Freistoß-­Inszenierungen: Es muss nicht immer wie bei Netzer sein

Fouls rund um den Strafraum werden im Profifußball seltener, die Gelegenheit für Standardtore darf man also nicht leichtfertig verschenken. Deshalb gleicht die Ausführung der Freistöße inzwischen fast schon kleinen Theateraufführungen. Dabei könnte es auch ganz anders sein - und vielleicht genauso erfolgreich.

Vielleicht hat ja Günter Netzer die Schuld. Der legendäre Gladbacher Spielmacher mit der Nummer 10 überführte die simple und schnelle Ausführung eines Freistoßes in Strafraumnähe in einen Akt fußballerischer Finesse. Das Archivbild zeigt, wie Netzer zur Platzierung des Balles in die Knie ging, ihn förmlich auf den Punkt des Rasens streichelte, der ihm für einen erfolgreichen Schuss am geeignetsten erschien. Derweil ­formierte sich die Abwehrmauer, der Schiedsrichter (noch längst nicht ausgerüstet mit dem distanz­her­stellenden Freistoßspray) sorgte für den richtigen Abstand. Was oft sehr mühselig war und längst nicht immer gelang.

Sicher war bei solch inszenierten Netzer-Freistößen auf jeden Fall eines: Es dauerte bis zur Ausführung eine ganze Weile. Inzwischen gibt es im Profifußball  immer mehr Spezialisten für Freistöße aus allen möglichen Entfernungen und Winkeln. Sie lauern auf Standard­situationen rund um den Strafraum, um ihre besonderen Fähigkeiten einsetzen zu können. Da diese Freistöße in Tornähe viel seltener geworden sind - die Abwehrspieler haben striktes Foulverbot -, werden sie ganz besonders in Szene gesetzt.

Der typische Ablauf nach einem Freistoßpfiff

Das beginnt schon damit, dass der heutzutage aufgrund sehr guter athletischer Fähigkeiten laufstarke Schiedsrichter ruckzuck am Tatort zugegen ist, der ja auch zugleich der Punkt für die Ausführung ist, und ihn manches Mal auch sofort mit dem Freistoßspray markiert. Dann kommt der für viele Zuschauer inzwischen unerträgliche Auftritt der Abwehrspieler, die sich vor dem Schiedsrichter aufbauen, um ihm deutlich zu machen, dass doch der Ball gespielt wurde, der Gegner sowieso ein großer Schauspieler ist und der Unparteiische mal die Frage beantworten soll, warum er vorher auf der anderen Seite in der natürlich genau gleichen Situation nicht gepfiffen hat.

Und so geht es weiter: Der unbeeindruckte Schiedsrichter schreitet mit der Sprayflasche in der Hand die 9,15 Meter ab, sprüht die vergängliche Linie auf den Rasen und beordert die "Mauerspieler" dahinter. Angreifer wollen ihnen die Sicht verdecken, suchen Tuchfühlung, es kommt zu kleinen Rangeleien, die der Unparteiische mit einem Zuruf zu beenden versucht. Vorher hat er vielleicht noch den Spielern in der Mauer gezeigt, wie sie ihre Arme beim Heranfliegen des Balles nicht halten dürfen, wenn sie nicht einen Strafstoß riskieren wollen. Das ist präventiv gut gedacht, aber es vergeht Sekunde um Sekunde, bevor der Freistoß, wenn der Schiedsrichter dann endlich in Stellung gelaufen ist, ausgeführt werden kann. Dagegen waren die Netzer-Aufführungen fast kurzweilig.

Vorteile der "schnellen Ausführung"

Fast völlig in Vergessenheit geraten sind aufgrund dieser ausufernden, sich ständig wiederholenden Inszenierung, von der man deshalb inzwischen meint, dass sie völlig normal sei, die schnelle Ausführung des Freistoßes und die Vorteile, die sich daraus ergeben können: Die Abwehr ist noch nicht sortiert, der Torwart steht vielleicht am Pfosten, um seine "Mauer" in die richtige Position zu dirigieren; mancher Spieler will seinem Gegner erst mal klarmachen, dass der Freistoß völlig unberechtigt ist, andere reklamieren beim Assistenten "Abseits".

Diesen Vorteil zu nutzen, haben pfiffige Spieler früher gewusst. Und so manches Tor ist daraus gefallen - eine gelungene Strafaktion als Resultat eines Vergehens der verteidigenden Mannschaft.

[dfb]

Fouls rund um den Strafraum werden im Profifußball seltener, die Gelegenheit für Standardtore darf man also nicht leichtfertig verschenken. Deshalb gleicht die Ausführung der Freistöße inzwischen fast schon kleinen Theateraufführungen. Dabei könnte es auch ganz anders sein - und vielleicht genauso erfolgreich.

Vielleicht hat ja Günter Netzer die Schuld. Der legendäre Gladbacher Spielmacher mit der Nummer 10 überführte die simple und schnelle Ausführung eines Freistoßes in Strafraumnähe in einen Akt fußballerischer Finesse. Das Archivbild zeigt, wie Netzer zur Platzierung des Balles in die Knie ging, ihn förmlich auf den Punkt des Rasens streichelte, der ihm für einen erfolgreichen Schuss am geeignetsten erschien. Derweil ­formierte sich die Abwehrmauer, der Schiedsrichter (noch längst nicht ausgerüstet mit dem distanz­her­stellenden Freistoßspray) sorgte für den richtigen Abstand. Was oft sehr mühselig war und längst nicht immer gelang.

Sicher war bei solch inszenierten Netzer-Freistößen auf jeden Fall eines: Es dauerte bis zur Ausführung eine ganze Weile. Inzwischen gibt es im Profifußball  immer mehr Spezialisten für Freistöße aus allen möglichen Entfernungen und Winkeln. Sie lauern auf Standard­situationen rund um den Strafraum, um ihre besonderen Fähigkeiten einsetzen zu können. Da diese Freistöße in Tornähe viel seltener geworden sind - die Abwehrspieler haben striktes Foulverbot -, werden sie ganz besonders in Szene gesetzt.

Der typische Ablauf nach einem Freistoßpfiff

Das beginnt schon damit, dass der heutzutage aufgrund sehr guter athletischer Fähigkeiten laufstarke Schiedsrichter ruckzuck am Tatort zugegen ist, der ja auch zugleich der Punkt für die Ausführung ist, und ihn manches Mal auch sofort mit dem Freistoßspray markiert. Dann kommt der für viele Zuschauer inzwischen unerträgliche Auftritt der Abwehrspieler, die sich vor dem Schiedsrichter aufbauen, um ihm deutlich zu machen, dass doch der Ball gespielt wurde, der Gegner sowieso ein großer Schauspieler ist und der Unparteiische mal die Frage beantworten soll, warum er vorher auf der anderen Seite in der natürlich genau gleichen Situation nicht gepfiffen hat.

Und so geht es weiter: Der unbeeindruckte Schiedsrichter schreitet mit der Sprayflasche in der Hand die 9,15 Meter ab, sprüht die vergängliche Linie auf den Rasen und beordert die "Mauerspieler" dahinter. Angreifer wollen ihnen die Sicht verdecken, suchen Tuchfühlung, es kommt zu kleinen Rangeleien, die der Unparteiische mit einem Zuruf zu beenden versucht. Vorher hat er vielleicht noch den Spielern in der Mauer gezeigt, wie sie ihre Arme beim Heranfliegen des Balles nicht halten dürfen, wenn sie nicht einen Strafstoß riskieren wollen. Das ist präventiv gut gedacht, aber es vergeht Sekunde um Sekunde, bevor der Freistoß, wenn der Schiedsrichter dann endlich in Stellung gelaufen ist, ausgeführt werden kann. Dagegen waren die Netzer-Aufführungen fast kurzweilig.

Vorteile der "schnellen Ausführung"

Fast völlig in Vergessenheit geraten sind aufgrund dieser ausufernden, sich ständig wiederholenden Inszenierung, von der man deshalb inzwischen meint, dass sie völlig normal sei, die schnelle Ausführung des Freistoßes und die Vorteile, die sich daraus ergeben können: Die Abwehr ist noch nicht sortiert, der Torwart steht vielleicht am Pfosten, um seine "Mauer" in die richtige Position zu dirigieren; mancher Spieler will seinem Gegner erst mal klarmachen, dass der Freistoß völlig unberechtigt ist, andere reklamieren beim Assistenten "Abseits".

Diesen Vorteil zu nutzen, haben pfiffige Spieler früher gewusst. Und so manches Tor ist daraus gefallen - eine gelungene Strafaktion als Resultat eines Vergehens der verteidigenden Mannschaft.

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