Onlinegespräch mit de Maizière: Die Kunst des guten Führens

In unterschiedlichsten Sportverbänden ehrenamtlich tätige junge Frauen und Männer trafen sich am Mittwochabend zum Onlinegespräch mit Dr. Thomas de Maizière. Das Thema: Leadership. Die Kunst des guten Führens. Der Rahmen: die Egidius-Braun-Akademie und damit ein gemeinsames Angebot der DFB-Stiftung Egidius Braun und der Deutschen Sportjugend.

Wie üblich im Geschäft, klärte der Politiker zunächst die Geschäftsgrundlage. Später am Abend würde im Bundestag eine namentliche Abstimmung stattfinden. "Da werden sie sich kurz Witze erzählen müssen. Ich bin aber bald wieder bei ihnen." Steif, trocken, formal? Von wegen. Thomas de Maizière führte ein offenes und sehr unterhaltsames Gespräch mit 20 kommenden Entscheider*innen des Sports.

Mit dem ehemaligen Lufthansa-Vorstand Karl-Ludwig Kley hat der Bundesminister a.D. gerade ein Sachbuch über die Kunst des Führens geschrieben. Daraus trug er vor, anschließend fand ein spannender Austausch während der Fragerunde statt. Sehr bald wurde die Frage per se für junges Ehrenamt gestellt: Wie setzen wir in bestehenden Strukturen unsere Ideen um? Wie überwindet unser Projekt das "haben wir noch nie gemacht"-Bollwerk? "Sie dürfen nicht nur die Idee entwickeln, sie müssen auch darüber nachdenken, wie sie diese Idee durchsetzen", riet de Maizière, inzwischen selbst 67 Jahre alt, den jungen Ehrenamtler*innen. "Versuchen Sie, jemand gut Angesehenen aus der Machtriege der Älteren für sich zu gewinnen." Selbstschutz sei wichtig und werde oft vernachlässigt, warnte de Maizière, "also definieren Sie eine Schmerzgrenze, bei der Sie den Versuch abbrechen."

"Nicht von der Aufgabe auffressen lassen"

In seinem neuesten Buch postuliert er zehn Goldene Regeln für eine gute Führung. Zentrale Erkenntnisse: Man muss Menschen mögen. Redlichkeit und eine Haltung sind zwingende Voraussetzungen. Der verantwortungsvolle Umgang mit der Macht. "Je weniger oft Sie an die Grenzen der Machtausübung gehen müssen, desto souveräner wirkt Ihre Führung", gab de Maizière seinen jungen Gesprächspartner*innen mit auf den Weg. Welche seiner Regeln er selbst gut beherzigt habe? De Maizière wählte Regel vier – die Selbstreflexion. "Ich habe immer versucht, über das was ich tue oder getan habe, nachzudenken", sagte de Maizière. Und riet den zukünftigen "Leadern": "Holen Sie sich einen Stab, der sie kritisiert." Er selbst glaube manchmal zu schnell, die Lösung zu kennen. "Deshalb habe ich mir bewusst Leute geholt, die mich immer wieder mahnten, hier nochmal gründlicher nachzudenken und vielleicht noch eine Nacht darüber zu schlafen." Zu enge Freundschaften seien erfahrungsgemäß nicht förderlich in puncto klarer Führung. Hier müsse man feine Trennlinien ziehen können.

"Sie dürfen sich nicht von der Aufgabe auffressen lassen", sagte er und alle nickten. Führung, dazu gehöre ein positives, konstruktives Verhältnis zu Macht. Lars Drygajlo vom Deutschen Schachverband hinterfragte de Maizières Position. Etwa der Umgang mit der Pandemie habe doch gelehrt, so Drygajlo, dass es immer weniger um feste Machtstrukturen gehe. Wissenserlangung und Wissensverbreitung seien entscheidender für eine moderne Staatsführung.

"Die Bereitschaft, ins Offene zu entscheiden"

Als ein Teilnehmer Dr. de Maizière nach seiner Einschätzung der Lage in Afghanistan befragte, wurde die Stimmung nachdenklich. Und obwohl die Zeit des Termins längst beendet war, ließ sich der Bundesminister a.D. viel Zeit für die jungen Ehrenamtler*innen. Er habe viele der 59 gefallenen Soldaten auf ihrem letzten Weg begleitet, mit den Angehörigen geredet. Dass viele jetzt noch einmal schmerzvolle Tage erlebten, ergriffen auch von dem Gefühl, alles sei umsonst gewesen, sei bedrückend.

De Maizière kam auf die schwerste Voraussetzung guter Führung zu sprechen. "Die Bereitschaft, ins Offene zu entscheiden", sagte er den jungen Ehrenamtler*innen. Wenn auch die Weichenstellungen in einem Sportverband weniger weitreichende Folgen haben als in der Politik, Konsequenzen erwüchsen auch hier aus gefällten Entscheidungen. Und oftmals stecke man in einem Dilemma, dass beide Optionen nicht zufriedenstellen.

Nach den Schlussworten von DFB-Vizepräsident Dirk Janotta, dem geschäftsführenden Vorsitzenden der DFB-Stiftung Egidius Braun, endete ein bemerkenswerter Abend, der für alle Beteiligten eine Bereicherung darstellte.

[th]

In unterschiedlichsten Sportverbänden ehrenamtlich tätige junge Frauen und Männer trafen sich am Mittwochabend zum Onlinegespräch mit Dr. Thomas de Maizière. Das Thema: Leadership. Die Kunst des guten Führens. Der Rahmen: die Egidius-Braun-Akademie und damit ein gemeinsames Angebot der DFB-Stiftung Egidius Braun und der Deutschen Sportjugend.

Wie üblich im Geschäft, klärte der Politiker zunächst die Geschäftsgrundlage. Später am Abend würde im Bundestag eine namentliche Abstimmung stattfinden. "Da werden sie sich kurz Witze erzählen müssen. Ich bin aber bald wieder bei ihnen." Steif, trocken, formal? Von wegen. Thomas de Maizière führte ein offenes und sehr unterhaltsames Gespräch mit 20 kommenden Entscheider*innen des Sports.

Mit dem ehemaligen Lufthansa-Vorstand Karl-Ludwig Kley hat der Bundesminister a.D. gerade ein Sachbuch über die Kunst des Führens geschrieben. Daraus trug er vor, anschließend fand ein spannender Austausch während der Fragerunde statt. Sehr bald wurde die Frage per se für junges Ehrenamt gestellt: Wie setzen wir in bestehenden Strukturen unsere Ideen um? Wie überwindet unser Projekt das "haben wir noch nie gemacht"-Bollwerk? "Sie dürfen nicht nur die Idee entwickeln, sie müssen auch darüber nachdenken, wie sie diese Idee durchsetzen", riet de Maizière, inzwischen selbst 67 Jahre alt, den jungen Ehrenamtler*innen. "Versuchen Sie, jemand gut Angesehenen aus der Machtriege der Älteren für sich zu gewinnen." Selbstschutz sei wichtig und werde oft vernachlässigt, warnte de Maizière, "also definieren Sie eine Schmerzgrenze, bei der Sie den Versuch abbrechen."

"Nicht von der Aufgabe auffressen lassen"

In seinem neuesten Buch postuliert er zehn Goldene Regeln für eine gute Führung. Zentrale Erkenntnisse: Man muss Menschen mögen. Redlichkeit und eine Haltung sind zwingende Voraussetzungen. Der verantwortungsvolle Umgang mit der Macht. "Je weniger oft Sie an die Grenzen der Machtausübung gehen müssen, desto souveräner wirkt Ihre Führung", gab de Maizière seinen jungen Gesprächspartner*innen mit auf den Weg. Welche seiner Regeln er selbst gut beherzigt habe? De Maizière wählte Regel vier – die Selbstreflexion. "Ich habe immer versucht, über das was ich tue oder getan habe, nachzudenken", sagte de Maizière. Und riet den zukünftigen "Leadern": "Holen Sie sich einen Stab, der sie kritisiert." Er selbst glaube manchmal zu schnell, die Lösung zu kennen. "Deshalb habe ich mir bewusst Leute geholt, die mich immer wieder mahnten, hier nochmal gründlicher nachzudenken und vielleicht noch eine Nacht darüber zu schlafen." Zu enge Freundschaften seien erfahrungsgemäß nicht förderlich in puncto klarer Führung. Hier müsse man feine Trennlinien ziehen können.

"Sie dürfen sich nicht von der Aufgabe auffressen lassen", sagte er und alle nickten. Führung, dazu gehöre ein positives, konstruktives Verhältnis zu Macht. Lars Drygajlo vom Deutschen Schachverband hinterfragte de Maizières Position. Etwa der Umgang mit der Pandemie habe doch gelehrt, so Drygajlo, dass es immer weniger um feste Machtstrukturen gehe. Wissenserlangung und Wissensverbreitung seien entscheidender für eine moderne Staatsführung.

"Die Bereitschaft, ins Offene zu entscheiden"

Als ein Teilnehmer Dr. de Maizière nach seiner Einschätzung der Lage in Afghanistan befragte, wurde die Stimmung nachdenklich. Und obwohl die Zeit des Termins längst beendet war, ließ sich der Bundesminister a.D. viel Zeit für die jungen Ehrenamtler*innen. Er habe viele der 59 gefallenen Soldaten auf ihrem letzten Weg begleitet, mit den Angehörigen geredet. Dass viele jetzt noch einmal schmerzvolle Tage erlebten, ergriffen auch von dem Gefühl, alles sei umsonst gewesen, sei bedrückend.

De Maizière kam auf die schwerste Voraussetzung guter Führung zu sprechen. "Die Bereitschaft, ins Offene zu entscheiden", sagte er den jungen Ehrenamtler*innen. Wenn auch die Weichenstellungen in einem Sportverband weniger weitreichende Folgen haben als in der Politik, Konsequenzen erwüchsen auch hier aus gefällten Entscheidungen. Und oftmals stecke man in einem Dilemma, dass beide Optionen nicht zufriedenstellen.

Nach den Schlussworten von DFB-Vizepräsident Dirk Janotta, dem geschäftsführenden Vorsitzenden der DFB-Stiftung Egidius Braun, endete ein bemerkenswerter Abend, der für alle Beteiligten eine Bereicherung darstellte.

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