Ohne Fairness geht es nicht

Matthias Leonhardt hat in diesem Jahr vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Fair-Play-Medaille verliehen bekommen. Der 37-Jährige hatte einen krassen Regelverstoß seines Heimatvereins SV Dresden-Pillnitz gemeldet. Als Konsequenz war die Mannschaft abgestiegen. Keine einfache Entscheidung, aber eine, die Leonhardt wieder treffen würde.

Als sein Handy an jenem Sonntagabend vor gut eineinhalb Jahren klingelt, freut sich Matthias Leonhardt auf das Gespräch. Er kennt natürlich die Nummer des Anrufers. Es ist einer seiner besten Freunde, der sportliche Leiter seines Heimatvereins SV Dresden-Pillnitz. Die erste Mannschaft hat an diesem Sonntag eine Achterbahn der Gefühle hinter sich gebracht, an deren Ende der Klassenerhalt gefeiert wird. Leonhardt kann nicht vor Ort sein. Er ist glücklich, dass er zumindest telefonisch an dem Erfolg teilhaben kann. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: Der emotionale Tiefpunkt kommt erst noch. Das ist nicht die Schuld Leonhardts. Aber entscheidenden Anteil daran hatte er schon. 18 Monate später wird Leonhardt für sein Verhalten die Fair-Play-Medaille des DFB bekommen.

Die Geschichte beginnt zunächst harmlos. Der SV Dresden-Pillnitz kämpft am letzten Spieltag der Saison 2015/2016 mit zwei direkten Konkurrenten gegen den Abstieg aus der Stadtliga B, drei weitere Spielklassen kommen noch darunter. Allen ist klar, dass nur ein Sieg die Rettung bedeutet. Aber es kommt anders. Der SV Dresden-Pillnitz führt im entscheidenden Duell gegen den Radeberger SV II schnell mit 4:1. Die Getränke für die Party danach werden schon kaltgestellt. Dann kommt jedoch das böse Erwachen. Die Mannschaft verliert die Konzentration, kassiert noch drei Gegentreffer. Als Schluss ist, steht es 4:4. Die Spieler sinken auf den Boden, einige haben Tränen in den Augen. Alle glauben, dass sie es nicht geschafft haben. Aber dann erhalten sie die erlösende Info von den anderen Plätzen: Die beiden Konkurrenten haben überraschend verloren. Damit hat der SV Dresden-Pillnitz doch noch die Klasse gehalten. Die Feier kann beginnen.

Ein Anruf, der alles verändert

Matthias Leonhardt bekommt die Ereignisse nur aus der Ferne mit. Der 37-Jährige ist seit mehr als 20 Jahren Vereinsmitglied beim SV Dresden-Pillnitz. Außerdem übernimmt er beim Stadtverband Fußball Dresden Aufgaben im Spielbetrieb. Am besagten Nachmittag ist Leonhardt als Schiedsrichter in Ibbenbüren im Einsatz. Es ist seine große Leidenschaft. Er verfolgt die Geschehnisse, soweit es möglich ist, dank eines Livetickers auf FUSSBALL.DE. Am Abend ist er gerade auf dem Heimweg, als ihn der Anruf erreicht, der alles verändert. Der sportliche Leiter offenbart ihm, dass die Mannschaft einen Stürmer eines anderen Vereins unter falschem Namen eingesetzt habe. Jener Spieler habe beim 4:4 zwei Tore erzielt und einen weiteren Treffer vorbereitet. Der Punktgewinn war erschummelt, eigentlich war die Mannschaft abgestiegen, die Party hätte niemals stattfinden dürfen.

Als Leonhardt davon hört, reagiert er sofort. Er schreibt eine Selbstanzeige an das Sportgericht und den zuständigen Staffelleiter. "Der Klassenerhalt hat auf einer ganz krassen Regelwidrigkeit basiert. Das konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ich musste keine Sekunde über die nächsten Schritte nachdenken. Mir war sofort klar, dass das so nicht geht", sagt Leonhardt rückblickend.

Für Leonhardt überschlagen sich die Ereignisse

Er hatte dann eine unruhige Nacht. Wie werden seine Freunde innerhalb des Vereins auf seine Entscheidung reagieren? Werden sie ihn für seine Ehrlichkeit mit Missachtung strafen? Werden sie ihm die ganze Geschichte übel nehmen? Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie sind ihm beinahe dankbar dafür, die Ungerechtigkeit ans Licht gebracht zu haben.

"Ich hatte den Eindruck, dass die Beteiligten ein schlechtes Gewissen hatten. Dass sie mir die Sache gebeichtet haben, war für sie eine Art Befreiung. Mir hat bis heute niemand einen Vorwurf für mein Handeln gemacht", sagt Leonhardt. Für ihn selbst überschlagen sich die Ereignisse danach. Er wird für sein Verhalten gefeiert. Die lokalen Medien berichten darüber. Ihm ist das fast schon unangenehm. Er hat ja eigentlich nur das getan, was er tun musste. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. "Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie die Idee entstanden ist, einen fremden Spieler einzusetzen, der nicht bei uns im Verein gemeldet ist. Es ist mir ein Rätsel. Vor allem verstehe ich nicht, dass auch die Mannschaft das mitgetragen hat", sagt Leonhardt.



Matthias Leonhardt hat in diesem Jahr vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Fair-Play-Medaille verliehen bekommen. Der 37-Jährige hatte einen krassen Regelverstoß seines Heimatvereins SV Dresden-Pillnitz gemeldet. Als Konsequenz war die Mannschaft abgestiegen. Keine einfache Entscheidung, aber eine, die Leonhardt wieder treffen würde.

Als sein Handy an jenem Sonntagabend vor gut eineinhalb Jahren klingelt, freut sich Matthias Leonhardt auf das Gespräch. Er kennt natürlich die Nummer des Anrufers. Es ist einer seiner besten Freunde, der sportliche Leiter seines Heimatvereins SV Dresden-Pillnitz. Die erste Mannschaft hat an diesem Sonntag eine Achterbahn der Gefühle hinter sich gebracht, an deren Ende der Klassenerhalt gefeiert wird. Leonhardt kann nicht vor Ort sein. Er ist glücklich, dass er zumindest telefonisch an dem Erfolg teilhaben kann. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: Der emotionale Tiefpunkt kommt erst noch. Das ist nicht die Schuld Leonhardts. Aber entscheidenden Anteil daran hatte er schon. 18 Monate später wird Leonhardt für sein Verhalten die Fair-Play-Medaille des DFB bekommen.

Die Geschichte beginnt zunächst harmlos. Der SV Dresden-Pillnitz kämpft am letzten Spieltag der Saison 2015/2016 mit zwei direkten Konkurrenten gegen den Abstieg aus der Stadtliga B, drei weitere Spielklassen kommen noch darunter. Allen ist klar, dass nur ein Sieg die Rettung bedeutet. Aber es kommt anders. Der SV Dresden-Pillnitz führt im entscheidenden Duell gegen den Radeberger SV II schnell mit 4:1. Die Getränke für die Party danach werden schon kaltgestellt. Dann kommt jedoch das böse Erwachen. Die Mannschaft verliert die Konzentration, kassiert noch drei Gegentreffer. Als Schluss ist, steht es 4:4. Die Spieler sinken auf den Boden, einige haben Tränen in den Augen. Alle glauben, dass sie es nicht geschafft haben. Aber dann erhalten sie die erlösende Info von den anderen Plätzen: Die beiden Konkurrenten haben überraschend verloren. Damit hat der SV Dresden-Pillnitz doch noch die Klasse gehalten. Die Feier kann beginnen.

Ein Anruf, der alles verändert

Matthias Leonhardt bekommt die Ereignisse nur aus der Ferne mit. Der 37-Jährige ist seit mehr als 20 Jahren Vereinsmitglied beim SV Dresden-Pillnitz. Außerdem übernimmt er beim Stadtverband Fußball Dresden Aufgaben im Spielbetrieb. Am besagten Nachmittag ist Leonhardt als Schiedsrichter in Ibbenbüren im Einsatz. Es ist seine große Leidenschaft. Er verfolgt die Geschehnisse, soweit es möglich ist, dank eines Livetickers auf FUSSBALL.DE. Am Abend ist er gerade auf dem Heimweg, als ihn der Anruf erreicht, der alles verändert. Der sportliche Leiter offenbart ihm, dass die Mannschaft einen Stürmer eines anderen Vereins unter falschem Namen eingesetzt habe. Jener Spieler habe beim 4:4 zwei Tore erzielt und einen weiteren Treffer vorbereitet. Der Punktgewinn war erschummelt, eigentlich war die Mannschaft abgestiegen, die Party hätte niemals stattfinden dürfen.

Als Leonhardt davon hört, reagiert er sofort. Er schreibt eine Selbstanzeige an das Sportgericht und den zuständigen Staffelleiter. "Der Klassenerhalt hat auf einer ganz krassen Regelwidrigkeit basiert. Das konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ich musste keine Sekunde über die nächsten Schritte nachdenken. Mir war sofort klar, dass das so nicht geht", sagt Leonhardt rückblickend.

Für Leonhardt überschlagen sich die Ereignisse

Er hatte dann eine unruhige Nacht. Wie werden seine Freunde innerhalb des Vereins auf seine Entscheidung reagieren? Werden sie ihn für seine Ehrlichkeit mit Missachtung strafen? Werden sie ihm die ganze Geschichte übel nehmen? Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie sind ihm beinahe dankbar dafür, die Ungerechtigkeit ans Licht gebracht zu haben.

"Ich hatte den Eindruck, dass die Beteiligten ein schlechtes Gewissen hatten. Dass sie mir die Sache gebeichtet haben, war für sie eine Art Befreiung. Mir hat bis heute niemand einen Vorwurf für mein Handeln gemacht", sagt Leonhardt. Für ihn selbst überschlagen sich die Ereignisse danach. Er wird für sein Verhalten gefeiert. Die lokalen Medien berichten darüber. Ihm ist das fast schon unangenehm. Er hat ja eigentlich nur das getan, was er tun musste. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. "Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie die Idee entstanden ist, einen fremden Spieler einzusetzen, der nicht bei uns im Verein gemeldet ist. Es ist mir ein Rätsel. Vor allem verstehe ich nicht, dass auch die Mannschaft das mitgetragen hat", sagt Leonhardt.

###more###

Leonhardt: "Unsere Freundschaft hat nicht gelitten"

Was danach geschieht, ist schnell erzählt. Das Sportgericht entscheidet, dass der SV Dresden-Pillnitz in die Stadtliga C absteigen muss. Dort spielt der Klub heute noch immer. Der sportliche Leiter wird zunächst von seinen Aufgaben entbunden. Nachdem er mehrfach und glaubhaft seine Reue kommuniziert hat, ist er inzwischen wieder im Amt. "Es ist nichts zurückgeblieben. Unsere Freundschaft hat nicht gelitten", sagt Leonhardt. "Eigentlich sind wir sogar noch enger zusammengerückt. Alle haben ihre Lehren aus den Vorkommnissen gezogen."

Leonhardt selbst ist kürzlich im Vorfeld des Länderspiels der Nationalmannschaft in Kaiserslautern gegen Aserbaidschan für sein Verhalten mit der Fair-Play-Medaille des DFB ausgezeichnet worden. Er hat in feierlichem Rahmen die Medaille aus den Händen von Schiedsrichterin Inka Müller-Schmäh, DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch und DFB- Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge erhalten.

Leonhardt spendet seine Prämie

Neben Leonhardt wurde Ex-Profi Andreas "Zecke" Neuendorf geehrt, einen Sonderpreis bekamen die Fans des TSV Havelse. "Es macht mich natürlich stolz, dass ich dabei sein durfte", sagt Leonhardt. "Aber letztlich habe ich mich nur an die Regeln gehalten." Parallel wurde er auch noch vom Sächsischen Fußball-Verband ausgezeichnet. Die Prämie von 250 Euro, die er dort erhielt, spendete er für ein benachbartes Kinderheim in Dresden.

Obwohl Leonhardt inzwischen aus beruflichen Gründen seinen Lebensmittelpunkt in Osnabrück hat, ist er nach wie vor beinahe jedes Wochenende in Dresden, um für seinen Heimatverein als Schiedsrichter Begegnungen zu leiten oder als Assistent zu fungieren. Konkret bedeutet das: Freitags 560 Kilometer von Osnabrück nach Dresden zu fahren und am Sonntagabend die gleiche Strecke zurück. "Ich nehme das gerne in Kauf, weil ich extrem heimatverbunden bin", sagt Leonhardt. "Mein Verein bedeutet mir sehr viel. Hier treffe ich meine Freunde. Und um die zu sehen, ist mir kein Aufwand zu groß."

###more###