Geschlechtliche Vielfalt

Auch im 50. Jahr nach der Aufhebung des Ausübungsverbots sind Frauen m Verband insbesondere in entscheidungstreffenden Gremien und als Funktionsträgerinnen unterrepräsentiert.

Zusätzlich zur Herausforderung, den Frauenanteil im Fußball auf und neben dem Platz zu erhöhen, hat sich auch die gesellschaftliche Debatte um das Thema Geschlecht in den vergangenen Jahren stark ausdifferenziert. Wurde es bis vor wenigen Jahren noch binär, lediglich in Bezug auf das Verhältnis Frau – Mann betreffend betrachtet, beschreibt geschlechtliche Vielfalt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Identitäten, deren Bezeichnungen für manche schwer zugänglich erscheinen können.

Für die Arbeit des DFB im Bereich gesellschaftlicher Verantwortung sind hier vor allem drei Begriffe zu nennen, die von zentraler Bedeutung sind:

Trans*geschlechtlichkeit bezeichnet eine unvollständige oder Nicht-Identifikation eines Menschen mit dem ihm*ihr bei Geburt zugewiesenen Geschlecht ("gefühlt im falschen Körper"). Häufig auch als Transsexualität bezeichnet. Doch es handelt sich nicht um eine Form der Sexualität (= sexuelle Identität/Orientierung).

Wenn eine Person zum Beispiel biologisch mit einem Penis geboren und sozial als Junge bzw. Mann erzogen wird, sich aber als Mädchen bzw. Frau fühlt, dann möchte sie unter Umständen biologisch und/oder sozial das Geschlecht angleichen das heißt mit oder auch ohne hormonelle oder operative Eingriffe als Frau leben und so wahrgenommen werden. Diesen Prozess der Geschlechtsangleichung nennt man "Transitionsprozess", in diesem Fall von "M to F" (Mann zu Frau). Es handelt sich im Beispiel um eine Trans*frau.

Laut Trans*sexuellengesetz (TSG) muss eine Person seit mindestens drei Jahren im empfundenen das heißt angeglichenen Geschlecht gelebt haben, bevor eine Änderung des Vornamens und des Personenstands vorgenommen werden kann. Der Fußball muss sicherstellen, dass Ausgrenzung und Ausschluss von Menschen im Transitionsprozess verhindert wird, insbesondere durch die Erteilung einer Spielerlaubnis im Team des empfundenen Geschlechts. Nach erfolgter Transition sind Trans*frauen und -männer regulär entsprechend ihres Personalstandes spielberechtigt.

Intersexualität bezeichnet Menschen, deren körperlichen Merkmale (insbesondere der Genitalien), der Chromosomen oder der Hormonproduktion sich nicht eindeutig der gesellschaftlichen Norm von "männlich" oder "weiblich" zuordnen lassen. Über viele Jahrzehnte wurde dies gewaltsam operativ behandelt. Erst seit Ende 2018 gibt es für diese Menschen einen Begriff im Personenstandsregister.

Divers ist der Begriff, den sich intergeschlechtliche Menschen seit Dezember 2018 im Personenstandsregister eintragen lassen können. Manchmal wird es mit Transgeschlechtlichkeit verwechselt, bezeichnet aber nicht dasselbe Phänomen. Alle Menschen hinter diesen Begriffen haben gemein, dass sie von der traditionellen Männlich-Weiblich Norm abweichen und entsprechende Diskriminierung erleiden. Eine Untersuchung des Bielefelder Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung 2019 ergab, dass je nach Messung bis zu 26,1 Prozent der befragten Personen homo- und transfeindlichen Vorurteilen und Abwertungen zustimmen. Beispiele für derartige Diskriminierung gibt es ebenso im Fußball.

Viele der Betroffenen Personen nutzen die Begriffe "LSBTIQ" (Lesbisch, Schwul, Bi-, Trans-, Inter und Queer) oder nur "Queer" für sich. Hier zeigt sich, dass die Themenbereiche geschlechtliche und sexuelle Vielfalt eng miteinander verknüpft sind. Siehe Sexuelle Identität.

Spielberechtigungen für Trans*personen

Bei den Landesverbänden bestehen nach wie vor Unsicherheiten bezüglich der Erteilung von Spielberechtigungen an Trans*personen während des Prozesses der Geschlechtsangleichung. Unklarheit herrscht außerdem, ob Personen mit dem Personenstandseintrag "divers" in den Männer- oder Frauen-Spielklassen antreten dürfen. Einen Ligabetrieb für "Divers" gibt es derzeit in keinem Landesverband.

Hinzu kommen Beschwerden von Vereinen und gegnerischen Spieler*innen, zum Beispiel im Fall der Angleichung vom weiblichen zum männlichen Geschlecht, die sich über die zunehmende körperliche Veränderung der betreffenden Gegnerinnen und den damit verbundenen vermeintlichen Vorteilen beschweren, wenn die Person weiter bei den Frauen spielt (zum Beispiel bei Testosteroneinnahme). Oder im umgekehrten Fall von männlich zu weiblich, wenn die Person als "zu muskulös" in einem Frauenteam wahrgenommen wird.

Genderneutrales Stadionerlebnis

Seit März 2019 wird bei Länderspielen der deutschen Männer-Nationalmannschaft und beim DFB-Pokalfinale der Herren mindestens eine Unisex-Toilette ohne geschlechtliche Zuordnung angeboten. Bei genderneutralen Einlasskontrollen können sich Stadionbesucher*innen aussuchen, ob sie von weiblichen oder männlichen Ordern*innen kontrolliert werden. Zusätzlich finden Briefings für Ordner*innen durch DFB Mitarbeiter*innen zum Thema geschlechtliche und sexuelle Vielfalt statt. 

Anlaufstelle "Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt"