Schönweitz: "Ärger in Ehrgeiz umgewandelt"

Es war ein bitterer Nachmittag für die deutsche U 19-Nationalmannschaft. Im zweiten EM-Qualifikationsspiel patzte sie und kassierte vor 3135 Zuschauern in Hüsten ein 2:5 gegen Norwegen - die höchste Länderspielniederlage für den Jahrgang 1999. Die EM-Teilnahme? Trotzdem noch möglich, aber nicht mehr aus eigener Kraft. Längst haben DFB-Trainer Meikel Schönweitz und sein Team die U 19 wieder aufgerichtet - mit Gesprächen, Videoanalyse und einem Blick auf die verbliebene Chance. Die Marschroute: Reaktion zeigen, zurück zur gewohnten Entschlossenheit und am Dienstag (ab 18 Uhr, live auf DFB-TV, YouTube und auf dem Facebook-Kanal der DFB-Junioren) gegen die Niederlande die eigenen Hausaufgaben machen. Im DFB.de-Interview spricht Meikel Schönweitz mit Redakteur Ronny Zimmermann über die Lehren aus dem 2:5 und den entscheidenden Spieltag.

DFB.de: Herr Schönweitz, Ihr Team hat überraschend und auch sehr deutlich gegen Norwegen verloren. Wie ist die Analyse der Begegnung abgelaufen?

Meikel Schönweitz: Sachlich. Es macht keinen Sinn, alles, was vorher gut war, komplett in Frage zu stellen. Es war unser 50. Länderspiel als Trainergespann mit diesem Jahrgang. Davon haben wir über vier Jahre verteilt lediglich sieben Partien verloren. Wir haben zuvor nie mehr als zwei Gegentreffer kassiert - mal von unserem 5:3-Auswärtssieg 2015 in England abgesehen. Wir konnten uns also immer auf die Jungs verlassen. Dass wir ausgerechnet nun diesen einen schlechten Tag hatten, an dem nichts zu funktionieren schien, ist natürlich bitter und im ersten Moment schwer zu verdauen, aber der Ärger ist bereits wieder in Ehrgeiz umgewandelt.

DFB.de: Angesichts der Deutlichkeit dieser Niederlage wirken Sie bereits wieder sehr gefasst. Gab es kein allzu großes Hadern mit dem Spiel?

Schönweitz: Wozu? Natürlich ärgere ich mich über die Niederlage. Natürlich hat uns das Spiel zurückgeworfen. Das ist das Los dieser K.o.-Runden: Es reicht ein schlechter Tag, und alles kann vorbei sein. Das macht letztlich aber auch den Reiz und den Mehrwert für die Spieler und die Trainer aus. Wir alle können die richtigen Lerneffekte aus dieser Drucksituation, aus dem Umgang damit und aus der Niederlage ziehen. Ich kann das Spiel nicht mehr rückgängig machen, aber ich kann dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert. Selbstmitleid, schlechte Laune, Hadern mit dem Schicksal - all das ist nutzlos, lähmend, destruktiv und führt niemals zu Lösungen. Aber genau um die geht es doch.

DFB.de: Das müssen Sie noch ein bisschen genauer erklären...

Schönweitz: Natürlich hinterfragen wir uns auch. Natürlich würden wir im Nachhinein in der Spielvorbereitung an einigen Schrauben drehen. Das Tragische an jeder Erfahrung ist, dass man sie erst macht, nachdem man sie hätte gebrauchen können. Es hilft uns daher keineswegs, dem lange nachzutrauern und alle Fehler aufzulisten, sondern jetzt gilt es, aus dem Spiel zu lernen und Lösungen zu finden für die Aufgabe am Dienstag.

DFB.de: Dennoch haben Sie sicherlich Faktoren herausgearbeitet, die für die Niederlage verantwortlich waren und ausgemerzt werden müssen. Wie kam diese schlechte Leistung denn zustande?

Schönweitz: Indem Norwegen ein außergewöhnlich gutes Spiel abgeliefert hat und wir eben nicht. Unser Anspruch ist es, stets so gut zu sein, dass niemand außer uns Einfluss nehmen kann auf das Ergebnis. Das ist sehr ambitioniert, zumal auch andere Nationen sehr gute Arbeit abliefern, aber wir bekommen das sehr oft hin. Diesmal müssen wir uns eingestehen, dass uns das nicht gelungen ist, weil schlichtweg zu viele Faktoren gegen uns gelaufen sind, die wir letztlich nicht mehr auffangen konnten.

DFB.de: Welche Faktoren meinen Sie konkret?

Schönweitz: Es gibt manchmal Tage, an denen kommt alles zusammen. Gegen Norwegen haben wir solch einen Tag erlebt. Wir fangen gut an, kreieren nach zwei Minuten eine einhundertprozentige Chance, nutzen sie aber nicht. Auf der anderen Seite fällt kurz darauf das 0:1. Wir kommen zurück und gleichen aus, schlucken danach einen Abseitstreffer, verteidigen einen Standard schlecht und liegen plötzlich 1:3 zurück. Anschließend haben wir zweimal offensiv gewechselt - doch kurz vor der Pause kassieren wir sogar noch durch einen direkt verwandelten Eckball das 1:4. Nach der Halbzeit versuchen wir noch mal alles, müssen jedoch eine Verletzung ohne Gegnereinwirkung hinnehmen. Unser Wechselkontingent ist dadurch schon früh erschöpft, und wir schleppen infolgedessen einen angeschlagenen Spieler bis zum Schluss durch. In der Videoanalyse fiel uns zudem nachträglich auf, dass uns drei Elfmeter binnen 20 Minuten verwehrt worden sind. Als wir auf 2:4 verkürzen, machen wir auf, lassen dadurch jedoch einen Konter nach dem anderen zu - und die Norweger nutzen einen davon zum 2:5. Fakt ist, dass wir uns einfach zu viele Fehler geleistet haben, die wir nicht mehr auffangen konnten. Vor allem Fehler, die für uns total untypisch sind.



Es war ein bitterer Nachmittag für die deutsche U 19-Nationalmannschaft. Im zweiten EM-Qualifikationsspiel patzte sie und kassierte vor 3135 Zuschauern in Hüsten ein 2:5 gegen Norwegen - die höchste Länderspielniederlage für den Jahrgang 1999. Die EM-Teilnahme? Trotzdem noch möglich, aber nicht mehr aus eigener Kraft. Längst haben DFB-Trainer Meikel Schönweitz und sein Team die U 19 wieder aufgerichtet - mit Gesprächen, Videoanalyse und einem Blick auf die verbliebene Chance. Die Marschroute: Reaktion zeigen, zurück zur gewohnten Entschlossenheit und am Dienstag (ab 18 Uhr, live auf DFB-TV, YouTube und auf dem Facebook-Kanal der DFB-Junioren) gegen die Niederlande die eigenen Hausaufgaben machen. Im DFB.de-Interview spricht Meikel Schönweitz mit Redakteur Ronny Zimmermann über die Lehren aus dem 2:5 und den entscheidenden Spieltag.

DFB.de: Herr Schönweitz, Ihr Team hat überraschend und auch sehr deutlich gegen Norwegen verloren. Wie ist die Analyse der Begegnung abgelaufen?

Meikel Schönweitz: Sachlich. Es macht keinen Sinn, alles, was vorher gut war, komplett in Frage zu stellen. Es war unser 50. Länderspiel als Trainergespann mit diesem Jahrgang. Davon haben wir über vier Jahre verteilt lediglich sieben Partien verloren. Wir haben zuvor nie mehr als zwei Gegentreffer kassiert - mal von unserem 5:3-Auswärtssieg 2015 in England abgesehen. Wir konnten uns also immer auf die Jungs verlassen. Dass wir ausgerechnet nun diesen einen schlechten Tag hatten, an dem nichts zu funktionieren schien, ist natürlich bitter und im ersten Moment schwer zu verdauen, aber der Ärger ist bereits wieder in Ehrgeiz umgewandelt.

DFB.de: Angesichts der Deutlichkeit dieser Niederlage wirken Sie bereits wieder sehr gefasst. Gab es kein allzu großes Hadern mit dem Spiel?

Schönweitz: Wozu? Natürlich ärgere ich mich über die Niederlage. Natürlich hat uns das Spiel zurückgeworfen. Das ist das Los dieser K.o.-Runden: Es reicht ein schlechter Tag, und alles kann vorbei sein. Das macht letztlich aber auch den Reiz und den Mehrwert für die Spieler und die Trainer aus. Wir alle können die richtigen Lerneffekte aus dieser Drucksituation, aus dem Umgang damit und aus der Niederlage ziehen. Ich kann das Spiel nicht mehr rückgängig machen, aber ich kann dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert. Selbstmitleid, schlechte Laune, Hadern mit dem Schicksal - all das ist nutzlos, lähmend, destruktiv und führt niemals zu Lösungen. Aber genau um die geht es doch.

DFB.de: Das müssen Sie noch ein bisschen genauer erklären...

Schönweitz: Natürlich hinterfragen wir uns auch. Natürlich würden wir im Nachhinein in der Spielvorbereitung an einigen Schrauben drehen. Das Tragische an jeder Erfahrung ist, dass man sie erst macht, nachdem man sie hätte gebrauchen können. Es hilft uns daher keineswegs, dem lange nachzutrauern und alle Fehler aufzulisten, sondern jetzt gilt es, aus dem Spiel zu lernen und Lösungen zu finden für die Aufgabe am Dienstag.

DFB.de: Dennoch haben Sie sicherlich Faktoren herausgearbeitet, die für die Niederlage verantwortlich waren und ausgemerzt werden müssen. Wie kam diese schlechte Leistung denn zustande?

Schönweitz: Indem Norwegen ein außergewöhnlich gutes Spiel abgeliefert hat und wir eben nicht. Unser Anspruch ist es, stets so gut zu sein, dass niemand außer uns Einfluss nehmen kann auf das Ergebnis. Das ist sehr ambitioniert, zumal auch andere Nationen sehr gute Arbeit abliefern, aber wir bekommen das sehr oft hin. Diesmal müssen wir uns eingestehen, dass uns das nicht gelungen ist, weil schlichtweg zu viele Faktoren gegen uns gelaufen sind, die wir letztlich nicht mehr auffangen konnten.

DFB.de: Welche Faktoren meinen Sie konkret?

Schönweitz: Es gibt manchmal Tage, an denen kommt alles zusammen. Gegen Norwegen haben wir solch einen Tag erlebt. Wir fangen gut an, kreieren nach zwei Minuten eine einhundertprozentige Chance, nutzen sie aber nicht. Auf der anderen Seite fällt kurz darauf das 0:1. Wir kommen zurück und gleichen aus, schlucken danach einen Abseitstreffer, verteidigen einen Standard schlecht und liegen plötzlich 1:3 zurück. Anschließend haben wir zweimal offensiv gewechselt - doch kurz vor der Pause kassieren wir sogar noch durch einen direkt verwandelten Eckball das 1:4. Nach der Halbzeit versuchen wir noch mal alles, müssen jedoch eine Verletzung ohne Gegnereinwirkung hinnehmen. Unser Wechselkontingent ist dadurch schon früh erschöpft, und wir schleppen infolgedessen einen angeschlagenen Spieler bis zum Schluss durch. In der Videoanalyse fiel uns zudem nachträglich auf, dass uns drei Elfmeter binnen 20 Minuten verwehrt worden sind. Als wir auf 2:4 verkürzen, machen wir auf, lassen dadurch jedoch einen Konter nach dem anderen zu - und die Norweger nutzen einen davon zum 2:5. Fakt ist, dass wir uns einfach zu viele Fehler geleistet haben, die wir nicht mehr auffangen konnten. Vor allem Fehler, die für uns total untypisch sind.

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DFB.de: Im Vergleich zum 3:0 gegen Schottland haben Sie auf fünf Positionen durchgetauscht. Würden Sie das im Nachhinein anders machen?

Schönweitz: Nein. Niemand kann uns die Garantie geben, dass die Partie mit anderem Personal einen anderen Verlauf genommen hätte. Wir waren von der Startelf und unserem Spielkonzept überzeugt, deswegen haben wir uns auch dafür entschieden. In der Startelf standen neun Jungs, die auch bei der letzten EM (2016 in Aserbaidschan; Anm. d. Red.) auf dem Feld standen, dazu zwei Jungs, die bisher eine überragende Saison spielen. Es war ausreichend Qualität vorhanden, um das Spiel gegen Norwegen zu gewinnen. Hinzu kommt, dass wir oft rotieren und sehr flexibel sind in unseren Systemen. Das haben wir auch schon in der ersten Qualirunde im Oktober praktiziert. Da fließen stets viele Faktoren ein: Wer ist gut drauf? Wer trainiert gut? Gegen welche Art von Gegner spielen wir? Welche Spielertypen brauchen wir, um die vor uns liegende Aufgabe zu lösen? Wie müssen wir unsere Jungs positionieren, damit sie ihre Stärken am besten ins Spiel bringen können? All diese Überlegungen führen letztlich zu einer Entscheidung.

DFB.de: Spielt denn bei drei EM-Qualifikationspartien binnen sieben Tagen auch der Faktor Fitness eine Rolle in Ihren Überlegungen?

Schönweitz: Natürlich. Die Frische ist ein entscheidender Faktor. Manuel Wintzheimer vom FC Bayern hat vor seiner Anreise am vergangenen Sonntag 90 Minuten in der Junioren-Bundesliga gespielt und direkt in unserer ersten Partie am Mittwoch bis kurz vor Abpfiff unheimlich viel gearbeitet. Gleiches gilt für Kai Havertz, der am Sonntag in der Bundesliga mit Bayer Leverkusen sogar lange in Unterzahl agieren musste. Der Münchner Adrian Fein hatte zuvor sechs Spiele in 21 Tagen zu absolvieren. Zudem fehlte Florian Baak von Hertha BSC Gelb-gesperrt. Andererseits gibt es auch Spieler wie Gian-Luca Itter, die eher unregelmäßig zum Einsatz kommen und daher gar keinen richtigen Rhythmus haben können. Daher haben wir natürlich auch die Belastungssituation der Jungs im Blick: Zu unserem Kader gehören 20 Spieler, und wir versuchen immer, möglichst frische Jungs aufs Feld zu bekommen, die eine hohe Intensität gehen können.

DFB.de: Die Belastungsdosierung ist immer wieder ein bedeutendes Thema im Fußball. Gibt es hierbei auch Vorgaben der Vereine?

Schönweitz: Das müssen die Vereine gar nicht vorgeben oder einfordern. Uns geht es bei all dem angestrebten Erfolg doch vor allem um die Entwicklung der Jungs. Die Belastungsdosierung haben wir daher schon ganz alleine auf dem Schirm, das ist doch selbstverständlich. Wir haben beispielsweise drei Physiotherapeuten, zwei Ärzte und einen Fitnesstrainer dabei, die Jungs werden bestens versorgt. Man kann allerdings auch nicht immer alles planen, manchmal ergeben sich Situationen, die man nicht verhindern kann - wie etwa Spielverlauf, Verletzungen, Sperren und auch Ausgangslagen. Dann gilt es, zu reagieren und die beste Entscheidung zu treffen. In manchen Fällen ist es außerdem auch mal ratsam, dass ein Spieler durchbeißt, dass er abhärtet und im Rhythmus bleibt. Grundsätzlich ist dies ein komplexes Thema, bei dem wir uns viel austauschen und letztlich stets versuchen, im Sinne des Spielers zu handeln.

DFB.de: Zurück zur EM-Qualifikation und dem entscheidenden Spiel gegen die Niederlande. Wie haben Sie die Spieler wieder aufgerichtet?

Schönweitz: Die Jungs haben sich selbst am meisten über das Ergebnis geärgert. Einiges mussten wir natürlich klar ansprechen, da reden wir auch gar nicht drumherum. Allerdings haben wir volles Vertrauen in die Jungs und stehen auch zu ihnen, wenn es mal nicht läuft. Wichtig ist, dass sie gegen die Niederlande die richtige Reaktion zeigen - und ich bin davon überzeugt, dass sie das tun werden.

DFB.de: Für die Vorbereitung auf diese Partie bleiben Ihnen nur zwei Tage. Zudem ist die Konstellation in der Gruppe außergewöhnlich. Wie sieht Ihr Plan bis zum Anpfiff aus?

Schönweitz: Wir haben das Norwegen-Spiel analysiert und alles angesprochen. Jetzt müssen wir es abhaken, denn ändern können wir das Ergebnis nicht mehr. Durch den Sieg der Schotten gegen die Niederlande hat sich eine außergewöhnliche Ausgangslage in unserer Gruppe ergeben: Die Konstellation nach zwei Spieltagen ist ein kleines Novum, da alle vier Teams drei Punkte und jeweils noch Chancen auf die EM-Teilnahme haben. Allerdings kann keine Mannschaft mehr aus eigener Kraft das EM-Ticket lösen. Alle sind bei einem eigenen Sieg angewiesen auf das Ergebnis des anderen Spiels. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und gegen die Niederlande gewinnen. Das wird eine hohe Hürde, aber der Herausforderung stellen wir uns, zumal nach dem Frust inzwischen ganz viel Ehrgeiz und Entschlossenheit in uns stecken. Wir werden alles daran setzen, die drei Punkte zu holen - und erst danach schauen wir, ob Schottland im Parallelspiel gegen Norwegen gepunktet hat.

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