Mythos Fritz Walter: Der Macher

384 Spiele, 327 Tore, mehrfacher Deutscher Meister, Weltmeister und Ehrenspielführer: Friedrich "Fritz" Walter ist ein deutsche Fußballlegende. Heute würde der 2002 verstorbene Kapitän der "Helden von Bern" 100 Jahre alt. Zum Jubiläum würdigt DFB.de den ersten DFB-Ehrenspielführer mit einer Serie. Im dritten Teil geht es um Fritz Walter als Funktionär.

Fritz Walter war ein großer Fußballer, das ist allgemein bekannt. Seine Leistungen im Dress des 1. FC Kaiserslautern und der Nationalmannschaft waren Gegenstand der ersten beiden Serienteile auf DFB.de. Aber er war auch ein erfolgreicher Fußballfunktionär, was weniger bekannt ist. Drei Trainerstationen hatte er inne, wenn sie auch alle mit einem Einwand zu versehen waren. Mal war er offiziell gar nicht der Trainer, sondern nur in der Praxis, mal war es umgekehrt - und mal machte er es nur so nebenher. Erfolg stellte sich dennoch immer ein.

"Doppelbelastung" beim FCK und VfR Kaiserslautern

In der Spielzeit 1948/1949 war Fritz Walter eigentlich als Spielertrainer seines FCK schon gut ausgelastet. Doch weil der Betzenberg von der französischen Besatzungsmacht in Beschlag genommen worden war, mussten sie auf den "Erbsenberg" ausweichen. Das war die Spielstätte des VfR Kaiserslautern, damals zweitklassig. Der verlangte eine Gegenleistung: Der berühmte Nationalspieler möge auch dessen Mannschaft trainieren.

Fritz Walter erinnerte sich 1953 wie folgt: "Der VfR spielte in der 2. Liga und stand in der Gefahr, noch tiefer absteigen zu müssen. Er hatte kein Geld, und als ich dann das Training übernahm, mussten wir erst primitivste Voraussetzungen, einen Umkleideraum, Waschschüsseln und dergleichen mehr schaffen. Sie konnten auch mir nichts bieten, doch darauf kam es mir nicht an. Ich sah eine gute Gelegenheit, mich selbst als Trainer zu prüfen. Schließlich ist nicht jeder gute Spieler ein guter Trainer, man muss mehr mitbringen – ganz besonders die Fähigkeit, Menschen führen zu können. Als wir begannen, sagte mir ein alter Kamerad vom VfR: 'Fritz, auch du wirst es nicht schaffen. Bei uns ist schon mancher gescheitert.' Ein halbes Jahr später kam er zu mir und drückte mir die Hände: 'Fritz, das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten.'"

Was war passiert? Der Fritz hatte den Lokalrivalen in die Oberliga Südwest geführt, obwohl er bei den Spielen meist fehlte, weil er ja mit dem FCK irgendwo auflaufen musste. Es gab damals nur einen Fußballtag – den Sonntag. Wie der Trainer Fritz Walter war, schilderte VfR-Spieler Werner Berndt Jahrzehnte später: "Mein Gott, war der genau! Und wir spurten. Er war der Lehrmeister, er konnte alles perfekt vormachen. Widerreden war zwecklos, sein Wort war das Evangelium." (Aus dem Buch: Fritz Walter. Kapitän für Deutschland, 2010)

Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Köln

Mit dem Aufstieg beendete Walter 1949 seine Doppelrolle, die ihm als Vertragsspieler ab 1950 auch nicht mehr gestattet worden wäre – aber er war auf den Geschmack gekommen. 1957 erwarb er an der Kölner Sporthochschule die Lizenz zum Fußball-Lehrer in einem fünftägigen Lehrgang – was kein Privileg, sondern normal war. In einem Interview schloss er im selben Jahr nicht aus, mal im Ausland zu trainieren, aber "erst muss ich Erfahrungen in Deutschland sammeln".

Er war schon als Spieler im Kopf Trainer und erfand 1958 sogar eine Taktik-Magnettafel. Freund und Förderer Sepp Herberger lobte: "Auch ich werde sie in meinen Lehrgängen verwenden."

Kleines Fußballwunder beim VfL Neustadt

Wenige Monate nach seinem Karriereende bot sich ihm die erste Gelegenheit, sein Wissen in die Praxis umzusetzen. Aus dem Frankenland ereilte ihn ein Hilferuf vom Zweitligisten VfL Neustadt bei Coburg, dem der Abstieg drohte. Den Kontakt stellte wohl Anderl Kupfer her, mit dem Walter in der Nationalmannschaft gespielt hatte. Wenn Freunde riefen, konnte er schlecht Nein sagen, und so übernahm er ab April 1960 den heiklen Job, eine ihm unbekannte Mannschaft vor dem Abstieg zu retten.

Der VfL lag sieben Spiele vor Schluss auf dem 17. von 18 Plätzen. Dann kam Walter und bewirkte ein kleines Fußballwunder, holte elf von 14 möglichen Punkten und hievte den VfL auf den sicheren zwölften Platz. Sein Engagement war ehrenamtlich, wie zu lesen stand, und mit der Rettung beendet. Helmut Rahn, einer der Helden von Bern, kam übrigens eigens aus Essen zu den Heimspielen angereist, um zu sehen, was sein Zimmerpartner von Spiez für eine Figur auf der Bank macht.

Absage an Herberger: Walter will nicht Bundestrainer werden

Danach kümmerte sich Walter wieder um seine Geschäfte. Er besaß ein Kino, feierte als Buchautor verblüffende Erfolge und war von 1959 bis 1961 Kundendienstleiter von "Europa-Möbel", zudem als Repräsentant für adidas viel auf Achse. Für einen Trainerjob blieb da keine Zeit. Das Angebot, Sepp Herberger als Bundestrainer zu beerben, hatte er schon dankend abgelehnt: "Ich bin nie gerne geflogen, wollte einfach weniger unterwegs sein und andere schöne Dinge des Lebens genießen. Deshalb habe ich einmal im Leben nicht auf den Chef gehört und ihm abgesagt", erzählte er 1995.

Noch etwas kam hinzu: "Der Nachfolger von Sepp Herberger zu werden, ist ja für jeden schwer bei den großartigen Erfolgen, die er gehabt hat, bei seinem legendären Ruf", sagte er. "Wenn's dann nicht so gelaufen wäre, wie es die Leute vielleicht erwarteten, dann hätte es gleich geheißen: Der Fritz war ein ganz guter Fußballspieler, aber als Trainer hat er versagt!"

Beim SV Alsenborn befürchteten sie das nicht. Bei dem Dorfverein, der ihm dafür den Baugrund für seinen Bungalow erschloss, stieg Walter 1962 als eine Art Supervisor ein. Nun begann eine neue Zeitrechnung in dem 900-Seelen-Dorf im Kaiserslauterer Einzugsgebiet. Der Präsident blieb der Präsident, der Manager der Manager und der Trainer der Trainer, aber alle hörten sie ehrfürchtig auf den "Kaiser", wie sie Walter dort nannten. Wegen seines ersten Vornamens Friedrich, der dem von Kaiser Friedrich Barbarossa glich, welcher in Kaiserslautern residiert, eine mächtige Burg gebaut hattee und Namenspatron der Stadt geworden war.

"Kaiser von Alsenborn"

Nun war Fritz Walter also der Kaiser von Alsenborn, nahm seinen Auftrag sehr ernst, besuchte jede Spielersitzung und jedes Training, sprach auch zur Mannschaft – und hatte ein paar Verbesserungsvorschläge. Er fand es nicht gut, dass bei Spielersitzungen wie in der Kneipe Bier getrunken und geraucht wurde - und schon tranken und rauchten sie nicht mehr. Er fand, dass der Platz zu schmal war - und schon kamen sie mit Spaten und verbreiterten ihn um 4,60 Meter. Er fand, dass es ganz schön dunkel sei beim abendlichen Training - und schon bald leuchteten acht Flutlichtmasten am Sportplatz. Er fand, dass man besser schon am Vortag zu Auswärtsspielen reisen sollte - und sie fuhren samstags los.

Alsenborn spielte in der A-Klasse, als er 1962 seinem Freund und Bauunternehmer Hans Ruth zuliebe, mit dem er einst beim FCK stürmte, beim SVA anfing. Als er 1968 nicht ganz im Frieden ging, klopften sie als Regionalligist erstmals ans Tor zur Bundesliga, spielten vor 80.000 Fans in Berlin und scheiterten in der Aufstiegsrunde – wie noch 1969 und 1970. Dann erst ging es bergab. Fritz war da schon wieder weg – seine Bilanz war sensationell.

Drei Aufstiege hatte Walter mitverantwortet, von der A-Klasse über die 2. Amateurliga und die 1. Amateurliga in die Regionalliga Südwest. Alsenborn war in aller Munde. Sein Name sowieso - und der lockte ehemalige Meisterspieler ebenso in die Provinz wie zukünftige Bundesligaspieler: zum Beispiel Lorenz Horr oder Fritz Fuchs. Werner Mangold, der aus der Bundesliga-Mannschaft des FCK nach Alsenborn kam, sagte: "Dem Fritz habe ich alles zu verdanken. Ihm zuliebe bin ich auch nach zwölf tollen FCK-Jahren ins aufstrebende und Schlagzeilen schreibende Fußballdorf Alsenborn gewechselt. Ich wollte ihm helfen, so wie er mir geholfen hat."

Walter half, wo er konnte - am besten im Fußball

Das öffentliche Interesse konzentrierte sich auf Walter, dabei war er bei manchen Spielen gar nicht dabei – weil er glaubte, Pech zu bringen oder weil er einfach zu nervös war. Oft wagte er sich erst nach sicheren Führungen, von denen er am Telefon erfuhr, auf den Sportplatz. Keine idealen Voraussetzungen für einen Trainer. Offiziell war es aber von 1965 bis 1968, weil die Lizenz von Otto Render, der die drei Aufstiege bewerkstelligt hatte, ab der Regionalliga, die damals die 2. Liga war, nicht mehr galt. Die von Fritz Walter schon. Auf dem Trainingsplatz stand dennoch Render, der gern mal witzelte: "Ich hab' die Arbeit, du den Erfolg!"

Das wurde Walter natürlich nicht gerecht, aber mit der Zeit hörten sie nicht mehr widerspruchslos auf seine Ratschläge und es gab Kompetenzgerangel und Verstimmungen. 1968 schied Walter, für den es nach der Regionalligameisterschaft als einzigen Funktionär keine Blumen gab, enttäuscht aus. Er verarbeitete die Erfahrungen in Alsenborn noch im selben Jahr in einem Buch: "Alsenborn – Aufstieg einer Dorfmannschaft." An dem hatte er fortan keinen Anteil mehr, was auch am lieben Geld lag.

In den sechs Jahren soll er nur einmal bezahlt worden sein, 300 D-Mark gab es im Umschlag für den dritten Aufstieg 1965. Als ihn 1967 der FCK abwerben wollte für den Posten des Technischen Direktors und 3000 Mark im Monat bot, lehnte Walter ab, wollte aber nun für seine Treue zum SVA angeblich entschädigt werden. In einem Leserbrief in der Rheinpfalz gab der Verein bekannt, er habe 1350 D-Mark Monatsgehalt gefordert und man las den Satz des Präsidenten: "Fritz Walter, der 'Idealist', wird in Zukunft nur dort zu finden sein, wo das Honorar stimmt." Das konnte nur jemand behaupten, der Fritz Walter nicht wirklich kannte. Ums Geld ging es ihm nie. Er half, wo er konnte. Am besten konnte er das im Fußball, auf und neben dem Platz.

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384 Spiele, 327 Tore, mehrfacher Deutscher Meister, Weltmeister und Ehrenspielführer: Friedrich "Fritz" Walter ist ein deutsche Fußballlegende. Heute würde der 2002 verstorbene Kapitän der "Helden von Bern" 100 Jahre alt. Zum Jubiläum würdigt DFB.de den ersten DFB-Ehrenspielführer mit einer Serie. Im dritten Teil geht es um Fritz Walter als Funktionär.

Fritz Walter war ein großer Fußballer, das ist allgemein bekannt. Seine Leistungen im Dress des 1. FC Kaiserslautern und der Nationalmannschaft waren Gegenstand der ersten beiden Serienteile auf DFB.de. Aber er war auch ein erfolgreicher Fußballfunktionär, was weniger bekannt ist. Drei Trainerstationen hatte er inne, wenn sie auch alle mit einem Einwand zu versehen waren. Mal war er offiziell gar nicht der Trainer, sondern nur in der Praxis, mal war es umgekehrt - und mal machte er es nur so nebenher. Erfolg stellte sich dennoch immer ein.

"Doppelbelastung" beim FCK und VfR Kaiserslautern

In der Spielzeit 1948/1949 war Fritz Walter eigentlich als Spielertrainer seines FCK schon gut ausgelastet. Doch weil der Betzenberg von der französischen Besatzungsmacht in Beschlag genommen worden war, mussten sie auf den "Erbsenberg" ausweichen. Das war die Spielstätte des VfR Kaiserslautern, damals zweitklassig. Der verlangte eine Gegenleistung: Der berühmte Nationalspieler möge auch dessen Mannschaft trainieren.

Fritz Walter erinnerte sich 1953 wie folgt: "Der VfR spielte in der 2. Liga und stand in der Gefahr, noch tiefer absteigen zu müssen. Er hatte kein Geld, und als ich dann das Training übernahm, mussten wir erst primitivste Voraussetzungen, einen Umkleideraum, Waschschüsseln und dergleichen mehr schaffen. Sie konnten auch mir nichts bieten, doch darauf kam es mir nicht an. Ich sah eine gute Gelegenheit, mich selbst als Trainer zu prüfen. Schließlich ist nicht jeder gute Spieler ein guter Trainer, man muss mehr mitbringen – ganz besonders die Fähigkeit, Menschen führen zu können. Als wir begannen, sagte mir ein alter Kamerad vom VfR: 'Fritz, auch du wirst es nicht schaffen. Bei uns ist schon mancher gescheitert.' Ein halbes Jahr später kam er zu mir und drückte mir die Hände: 'Fritz, das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten.'"

Was war passiert? Der Fritz hatte den Lokalrivalen in die Oberliga Südwest geführt, obwohl er bei den Spielen meist fehlte, weil er ja mit dem FCK irgendwo auflaufen musste. Es gab damals nur einen Fußballtag – den Sonntag. Wie der Trainer Fritz Walter war, schilderte VfR-Spieler Werner Berndt Jahrzehnte später: "Mein Gott, war der genau! Und wir spurten. Er war der Lehrmeister, er konnte alles perfekt vormachen. Widerreden war zwecklos, sein Wort war das Evangelium." (Aus dem Buch: Fritz Walter. Kapitän für Deutschland, 2010)

Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Köln

Mit dem Aufstieg beendete Walter 1949 seine Doppelrolle, die ihm als Vertragsspieler ab 1950 auch nicht mehr gestattet worden wäre – aber er war auf den Geschmack gekommen. 1957 erwarb er an der Kölner Sporthochschule die Lizenz zum Fußball-Lehrer in einem fünftägigen Lehrgang – was kein Privileg, sondern normal war. In einem Interview schloss er im selben Jahr nicht aus, mal im Ausland zu trainieren, aber "erst muss ich Erfahrungen in Deutschland sammeln".

Er war schon als Spieler im Kopf Trainer und erfand 1958 sogar eine Taktik-Magnettafel. Freund und Förderer Sepp Herberger lobte: "Auch ich werde sie in meinen Lehrgängen verwenden."

Kleines Fußballwunder beim VfL Neustadt

Wenige Monate nach seinem Karriereende bot sich ihm die erste Gelegenheit, sein Wissen in die Praxis umzusetzen. Aus dem Frankenland ereilte ihn ein Hilferuf vom Zweitligisten VfL Neustadt bei Coburg, dem der Abstieg drohte. Den Kontakt stellte wohl Anderl Kupfer her, mit dem Walter in der Nationalmannschaft gespielt hatte. Wenn Freunde riefen, konnte er schlecht Nein sagen, und so übernahm er ab April 1960 den heiklen Job, eine ihm unbekannte Mannschaft vor dem Abstieg zu retten.

Der VfL lag sieben Spiele vor Schluss auf dem 17. von 18 Plätzen. Dann kam Walter und bewirkte ein kleines Fußballwunder, holte elf von 14 möglichen Punkten und hievte den VfL auf den sicheren zwölften Platz. Sein Engagement war ehrenamtlich, wie zu lesen stand, und mit der Rettung beendet. Helmut Rahn, einer der Helden von Bern, kam übrigens eigens aus Essen zu den Heimspielen angereist, um zu sehen, was sein Zimmerpartner von Spiez für eine Figur auf der Bank macht.

Absage an Herberger: Walter will nicht Bundestrainer werden

Danach kümmerte sich Walter wieder um seine Geschäfte. Er besaß ein Kino, feierte als Buchautor verblüffende Erfolge und war von 1959 bis 1961 Kundendienstleiter von "Europa-Möbel", zudem als Repräsentant für adidas viel auf Achse. Für einen Trainerjob blieb da keine Zeit. Das Angebot, Sepp Herberger als Bundestrainer zu beerben, hatte er schon dankend abgelehnt: "Ich bin nie gerne geflogen, wollte einfach weniger unterwegs sein und andere schöne Dinge des Lebens genießen. Deshalb habe ich einmal im Leben nicht auf den Chef gehört und ihm abgesagt", erzählte er 1995.

Noch etwas kam hinzu: "Der Nachfolger von Sepp Herberger zu werden, ist ja für jeden schwer bei den großartigen Erfolgen, die er gehabt hat, bei seinem legendären Ruf", sagte er. "Wenn's dann nicht so gelaufen wäre, wie es die Leute vielleicht erwarteten, dann hätte es gleich geheißen: Der Fritz war ein ganz guter Fußballspieler, aber als Trainer hat er versagt!"

Beim SV Alsenborn befürchteten sie das nicht. Bei dem Dorfverein, der ihm dafür den Baugrund für seinen Bungalow erschloss, stieg Walter 1962 als eine Art Supervisor ein. Nun begann eine neue Zeitrechnung in dem 900-Seelen-Dorf im Kaiserslauterer Einzugsgebiet. Der Präsident blieb der Präsident, der Manager der Manager und der Trainer der Trainer, aber alle hörten sie ehrfürchtig auf den "Kaiser", wie sie Walter dort nannten. Wegen seines ersten Vornamens Friedrich, der dem von Kaiser Friedrich Barbarossa glich, welcher in Kaiserslautern residiert, eine mächtige Burg gebaut hattee und Namenspatron der Stadt geworden war.

"Kaiser von Alsenborn"

Nun war Fritz Walter also der Kaiser von Alsenborn, nahm seinen Auftrag sehr ernst, besuchte jede Spielersitzung und jedes Training, sprach auch zur Mannschaft – und hatte ein paar Verbesserungsvorschläge. Er fand es nicht gut, dass bei Spielersitzungen wie in der Kneipe Bier getrunken und geraucht wurde - und schon tranken und rauchten sie nicht mehr. Er fand, dass der Platz zu schmal war - und schon kamen sie mit Spaten und verbreiterten ihn um 4,60 Meter. Er fand, dass es ganz schön dunkel sei beim abendlichen Training - und schon bald leuchteten acht Flutlichtmasten am Sportplatz. Er fand, dass man besser schon am Vortag zu Auswärtsspielen reisen sollte - und sie fuhren samstags los.

Alsenborn spielte in der A-Klasse, als er 1962 seinem Freund und Bauunternehmer Hans Ruth zuliebe, mit dem er einst beim FCK stürmte, beim SVA anfing. Als er 1968 nicht ganz im Frieden ging, klopften sie als Regionalligist erstmals ans Tor zur Bundesliga, spielten vor 80.000 Fans in Berlin und scheiterten in der Aufstiegsrunde – wie noch 1969 und 1970. Dann erst ging es bergab. Fritz war da schon wieder weg – seine Bilanz war sensationell.

Drei Aufstiege hatte Walter mitverantwortet, von der A-Klasse über die 2. Amateurliga und die 1. Amateurliga in die Regionalliga Südwest. Alsenborn war in aller Munde. Sein Name sowieso - und der lockte ehemalige Meisterspieler ebenso in die Provinz wie zukünftige Bundesligaspieler: zum Beispiel Lorenz Horr oder Fritz Fuchs. Werner Mangold, der aus der Bundesliga-Mannschaft des FCK nach Alsenborn kam, sagte: "Dem Fritz habe ich alles zu verdanken. Ihm zuliebe bin ich auch nach zwölf tollen FCK-Jahren ins aufstrebende und Schlagzeilen schreibende Fußballdorf Alsenborn gewechselt. Ich wollte ihm helfen, so wie er mir geholfen hat."

Walter half, wo er konnte - am besten im Fußball

Das öffentliche Interesse konzentrierte sich auf Walter, dabei war er bei manchen Spielen gar nicht dabei – weil er glaubte, Pech zu bringen oder weil er einfach zu nervös war. Oft wagte er sich erst nach sicheren Führungen, von denen er am Telefon erfuhr, auf den Sportplatz. Keine idealen Voraussetzungen für einen Trainer. Offiziell war es aber von 1965 bis 1968, weil die Lizenz von Otto Render, der die drei Aufstiege bewerkstelligt hatte, ab der Regionalliga, die damals die 2. Liga war, nicht mehr galt. Die von Fritz Walter schon. Auf dem Trainingsplatz stand dennoch Render, der gern mal witzelte: "Ich hab' die Arbeit, du den Erfolg!"

Das wurde Walter natürlich nicht gerecht, aber mit der Zeit hörten sie nicht mehr widerspruchslos auf seine Ratschläge und es gab Kompetenzgerangel und Verstimmungen. 1968 schied Walter, für den es nach der Regionalligameisterschaft als einzigen Funktionär keine Blumen gab, enttäuscht aus. Er verarbeitete die Erfahrungen in Alsenborn noch im selben Jahr in einem Buch: "Alsenborn – Aufstieg einer Dorfmannschaft." An dem hatte er fortan keinen Anteil mehr, was auch am lieben Geld lag.

In den sechs Jahren soll er nur einmal bezahlt worden sein, 300 D-Mark gab es im Umschlag für den dritten Aufstieg 1965. Als ihn 1967 der FCK abwerben wollte für den Posten des Technischen Direktors und 3000 Mark im Monat bot, lehnte Walter ab, wollte aber nun für seine Treue zum SVA angeblich entschädigt werden. In einem Leserbrief in der Rheinpfalz gab der Verein bekannt, er habe 1350 D-Mark Monatsgehalt gefordert und man las den Satz des Präsidenten: "Fritz Walter, der 'Idealist', wird in Zukunft nur dort zu finden sein, wo das Honorar stimmt." Das konnte nur jemand behaupten, der Fritz Walter nicht wirklich kannte. Ums Geld ging es ihm nie. Er half, wo er konnte. Am besten konnte er das im Fußball, auf und neben dem Platz.

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