präsident gut und erfolgreich arbeiten kann, fortgeführt und nochmals intensiviert. Wir haben die Beschlüsse, die jetzt auf dem Bundestag zu treffen sind, inhaltlich gut und kompetent vorbereitet und intensiv mit allen Interessensgruppen abgestimmt. Der DFB ist in den vergangenen Monaten wieder in ruhigeres Fahrwasser gelangt, er ist dabei aber beileibe nicht stehen geblieben. Besonders deutlich wird dies beim Blick auf den neuen DFB und seine Akademie, wo wir den Spatenstich feiern konnten und heute mit einem Festakt die Grundsteinlegung durchführen.

DFB.de: Auf dem Bundestag kandidiert Fritz Keller für das Amt des DFB-Präsidenten. Warum ist Keller ein guter Vorschlag, sowohl für die Profis als auch für die Amateure? Als Präsident des SC Freiburg steht er ja auf den ersten Blick im Lager der Profis.

Koch: Gerade aus Sicht der Amateure benötigen wir einen Präsidenten, der sozusagen auf der Mittellinie steht, im Anstoßkreis, und von dort aus Impulse in beide Richtungen gibt. Es ist auch aus Perspektive der Basis von Vorteil, wenn der DFB-Präsident nah am Profifußball steht. Wichtig ist nur, dass er aufgrund seiner Vita sowie seiner Gedanken und seiner Einstellung nah am Amateurfußball ist, dass er die Bedürfnisse kennt und er Anstöße auch in diese Richtung geben kann. Mit Fritz Keller haben wir den idealen Kandidaten gefunden. Er verkörpert Bodenständigkeit, Integrität, Glaubwürdigkeit. Und er steht authentisch und mit großer Leidenschaft für all die vielen Facetten, die den Fußball, den DFB und die Arbeit in den vielen Amateurvereinen ausmachen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er bei Interessenskollisionen zwischen Amateuren und Profis sehr genau weiß, welche Interessen die Amateurvereine haben - und dass er diese auch vertreten sowie durchsetzen kann.

DFB.de: Der DFB-Präsident hat künftig einen modifizierten Aufgaben- und Kompetenzzuschnitt. Sonderkompetenzen und operative Sonderzuständigkeiten wie die Richtlinienkompetenz und die Zuständigkeiten für die Nationalmannschaften und den Leistungssport entfallen. Der 13. DFB-Präsident soll weniger Befugnisse haben als seine Vorgänger.

Koch: Die Zuständigkeiten entfallen nicht. Wir wollen eine Umverteilung dergestalt, dass das Präsidium seine Gesamtgeschäftsführungsaufgaben voll umfassend als Kollegialorgan erfüllt. Grundsätzlich gilt: Wir wollen die Funktion und Rolle des DFB-Präsidenten an moderne und professionelle Verbands- und Vereinsstrukturen anpassen. Es war ja zu lesen, dass der DFB-Präsident künftig geschwächt sein wird, macht- und einflusslos. Das ist grober Unfug. Genau das Gegenteil stimmt. Wir werden einen starken Präsidenten haben, einen Präsidenten allerdings, der seine Stärke nicht mehr im operativen Geschäft ausübt, sondern in tatsächlich präsidialen Funktionen. Unter anderem als Leiter der Sitzungen im DFB-Präsidium und, ganz wesentlich, als Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFB-GmbH, die ja 100-prozentige Tochter des DFB e.V. sein wird. Wir folgen hier einem Grundsatz des modernen Managements: Derjenige, der kontrolliert, kann nicht derjenige sein, der operativ tätig ist. Sich selbst zu kontrollieren, war noch nie eine gute Idee.

DFB.de: Neu soll auch sein, dass der DFB-Präsident hauptamtlich tätig sein kann.

Koch: Das ist nicht neu. Die Möglichkeit einer hauptamtlichen Stellung von Präsidiumsmitgliedern ist schon seit vielen Jahren in der Satzung des DFB verankert. Insofern wurde hier in der Vergangenheit oft eine Forderung gestellt, die schon längst erfüllt ist, und eine ziemlich überflüssige Diskussion geführt. Was wir nun beschließen wollen, ist, dass die Reihenfolge der Aufzählung in der Satzung geändert wird. Es bleibt dabei, dass für jedes Präsidiumsmitglied individuell zu entscheiden ist, in welcher Stellung es die Funktion ausübt. Die Umkehrung der Aufzählung zeigt auf, dass die Satzung bei sachlichem Bedarf vorrangig an hauptamtliche Funktionsausübung denkt. Das ist aber kein Automatismus. Angestrebt wird eine Festsetzung der Vergütung, die den Good-Governance-Regeln folgt, durch ein gesondertes Gremium - den Vergütungsausschuss. Anders als bislang ist es also nicht mehr das Präsidium selbst, das die Vergütungen festlegt, sondern ein unabhängiger Ausschuss - ganz bewusst auch mit externen Experten, die über gewisse Kenntnisse der Strukturen des Fußballs verfügen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht neben der Wahl eines neuen DFB-Präsidenten die wichtigsten Beschlüsse, die auf dem Bundestag zu treffen sind?

Koch: Sehr wichtig ist jetzt zunächst mal der Grundsatzbeschluss, der es ermöglicht, die wirtschaftlichen Aktivitäten künftig durch die DFB-GmbH als 100-prozentige Tochter des DFB ausüben zu lassen. Auch vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit des DFB e.V. ist dies von großer Bedeutung, genauso mit Blick auf die Minimierung von Haftungsrisiken ist es ein wichtiger Schritt - sowohl für den DFB als Verband als auch für die Organvertreter. Zentrales Element der zu ergreifenden Maßnahmen ist die weitestmögliche "Übertragung" von operativen Aufgaben im Rahmen der wirtschaftlichen Geschäftsbereiche des DFB aus dem steuerbegünstigten DFB e.V. in eine hierfür besser geeignete und vom Gesetzgeber für wirtschaftliches Handeln auch intendierte Gesellschaftsform - eine GmbH.

DFB.de: Und daneben: Welche Beschlüsse haben die größte Tragweite?

Koch: Sehr wichtig ist natürlich die Neustrukturierung des Schiedsrichterwesens. Künftig soll der Profischiedsrichter-Bereich eigenständig hauptamtlich in einer Schiedsrichter-GmbH geführt werden. Daneben soll es nur noch einen DFB-Schiedsrichter-Ausschuss geben. Die Kommission Elite, also das bis dato für den Profibereich zuständige Gremium, entfällt dann. Erheblich ist daneben, dass wir entsprechend den Voten der Vereine Klarheit schaffen für den Bereich der Aufstiegsregelung von den Regionalligen zur 3. Liga.

DFB.de: Dem Antrag folgend, werden sich ab der Saison 2020/2021 die Meister der Regionalligen Südwest und West unmittelbar für die 3. Liga qualifizieren. Aus den Meistern der Staffeln Nord, Nordost und Bayern werden zwei weitere Aufsteiger ermittelt. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Kompromiss, und wie dauerhaft soll er sein?

Koch: Diesem Vorschlag geht ja ein ebenso langer wie intensiver Prozess voraus. Wir haben uns deutschlandweit flächendeckend mit den Vereinen beraten und deren Interessen und Argumente gehört. Eine Verringerung der Anzahl der Regionalligen auf vier ist aktuell wirtschaftlich einfach nicht darstellbar, zudem ginge dies zu Lasten der regionalen Identität. Mit der nun vorliegenden Variante, die von allen getragen wird, haben wir eine, wie ich finde, sehr vernünftige Lösung gefunden. Ob wir in drei Jahren eine veränderte Situation haben und sich daraus wieder andere Möglichkeiten oder eine Neubewertung ergeben - das lässt sich heute nicht seriös vorhersagen. Ich bleibe dabei, für heute gilt: Unter allen schlechten Lösungen halte ich diese für die mit Abstand beste.

DFB.de: Der Bundestag soll auch beschließen, einen Ausschuss 3. Liga und einen Ausschuss Frauen-Bundesliga zu gründen. Welchen Zweck haben diese Ausschüsse? Was verbirgt sich dahinter?

Koch: Hintergrund ist der klare Wille, die Anliegen der Vereine dieser Ligen noch besser zu vertreten. Dafür sind diese Ausschüsse zu nicht kleinen Teilen mit Vertretern der Vereine aus diesen Ligen besetzt. Ich sehe die beiden Ausschüsse auch als Bekenntnisse, die beiden Ligen in ihrer Wertigkeit und Bedeutung für den DFB zu erhöhen.

DFB.de: Gegenstand der Beschlussfassung des DFB-Bundestags ist auch der Masterplan zur Zukunftsstrategie Amateurfußball. Wird der Amateurfußball auf diesem Bundestag fit für die Zukunft gemacht?

Koch: Wir werden den Bundestag darum bitten, einen wegweisenden Beschluss zu fassen. Der DFB-Bundestag soll die Ziele und Grundsätze für den Masterplan 2024 verabschieden, die auf Grundlage des Amateurfußball-Kongresses und im Austausch mit Vereinsvertretern von der Basis in der Steuerungsgruppe Amateurfußball ausgearbeitet worden sind. Damit wird ein verbindlicher Rahmen für die Umsetzung des Masterplans durch alle 21 Landesverbände in den kommenden Jahren gesetzt. Nach Beschluss dieses Rahmens wird unter weiterer Einbeziehung von Vertretern und Vertreterinnen aus Amateurvereinen ein konkretes Maßnahmenpaket geschnürt. Beim DFB-Bundestag geht es darum, den DFB-Vorstand zu ermächtigen, den Masterplan in seinem vollen Umfang dann unter entsprechender Empfehlung der Konferenz der Landesverbandspräsidenten spätestens im Frühjahr 2020 zu beschließen.

DFB.de: Was sind die Ziele der Zukunftsstrategie Amateurfußball, worin bestehen die gravierendsten Änderungen zum Masterplan der vorangegangenen Jahre?

Koch: Die erfolgreiche Bewerbung für die EURO 2024 bietet uns in Deutschland eine besondere Möglichkeit. Der neue Masterplan soll die Vereine in die Lage versetzen, die Chancen der EURO vor allem zur Gewinnung aktiver Vereinsmitglieder zu nutzen. Grundsätzlich lassen sich die Masterpläne nicht losgelöst voneinander betrachten. Sie folgen aus den Ergebnissen und Handlungsempfehlungen der Amateurfußball-Kongresse 2012 und 2019. Kernziel der Zukunftsstrategie Amateurfußball ist es, das weltweit einzigartige, bundesweit flächendeckende Netz von Fußballvereinen und Vereinen mit Fußballangebot zu erhalten und zu stärken.

DFB.de: Wie genau soll das gelingen?

Koch: In den vergangenen sechs Jahren wurden im Rahmen des Masterplans bundesweit durch alle 21 Landesverbände Maßnahmen zur Entwicklung des Amateurfußballs umgesetzt. Daran soll im Masterplan 2024 angeknüpft und die Zukunftsstrategie Amateurfußball weiterentwickelt werden. Bei diesem Vorhaben soll die Basis stärker und direkter eingebunden werden. Der 3. Amateurfußball-Kongress 2019 hat da eine sehr gute Grundlage gelegt. Wichtig ist, so zielgerichtet wie möglich zu arbeiten. Jede Maßnahme im neuen Masterplan soll direkt auf mindestens eines der sieben festgelegten Teilziele einzahlen: Mehr Spieler und Spielerinnen in den Vereinen, mehr Mannschaften in den Vereinen, mehr qualifizierte Trainer und Trainerinnen, mehr Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, mehr qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Klubs, eine verbesserte Infrastruktur für den Amateurfußball sowie verbesserte Ressourcen für die Vereine. Dabei sind alle gefragt, auch mit anzupacken: DFB, Landesverbände, Kreise, die Vereine selbst und auch die Politik.

[sl/jb]

Einen Tag noch, dann endet die Interimspräsidentschaft von Dr. Rainer Koch. Gemeinsam mit Dr. Reinhard Rauball hatte der 60 Jahre alte Jurist den DFB in den vergangenen Monaten geführt, nach dem Rücktritt von Reinhard Grindel im April bildeten die beiden 1. DFB-Vizepräsidenten eine Doppelspitze. Im Interview mit DFB.de wirft Koch einen Blick zurück, vor allem aber nennt er die großen Herausforderungen und Chancen für den Verband, der heute mit der Grundsteinlegung für den Bau des neuen DFB und seiner Akademie sowie am Freitag mit dem 43. Ordentlichen DFB-Bundestag in Frankfurt am Main vor wegweisenden Entscheidungen steht.

DFB.de: Herr Dr. Koch, am Freitag endet Ihre bereits zweite Amtszeit als Interimsspitze des DFB. Was überwiegt: Abschiedsschmerz, Wehmut oder Erleichterung?

Dr. Rainer Koch: Es gibt ja dieses Sprichwort, nach dem aller guten Dinge drei sind. Für die Situation des DFB gilt das ausdrücklich nicht. Weder wäre nach den Rücktritten von Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel ein weiterer vorzeitiger Rückzug an der Verbandsspitze gut, noch damit einhergehend eine dritte Interimspräsidentschaft von mir und dem weiteren 1. DFB-Vizepräsidenten. Ganz im Gegenteil: Das wäre sehr schlecht. Und deswegen muss auch fortan alles darangesetzt werden, dass wir die Voraussetzungen für einen dauerhaft guten, geordneten und erfolgreichen Betrieb des DFB schaffen. Um die Frage zu beantworten: Bei mir überwiegt die Zufriedenheit mit dem, was wir in den vergangenen Monaten geschafft haben.

DFB.de: Auf welche Entwicklung sind Sie dabei besonders stolz?

Koch: Es war von entscheidender Bedeutung, die in den Tagen und Wochen rund um den Rücktritt von Reinhard Grindel in der Öffentlichkeit entstandene Unruhe auszuräumen. Mit großer Geschlossenheit von DFB und DFL haben wir es gemeinsam geschafft, sehr rasch zu einem ruhigen und sachlichen Geschäftsbetrieb zu finden. So haben wir die Strukturveränderungen, die notwendig sind, damit der nächste DFB-Präsident gut und erfolgreich arbeiten kann, fortgeführt und nochmals intensiviert. Wir haben die Beschlüsse, die jetzt auf dem Bundestag zu treffen sind, inhaltlich gut und kompetent vorbereitet und intensiv mit allen Interessensgruppen abgestimmt. Der DFB ist in den vergangenen Monaten wieder in ruhigeres Fahrwasser gelangt, er ist dabei aber beileibe nicht stehen geblieben. Besonders deutlich wird dies beim Blick auf den neuen DFB und seine Akademie, wo wir den Spatenstich feiern konnten und heute mit einem Festakt die Grundsteinlegung durchführen.

DFB.de: Auf dem Bundestag kandidiert Fritz Keller für das Amt des DFB-Präsidenten. Warum ist Keller ein guter Vorschlag, sowohl für die Profis als auch für die Amateure? Als Präsident des SC Freiburg steht er ja auf den ersten Blick im Lager der Profis.

Koch: Gerade aus Sicht der Amateure benötigen wir einen Präsidenten, der sozusagen auf der Mittellinie steht, im Anstoßkreis, und von dort aus Impulse in beide Richtungen gibt. Es ist auch aus Perspektive der Basis von Vorteil, wenn der DFB-Präsident nah am Profifußball steht. Wichtig ist nur, dass er aufgrund seiner Vita sowie seiner Gedanken und seiner Einstellung nah am Amateurfußball ist, dass er die Bedürfnisse kennt und er Anstöße auch in diese Richtung geben kann. Mit Fritz Keller haben wir den idealen Kandidaten gefunden. Er verkörpert Bodenständigkeit, Integrität, Glaubwürdigkeit. Und er steht authentisch und mit großer Leidenschaft für all die vielen Facetten, die den Fußball, den DFB und die Arbeit in den vielen Amateurvereinen ausmachen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er bei Interessenskollisionen zwischen Amateuren und Profis sehr genau weiß, welche Interessen die Amateurvereine haben - und dass er diese auch vertreten sowie durchsetzen kann.

DFB.de: Der DFB-Präsident hat künftig einen modifizierten Aufgaben- und Kompetenzzuschnitt. Sonderkompetenzen und operative Sonderzuständigkeiten wie die Richtlinienkompetenz und die Zuständigkeiten für die Nationalmannschaften und den Leistungssport entfallen. Der 13. DFB-Präsident soll weniger Befugnisse haben als seine Vorgänger.

Koch: Die Zuständigkeiten entfallen nicht. Wir wollen eine Umverteilung dergestalt, dass das Präsidium seine Gesamtgeschäftsführungsaufgaben voll umfassend als Kollegialorgan erfüllt. Grundsätzlich gilt: Wir wollen die Funktion und Rolle des DFB-Präsidenten an moderne und professionelle Verbands- und Vereinsstrukturen anpassen. Es war ja zu lesen, dass der DFB-Präsident künftig geschwächt sein wird, macht- und einflusslos. Das ist grober Unfug. Genau das Gegenteil stimmt. Wir werden einen starken Präsidenten haben, einen Präsidenten allerdings, der seine Stärke nicht mehr im operativen Geschäft ausübt, sondern in tatsächlich präsidialen Funktionen. Unter anderem als Leiter der Sitzungen im DFB-Präsidium und, ganz wesentlich, als Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFB-GmbH, die ja 100-prozentige Tochter des DFB e.V. sein wird. Wir folgen hier einem Grundsatz des modernen Managements: Derjenige, der kontrolliert, kann nicht derjenige sein, der operativ tätig ist. Sich selbst zu kontrollieren, war noch nie eine gute Idee.

DFB.de: Neu soll auch sein, dass der DFB-Präsident hauptamtlich tätig sein kann.

Koch: Das ist nicht neu. Die Möglichkeit einer hauptamtlichen Stellung von Präsidiumsmitgliedern ist schon seit vielen Jahren in der Satzung des DFB verankert. Insofern wurde hier in der Vergangenheit oft eine Forderung gestellt, die schon längst erfüllt ist, und eine ziemlich überflüssige Diskussion geführt. Was wir nun beschließen wollen, ist, dass die Reihenfolge der Aufzählung in der Satzung geändert wird. Es bleibt dabei, dass für jedes Präsidiumsmitglied individuell zu entscheiden ist, in welcher Stellung es die Funktion ausübt. Die Umkehrung der Aufzählung zeigt auf, dass die Satzung bei sachlichem Bedarf vorrangig an hauptamtliche Funktionsausübung denkt. Das ist aber kein Automatismus. Angestrebt wird eine Festsetzung der Vergütung, die den Good-Governance-Regeln folgt, durch ein gesondertes Gremium - den Vergütungsausschuss. Anders als bislang ist es also nicht mehr das Präsidium selbst, das die Vergütungen festlegt, sondern ein unabhängiger Ausschuss - ganz bewusst auch mit externen Experten, die über gewisse Kenntnisse der Strukturen des Fußballs verfügen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht neben der Wahl eines neuen DFB-Präsidenten die wichtigsten Beschlüsse, die auf dem Bundestag zu treffen sind?

Koch: Sehr wichtig ist jetzt zunächst mal der Grundsatzbeschluss, der es ermöglicht, die wirtschaftlichen Aktivitäten künftig durch die DFB-GmbH als 100-prozentige Tochter des DFB ausüben zu lassen. Auch vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit des DFB e.V. ist dies von großer Bedeutung, genauso mit Blick auf die Minimierung von Haftungsrisiken ist es ein wichtiger Schritt - sowohl für den DFB als Verband als auch für die Organvertreter. Zentrales Element der zu ergreifenden Maßnahmen ist die weitestmögliche "Übertragung" von operativen Aufgaben im Rahmen der wirtschaftlichen Geschäftsbereiche des DFB aus dem steuerbegünstigten DFB e.V. in eine hierfür besser geeignete und vom Gesetzgeber für wirtschaftliches Handeln auch intendierte Gesellschaftsform - eine GmbH.

DFB.de: Und daneben: Welche Beschlüsse haben die größte Tragweite?

Koch: Sehr wichtig ist natürlich die Neustrukturierung des Schiedsrichterwesens. Künftig soll der Profischiedsrichter-Bereich eigenständig hauptamtlich in einer Schiedsrichter-GmbH geführt werden. Daneben soll es nur noch einen DFB-Schiedsrichter-Ausschuss geben. Die Kommission Elite, also das bis dato für den Profibereich zuständige Gremium, entfällt dann. Erheblich ist daneben, dass wir entsprechend den Voten der Vereine Klarheit schaffen für den Bereich der Aufstiegsregelung von den Regionalligen zur 3. Liga.

DFB.de: Dem Antrag folgend, werden sich ab der Saison 2020/2021 die Meister der Regionalligen Südwest und West unmittelbar für die 3. Liga qualifizieren. Aus den Meistern der Staffeln Nord, Nordost und Bayern werden zwei weitere Aufsteiger ermittelt. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Kompromiss, und wie dauerhaft soll er sein?

Koch: Diesem Vorschlag geht ja ein ebenso langer wie intensiver Prozess voraus. Wir haben uns deutschlandweit flächendeckend mit den Vereinen beraten und deren Interessen und Argumente gehört. Eine Verringerung der Anzahl der Regionalligen auf vier ist aktuell wirtschaftlich einfach nicht darstellbar, zudem ginge dies zu Lasten der regionalen Identität. Mit der nun vorliegenden Variante, die von allen getragen wird, haben wir eine, wie ich finde, sehr vernünftige Lösung gefunden. Ob wir in drei Jahren eine veränderte Situation haben und sich daraus wieder andere Möglichkeiten oder eine Neubewertung ergeben - das lässt sich heute nicht seriös vorhersagen. Ich bleibe dabei, für heute gilt: Unter allen schlechten Lösungen halte ich diese für die mit Abstand beste.

DFB.de: Der Bundestag soll auch beschließen, einen Ausschuss 3. Liga und einen Ausschuss Frauen-Bundesliga zu gründen. Welchen Zweck haben diese Ausschüsse? Was verbirgt sich dahinter?

Koch: Hintergrund ist der klare Wille, die Anliegen der Vereine dieser Ligen noch besser zu vertreten. Dafür sind diese Ausschüsse zu nicht kleinen Teilen mit Vertretern der Vereine aus diesen Ligen besetzt. Ich sehe die beiden Ausschüsse auch als Bekenntnisse, die beiden Ligen in ihrer Wertigkeit und Bedeutung für den DFB zu erhöhen.

DFB.de: Gegenstand der Beschlussfassung des DFB-Bundestags ist auch der Masterplan zur Zukunftsstrategie Amateurfußball. Wird der Amateurfußball auf diesem Bundestag fit für die Zukunft gemacht?

Koch: Wir werden den Bundestag darum bitten, einen wegweisenden Beschluss zu fassen. Der DFB-Bundestag soll die Ziele und Grundsätze für den Masterplan 2024 verabschieden, die auf Grundlage des Amateurfußball-Kongresses und im Austausch mit Vereinsvertretern von der Basis in der Steuerungsgruppe Amateurfußball ausgearbeitet worden sind. Damit wird ein verbindlicher Rahmen für die Umsetzung des Masterplans durch alle 21 Landesverbände in den kommenden Jahren gesetzt. Nach Beschluss dieses Rahmens wird unter weiterer Einbeziehung von Vertretern und Vertreterinnen aus Amateurvereinen ein konkretes Maßnahmenpaket geschnürt. Beim DFB-Bundestag geht es darum, den DFB-Vorstand zu ermächtigen, den Masterplan in seinem vollen Umfang dann unter entsprechender Empfehlung der Konferenz der Landesverbandspräsidenten spätestens im Frühjahr 2020 zu beschließen.

DFB.de: Was sind die Ziele der Zukunftsstrategie Amateurfußball, worin bestehen die gravierendsten Änderungen zum Masterplan der vorangegangenen Jahre?

Koch: Die erfolgreiche Bewerbung für die EURO 2024 bietet uns in Deutschland eine besondere Möglichkeit. Der neue Masterplan soll die Vereine in die Lage versetzen, die Chancen der EURO vor allem zur Gewinnung aktiver Vereinsmitglieder zu nutzen. Grundsätzlich lassen sich die Masterpläne nicht losgelöst voneinander betrachten. Sie folgen aus den Ergebnissen und Handlungsempfehlungen der Amateurfußball-Kongresse 2012 und 2019. Kernziel der Zukunftsstrategie Amateurfußball ist es, das weltweit einzigartige, bundesweit flächendeckende Netz von Fußballvereinen und Vereinen mit Fußballangebot zu erhalten und zu stärken.

DFB.de: Wie genau soll das gelingen?

Koch: In den vergangenen sechs Jahren wurden im Rahmen des Masterplans bundesweit durch alle 21 Landesverbände Maßnahmen zur Entwicklung des Amateurfußballs umgesetzt. Daran soll im Masterplan 2024 angeknüpft und die Zukunftsstrategie Amateurfußball weiterentwickelt werden. Bei diesem Vorhaben soll die Basis stärker und direkter eingebunden werden. Der 3. Amateurfußball-Kongress 2019 hat da eine sehr gute Grundlage gelegt. Wichtig ist, so zielgerichtet wie möglich zu arbeiten. Jede Maßnahme im neuen Masterplan soll direkt auf mindestens eines der sieben festgelegten Teilziele einzahlen: Mehr Spieler und Spielerinnen in den Vereinen, mehr Mannschaften in den Vereinen, mehr qualifizierte Trainer und Trainerinnen, mehr Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, mehr qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Klubs, eine verbesserte Infrastruktur für den Amateurfußball sowie verbesserte Ressourcen für die Vereine. Dabei sind alle gefragt, auch mit anzupacken: DFB, Landesverbände, Kreise, die Vereine selbst und auch die Politik.

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