Tim Meyer zum Ü-Fußball: "Biologisches Alter ist entscheidend"

Immer mehr Männer und Frauen beschließen, sich auf dem Fußballplatz zu bewegen, auch noch in ihren Vierzigern oder Fünfzigern. Prof. Dr. Tim Meyer, der Vorsitzende der Medizinischen Kommission des DFB, spricht über Chancen und Risiken des Fußballs für Ältere. Der langjährige Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft gibt Ratschläge zum Thema Prävention und Training.

DFB.de: Herr Meyer, sollten Menschen über 40 Jahre aus medizinischer Sicht noch Fußball spielen?

Tim Meyer: Ja. Fußball ist eine sehr gute Kombination aus verschiedenen Beanspruchungsformen: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination. Meistens wird ja empfohlen, insbesondere im Alter eher ausdauerorientierten Sport zu betreiben. Fußball ist auch Ausdauersport, aber im Gegensatz zu Laufen, Radfahren oder Schwimmen eben mit zusätzlichen wichtigen Effekten, die alle gleichzeitig erzielt werden können.

DFB.de: Lebt man länger, wenn man Fußball spielt?

Meyer: Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Belege, dass Fußball das Leben verlängert. Aber es gibt einige Hinweise darauf, dass viele für die Lebenserwartung wesentliche Werte durch Fußball verbessert werden - Cholesterin und Blutdruck beispielsweise. Menschen mit niedrigem Blutdruck leben im Mittel länger, Menschen mit niedrigen Cholesterinwerten auch. Das sind mindestens gute Hinweise darauf, dass Altherrenfußball gesundheitsprotektiv wirken kann. Und Gesundheit ist eine notwendige Voraussetzung für eine höhere Lebenserwartung.

DFB.de: Dann würden Sie ganz grundsätzlich alte Menschen auffordern, Fußball zu spielen?

Meyer: Ganz so pauschal nicht, weil es natürlich Ausnahmen gibt. In höherem Alter sind Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems häufiger als bei jüngeren Menschen. Insbesondere bei Männern im Alter jenseits der 40 nimmt die Häufigkeit von Herzkranzgefäßverkalkungen deutlich zu. Wer eine solche Erkrankung hat, sollte nicht ohne ärztliche Beratung Fußball spielen. Die Empfehlung der Medizinischen Kommission ist deswegen, dass sich alle Ü-Spieler auf ihre Sporttauglichkeit untersuchen lassen. Für die Einzelfälle, in denen eine Vorerkrankung besteht, ist eine entsprechende Diagnose von großer Wichtigkeit.

DFB.de: Wie wichtig ist die Frage, wie häufig in den höheren Altersklassen Fußball trainiert und gespielt wird?

Meyer: In Studien wird häufig dreimal in der Woche Fußball gespielt und dann festgestellt, dass Fußball in dieser Form hervorragend anschlägt und präventive Wirkungen entfaltet. Tatsache etwa im Altherrenbereich ist aber, dass im Schnitt nur einmal in der Woche Fußball gespielt wird. Wenn man die Trainingsanzahl nicht erhöht oder das Training durch anderen Sport ergänzt, dann ist dies zu wenig.

DFB.de: Wie wichtig ist die konkrete Gestaltung des Trainings im Ü-Bereich?

Meyer: Häufig läuft das Training so ab, dass ein Ball in die Mitte gelegt wird und sofort das Trainingsspiel beginnt. Ich würde mir wünschen, dass das Training etwas strukturierter aufgebaut ist, dass beispielsweise zu Beginn des Trainings ein funktionelles Aufwärmen stattfindet. Es gibt Vorbilder dafür, etwa "11+", das Aufwärmprogramm der FIFA. Man will damit die Verletzungshäufigkeit senken, denn wir wissen aus eigenen Studien, dass die nicht ganz unerheblich ist. Auch die sonstigen körperlichen Voraussetzungen für das Fußballspielen wie Rumpfkraft, Flexibilität des Bewegungsapparates und Grundlagenausdauer sollten durch ein ergänzendes Training gewährleistet werden. Alleiniges Spielen ist nicht optimal.

DFB.de: Gibt es eine Sportart, die den Altherrenfußball ideal ergänzt?

Meyer: Als Ergänzung empfehle ich Rückschlagsportarten wie Tennis, weil beim Tennis stärker als beim Fußball die Muskulatur des Oberkörpers einbezogen wird. Auch dem Fußball angepasstes Fitnesstraining, das vielfach in Vereinen und Studios angeboten wird und auch in Eigenregie möglich ist, würde gut zum Fußball passen.

DFB.de: Bis zu welchem Alter können Sie das Fußballspielen empfehlen? Sehen Sie eine Obergrenze?

Meyer: Entscheidend ist nicht das Alter, das auf dem Papier steht, sondern das biologische Alter. Eine Grenze lässt sich daher schwer ziehen. Vernunft ist wichtig und die Fähigkeit zur kritischen Selbstbeobachtung. Wenn ein Spieler erkennt, dass er durch die Belastungen des Fußballs Beschwerden bekommt, etwa Druck auf der Brust oder Atemnot oder auch Gelenkschmerzen, dann ist es an der Zeit, zum Arzt zu gehen. Aber für alle, die keine Vorerkrankungen haben, ist regelmäßiges Fußballspielen ein sehr gutes Instrument, um gesund älter zu werden.

[sl]

Immer mehr Männer und Frauen beschließen, sich auf dem Fußballplatz zu bewegen, auch noch in ihren Vierzigern oder Fünfzigern. Prof. Dr. Tim Meyer, der Vorsitzende der Medizinischen Kommission des DFB, spricht über Chancen und Risiken des Fußballs für Ältere. Der langjährige Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft gibt Ratschläge zum Thema Prävention und Training.

DFB.de: Herr Meyer, sollten Menschen über 40 Jahre aus medizinischer Sicht noch Fußball spielen?

Tim Meyer: Ja. Fußball ist eine sehr gute Kombination aus verschiedenen Beanspruchungsformen: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination. Meistens wird ja empfohlen, insbesondere im Alter eher ausdauerorientierten Sport zu betreiben. Fußball ist auch Ausdauersport, aber im Gegensatz zu Laufen, Radfahren oder Schwimmen eben mit zusätzlichen wichtigen Effekten, die alle gleichzeitig erzielt werden können.

DFB.de: Lebt man länger, wenn man Fußball spielt?

Meyer: Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Belege, dass Fußball das Leben verlängert. Aber es gibt einige Hinweise darauf, dass viele für die Lebenserwartung wesentliche Werte durch Fußball verbessert werden - Cholesterin und Blutdruck beispielsweise. Menschen mit niedrigem Blutdruck leben im Mittel länger, Menschen mit niedrigen Cholesterinwerten auch. Das sind mindestens gute Hinweise darauf, dass Altherrenfußball gesundheitsprotektiv wirken kann. Und Gesundheit ist eine notwendige Voraussetzung für eine höhere Lebenserwartung.

DFB.de: Dann würden Sie ganz grundsätzlich alte Menschen auffordern, Fußball zu spielen?

Meyer: Ganz so pauschal nicht, weil es natürlich Ausnahmen gibt. In höherem Alter sind Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems häufiger als bei jüngeren Menschen. Insbesondere bei Männern im Alter jenseits der 40 nimmt die Häufigkeit von Herzkranzgefäßverkalkungen deutlich zu. Wer eine solche Erkrankung hat, sollte nicht ohne ärztliche Beratung Fußball spielen. Die Empfehlung der Medizinischen Kommission ist deswegen, dass sich alle Ü-Spieler auf ihre Sporttauglichkeit untersuchen lassen. Für die Einzelfälle, in denen eine Vorerkrankung besteht, ist eine entsprechende Diagnose von großer Wichtigkeit.

DFB.de: Wie wichtig ist die Frage, wie häufig in den höheren Altersklassen Fußball trainiert und gespielt wird?

Meyer: In Studien wird häufig dreimal in der Woche Fußball gespielt und dann festgestellt, dass Fußball in dieser Form hervorragend anschlägt und präventive Wirkungen entfaltet. Tatsache etwa im Altherrenbereich ist aber, dass im Schnitt nur einmal in der Woche Fußball gespielt wird. Wenn man die Trainingsanzahl nicht erhöht oder das Training durch anderen Sport ergänzt, dann ist dies zu wenig.

DFB.de: Wie wichtig ist die konkrete Gestaltung des Trainings im Ü-Bereich?

Meyer: Häufig läuft das Training so ab, dass ein Ball in die Mitte gelegt wird und sofort das Trainingsspiel beginnt. Ich würde mir wünschen, dass das Training etwas strukturierter aufgebaut ist, dass beispielsweise zu Beginn des Trainings ein funktionelles Aufwärmen stattfindet. Es gibt Vorbilder dafür, etwa "11+", das Aufwärmprogramm der FIFA. Man will damit die Verletzungshäufigkeit senken, denn wir wissen aus eigenen Studien, dass die nicht ganz unerheblich ist. Auch die sonstigen körperlichen Voraussetzungen für das Fußballspielen wie Rumpfkraft, Flexibilität des Bewegungsapparates und Grundlagenausdauer sollten durch ein ergänzendes Training gewährleistet werden. Alleiniges Spielen ist nicht optimal.

DFB.de: Gibt es eine Sportart, die den Altherrenfußball ideal ergänzt?

Meyer: Als Ergänzung empfehle ich Rückschlagsportarten wie Tennis, weil beim Tennis stärker als beim Fußball die Muskulatur des Oberkörpers einbezogen wird. Auch dem Fußball angepasstes Fitnesstraining, das vielfach in Vereinen und Studios angeboten wird und auch in Eigenregie möglich ist, würde gut zum Fußball passen.

DFB.de: Bis zu welchem Alter können Sie das Fußballspielen empfehlen? Sehen Sie eine Obergrenze?

Meyer: Entscheidend ist nicht das Alter, das auf dem Papier steht, sondern das biologische Alter. Eine Grenze lässt sich daher schwer ziehen. Vernunft ist wichtig und die Fähigkeit zur kritischen Selbstbeobachtung. Wenn ein Spieler erkennt, dass er durch die Belastungen des Fußballs Beschwerden bekommt, etwa Druck auf der Brust oder Atemnot oder auch Gelenkschmerzen, dann ist es an der Zeit, zum Arzt zu gehen. Aber für alle, die keine Vorerkrankungen haben, ist regelmäßiges Fußballspielen ein sehr gutes Instrument, um gesund älter zu werden.

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