Verfechter des Profi-Fußballs: Dr. Hermann Gösmann ©

Dr. Hermann Gösmann

(1962-1975)

Integer und international hochgeschätzt

Franz Kremer, der Vorsitzende des 1. FC Köln und legendäre Fußball-Visionär, sowie der spätere DFB-Präsident Hermann Neuberger aus dem Saarland hatten die wohl wichtigste Reform des DFB nach dem Zweiten Weltkrieg, die Gründung der Fußball-Bundesliga, umsichtig und tatkräftig vorbereitet. Dr. Peco Bauwens hatte diesen Schritt als DFB-Präsident mit Sympathie und später mit Energie begleitet. Unter seinem Nachfolger, dem Juristen Dr. Hermann Gösmann aus Osnabrück, der ihn beim Bundestag am 28. Juli 1962 im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle beerbte, wurde die Bundesliga an eben diesem historischen Datum in die Tat umgesetzt.

Der Rechtsanwalt mit dem spröden Humor erlebte und erlitt das neue Lieblingsspielzeug der Deutschen am eigenen Leib. Immer wieder hatte er sich nachdrücklich für die Einführung des Profi-Fußballs in der Bundesrepublik eingesetzt. Die späteren Auswüchse dieser Entwicklung, wie etwa die Verstöße mehrerer Klubs gegen das Bundesligastatut (Überbezahlung von Spielern durch ungerechtfertigte Handgelder), vor allem aber der Bundesliga-Skandal Anfang der siebziger Jahre, der die Fundamente des Systems erschütterte, belasteten auch sein Ansehen. "Das Markante in der sportlichen Laufbahn des Präsidenten ist", so formulierte die Fußball-Woche 1974 in einem Artikel zu Gösmanns 70. Geburtstag, "dass ihm im Ausland mehr Anerkennung zuteil wurde als im eigenen Land und aus den eigenen Reihen." Dass die Liga die Heimsuchung des Skandals überstand, daran hatte auch er seinen Anteil.

Gösmann, ein integrer Charakter, drängte sich nie in den Vordergrund oder ins Bild, obwohl in seiner Epoche das Interesse der Fernsehsender und TV-Zuschauer am Bundesliga-Fußball gewaltig anschwoll. Auch als die deutsche Nationalelf 1974 vor eigenem Publikum zum zweiten Mal Weltmeister wurde, wirkte der Fußball-Chef, der seine Umwelt meist um Haupteslänge überragte, auf der Tribüne des Münchener Olympiastadions keineswegs wie ein Triumphator, sondern inmitten des überschäumenden Jubels eher nachdenklich.

Seine internationale Laufbahn als Sportfunktionär hatte Weltformat. 1964 wählte ihn die UEFA in ihr Exekutiv-Komitee, zugleich übernahm er den Vorsitz in der UEFA-Amateurkommission. Auf dem UEFA-Kongress vier Jahre später in Rom wurde Gösmann als einer der Vertreter des europäischen Fußballs in das Exekutiv-Komitee der FIFA berufen.

Ein echter "Gösmann" war ein hintergründiger und durchaus mehrdeutiger Ratschlag an seinen Nachfolger Neuberger: "Als er ihm die Amtskette nach der Wahl 1975 umhängte", erinnert sich der damalige DFB-Pressechef und spätere Generalsekretär Dr. Wilfried Gerhardt, "sagte er einfach: Hermann, übernimm Dich nicht." Hermann Gösmann, den Willi Daume zu den "Großen des Fußballs in der Welt" zählte, starb - hochdekoriert mit staatlichen und Verbandsauszeichnungen - 1979 in Osnabrück an den Folgen einer Lungenembolie.