Simic: "Junge Menschen ins Leben begleiten"

Julia Simic ist seit Juli neue Co-Trainerin der U 17-Juniorinnen des DFB. Die 32-Jährige hat in diesem Sommer nach mehreren Verletzungen ihre Karriere beim AC Mailand beendet. Im DFB.de-Interview spricht die zweimalige deutsche Nationalspielerin über die Herausforderungen dieser neuen Aufgabe und ihre Erfahrungen, die sie den jungen Spielerinnen mit auf den Weg geben kann.

DFB.de: Julia, wie schwer war es für Sie, jetzt einen Schlussstrich unter Ihre Karriere zu ziehen?

Julia Simic: Es ist ja nicht so, dass ich von heute auf morgen Schluss gemacht habe. Es war ein längerer Prozess. Schon im Sommer vor einem Jahr hatte ich diese Entscheidung getroffen. Aber dann kam das Angebot vom AC Mailand, das mich so gereizt hat, dass ich doch noch eine Saison drangehängt habe.

DFB.de: Allerdings haben Sie nur sieben Begegnungen für die Italienerinnen bestritten. War es dennoch die richtige Entscheidung?

Simic: Absolut, ich bin glücklich, es gemacht zu haben. Auch, wenn es mit meinem Knie nicht mehr richtig gut funktioniert hat. An manchen Tagen hat mich mein Körper beinahe angeschrien und um Ruhe gebeten. Die vergangenen drei Jahre habe ich ihm mehr zugemutet, als eigentlich sinnvoll gewesen wäre. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich wirklich auf diese Signale hören musste. Es war dennoch großartig, in Italien bei so einem renommierten Verein noch einmal eine Art Abschiedstournee zu drehen. Und ganz nebenbei konnte ich auch noch mal ein neues Land und eine neue Kultur kennenlernen.

DFB.de: Vorher waren Sie bei West Ham United in England. Denken Sie im Rückblick, dass Sie noch früher den Schritt ins Ausland hätten wagen sollen?

Simic: Ja, tatsächlich. Beide Stationen waren sehr gewinnbringend für mich. Und rückblickend ist es wirklich schade, dass ich es nicht schon früher gemacht habe. Man muss ehrlich sein: Die meiste Zeit im Ausland habe ich als Rehapatientin verbracht. Das ist schade und nicht mein Anspruch. Überall gibt es eine andere Fußballkultur, wird nach verschiedenen Philosophien gearbeitet. Das ist superspannend. Sowohl in England als auch in Italien konnte ich neue Eindrücke gewinnen.

DFB.de: Auch für Ihre Zukunft als Trainerin?

Simic: Auf jeden Fall. In England wird tatsächlich etwas anders gearbeitet als beispielsweise in Deutschland. Der Fußball ist dort körperlicher als bei uns, aber der Umgang untereinander sehr positiv und menschlich. Ich konnte persönlich, aber auch in sportlicher Hinsicht meinen Horizont erweitern.

DFB.de: Nun haben Sie bekannt gegeben, Co-Trainerin der U 17-Juniorinnen des DFB zu werden. Kommt diese Aufgabe so schnell nach Ihrem Karriereende überraschend für Sie?

Simic: Ich konnte das vergangene Jahr ganz gut nutzen, um die Zeit nach der Karriere schon vorzubereiten. Mit Friederike Kromp war ich beispielsweise schon länger im engen Austausch. Deshalb hat sich dieses Engagement abgezeichnet. Ich bin dankbar dafür, diese Chance zu bekommen und freue mich riesig auf die neue Aufgabe, die ich nun angehen werde. Der Kreis schließt sich jetzt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin glücklich, wie es gekommen ist.

DFB.de: Was wollen Sie als Trainerin in diesem Bereich einbringen?

Simic: Vor allem meine Erfahrungen als Spielerin. Ich habe viel gewonnen. Aber ich habe auch mit harten Rückschlägen umgehen müssen. In mir schlummert die Leidenschaft, junge Menschen auf ihrem Weg ins Leben zu begleiten und ihnen zu helfen. Es ist mir wichtig, dass sich meine Unterstützung nicht nur auf den Sport bezieht, sondern gerne auch auf andere Aspekte des Lebens. Das kann die Entscheidung sein, ob die Fußballerin in ihrem Heimatklub bleiben und weiter mit Jungs spielen soll oder ob der Wechsel in ein Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten sinnvoll sein könnte. Womöglich steht sogar der Schritt ins Ausland auf dem Programm, beispielsweise wegen eines Studiums. Das können schulische Themen sein. Das sind Bereiche, in denen ich gerne bei der Meinungsbildung unterstütze, wenn das gewünscht ist. Zudem sind Mädchen in diesem Alter mitten in der Pubertät. Das ist eine komplizierte Lebensphase. Aber mein Fokus richtet sich logischerweise auf das Fußballerische. Die Mädels haben alle das Ziel, Nationalspielerinnen zu werden. Der Weg aus dem Nachwuchsbereich in den Frauenfußball ist extrem anspruchsvoll. Viele bleiben da auf der Strecke. Wir müssen möglichst vielen diesen Schritt ermöglichen.

DFB.de: Haben Sie die Spielerinnen bereits kennenlernen können?

Simic: Während der Pandemie konnte ich schon bei dem ein oder anderen Videocall dabei sein. Da habe ich gemerkt, dass alle total fokussiert und motiviert sind. Manche muss man sogar etwas bremsen und ihnen klar machen, dass es auch wichtig ist, mal vom Gas runterzugehen, um den nächsten Schritt nach vorne machen zu können. Mädels neigen grundsätzlich dazu, sehr ehrgeizig zu sein und manchmal auch mehr zu machen, als vielleicht gerade gut ist. Leider sind in diesem Alter auch Verletzungen immer ein großes Thema. Hier bin ich ja leider Expertin. (lacht)

DFB.de: Sie arbeiten zukünftig mit 17-Jährigen zusammen. Wie waren Sie zu dieser Zeit?

Simic: Ich war bereits beim FC Bayern und bin über diesen Weg in die Bundesliga gekommen. Es gibt viele Spielerinnen, die es vorziehen, möglichst lange mit Jungs auf hohem Niveau zusammenzuspielen und den Sprung in die Bundesliga auf diese Art und Weise zu schaffen. Es gibt meiner Meinung nach nicht die Königslösung. Man muss immer individuell schauen, was mehr Sinn macht. Aktuell gibt es keine speziellen Programme für Mädchen in diesem Alter. Daran arbeite ich zum Beispiel schon länger, um herauszufinden, welches Vorgehen für wen erfolgsversprechender ist. Letztlich ist es immer entscheidend, dass die Mädels Spaß am Fußball haben, gerne zum Training gehen und in ihrem jeweiligen Umfeld akzeptiert sind. Es gibt unzählige Möglichkeiten. Wir möchten etwas Durchblick in diesem Dschungel an Optionen schaffen.

DFB.de: Ist die Konstellation im Trainerinnenstab also richtig, Ex-Fußballerinnen mit erfahrenen Trainerinnen zusammenzubringen?

Simic: Ich glaube, dass alle Seiten davon profitieren. Ich finde es gerade sehr spannend, aus dem Becken der Spielerinnen herauszuspringen und im Trainerinnenbereich wieder einzutauchen. Ich bin zwar 15 Jahre älter als die Spielerinnen, mit denen ich nun zusammenarbeite. Ich kann mich aber dennoch gut in deren Situation hineinversetzen und so hoffentlich helfen. Ich möchte möglichst authentisch den Mädels gegenüber sein. Dann werden sie sich meine Meinung anhören und sich hoffentlich auch daran orientieren. Ich möchte das Beste herausholen. Ich kann von meiner Reise durch den Profifußball erzählen – und zwar mit allen Fehlern, die ich gemacht habe. Glaubwürdigkeit ist für mich ein ganz wichtiges Stichwort.

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Julia Simic ist seit Juli neue Co-Trainerin der U 17-Juniorinnen des DFB. Die 32-Jährige hat in diesem Sommer nach mehreren Verletzungen ihre Karriere beim AC Mailand beendet. Im DFB.de-Interview spricht die zweimalige deutsche Nationalspielerin über die Herausforderungen dieser neuen Aufgabe und ihre Erfahrungen, die sie den jungen Spielerinnen mit auf den Weg geben kann.

DFB.de: Julia, wie schwer war es für Sie, jetzt einen Schlussstrich unter Ihre Karriere zu ziehen?

Julia Simic: Es ist ja nicht so, dass ich von heute auf morgen Schluss gemacht habe. Es war ein längerer Prozess. Schon im Sommer vor einem Jahr hatte ich diese Entscheidung getroffen. Aber dann kam das Angebot vom AC Mailand, das mich so gereizt hat, dass ich doch noch eine Saison drangehängt habe.

DFB.de: Allerdings haben Sie nur sieben Begegnungen für die Italienerinnen bestritten. War es dennoch die richtige Entscheidung?

Simic: Absolut, ich bin glücklich, es gemacht zu haben. Auch, wenn es mit meinem Knie nicht mehr richtig gut funktioniert hat. An manchen Tagen hat mich mein Körper beinahe angeschrien und um Ruhe gebeten. Die vergangenen drei Jahre habe ich ihm mehr zugemutet, als eigentlich sinnvoll gewesen wäre. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich wirklich auf diese Signale hören musste. Es war dennoch großartig, in Italien bei so einem renommierten Verein noch einmal eine Art Abschiedstournee zu drehen. Und ganz nebenbei konnte ich auch noch mal ein neues Land und eine neue Kultur kennenlernen.

DFB.de: Vorher waren Sie bei West Ham United in England. Denken Sie im Rückblick, dass Sie noch früher den Schritt ins Ausland hätten wagen sollen?

Simic: Ja, tatsächlich. Beide Stationen waren sehr gewinnbringend für mich. Und rückblickend ist es wirklich schade, dass ich es nicht schon früher gemacht habe. Man muss ehrlich sein: Die meiste Zeit im Ausland habe ich als Rehapatientin verbracht. Das ist schade und nicht mein Anspruch. Überall gibt es eine andere Fußballkultur, wird nach verschiedenen Philosophien gearbeitet. Das ist superspannend. Sowohl in England als auch in Italien konnte ich neue Eindrücke gewinnen.

DFB.de: Auch für Ihre Zukunft als Trainerin?

Simic: Auf jeden Fall. In England wird tatsächlich etwas anders gearbeitet als beispielsweise in Deutschland. Der Fußball ist dort körperlicher als bei uns, aber der Umgang untereinander sehr positiv und menschlich. Ich konnte persönlich, aber auch in sportlicher Hinsicht meinen Horizont erweitern.

DFB.de: Nun haben Sie bekannt gegeben, Co-Trainerin der U 17-Juniorinnen des DFB zu werden. Kommt diese Aufgabe so schnell nach Ihrem Karriereende überraschend für Sie?

Simic: Ich konnte das vergangene Jahr ganz gut nutzen, um die Zeit nach der Karriere schon vorzubereiten. Mit Friederike Kromp war ich beispielsweise schon länger im engen Austausch. Deshalb hat sich dieses Engagement abgezeichnet. Ich bin dankbar dafür, diese Chance zu bekommen und freue mich riesig auf die neue Aufgabe, die ich nun angehen werde. Der Kreis schließt sich jetzt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin glücklich, wie es gekommen ist.

DFB.de: Was wollen Sie als Trainerin in diesem Bereich einbringen?

Simic: Vor allem meine Erfahrungen als Spielerin. Ich habe viel gewonnen. Aber ich habe auch mit harten Rückschlägen umgehen müssen. In mir schlummert die Leidenschaft, junge Menschen auf ihrem Weg ins Leben zu begleiten und ihnen zu helfen. Es ist mir wichtig, dass sich meine Unterstützung nicht nur auf den Sport bezieht, sondern gerne auch auf andere Aspekte des Lebens. Das kann die Entscheidung sein, ob die Fußballerin in ihrem Heimatklub bleiben und weiter mit Jungs spielen soll oder ob der Wechsel in ein Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten sinnvoll sein könnte. Womöglich steht sogar der Schritt ins Ausland auf dem Programm, beispielsweise wegen eines Studiums. Das können schulische Themen sein. Das sind Bereiche, in denen ich gerne bei der Meinungsbildung unterstütze, wenn das gewünscht ist. Zudem sind Mädchen in diesem Alter mitten in der Pubertät. Das ist eine komplizierte Lebensphase. Aber mein Fokus richtet sich logischerweise auf das Fußballerische. Die Mädels haben alle das Ziel, Nationalspielerinnen zu werden. Der Weg aus dem Nachwuchsbereich in den Frauenfußball ist extrem anspruchsvoll. Viele bleiben da auf der Strecke. Wir müssen möglichst vielen diesen Schritt ermöglichen.

DFB.de: Haben Sie die Spielerinnen bereits kennenlernen können?

Simic: Während der Pandemie konnte ich schon bei dem ein oder anderen Videocall dabei sein. Da habe ich gemerkt, dass alle total fokussiert und motiviert sind. Manche muss man sogar etwas bremsen und ihnen klar machen, dass es auch wichtig ist, mal vom Gas runterzugehen, um den nächsten Schritt nach vorne machen zu können. Mädels neigen grundsätzlich dazu, sehr ehrgeizig zu sein und manchmal auch mehr zu machen, als vielleicht gerade gut ist. Leider sind in diesem Alter auch Verletzungen immer ein großes Thema. Hier bin ich ja leider Expertin. (lacht)

DFB.de: Sie arbeiten zukünftig mit 17-Jährigen zusammen. Wie waren Sie zu dieser Zeit?

Simic: Ich war bereits beim FC Bayern und bin über diesen Weg in die Bundesliga gekommen. Es gibt viele Spielerinnen, die es vorziehen, möglichst lange mit Jungs auf hohem Niveau zusammenzuspielen und den Sprung in die Bundesliga auf diese Art und Weise zu schaffen. Es gibt meiner Meinung nach nicht die Königslösung. Man muss immer individuell schauen, was mehr Sinn macht. Aktuell gibt es keine speziellen Programme für Mädchen in diesem Alter. Daran arbeite ich zum Beispiel schon länger, um herauszufinden, welches Vorgehen für wen erfolgsversprechender ist. Letztlich ist es immer entscheidend, dass die Mädels Spaß am Fußball haben, gerne zum Training gehen und in ihrem jeweiligen Umfeld akzeptiert sind. Es gibt unzählige Möglichkeiten. Wir möchten etwas Durchblick in diesem Dschungel an Optionen schaffen.

DFB.de: Ist die Konstellation im Trainerinnenstab also richtig, Ex-Fußballerinnen mit erfahrenen Trainerinnen zusammenzubringen?

Simic: Ich glaube, dass alle Seiten davon profitieren. Ich finde es gerade sehr spannend, aus dem Becken der Spielerinnen herauszuspringen und im Trainerinnenbereich wieder einzutauchen. Ich bin zwar 15 Jahre älter als die Spielerinnen, mit denen ich nun zusammenarbeite. Ich kann mich aber dennoch gut in deren Situation hineinversetzen und so hoffentlich helfen. Ich möchte möglichst authentisch den Mädels gegenüber sein. Dann werden sie sich meine Meinung anhören und sich hoffentlich auch daran orientieren. Ich möchte das Beste herausholen. Ich kann von meiner Reise durch den Profifußball erzählen – und zwar mit allen Fehlern, die ich gemacht habe. Glaubwürdigkeit ist für mich ein ganz wichtiges Stichwort.

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