Mammitzsch: "Die Maßnahmen fruchten"

Vor exakt 101 Tagen fand das EM-Finale zwischen der Frauen-Nationalmannschaft und England im Wembley-Stadion statt. Am Ende verlor das Team von Martina Voss-Tecklenburg zwar 1:2 nach Verlängerung, gewann aber unzählige Herzen dazu. Sabine Mammitzsch hat das Team als Delegationsleiterin vor Ort begleitet. Die DFB-Vizepräsidentin ordnet ein, was mit und nach der EM passiert ist - vom Zuschauerboom in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga über Maßnahmen der "Strategie Frauen im Fußball FF27>>" bis zur Vergabe der Medienrechte.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie ans EM-Endspiel, Frau Mammitzsch?

Sabine Mammitzsch: Es war ein unvergessliches Erlebnis. Vor 90.000 Zuschauer*innen in diesem legendären Stadion das Finale zu spielen, das ist schon etwas ganz Besonderes. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Lautstärke, man konnte sein eigenes Wort nicht mehr verstehen, so etwas habe ich noch nie erlebt. Es war am Ende sehr schade, dass unser Team sich nicht belohnen konnte nach einem aufopferungsvollen Kampf und einer unglaublichen Energieleistung. Diese Niederlage schmälert aber in keinster Weise den Gesamteindruck des Turniers: Unser Team kann stolz auf sich sein, es hat mit seinen Auftritten die Herzen der Menschen im Sturm erobert und einen tollen Fußball gespielt. Alle haben sich auf und neben dem Platz als herausragende Botschafterinnen für unseren Sport präsentiert.

DFB.de: Die Mannschaft hatte schon vor dem Finale bewusst entschieden, sich nach der Ankunft aus England den Fans am Römer in Frankfurt zu zeigen - egal, wie es am Ende ausginge. Was sagt das über den Charakter des Teams aus, und wie haben Sie dann den Empfang vor tausenden begeisterter Menschen erlebt?

Mammitzsch: Diese Mannschaft hat Charakter, sie ist authentisch, bodenständig und sich immer ihrer Verantwortung bewusst. Von der Begeisterung, die in Deutschland herrschte, haben wir in England gar nicht so viel mitbekommen. Niemand wusste ja, ob der Empfang auch bei einer Niederlage so gut angenommen werden würde. Dass das Team trotzdem gesagt hat, sie wollen sich unbedingt für die Unterstützung bei den Fans bedanken, auch wenn das Finale verloren gehen sollte, zeugt von der Größe der Spielerinnen. Es war am Ende einmal mehr ein beeindruckendes Erlebnis und für unsere Spielerinnen, Trainer*innenteam und Staff-Mitglieder eine tolle Belohnung für die harte Arbeit der Turnierwochen.

DFB.de: Es gab ja Befürchtungen, dass es nur bei einem kurzen Hype blieben würde und die Aufmerksamkeit nach dem Turnier im Alltag schnell wieder abflachen würde…

Mammitzsch: … die sich nicht bestätigt haben. Die Begeisterung der Menschen und die Sichtbarkeit für unseren Sport hält bis jetzt nachhaltig an. Nicht nur beim ersten Länderspiel in Dresden, als wir gegen Frankreich knapp 27.000 Zuschauer*innen in einer einzigartigen Atmosphäre begrüßen durften. Wochenende für Wochenende sind die Bundesligastadien überwiegend gut gefüllt, wir haben jetzt schon nach dem 7. Spieltag mehr Zuschauer*innen als in der kompletten vergangenen Saison - die Menschen wollen ihre Idole auch in den Vereinen sehen. Auch wo keine Vizeeuropameisterinnen auf dem Platz stehen, spüren wir, dass das Interesse an dem Fußball der Frauen gestiegen ist. Wir merken auch, dass einige Maßnahmen unserer DFB-Strategie Frauen im Fußball FF27>> fruchten.

DFB.de: Beispielsweise?

Mammitzsch: Ein Ziel des Strategiepapiers ist, die Zuschauer*innenzahlen in der Frauen-Bundesliga zu steigern, unter anderem durch Highlightspiele in großen Stadien. Den Anfang hat die Frankfurter Eintracht mit dem Eröffnungsspiel gegen den FC Bayern eindrucksvoll gemacht, Wolfsburg und Hoffenheim folgten, Bremen steht als nächstes an, Wolfsburg wird gegen die Eintracht wieder ins große Stadion gehen. Diese Peaks zu setzen ist wichtig und ich bin sehr froh, dass die Vereine hier mitziehen. Ein weiterer Faktor ist, dass wir den Zugang zum Erwerb von Tickets erleichtert haben. Durch das zentrale Ticketportal auf DFB.de kommt jeder Fan mit wenigen Klicks direkt vom Spielplan zum Ticketportal der Vereine. Wir haben als DFB neue Stellen geschaffen, die im Rahmen des Antrages Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen beim letzten Bundestag verabschiedet worden sind, die konkret die Themen der Liga bearbeiten. Zudem mit Doris Fitschen eine erfahrene und engagierte Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball installiert, die das Thema mit unglaublich viel Expertise und Herzblut vorantreibt. Das sind viele Mosaiksteine, die zum großen Ganzen führen.

DFB.de: Gerade erst hat der DFB gemeinsam mit der DFL eine Studie zu den wirtschaftlichen Perspektiven der Frauen-Bundesliga herausgebracht. Was versprechen Sie sich davon?

Mammitzsch: In der Strategie Frauen im Fußball FF27>> haben wir ein umfangreiches Maßnahmenpaket erarbeitet. Eine Maßnahme ist diese Studie. Sie zeigt in Zusammenarbeit mit der DFL und der Sportmarketing-Agentur Two Circles mittels Marktforschung und Umfragen unter Vereinsvertreter*innen Potenziale für erfolgsversprechende Wachstumsstrategien auf. Und damit die Möglichkeiten für Investitionen in den Fußball der Frauen für relevante Stakeholder, die konkret ermutigt werden sollen, sich in diesem Bereich zu engagieren. Denn das ist ein Invest, der sich lohnt: Frauenfußball kann ein Gamechanger sein.

DFB.de: Ein großer Erfolg war zudem die Vergabe der Medienrechte.  

Mammitzsch: Das war ein bedeutender Schritt und starkes Signal für unsere höchste Spielklasse. Wir wollten den Schwung aus der erfolgreichen Europameisterschaft in die FLYERALARM Frauen-Bundesliga mitnehmen. Wir wollten zeigen, wie viel Spaß unser Fußball macht - und genau das ist uns nun gelungen. Unser Ziel war, dass wir mehr Sichtbarkeit schaffen. Durch die Vielzahl an Partnern sind wir ab der kommenden Saison breit aufgestellt. Die gute Balance von Spielen im Pay- und Free-TV wird die Sichtbarkeit der Liga weiter erhöhen und damit auch weiter zur Professionalisierung beitragen.

DFB.de: Ein wichtiges Thema ist das der dualen Karriere - auch hier wurden Maßnahmen auf den Weg gebracht. Können Sie dieses Projekt näher erläutern?

Mammitzsch: Die Frage ist ja immer: Die sportliche Laufbahn geht zu Ende - und was kommt dann? Für uns ist es wichtig, es den Spielerinnen auch trotz der voranschreitenden Professionalisierung der FLYERALARM Frauen-Bundesliga künftig zu ermöglichen, sich über ein Studium ein zweites Standbein aufzubauen. Zusammen mit den Vereinen und WINGS, einem Fernstudienanbieter der Hochschule Wismar, können wir den Sportlerinnen für die Zeit nach der aktiven Karriere eine Perspektive bieten und gute Angebote schaffen.

DFB.de: Abschließende Frage: Welche Auswirkungen auf den Amateurfußball erkennen Sie?  

Mammitzsch: Wir können 150 Prozent Erstregistrierungen von Mädchen in Vereinen vermelden - das sind 50.197 Mädchen, die neu in einem Verein Fußball spielen. Das ist ein enormer Effekt, den wir auf die EM zurückführen. Wir wissen aber auch, dass die Vereine an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, die Sportstätten - vor allem in den Ballungsräumen - überbelegt sind und die Gefahr besteht, dass nicht alle einen Platz finden könnten. Diese Aufgabe können wir nicht alleine bewältigen, hier sind alle gefragt, auch die politischen Entscheider auf Kommunen- und Länderebene.  

[as]

Vor exakt 101 Tagen fand das EM-Finale zwischen der Frauen-Nationalmannschaft und England im Wembley-Stadion statt. Am Ende verlor das Team von Martina Voss-Tecklenburg zwar 1:2 nach Verlängerung, gewann aber unzählige Herzen dazu. Sabine Mammitzsch hat das Team als Delegationsleiterin vor Ort begleitet. Die DFB-Vizepräsidentin ordnet ein, was mit und nach der EM passiert ist - vom Zuschauerboom in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga über Maßnahmen der "Strategie Frauen im Fußball FF27>>" bis zur Vergabe der Medienrechte.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie ans EM-Endspiel, Frau Mammitzsch?

Sabine Mammitzsch: Es war ein unvergessliches Erlebnis. Vor 90.000 Zuschauer*innen in diesem legendären Stadion das Finale zu spielen, das ist schon etwas ganz Besonderes. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Lautstärke, man konnte sein eigenes Wort nicht mehr verstehen, so etwas habe ich noch nie erlebt. Es war am Ende sehr schade, dass unser Team sich nicht belohnen konnte nach einem aufopferungsvollen Kampf und einer unglaublichen Energieleistung. Diese Niederlage schmälert aber in keinster Weise den Gesamteindruck des Turniers: Unser Team kann stolz auf sich sein, es hat mit seinen Auftritten die Herzen der Menschen im Sturm erobert und einen tollen Fußball gespielt. Alle haben sich auf und neben dem Platz als herausragende Botschafterinnen für unseren Sport präsentiert.

DFB.de: Die Mannschaft hatte schon vor dem Finale bewusst entschieden, sich nach der Ankunft aus England den Fans am Römer in Frankfurt zu zeigen - egal, wie es am Ende ausginge. Was sagt das über den Charakter des Teams aus, und wie haben Sie dann den Empfang vor tausenden begeisterter Menschen erlebt?

Mammitzsch: Diese Mannschaft hat Charakter, sie ist authentisch, bodenständig und sich immer ihrer Verantwortung bewusst. Von der Begeisterung, die in Deutschland herrschte, haben wir in England gar nicht so viel mitbekommen. Niemand wusste ja, ob der Empfang auch bei einer Niederlage so gut angenommen werden würde. Dass das Team trotzdem gesagt hat, sie wollen sich unbedingt für die Unterstützung bei den Fans bedanken, auch wenn das Finale verloren gehen sollte, zeugt von der Größe der Spielerinnen. Es war am Ende einmal mehr ein beeindruckendes Erlebnis und für unsere Spielerinnen, Trainer*innenteam und Staff-Mitglieder eine tolle Belohnung für die harte Arbeit der Turnierwochen.

DFB.de: Es gab ja Befürchtungen, dass es nur bei einem kurzen Hype blieben würde und die Aufmerksamkeit nach dem Turnier im Alltag schnell wieder abflachen würde…

Mammitzsch: … die sich nicht bestätigt haben. Die Begeisterung der Menschen und die Sichtbarkeit für unseren Sport hält bis jetzt nachhaltig an. Nicht nur beim ersten Länderspiel in Dresden, als wir gegen Frankreich knapp 27.000 Zuschauer*innen in einer einzigartigen Atmosphäre begrüßen durften. Wochenende für Wochenende sind die Bundesligastadien überwiegend gut gefüllt, wir haben jetzt schon nach dem 7. Spieltag mehr Zuschauer*innen als in der kompletten vergangenen Saison - die Menschen wollen ihre Idole auch in den Vereinen sehen. Auch wo keine Vizeeuropameisterinnen auf dem Platz stehen, spüren wir, dass das Interesse an dem Fußball der Frauen gestiegen ist. Wir merken auch, dass einige Maßnahmen unserer DFB-Strategie Frauen im Fußball FF27>> fruchten.

DFB.de: Beispielsweise?

Mammitzsch: Ein Ziel des Strategiepapiers ist, die Zuschauer*innenzahlen in der Frauen-Bundesliga zu steigern, unter anderem durch Highlightspiele in großen Stadien. Den Anfang hat die Frankfurter Eintracht mit dem Eröffnungsspiel gegen den FC Bayern eindrucksvoll gemacht, Wolfsburg und Hoffenheim folgten, Bremen steht als nächstes an, Wolfsburg wird gegen die Eintracht wieder ins große Stadion gehen. Diese Peaks zu setzen ist wichtig und ich bin sehr froh, dass die Vereine hier mitziehen. Ein weiterer Faktor ist, dass wir den Zugang zum Erwerb von Tickets erleichtert haben. Durch das zentrale Ticketportal auf DFB.de kommt jeder Fan mit wenigen Klicks direkt vom Spielplan zum Ticketportal der Vereine. Wir haben als DFB neue Stellen geschaffen, die im Rahmen des Antrages Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen beim letzten Bundestag verabschiedet worden sind, die konkret die Themen der Liga bearbeiten. Zudem mit Doris Fitschen eine erfahrene und engagierte Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball installiert, die das Thema mit unglaublich viel Expertise und Herzblut vorantreibt. Das sind viele Mosaiksteine, die zum großen Ganzen führen.

DFB.de: Gerade erst hat der DFB gemeinsam mit der DFL eine Studie zu den wirtschaftlichen Perspektiven der Frauen-Bundesliga herausgebracht. Was versprechen Sie sich davon?

Mammitzsch: In der Strategie Frauen im Fußball FF27>> haben wir ein umfangreiches Maßnahmenpaket erarbeitet. Eine Maßnahme ist diese Studie. Sie zeigt in Zusammenarbeit mit der DFL und der Sportmarketing-Agentur Two Circles mittels Marktforschung und Umfragen unter Vereinsvertreter*innen Potenziale für erfolgsversprechende Wachstumsstrategien auf. Und damit die Möglichkeiten für Investitionen in den Fußball der Frauen für relevante Stakeholder, die konkret ermutigt werden sollen, sich in diesem Bereich zu engagieren. Denn das ist ein Invest, der sich lohnt: Frauenfußball kann ein Gamechanger sein.

DFB.de: Ein großer Erfolg war zudem die Vergabe der Medienrechte.  

Mammitzsch: Das war ein bedeutender Schritt und starkes Signal für unsere höchste Spielklasse. Wir wollten den Schwung aus der erfolgreichen Europameisterschaft in die FLYERALARM Frauen-Bundesliga mitnehmen. Wir wollten zeigen, wie viel Spaß unser Fußball macht - und genau das ist uns nun gelungen. Unser Ziel war, dass wir mehr Sichtbarkeit schaffen. Durch die Vielzahl an Partnern sind wir ab der kommenden Saison breit aufgestellt. Die gute Balance von Spielen im Pay- und Free-TV wird die Sichtbarkeit der Liga weiter erhöhen und damit auch weiter zur Professionalisierung beitragen.

DFB.de: Ein wichtiges Thema ist das der dualen Karriere - auch hier wurden Maßnahmen auf den Weg gebracht. Können Sie dieses Projekt näher erläutern?

Mammitzsch: Die Frage ist ja immer: Die sportliche Laufbahn geht zu Ende - und was kommt dann? Für uns ist es wichtig, es den Spielerinnen auch trotz der voranschreitenden Professionalisierung der FLYERALARM Frauen-Bundesliga künftig zu ermöglichen, sich über ein Studium ein zweites Standbein aufzubauen. Zusammen mit den Vereinen und WINGS, einem Fernstudienanbieter der Hochschule Wismar, können wir den Sportlerinnen für die Zeit nach der aktiven Karriere eine Perspektive bieten und gute Angebote schaffen.

DFB.de: Abschließende Frage: Welche Auswirkungen auf den Amateurfußball erkennen Sie?  

Mammitzsch: Wir können 150 Prozent Erstregistrierungen von Mädchen in Vereinen vermelden - das sind 50.197 Mädchen, die neu in einem Verein Fußball spielen. Das ist ein enormer Effekt, den wir auf die EM zurückführen. Wir wissen aber auch, dass die Vereine an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, die Sportstätten - vor allem in den Ballungsräumen - überbelegt sind und die Gefahr besteht, dass nicht alle einen Platz finden könnten. Diese Aufgabe können wir nicht alleine bewältigen, hier sind alle gefragt, auch die politischen Entscheider auf Kommunen- und Länderebene.  

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