Schönweitz: "Nicht immer muss der schnellste Weg der beste sein"

Die deutsche U 19-Nationalmannschaft ist in die Länderspielsaison 2017/2018 gestartet. Zum Auftakt gab es ein 0:0 in der Schweiz, am morgigen Dienstag (ab 19.45 Uhr) folgt ein weiteres Länderspiel in England. Das Team von DFB-Trainer Meikel Schönweitz nutzt den aktuellen Lehrgang, um sich auf den ersten Teil der EM-Qualifikation im Oktober vorzubereiten.

Ein zentraler Akteur im 21-köpfigen Kader der U 19 ist Kai Havertz. Der Bundesliga-Spieler von Bayer Leverkusen soll - in Abstimmung mit seinem Verein - auch auf Auswahlebene verantwortungsbewusst aufgebaut werden. Meikel Schönweitz erklärt im DFB.de-Interview mit Redakteur Ronny Zimmermann, wie ein solcher Weg konkret aussehen kann. Außerdem spricht der DFB-Coach über den generellen Umgang mit talentierten Spielern und wie der Fahrplan für die U 19 in der Saison 2017/2018 aussieht.

DFB.de: Herr Schönweitz, die U 19-Nationalmannschaft ist in die Länderspielsaison 2017/2018 gestartet, an deren Ende die Teilnahme an der Europameisterschaft in Finnland stehen soll. Wie sieht Ihre Planung aus?

Meikel Schönweitz: Wir befinden uns momentan in England im beeindruckenden St. Georgs Park, der englischen Akademie, und bereiten uns auf das Duell gegen die Gastgeber vor. Vergangene Woche haben wir in der Schweiz 0:0 gespielt. Der aktuelle Lehrgang dient als Vorbereitung auf die EM-Qualifikation im Oktober. Dort müssen wir uns in einer Vierergruppe gegen Gastgeber Polen, Weißrussland und Nordirland durchsetzen. Ziel in dieser Saison ist die Qualifikation für die Europameisterschaft in Finnland. Dafür müssen wir im Oktober eine Runde weiterkommen und noch eine weitere Qualifikationsrunde im März bestehen.

DFB.de: Es fällt auf, dass Sie bei der aktuellen Kaderzusammenstellung aus dem Vollen schöpfen konnten.

Schönweitz: Exakt. Wir haben den für uns aktuell stärksten Kader nominiert und hatten im Vorfeld keine einzige Absage. Allerdings haben sich in den vergangenen Monaten noch einige Jungs in Position gebracht, die durchaus Chancen haben, auf den Zug aufzuspringen. Wir als Trainerteam werden das genau beobachten.

DFB.de: Im Kader sticht mit Kai Havertz ein Spieler heraus, der bei Bayer Leverkusen bereits fester Bestandteil der Bundesligamannschaft ist und sogar Champions-League-Erfahrung besitzt.

Schönweitz: Unser Ziel ist es, mit Hilfe der U-Nationalmannschaften Spieler zu entwickeln, um sie in die Lage zu versetzen, auf Sicht den maximalen Erfolg mit der A-Nationalmannschaft zu erzielen. Gelingt uns das, profitieren auch die deutschen Vereine.

DFB.de: Was bedeutet das im Fall von Kai Havertz? 

Schönweitz: Damit unsere eben erklärte Vision gelingt, ist eine Zusammenarbeit nötig. Am Beispiel von Kai Havertz kann man sehen, wie eine funktionierende Zusammenarbeit aussieht: Wir stehen in einem ständigen Austausch mit Spieler und Verein, stimmen uns regelmäßig ab und haben einen gemeinsamen Weg für Kai beim DFB beschlossen.

DFB.de: Wie sieht dieser Weg aus?

Schönweitz: Er sieht vor, dass Kai auf Auswahlebene zunächst in der U 19 Verantwortung übernimmt, die Chance bekommt, in eine führende Rolle hineinzuwachsen und sukzessive an den nächsten Schritt herangeführt wird. 

DFB.de: Viele Außenstehende sehen Kai Havertz vielleicht schon einen Schritt weiter. Ist er das nicht?

Schönweitz: Nicht immer muss der schnellste Weg gleichzeitig der beste sein. Im Fußball kann es vielen Personen nicht schnell genug gehen, Geduld ist oftmals ein Fremdwort und so verschwinden viele Talente wieder in der Versenkung aufgrund mangelnder Stabilität und Nachhaltigkeit in ihrer Ausbildung. Wir gehen sehr verantwortungsbewusst mit diesem Thema um.

DFB.de: Sie sprachen den engen Austausch mit den Vereinen an. Welche Rolle spielt Bayer Leverkusen in diesem Fall?

Schönweitz: Leverkusen ist ein Verein, der vor allem in den letzten Jahren bewiesen hat, dass sich dort junge Spieler mit Weitblick entwickeln können. Kai Havertz ist ein Spieler, der über außergewöhnliches Talent verfügt und dazu noch die nötige Geduld und Einstellung mitbringt, um Schritt für Schritt voranzukommen. Kai ist in Leverkusen der jüngste Spieler. In unserer U 19 hat er die Chance, in eine andere Rolle zu wachsen. Er wird nun mit Verantwortung konfrontiert, muss Gleichaltrige führen und nicht nur mit Leistung auf dem Platz, sondern auch als Führungsspieler neben dem Feld vorangehen. Das wird seine Entwicklung zusätzlich fördern, wovon wiederum auch der Verein profitiert.

DFB.de: Welche Voraussetzungen muss ein Spieler grundsätzlich mitbringen, um diese Stabilität zu entwickeln?

Schönweitz: Bleiben wir beim aktuellen Beispiel, weil sich daran viel ableiten lässt: Kai wurde letzte Saison innerhalb kürzester Zeit vom B-Jugendspieler zum Bundesliga-Stammspieler und hat bereits einige Einsätze in der Champions League absolviert. Parallel dazu hat er auch noch sein Abitur erfolgreich bestanden. Da strömt unheimlich viel auf einen jungen Menschen ein. Viele sind damit überfordert, aber Kai ist dabei wohltuend bodenständig geblieben und stellt Werte in den Vordergrund, die seiner Entwicklung wesentlich mehr Konstanz verleihen. Das ist ganz entscheidend. Er will lernen, will besser werden und hat auch aus Eigeninitiative signalisiert, dass er aus den verschiedensten Gründen sehr gerne für Deutschland spielt.

DFB.de: Wie geht es weiter, um die Weiterentwicklung des Spielers bestmöglich zu gewährleisten?

Schönweitz: Es ist ein ständiger Prozess, den wir gemeinsam mit dem Verein begleiten. Sind alle Beteiligten der Meinung, dass es Zeit für den nächsten Schritt ist, dann wird dieser auch umgesetzt. Das gilt natürlich nicht nur für Kai, sondern auch für andere Talente, die ähnliche Entwicklungsmöglichkeiten besitzen.

[rz]

Die deutsche U 19-Nationalmannschaft ist in die Länderspielsaison 2017/2018 gestartet. Zum Auftakt gab es ein 0:0 in der Schweiz, am morgigen Dienstag (ab 19.45 Uhr) folgt ein weiteres Länderspiel in England. Das Team von DFB-Trainer Meikel Schönweitz nutzt den aktuellen Lehrgang, um sich auf den ersten Teil der EM-Qualifikation im Oktober vorzubereiten.

Ein zentraler Akteur im 21-köpfigen Kader der U 19 ist Kai Havertz. Der Bundesliga-Spieler von Bayer Leverkusen soll - in Abstimmung mit seinem Verein - auch auf Auswahlebene verantwortungsbewusst aufgebaut werden. Meikel Schönweitz erklärt im DFB.de-Interview mit Redakteur Ronny Zimmermann, wie ein solcher Weg konkret aussehen kann. Außerdem spricht der DFB-Coach über den generellen Umgang mit talentierten Spielern und wie der Fahrplan für die U 19 in der Saison 2017/2018 aussieht.

DFB.de: Herr Schönweitz, die U 19-Nationalmannschaft ist in die Länderspielsaison 2017/2018 gestartet, an deren Ende die Teilnahme an der Europameisterschaft in Finnland stehen soll. Wie sieht Ihre Planung aus?

Meikel Schönweitz: Wir befinden uns momentan in England im beeindruckenden St. Georgs Park, der englischen Akademie, und bereiten uns auf das Duell gegen die Gastgeber vor. Vergangene Woche haben wir in der Schweiz 0:0 gespielt. Der aktuelle Lehrgang dient als Vorbereitung auf die EM-Qualifikation im Oktober. Dort müssen wir uns in einer Vierergruppe gegen Gastgeber Polen, Weißrussland und Nordirland durchsetzen. Ziel in dieser Saison ist die Qualifikation für die Europameisterschaft in Finnland. Dafür müssen wir im Oktober eine Runde weiterkommen und noch eine weitere Qualifikationsrunde im März bestehen.

DFB.de: Es fällt auf, dass Sie bei der aktuellen Kaderzusammenstellung aus dem Vollen schöpfen konnten.

Schönweitz: Exakt. Wir haben den für uns aktuell stärksten Kader nominiert und hatten im Vorfeld keine einzige Absage. Allerdings haben sich in den vergangenen Monaten noch einige Jungs in Position gebracht, die durchaus Chancen haben, auf den Zug aufzuspringen. Wir als Trainerteam werden das genau beobachten.

DFB.de: Im Kader sticht mit Kai Havertz ein Spieler heraus, der bei Bayer Leverkusen bereits fester Bestandteil der Bundesligamannschaft ist und sogar Champions-League-Erfahrung besitzt.

Schönweitz: Unser Ziel ist es, mit Hilfe der U-Nationalmannschaften Spieler zu entwickeln, um sie in die Lage zu versetzen, auf Sicht den maximalen Erfolg mit der A-Nationalmannschaft zu erzielen. Gelingt uns das, profitieren auch die deutschen Vereine.

DFB.de: Was bedeutet das im Fall von Kai Havertz? 

Schönweitz: Damit unsere eben erklärte Vision gelingt, ist eine Zusammenarbeit nötig. Am Beispiel von Kai Havertz kann man sehen, wie eine funktionierende Zusammenarbeit aussieht: Wir stehen in einem ständigen Austausch mit Spieler und Verein, stimmen uns regelmäßig ab und haben einen gemeinsamen Weg für Kai beim DFB beschlossen.

DFB.de: Wie sieht dieser Weg aus?

Schönweitz: Er sieht vor, dass Kai auf Auswahlebene zunächst in der U 19 Verantwortung übernimmt, die Chance bekommt, in eine führende Rolle hineinzuwachsen und sukzessive an den nächsten Schritt herangeführt wird. 

DFB.de: Viele Außenstehende sehen Kai Havertz vielleicht schon einen Schritt weiter. Ist er das nicht?

Schönweitz: Nicht immer muss der schnellste Weg gleichzeitig der beste sein. Im Fußball kann es vielen Personen nicht schnell genug gehen, Geduld ist oftmals ein Fremdwort und so verschwinden viele Talente wieder in der Versenkung aufgrund mangelnder Stabilität und Nachhaltigkeit in ihrer Ausbildung. Wir gehen sehr verantwortungsbewusst mit diesem Thema um.

DFB.de: Sie sprachen den engen Austausch mit den Vereinen an. Welche Rolle spielt Bayer Leverkusen in diesem Fall?

Schönweitz: Leverkusen ist ein Verein, der vor allem in den letzten Jahren bewiesen hat, dass sich dort junge Spieler mit Weitblick entwickeln können. Kai Havertz ist ein Spieler, der über außergewöhnliches Talent verfügt und dazu noch die nötige Geduld und Einstellung mitbringt, um Schritt für Schritt voranzukommen. Kai ist in Leverkusen der jüngste Spieler. In unserer U 19 hat er die Chance, in eine andere Rolle zu wachsen. Er wird nun mit Verantwortung konfrontiert, muss Gleichaltrige führen und nicht nur mit Leistung auf dem Platz, sondern auch als Führungsspieler neben dem Feld vorangehen. Das wird seine Entwicklung zusätzlich fördern, wovon wiederum auch der Verein profitiert.

DFB.de: Welche Voraussetzungen muss ein Spieler grundsätzlich mitbringen, um diese Stabilität zu entwickeln?

Schönweitz: Bleiben wir beim aktuellen Beispiel, weil sich daran viel ableiten lässt: Kai wurde letzte Saison innerhalb kürzester Zeit vom B-Jugendspieler zum Bundesliga-Stammspieler und hat bereits einige Einsätze in der Champions League absolviert. Parallel dazu hat er auch noch sein Abitur erfolgreich bestanden. Da strömt unheimlich viel auf einen jungen Menschen ein. Viele sind damit überfordert, aber Kai ist dabei wohltuend bodenständig geblieben und stellt Werte in den Vordergrund, die seiner Entwicklung wesentlich mehr Konstanz verleihen. Das ist ganz entscheidend. Er will lernen, will besser werden und hat auch aus Eigeninitiative signalisiert, dass er aus den verschiedensten Gründen sehr gerne für Deutschland spielt.

DFB.de: Wie geht es weiter, um die Weiterentwicklung des Spielers bestmöglich zu gewährleisten?

Schönweitz: Es ist ein ständiger Prozess, den wir gemeinsam mit dem Verein begleiten. Sind alle Beteiligten der Meinung, dass es Zeit für den nächsten Schritt ist, dann wird dieser auch umgesetzt. Das gilt natürlich nicht nur für Kai, sondern auch für andere Talente, die ähnliche Entwicklungsmöglichkeiten besitzen.

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