Gero Bisanz: Ein Pionier und Gentleman

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Gero Bisanz, der verstorbene erste Bundestrainer der Frauen-Nationalmannschaft.

Zwei WM-Titel, acht EM-Titel, dreimal Bronze, einmal Gold bei Olympia - der deutsche Frauenfußball ist Weltspitze geworden, und das innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit. Gero Bisanz, der erste Trainer der Frauen-Nationalmannschaft, hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Fußballerinnen immer mehr in den Blickpunkt rückten, dass Strukturen geschaffen wurden, die die Entwicklung des Sports förderten. Am 17. Oktober 2014 verstarb der Pionier des Frauenfußballs und langjährige DFB-Chefausbilder im Alter von 78 Jahren. 

Nur ein Jahr zuvor hatte Gero Bisanz noch auf einer Bühne gestanden. In Bonn bekam er für sein Lebenswerk den Ehrenpreis des DFB-Trainerpreises sowie die Verdienstspange des DFB. Die Scheinwerfer waren für ein paar Minuten auf ihn gerichtet, auf den Mann, dem der deutsche Fußball so viel zu verdanken , der aber nie viel Aufhebens darum gemacht hat. Trainer im Profibereich habe er nie werden wollen, sagte Bisanz damals: "Ich habe meinen Beruf als Sportlehrer geliebt, als Dozent an der Sporthochschule Köln." Und als Ausbilder von Trainern, als Coach der Frauen-Nationalmannschaft.

"Machen Sie das mal"

Wissen vermitteln, Wissen weitergeben und Menschen weiterentwickeln - das wollte Bisanz. Um persönlichen Ruhm ging es ihm nie. Als Pionier des Frauenfußballs hat er sich nicht gesehen, das klang ihm immer schon ein wenig zu groß. Pionier der Frauen-Nationalmannschaft, gut, das sei er schon gewesen, sagte er mal in einem Interview. "Machen Sie das mal", habe der damalige Präsident Hermann Neuberger zu ihm gesagt, als es darum ging eine Nationalmannschaft für Frauen aufzubauen. Und Bisanz machte. Sichtete Spielerinnen, wählte sie aus und trainierte sie.

Am 10. November 1982 gewann die neue Auswahl, zu der damals bereits Silvia Neid gehörte, gleich ihr erstes Spiel: 5:1 gegen die Schweiz in Koblenz. Die Premiere war gelungen. Aber Bisanz' Mission hatte gerade erst begonnen. Fast sieben Jahre später musste die ARD die "Tagesschau" verschieben, weil 22 Frauen in Siegen ein Elfmeterschießen austrugen. Der Sender übertrug das EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien live. Die reguläre Spielzeit hatte keinen Sieger hervorgebracht, die Elfmeter mussten entscheiden. Sie entschieden für Deutschland. Zum Finale gegen Norwegen kamen 23.000 Zuschauer nach Osnabrück. Die Bremer Brücke war ausverkauft.

"Die Saat ist aufgegangen"

Durch den 4:1-Finalsieg wurden die deutschen Frauen erstmals Europameister. Auch für Bisanz war dieses Turnier in Sachen Wahrnehmung und Wertschätzung "der Durchbruch des Frauenfußballs in Deutschland, weil sich anschließend ganz viele junge Mädchen in den Vereinen anmeldeten und ihr Interesse für den Fußball entdeckten. Diese Entwicklung wurde noch bestärkt durch den zweiten Gewinn der EM 1991."

Vier Jahre danach folgte ein weiterer EM-Titel, außerdem Platz zwei bei der WM in Schweden, 1996 noch die Olympia-Teilnahme in Atlanta, wo der Frauenfußball erstmals vertreten war. "Das war der Zeitpunkt, als ich mir gesagt habe: Die Aufbauarbeit ist abgeschlossen. Jetzt sollen andere übernehmen und das Werk fortführen", sagte Bisanz, der nach 14 Jahren sein Amt als Cheftrainer der Frauen-Nationalmannschaft an seine langjährige Assistentin Tina Theune übergab. "Mein Auftrag war es, den Frauenfußball mit einem Nationalteam international zu etablieren. Die Saat ist aufgegangen."

"Was jetzt passiert, schreibt fort, was wir angefangen haben"

Neben seiner Tätigkeit bei den Frauen war Bisanz, der einst in der alten Oberliga West für den 1. FC und Viktoria Köln gespielt hatte, außerdem für die Trainerausbildung des DFB verantwortlich. Und das sogar noch länger: von 1971 bis 2000. Er entwickelte die Trainingslehre weiter und führte wissenschaftliche Methoden ein. Oder dies: "Ich habe damals mit meinen Trainerkollegen einen Spielbeobachtungsbogen für die Bundesliga und internationale Spiele entwickelt, nach dem wir gearbeitet haben", erinnerte er sich vor ein paar Jahren. "Was jetzt passiert, beispielsweise was die Videoanalysen angeht, ist super und schreibt das fort, was wir angefangen haben."

Gut zwei Wochen vor seinem 79. Geburtstag ist Gero Bisanz gestorben. Er hinterließ ein Erbe, das seinesgleichen sucht.

[sl]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Gero Bisanz, der verstorbene erste Bundestrainer der Frauen-Nationalmannschaft.

Zwei WM-Titel, acht EM-Titel, dreimal Bronze, einmal Gold bei Olympia - der deutsche Frauenfußball ist Weltspitze geworden, und das innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit. Gero Bisanz, der erste Trainer der Frauen-Nationalmannschaft, hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Fußballerinnen immer mehr in den Blickpunkt rückten, dass Strukturen geschaffen wurden, die die Entwicklung des Sports förderten. Am 17. Oktober 2014 verstarb der Pionier des Frauenfußballs und langjährige DFB-Chefausbilder im Alter von 78 Jahren. 

Nur ein Jahr zuvor hatte Gero Bisanz noch auf einer Bühne gestanden. In Bonn bekam er für sein Lebenswerk den Ehrenpreis des DFB-Trainerpreises sowie die Verdienstspange des DFB. Die Scheinwerfer waren für ein paar Minuten auf ihn gerichtet, auf den Mann, dem der deutsche Fußball so viel zu verdanken , der aber nie viel Aufhebens darum gemacht hat. Trainer im Profibereich habe er nie werden wollen, sagte Bisanz damals: "Ich habe meinen Beruf als Sportlehrer geliebt, als Dozent an der Sporthochschule Köln." Und als Ausbilder von Trainern, als Coach der Frauen-Nationalmannschaft.

"Machen Sie das mal"

Wissen vermitteln, Wissen weitergeben und Menschen weiterentwickeln - das wollte Bisanz. Um persönlichen Ruhm ging es ihm nie. Als Pionier des Frauenfußballs hat er sich nicht gesehen, das klang ihm immer schon ein wenig zu groß. Pionier der Frauen-Nationalmannschaft, gut, das sei er schon gewesen, sagte er mal in einem Interview. "Machen Sie das mal", habe der damalige Präsident Hermann Neuberger zu ihm gesagt, als es darum ging eine Nationalmannschaft für Frauen aufzubauen. Und Bisanz machte. Sichtete Spielerinnen, wählte sie aus und trainierte sie.

Am 10. November 1982 gewann die neue Auswahl, zu der damals bereits Silvia Neid gehörte, gleich ihr erstes Spiel: 5:1 gegen die Schweiz in Koblenz. Die Premiere war gelungen. Aber Bisanz' Mission hatte gerade erst begonnen. Fast sieben Jahre später musste die ARD die "Tagesschau" verschieben, weil 22 Frauen in Siegen ein Elfmeterschießen austrugen. Der Sender übertrug das EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien live. Die reguläre Spielzeit hatte keinen Sieger hervorgebracht, die Elfmeter mussten entscheiden. Sie entschieden für Deutschland. Zum Finale gegen Norwegen kamen 23.000 Zuschauer nach Osnabrück. Die Bremer Brücke war ausverkauft.

"Die Saat ist aufgegangen"

Durch den 4:1-Finalsieg wurden die deutschen Frauen erstmals Europameister. Auch für Bisanz war dieses Turnier in Sachen Wahrnehmung und Wertschätzung "der Durchbruch des Frauenfußballs in Deutschland, weil sich anschließend ganz viele junge Mädchen in den Vereinen anmeldeten und ihr Interesse für den Fußball entdeckten. Diese Entwicklung wurde noch bestärkt durch den zweiten Gewinn der EM 1991."

Vier Jahre danach folgte ein weiterer EM-Titel, außerdem Platz zwei bei der WM in Schweden, 1996 noch die Olympia-Teilnahme in Atlanta, wo der Frauenfußball erstmals vertreten war. "Das war der Zeitpunkt, als ich mir gesagt habe: Die Aufbauarbeit ist abgeschlossen. Jetzt sollen andere übernehmen und das Werk fortführen", sagte Bisanz, der nach 14 Jahren sein Amt als Cheftrainer der Frauen-Nationalmannschaft an seine langjährige Assistentin Tina Theune übergab. "Mein Auftrag war es, den Frauenfußball mit einem Nationalteam international zu etablieren. Die Saat ist aufgegangen."

"Was jetzt passiert, schreibt fort, was wir angefangen haben"

Neben seiner Tätigkeit bei den Frauen war Bisanz, der einst in der alten Oberliga West für den 1. FC und Viktoria Köln gespielt hatte, außerdem für die Trainerausbildung des DFB verantwortlich. Und das sogar noch länger: von 1971 bis 2000. Er entwickelte die Trainingslehre weiter und führte wissenschaftliche Methoden ein. Oder dies: "Ich habe damals mit meinen Trainerkollegen einen Spielbeobachtungsbogen für die Bundesliga und internationale Spiele entwickelt, nach dem wir gearbeitet haben", erinnerte er sich vor ein paar Jahren. "Was jetzt passiert, beispielsweise was die Videoanalysen angeht, ist super und schreibt das fort, was wir angefangen haben."

Gut zwei Wochen vor seinem 79. Geburtstag ist Gero Bisanz gestorben. Er hinterließ ein Erbe, das seinesgleichen sucht.

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