Beer: "Es war eine Art Befreiung, ein kleiner Durchbruch"

Nach der Serie ist vor der Serie. Im CdN-Magazin haben ehemalige Nationalspieler*innen bislang über ihre ersten Länderspiele gesprochen. Nun sprechen die DFB-All-Stars im neuen Newsletter über ihre besten Länderspiele. Den Auftakt macht Hertha-Legende Erich "Ete" Beer, der 24 Partien für Deutschland absolvierte und dem dabei insgesamt sieben Treffer gelangen.

DFB.de: Herr Beer, wir wollen mit Ihnen über Ihr bestes Länderspiel sprechen.

Erich Beer: Sehr gern.

DFB.de: Die Vermutung war, dass Sie das 1:1 EM-Viertelfinale im April 1976 in Madrid gegen Spanien nennen. Sie trafen aus 30 Metern zum Ausgleich in den Winkel, das Tor wurde zum Tor des Monats gewählt.

Beer: Ich würde sagen, dass dieses Tor mein schönstes und wichtigstes Tor für die Nationalmannschaft war, es war auch ein gutes Spiel, aber mein bestes Spiel war es nicht.

DFB.de: Sie haben stattdessen das Spiel am 3. September 1975 in Wien gegen Österreich genannt.

Beer: Genau. Ich habe zwei Tore gemacht, wir haben 2:0 gewonnen, mir ist auch sonst in dem Spiel einiges gelungen. Mein Tor im Spiel gegen Spanien war für die Mannschaft wichtig, für mich persönlich waren das Spiel und die Tore gegen Österreich besser und wichtiger. Es war eine Art Befreiung, ein kleiner Durchbruch.

DFB.de: Das Spiel war Ihr zweites Länderspiel. Debütiert hatten Sie zuvor in Frankfurt beim 1:1 gegen die Niederlande. Glücklich mit Ihrer Leistung in diesem Spiel waren Sie nicht.

Beer: Ich war sehr nervös und zu aufgeregt. Ich wollte zu viel, konnte mit der Situation nicht gut umgehen. Mein erstes Länderspiel war maximal mittelprächtig, so ehrlich muss ich sein. Obwohl ich schon 29 Jahre alt war und in meiner Karriere schon einiges erlebt hatte. Dass ich mir den Traum von der Nationalmannschaft noch erfüllen konnte, hat mich im Spiel gegen die Niederlande gebremst, vielleicht auch, weil es ein Heimspiel war. Auf einmal war ich Nationalspieler, für mich war das fast zu groß. Bei der Nationalhymne hatte ich Tränen in den Augen, ich musste sehr kämpfen, um die Fassung zu bewahren.

DFB.de: Ihr Traum von der Nationalmannschaft begann auf den Schultern Ihres Opas mit dem Wunder von Bern.

Beer: Bei uns im Dorf gab es nur einen Fernseher, der ist dann auf dem Marktplatz aufgestellt worden. Das ganze Dorf war da, und, damit ich als kleines Kind etwas sehen konnte, hat mein Opa mich auf die Schultern genommen. Von da an war ich Fan der Nationalmannschaft und als Franke natürlich insbesondere Fan von Max Morlock.

DFB.de: Sie hatten später das Glück, Fritz Walter persönlich kennenzulernen. Hat das Ihre Faszination von der Nationalmannschaft noch einmal gesteigert.

Beer: Ja. Seine einzige Station als Trainer war beim VfL Neustadt, meinem Jugendverein. 1960 war das, er hat sie vor dem Abstieg gerettet. Ich erinnere mich noch gut an die Weihnachtsfeier damals, er kam zu mir, hat mir ein Buch über die WM 54 geschenkt, in das er eine persönliche Widmung geschrieben hatte. Für mich war das ein großer Moment in meinem Leben, genauso wie die Situation, als er einmal bei einem Hertha-Spiel zu uns in die Kabine kam und er mir das Du angeboten hat.

DFB.de: Mit Ihrer Premiere in der Nationalmannschaft waren Sie nicht zufrieden, dennoch schien es, als würde es Sie beflügeln, nun Nationalspieler zu sein. In der Bundesliga haben Sie nach Ihrem ersten Länderspiel zu Beginn der Saison 1975/76 getroffen, wie Sie wollten. Nach fünf Spieltagen hatten Sie sechs Tore auf dem Konto.

Beer: Es hat mir einen Schub gegeben, ganz klar. In der Woche vor dem Spiel gegen Österreich habe ich in der Bundesliga gegen Uerdingen sogar einen Vierer-Pack markiert.

DFB.de: Dennoch waren Sie von Bundestrainer Helmut Schön ursprünglich nicht für das Spiel gegen Österreich in Wien vorgesehen. Nominiert waren Sie "nur" für das Spiel der B-Nationalmannschaft in Augsburg.

Beer: Stimmt.

DFB.de: Waren Sie darüber enttäuscht?

Beer: Nein, überhaupt nicht. Für mich war entscheidend, dass ich weiterhin zum Kreis gehöre. Die Nominierung für die B-Elf hieß für mich, dass ich weiter im Blickfeld bin, damit war ich zufrieden.

DFB.de: Wie kam es dann, dass Sie für das Spiel der A-Nationalmannschaft nachnominiert wurden?

Beer: B- und A-Nationalmannschaft haben sich damals gemeinsam in der Sportschule in München getroffen. Als ich ankam, hat Helmut Schön mich beiseite genommen und mir gesagt, dass er eine traurige Nachricht für mich habe. Ich war erschrocken und dachte, er schickt mich wieder heim. Er hat mir dann gesagt, dass ich nicht nach Augsburg muss, sondern dass ich mit nach Wien fahren darf. Hintergrund war die Verletzung von Jupp Heynckes, Schön brauchte Ersatz.

DFB.de: Gespielt haben Sie nicht von Beginn an, die ersten 45 Minuten saßen Sie auf der Bank.

Beer: In der Halbzeit hat Franz Beckenbauer gesagt, dass er Probleme mit dem Rücken hat und nicht weiterspielen kann. Schön hat dann Uli Stielike aus dem Mittelfeld auf die Libero-Position gezogen und mich für Stielike ins Mittelfeld gestellt. Der Trainer gab mir den Auftrag auf den Weg, Herbert "Schneckerl" Prohaska zu bewachen, ihn sofort bei der Ballannahme zu stören und vor allem, mich immer wieder vorne mit einzuschalten. "Er läuft nicht mit Dir mit", hat Schön über Prohaska gesagt. Diese Räume sollte ich nutzen.

DFB.de: In der 52. Minute hat sich das zum ersten Mal ausgezahlt, Sie erzielen das 1:0. Es war ein sehr schöner Treffer. Haben Sie detaillierte Erinnerungen das Tor?

Beer: Schön war das Tor vor allem in der Entstehung. Ich habe den Ball nach einem Pass von Dietmar Danner bekommen, habe ihn dann über einen Gegenspieler gelupft und bin weiter Richtung Tor. Bernd Hölzenbein hat den Ball dann rücklings im Fallen wieder in meiner Lauf gespielt, ich hatte dann nur noch den Torwart vor mir und hab kompromisslos draufgehalten.    

DFB.de: Auch beim 2:0 in der 82. Minute war Hölzenbein beteiligt, von ihm kam die Flanke, die Sie mit dem rechten Fuß über die Linie gedrückt haben.

Beer: Ja. Wobei Torwart "Friedl" Koncilia und ein österreichischer Verteidiger durchaus mitgeholfen haben. Die Flanke ist durch den Torraum gesegelt, jeder von den beiden dachte, der andere würde hingehen, das habe ich dann ausgenutzt.

DFB.de: Dennoch: Die Kombination Hölzenbein-Beer gab es häufig. Auch bei Ihrem Tor des Monats aus dem Spiel gegen Spanien kam die Vorlage von Hölzenbein. Haben Sie sofort gemerkt, dass es passt zwischen Ihnen, dass es auf dem Feld harmoniert?

Beer: Wir haben uns unheimlich gut verstanden, auch außerhalb des Platzes. Der Bundestrainer hat uns beide auch immer auf ein Zimmer gelegt, zwischen und hat sich eine gute Freundschaft ergeben, die bis heute hält. Und ja, auch auf dem Platz war das zu merken. Wir wussten einfach, wie der andere tickt, in welche Räume er geht, welche Bälle er braucht.

DFB.de: Wie haben Sie die Mannschaft der Österreicher an diesem Abend wahrgenommen. Franz Beckenbauer sagt, dass er schon ein wenig mehr Gegenwehr erwartet hatte.

Beer: Das kann ich nicht genau sagen, ich war so sehr mit meinem Spiel beschäftigt, die Leistung der Österreicher kann und will ich nicht einschätzen. Woran ich mich noch erinnere, ist eine Situation nach dem Spiel, als ich vom österreichischen Fernsehen interviewt wurde. Die Reporter hatten mich in der Halbzeitpause beobachtet und mich nach meiner Aufwärm-Programm gefragt. Wenn ein Spieler der österreichischen Mannschaft sich so warmmachen würde, haben sie gesagt, würde er keine Kraft mehr haben, um im Spiel noch mitmachen zu können.

DFB.de: Gab es nach dem Spiel besondere Worte von Helmut Schön und Ihren Mitspielern?

Beer: Mir wurde natürlich gratuliert, das ist ja klar. Und die Medien haben sich um mich gerissen, die Zeitungen in Berlin, das aktuelle Sportstudio, ich war auf einmal gefragt. Diese Aufmerksamkeit hat mir ja nie so behagt, und zum Glück wurde das irgendwann auch wieder weniger. Sportlich hat mich dieses Spiel einen großen Schub gegeben. Für Hertha habe ich in diesem Spätsommer noch zwei weitere Mal vier Tore in einem Spiel gemacht, es war eine Zeit, in der mir alles gelungen ist.

DFB.de: Vor der Mannschaft mussten Sie nach dem Spiel wegen Ihrer ersten Tore für die Nationalmannschaft keine besondere Aktion durchführen?

Beer: Nein, nicht sofort. Das wurde später nachgeholt. Auf unserer Südamerika-Reise 1977 mit Spielen in Argentinien, Uruguay, Brasilien und Mexiko war die Stimmung überragend, auch Helmut Schön war richtig gut drauf. Da habe ich irgendwann - quasi als verspäteter Einstand – vor der Mannschaft ein Lied gesungen.

DFB.de: Was haben Sie gesungen?

Beer: Hoch auf dem gelben Wagen.

DFB.de: Sie haben gegen Österreich Ihr erstes Länderspieltor erzielt, Sie haben gegen Österreich Ihr bestes Länderspiel gemacht, Sie haben gegen Österreich auch Ihr letztes Länderspiel gemacht. Bei der WM 1978 in Argentinien. An welches Spiel denken Sie in der Rückschau häufiger: Cordoba oder Wien?

Beer: Die Leute erinnern mich natürlich häufiger an Cordoba, das Länderspiel drei Jahre zuvor in Wien ist ja kaum noch einem bewusst. Ganz anders ist es mit der Schmach von Cordoba, die ja immer wieder besprochen und nacherzählt wird.

DFB.de: Ärgert Sie das?

Beer: Nein, mittlerweile sind die Wunden verheilt. Ich sage dann immer im Scherz, dass ich damit ja nichts zu tun habe und verweise auf den Spielstand, als ich ausgewechselt wurde: 1:0 für uns. Für meine Auswechslung gibt es aber eine Erklärung: Wegen des Ergebnissen im Parallel-Spiel zwischen Holland und Italien hätten wir mit einem Sieg mit vier Toren Unterschied noch das Finale erreicht. Schön hat daher noch offensiver spielen wollen und hat Hansi Müller ins Spiel gebracht.

DFB.de: Dass Ihre Auswechslung ein Fehler war, hätte Bundestrainer Schön wissen können. Spätestens mit dem Spiel in Wien war doch klar, dass es eine gute Idee ist, wenn Sie gegen Österreich auf dem Platz stehen.

Beer: Das kann man so sehen. (lacht) Wobei ich mich jetzt auch nicht hinstellen und behaupten will, dass wir das Spiel 4:0 gewonnen hätten, wenn nicht ausgewechselt worden wäre.

[sl]

Nach der Serie ist vor der Serie. Im CdN-Magazin haben ehemalige Nationalspieler*innen bislang über ihre ersten Länderspiele gesprochen. Nun sprechen die DFB-All-Stars im neuen Newsletter über ihre besten Länderspiele. Den Auftakt macht Hertha-Legende Erich "Ete" Beer, der 24 Partien für Deutschland absolvierte und dem dabei insgesamt sieben Treffer gelangen.

DFB.de: Herr Beer, wir wollen mit Ihnen über Ihr bestes Länderspiel sprechen.

Erich Beer: Sehr gern.

DFB.de: Die Vermutung war, dass Sie das 1:1 EM-Viertelfinale im April 1976 in Madrid gegen Spanien nennen. Sie trafen aus 30 Metern zum Ausgleich in den Winkel, das Tor wurde zum Tor des Monats gewählt.

Beer: Ich würde sagen, dass dieses Tor mein schönstes und wichtigstes Tor für die Nationalmannschaft war, es war auch ein gutes Spiel, aber mein bestes Spiel war es nicht.

DFB.de: Sie haben stattdessen das Spiel am 3. September 1975 in Wien gegen Österreich genannt.

Beer: Genau. Ich habe zwei Tore gemacht, wir haben 2:0 gewonnen, mir ist auch sonst in dem Spiel einiges gelungen. Mein Tor im Spiel gegen Spanien war für die Mannschaft wichtig, für mich persönlich waren das Spiel und die Tore gegen Österreich besser und wichtiger. Es war eine Art Befreiung, ein kleiner Durchbruch.

DFB.de: Das Spiel war Ihr zweites Länderspiel. Debütiert hatten Sie zuvor in Frankfurt beim 1:1 gegen die Niederlande. Glücklich mit Ihrer Leistung in diesem Spiel waren Sie nicht.

Beer: Ich war sehr nervös und zu aufgeregt. Ich wollte zu viel, konnte mit der Situation nicht gut umgehen. Mein erstes Länderspiel war maximal mittelprächtig, so ehrlich muss ich sein. Obwohl ich schon 29 Jahre alt war und in meiner Karriere schon einiges erlebt hatte. Dass ich mir den Traum von der Nationalmannschaft noch erfüllen konnte, hat mich im Spiel gegen die Niederlande gebremst, vielleicht auch, weil es ein Heimspiel war. Auf einmal war ich Nationalspieler, für mich war das fast zu groß. Bei der Nationalhymne hatte ich Tränen in den Augen, ich musste sehr kämpfen, um die Fassung zu bewahren.

DFB.de: Ihr Traum von der Nationalmannschaft begann auf den Schultern Ihres Opas mit dem Wunder von Bern.

Beer: Bei uns im Dorf gab es nur einen Fernseher, der ist dann auf dem Marktplatz aufgestellt worden. Das ganze Dorf war da, und, damit ich als kleines Kind etwas sehen konnte, hat mein Opa mich auf die Schultern genommen. Von da an war ich Fan der Nationalmannschaft und als Franke natürlich insbesondere Fan von Max Morlock.

DFB.de: Sie hatten später das Glück, Fritz Walter persönlich kennenzulernen. Hat das Ihre Faszination von der Nationalmannschaft noch einmal gesteigert.

Beer: Ja. Seine einzige Station als Trainer war beim VfL Neustadt, meinem Jugendverein. 1960 war das, er hat sie vor dem Abstieg gerettet. Ich erinnere mich noch gut an die Weihnachtsfeier damals, er kam zu mir, hat mir ein Buch über die WM 54 geschenkt, in das er eine persönliche Widmung geschrieben hatte. Für mich war das ein großer Moment in meinem Leben, genauso wie die Situation, als er einmal bei einem Hertha-Spiel zu uns in die Kabine kam und er mir das Du angeboten hat.

DFB.de: Mit Ihrer Premiere in der Nationalmannschaft waren Sie nicht zufrieden, dennoch schien es, als würde es Sie beflügeln, nun Nationalspieler zu sein. In der Bundesliga haben Sie nach Ihrem ersten Länderspiel zu Beginn der Saison 1975/76 getroffen, wie Sie wollten. Nach fünf Spieltagen hatten Sie sechs Tore auf dem Konto.

Beer: Es hat mir einen Schub gegeben, ganz klar. In der Woche vor dem Spiel gegen Österreich habe ich in der Bundesliga gegen Uerdingen sogar einen Vierer-Pack markiert.

DFB.de: Dennoch waren Sie von Bundestrainer Helmut Schön ursprünglich nicht für das Spiel gegen Österreich in Wien vorgesehen. Nominiert waren Sie "nur" für das Spiel der B-Nationalmannschaft in Augsburg.

Beer: Stimmt.

DFB.de: Waren Sie darüber enttäuscht?

Beer: Nein, überhaupt nicht. Für mich war entscheidend, dass ich weiterhin zum Kreis gehöre. Die Nominierung für die B-Elf hieß für mich, dass ich weiter im Blickfeld bin, damit war ich zufrieden.

DFB.de: Wie kam es dann, dass Sie für das Spiel der A-Nationalmannschaft nachnominiert wurden?

Beer: B- und A-Nationalmannschaft haben sich damals gemeinsam in der Sportschule in München getroffen. Als ich ankam, hat Helmut Schön mich beiseite genommen und mir gesagt, dass er eine traurige Nachricht für mich habe. Ich war erschrocken und dachte, er schickt mich wieder heim. Er hat mir dann gesagt, dass ich nicht nach Augsburg muss, sondern dass ich mit nach Wien fahren darf. Hintergrund war die Verletzung von Jupp Heynckes, Schön brauchte Ersatz.

DFB.de: Gespielt haben Sie nicht von Beginn an, die ersten 45 Minuten saßen Sie auf der Bank.

Beer: In der Halbzeit hat Franz Beckenbauer gesagt, dass er Probleme mit dem Rücken hat und nicht weiterspielen kann. Schön hat dann Uli Stielike aus dem Mittelfeld auf die Libero-Position gezogen und mich für Stielike ins Mittelfeld gestellt. Der Trainer gab mir den Auftrag auf den Weg, Herbert "Schneckerl" Prohaska zu bewachen, ihn sofort bei der Ballannahme zu stören und vor allem, mich immer wieder vorne mit einzuschalten. "Er läuft nicht mit Dir mit", hat Schön über Prohaska gesagt. Diese Räume sollte ich nutzen.

DFB.de: In der 52. Minute hat sich das zum ersten Mal ausgezahlt, Sie erzielen das 1:0. Es war ein sehr schöner Treffer. Haben Sie detaillierte Erinnerungen das Tor?

Beer: Schön war das Tor vor allem in der Entstehung. Ich habe den Ball nach einem Pass von Dietmar Danner bekommen, habe ihn dann über einen Gegenspieler gelupft und bin weiter Richtung Tor. Bernd Hölzenbein hat den Ball dann rücklings im Fallen wieder in meiner Lauf gespielt, ich hatte dann nur noch den Torwart vor mir und hab kompromisslos draufgehalten.    

DFB.de: Auch beim 2:0 in der 82. Minute war Hölzenbein beteiligt, von ihm kam die Flanke, die Sie mit dem rechten Fuß über die Linie gedrückt haben.

Beer: Ja. Wobei Torwart "Friedl" Koncilia und ein österreichischer Verteidiger durchaus mitgeholfen haben. Die Flanke ist durch den Torraum gesegelt, jeder von den beiden dachte, der andere würde hingehen, das habe ich dann ausgenutzt.

DFB.de: Dennoch: Die Kombination Hölzenbein-Beer gab es häufig. Auch bei Ihrem Tor des Monats aus dem Spiel gegen Spanien kam die Vorlage von Hölzenbein. Haben Sie sofort gemerkt, dass es passt zwischen Ihnen, dass es auf dem Feld harmoniert?

Beer: Wir haben uns unheimlich gut verstanden, auch außerhalb des Platzes. Der Bundestrainer hat uns beide auch immer auf ein Zimmer gelegt, zwischen und hat sich eine gute Freundschaft ergeben, die bis heute hält. Und ja, auch auf dem Platz war das zu merken. Wir wussten einfach, wie der andere tickt, in welche Räume er geht, welche Bälle er braucht.

DFB.de: Wie haben Sie die Mannschaft der Österreicher an diesem Abend wahrgenommen. Franz Beckenbauer sagt, dass er schon ein wenig mehr Gegenwehr erwartet hatte.

Beer: Das kann ich nicht genau sagen, ich war so sehr mit meinem Spiel beschäftigt, die Leistung der Österreicher kann und will ich nicht einschätzen. Woran ich mich noch erinnere, ist eine Situation nach dem Spiel, als ich vom österreichischen Fernsehen interviewt wurde. Die Reporter hatten mich in der Halbzeitpause beobachtet und mich nach meiner Aufwärm-Programm gefragt. Wenn ein Spieler der österreichischen Mannschaft sich so warmmachen würde, haben sie gesagt, würde er keine Kraft mehr haben, um im Spiel noch mitmachen zu können.

DFB.de: Gab es nach dem Spiel besondere Worte von Helmut Schön und Ihren Mitspielern?

Beer: Mir wurde natürlich gratuliert, das ist ja klar. Und die Medien haben sich um mich gerissen, die Zeitungen in Berlin, das aktuelle Sportstudio, ich war auf einmal gefragt. Diese Aufmerksamkeit hat mir ja nie so behagt, und zum Glück wurde das irgendwann auch wieder weniger. Sportlich hat mich dieses Spiel einen großen Schub gegeben. Für Hertha habe ich in diesem Spätsommer noch zwei weitere Mal vier Tore in einem Spiel gemacht, es war eine Zeit, in der mir alles gelungen ist.

DFB.de: Vor der Mannschaft mussten Sie nach dem Spiel wegen Ihrer ersten Tore für die Nationalmannschaft keine besondere Aktion durchführen?

Beer: Nein, nicht sofort. Das wurde später nachgeholt. Auf unserer Südamerika-Reise 1977 mit Spielen in Argentinien, Uruguay, Brasilien und Mexiko war die Stimmung überragend, auch Helmut Schön war richtig gut drauf. Da habe ich irgendwann - quasi als verspäteter Einstand – vor der Mannschaft ein Lied gesungen.

DFB.de: Was haben Sie gesungen?

Beer: Hoch auf dem gelben Wagen.

DFB.de: Sie haben gegen Österreich Ihr erstes Länderspieltor erzielt, Sie haben gegen Österreich Ihr bestes Länderspiel gemacht, Sie haben gegen Österreich auch Ihr letztes Länderspiel gemacht. Bei der WM 1978 in Argentinien. An welches Spiel denken Sie in der Rückschau häufiger: Cordoba oder Wien?

Beer: Die Leute erinnern mich natürlich häufiger an Cordoba, das Länderspiel drei Jahre zuvor in Wien ist ja kaum noch einem bewusst. Ganz anders ist es mit der Schmach von Cordoba, die ja immer wieder besprochen und nacherzählt wird.

DFB.de: Ärgert Sie das?

Beer: Nein, mittlerweile sind die Wunden verheilt. Ich sage dann immer im Scherz, dass ich damit ja nichts zu tun habe und verweise auf den Spielstand, als ich ausgewechselt wurde: 1:0 für uns. Für meine Auswechslung gibt es aber eine Erklärung: Wegen des Ergebnissen im Parallel-Spiel zwischen Holland und Italien hätten wir mit einem Sieg mit vier Toren Unterschied noch das Finale erreicht. Schön hat daher noch offensiver spielen wollen und hat Hansi Müller ins Spiel gebracht.

DFB.de: Dass Ihre Auswechslung ein Fehler war, hätte Bundestrainer Schön wissen können. Spätestens mit dem Spiel in Wien war doch klar, dass es eine gute Idee ist, wenn Sie gegen Österreich auf dem Platz stehen.

Beer: Das kann man so sehen. (lacht) Wobei ich mich jetzt auch nicht hinstellen und behaupten will, dass wir das Spiel 4:0 gewonnen hätten, wenn nicht ausgewechselt worden wäre.

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