Gerald Asamoah: "Ich bin umgefallen"

Gerald Asamoah hat zwei Weltmeisterschaften für Deutschland gespielt und insgesamt 43 Spiele für das DFB-Team absolviert. Seinem Debüt ging ein langer Prozess voraus, Asamoah hätte auch für Ghana spielen können. Aber sein Bauch gab schließlich den Ausschlag für Deutschland. Im Interview mit DFB.de erzählt er von Gesprächen mit Rudi Assauer, der Nervosität vor dem ersten Spiel und dem Hype danach.

DFB.de: Was erinnert Sie heute noch an Ihr erstes Länderspiel, Herr Asamoah?

Gerald Asamoah: Ich habe vor unserem Termin heute extra nochmal gesucht. Nach der Medaille, die man eigentlich damals nach jedem Länderspiel bekommen hat. Aber nichts gefunden. Sogar das Trikot nicht. Und dann fiel mir ein, dass ich das meinem damaligen Schalke-Mitspieler Mike Büskens geschenkt habe, mit dem ich mich immer gut verstanden habe. Ich habe ihm gesagt: Nach meinem ersten Länderspiel bekommst du mein Trikot, ich meine, es war die Rückennummer 17.

DFB.de: Und den Ball? Immerhin haben Sie in jenem Spiel 2001 gegen die Slowakei in Bremen gleich Ihr erstes Tor gemacht. Zur 1:0-Führung.

Asamoah: Damals war es noch so, dass nicht jeder den Ball mitnehmen durfte. Das war noch zu teuer (lacht). In dem ganzen Hype habe ich das damals auch vergessen, obwohl ich in meinem Haus einen Keller habe, wo alles gesammelt wird. Meine Haushälterin pflegt meine Sammlung seit 20 Jahren. Irgendwann habe ich das Trikot von Kaka gefunden, das ich 2002 nach dem WM-Finale getauscht habe. Ich erinnere mich noch, wie enttäuscht ich war, dass es nicht von Ronaldo war. Und zwei Jahre später lese ich: Mailand holt Kaka. Damals dachte ich: Kaka? Den kenne ich doch irgendwo her (lacht).

DFB.de: Wir erinnern uns mal gemeinsam: Es war 2001, Sie bei Schalke, Rudi Völler war für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zuständig, 2002 sollte die WM in Japan und Südkorea folgen. Wie kamen Sie zusammen?

Asamoah: Wir sind Pokalsieger geworden und hatten vorher die unselige Meisterschaft der Herzen erlebt. Eine aufregende Zeit auf Schalke. Und für mich gab es eine Vorgeschichte: Deutschland wollte mich schon für die U 21 haben, aber damals hatte ich noch abgelehnt, weil ich mir nicht sicher war, ob ich das wirklich wollte. Ich hatte Hannes Löhr einige Male getroffen, hatte aber Angst, festgespielt zu sein und damit die Entscheidung gegen mein anderes Heimatland Ghana getroffen zu haben.

DFB.de: Und dann hat Rudi Völler mit seinem Charme jeden Widerstand gebrochen?

Asamoah: Ich hatte eine starke Saison gespielt. Dann kam eine Einladung von Horst Hrubesch für die A2. Es hieß, ich sei dann nicht festgespielt, also habe ich es gemacht. Wir waren wirklich nicht überragend und haben fast alles verloren, aber mein erstes Länderspiel dort haben wir mit 2:0 gewonnen, damals mit Bernd Schneider, Lars Ricken und anderen. Danach wurde oft geschrieben: Asamoah muss ins A-Team. Und als wir die Meisterschaft mit Schalke verpasst hatten, rief Rudi Völler an.

DFB.de: Wie lief das Gespräch?

Asamoah: Ich war zwei Tage in Hannover bei meiner Familie, direkt vor dem Pokalfinale. Unbekannte Nummer. Da gehe ich eigentlich nie ran. Aber diesmal schon, warum auch immer. Wir hatten ein lockeres Gespräch, Rudi ist ja ein entspannter Typ, er hat mich eingeladen, da war klar, dass ich mich für Deutschland entschieden hatte. Ich hatte auch mit Rudi Assauer oft darüber gesprochen. Man könnte sagen, er hat mich nicht ganz uneigennützig beraten (lacht): Wenn ich für Ghana gespielt hätte, wäre ich wegen des Afrika-Cups immer lange für Schalke ausgefallen. Es war am Ende meine Bauchentscheidung.

DFB.de: Ghana war aber immer auch ein Thema?

Asamoah: Natürlich habe ich auch mal gedacht, ich könnte für Ghana noch viel mehr Länderspiele machen. Ein kleines Land. Und es gab ja auch eine Vorgeschichte beim DFB: Spieler wie Paulo Rink oder Sean Dundee, die in Deutschland als Nationalspieler Karriere machen wollten und dann nicht viel oder gar nicht gespielt haben. Ich wollte nicht der nächste von ihnen sein. Aber wie gesagt: Am Ende war es eine Bauchentscheidung.

DFB.de: Wie waren die Reaktionen aus Ghana?

Asamoah: Dazu gibt es eine Vorgeschichte. Ich war ja schon mal in Ghana zum Länderspiel und hatte mich eigentlich schon für das Land entschieden, als ich noch bei Hannover 96 spielte. Für ein Länderspiel gegen Mosambik sind Otto Addo und ich angereist. Charles Akonnor und Samuel Kuffour waren auch dabei. Ich erinnere mich noch gut: Ich saß da mit privaten Klamotten, es war richtig heiß, nicht so wie hier nur 35 Grad. Und dann verteilt der Kapitän ohne große Vorbereitung am Nachmittag um 15 Uhr Trainingsanzüge. Otto und ich schauten uns an: Wir hatten beide keinen bekommen, waren nicht im 18er-Kader. Wir haben uns das Spiel angeschaut und sind wieder zurück nach Deutschland. Danach haben sie mich noch sehr oft eingeladen, aber ich habe gesagt: Ich komme nicht mehr.

DFB.de: Sie waren der erste gebürtige Schwarzafrikaner, der für Deutschland gespielt hat. Was bedeutet Ihnen das heute?

Asamoah: Klar empfinde ich schon auch Stolz. Ich bin den Weg gegangen, den vorher noch niemand gegangen ist. Du machst dir vorher viele Gedanken. Wird man akzeptiert? Wie komme ich an? Ich habe wirklich mit vielen Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit Anthony Yeboah, der für Ghana spielte. Er sagte mir: Gerald, wenn ich die Chance gehabt hätte, ich wäre zu Fuß nach Deutschland gegangen. Aber es war nicht so leicht. Ich hatte schon schlimme Sachen erlebt: Als wir 1997 mit Hannover in Cottbus um den Aufstieg spielten, wurde ich noch mit Bananen beworfen. Und vier Jahre später sollte ich für Deutschland spielen?

DFB.de: Das Freundschaftsspiel gegen die Slowakei – Ihr erstes Länderspiel – ging 2:0 aus. Die Mannschaft spielte damals in ungewöhnlicher Zusammenstellung. Erinnern Sie sich?

Asamoah: Bayern hatte gerade das Champions League-Endspiel hinter sich. Wir hatten auf Schalke nach dem Pokalsieg lange gefeiert, ich bin mit Jörg Böhme hingefahren. Komplett im Schalke-Outfit (lacht), ich wusste gar nicht, was ich anziehen sollte. Ich war noch leicht angeschlagen, dann kam Rudi Völler zu mir und sagte: Gerald, kurze Info: Du fängst morgen an. Ich bin umgefallen. Ich hätte das nie im Leben gedacht. Ich habe abends nichts mehr gegessen, kaum geschlafen, weil ich so nervös war.

DFB.de: Sie haben das 1:0 gemacht.

Asamoah: Ja. Und mit links! Huub Stevens und sein Co-Trainer Eddy Achterberg hatten immer wieder meinen linken Fuß trainiert, weil ich auch bei Schalke über rechts kam. Dann habe ich den Ball auf der rechten Seite von Michael Ballack bekommen, habe zwei Leute ausgespielt und ihn flach in die lange Ecke gezogen. Und dann habe ich mir erstmal überlegt, wie ich jubeln soll. Auf Schalke hatte ich ja meist getanzt (lacht). Ich erinnere mich übrigens noch an eine nette Geschichte zur Nationalhymne.

DFB.de: Erzählen Sie bitte!

Asamoah: Wir hatten damals Yves Eigenrauch in der Mannschaft auf Schalke. Der hatte mit Fußball wirklich nichts zu tun außerhalb seines eigenen Spiels, er interessierte sich für alles, aber nicht für den Fußballbetrieb. Er hat nie etwas gelesen. Er sagte mir: Ach, du bist jetzt Nationalspieler? Dann werde ich mal ausnahmsweise den Fernseher einschalten, aber nur um zu sehen, ob du bei der Nationalhymne mitsingst. Und ungelogen: Die Hymne lief. Und ich habe die ganze Zeit nur an Yves Eigenrauch gedacht. Vor meinem ersten Länderspiel! Ich konnte nicht mitsingen. Aber nachher habe ich das dann immer gemacht.

DFB.de: Wie war das Feedback auf Ihr erstes Länderspiel?

Asamoah: Der Hype begann. Es wurde nur über mich berichtet, danach hatten wir WM-Quali-Spiele gegen Finnland und Albanien, beide Male habe ich von Beginn an gespielt.

DFB.de: 2002 kam die WM. Mit Gerald Asamoah.

Asamoah: Es hieß überall, wir haben fast keine guten Spieler. Und dann ist nach dem Spiel gegen Kamerun etwas wirklich Großes entstanden, als wir mit einem Mann weniger gewonnen haben. Danach lief es, es war ein herausragender Teamspirit. Michael Ballack und Oliver Kahn, die haben uns getragen. Und es waren junge Leute wie Christoph Metzelder, Sebastian Kehl oder auch ich dabei, die Mischung hat gepasst. Die Weltmeisterschaften waren absolute Höhepunkte für mich. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich eine WM im eigenen Land erlebe.

DFB.de: 2006.

Asamoah: Da habe ich gegen Ecuador zwar nur ein Spiel gemacht, aber das Erlebnis war überragend. Endlich haben wir erlebt, was in diesem Land stattfinden kann, wenn wir eine Einheit sind. Wir haben ja alles hautnah mitbekommen. Mein Verhältnis zu Jürgen Klinsmann und Joachim Löw war auch gut. Klinsmann hat uns überrascht. Beim Essen hat er mich 2006 zum DJ gemacht.

DFB.de: Wie kam es dazu?

Asamoah: Ich war ja eigentlich zum Fußballspielen gekommen (lacht). Aber jeder muss sich einbringen für den Erfolg. Ich musste ab sofort meinen iPod mitbringen und für die Musik sorgen. Fußballer sind abergläubisch. Mein Job ging in der Kabine los: Ich hatte mich viel damit beschäftigt, es kam das Album von Xavier Naidoo raus, und ich habe etwas ausgesucht: "Dieser Weg" und "Was wir alleine nicht schaffen". Das haben wir gehört, jedes Mal, bevor wir rausgegangen sind. Das war mein DJ-Dasein. Ich musste es immer anmachen. Ich sagte: Macht doch selbst an! Und alle erwiderten: Nein, Asa, du musst das machen.

DFB.de: Es gab nie einen Rücktritt von Ihnen?

Asamoah: Nach der WM 2006 habe ich mir Ende September beim Europa League-Spiel in Nancy das Bein gebrochen, war danach sieben Monate raus. Ich hatte noch guten Kontakt zu Jogi Löw, aber ich habe es nicht mehr geschafft. Die jungen Leute, die nachkamen, haben es dann auch wirklich gut gemacht. Und wenn du nicht mehr eingeladen wirst, kannst du ja auch nicht mehr zurücktreten (lacht).

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Gerald Asamoah hat zwei Weltmeisterschaften für Deutschland gespielt und insgesamt 43 Spiele für das DFB-Team absolviert. Seinem Debüt ging ein langer Prozess voraus, Asamoah hätte auch für Ghana spielen können. Aber sein Bauch gab schließlich den Ausschlag für Deutschland. Im Interview mit DFB.de erzählt er von Gesprächen mit Rudi Assauer, der Nervosität vor dem ersten Spiel und dem Hype danach.

DFB.de: Was erinnert Sie heute noch an Ihr erstes Länderspiel, Herr Asamoah?

Gerald Asamoah: Ich habe vor unserem Termin heute extra nochmal gesucht. Nach der Medaille, die man eigentlich damals nach jedem Länderspiel bekommen hat. Aber nichts gefunden. Sogar das Trikot nicht. Und dann fiel mir ein, dass ich das meinem damaligen Schalke-Mitspieler Mike Büskens geschenkt habe, mit dem ich mich immer gut verstanden habe. Ich habe ihm gesagt: Nach meinem ersten Länderspiel bekommst du mein Trikot, ich meine, es war die Rückennummer 17.

DFB.de: Und den Ball? Immerhin haben Sie in jenem Spiel 2001 gegen die Slowakei in Bremen gleich Ihr erstes Tor gemacht. Zur 1:0-Führung.

Asamoah: Damals war es noch so, dass nicht jeder den Ball mitnehmen durfte. Das war noch zu teuer (lacht). In dem ganzen Hype habe ich das damals auch vergessen, obwohl ich in meinem Haus einen Keller habe, wo alles gesammelt wird. Meine Haushälterin pflegt meine Sammlung seit 20 Jahren. Irgendwann habe ich das Trikot von Kaka gefunden, das ich 2002 nach dem WM-Finale getauscht habe. Ich erinnere mich noch, wie enttäuscht ich war, dass es nicht von Ronaldo war. Und zwei Jahre später lese ich: Mailand holt Kaka. Damals dachte ich: Kaka? Den kenne ich doch irgendwo her (lacht).

DFB.de: Wir erinnern uns mal gemeinsam: Es war 2001, Sie bei Schalke, Rudi Völler war für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zuständig, 2002 sollte die WM in Japan und Südkorea folgen. Wie kamen Sie zusammen?

Asamoah: Wir sind Pokalsieger geworden und hatten vorher die unselige Meisterschaft der Herzen erlebt. Eine aufregende Zeit auf Schalke. Und für mich gab es eine Vorgeschichte: Deutschland wollte mich schon für die U 21 haben, aber damals hatte ich noch abgelehnt, weil ich mir nicht sicher war, ob ich das wirklich wollte. Ich hatte Hannes Löhr einige Male getroffen, hatte aber Angst, festgespielt zu sein und damit die Entscheidung gegen mein anderes Heimatland Ghana getroffen zu haben.

DFB.de: Und dann hat Rudi Völler mit seinem Charme jeden Widerstand gebrochen?

Asamoah: Ich hatte eine starke Saison gespielt. Dann kam eine Einladung von Horst Hrubesch für die A2. Es hieß, ich sei dann nicht festgespielt, also habe ich es gemacht. Wir waren wirklich nicht überragend und haben fast alles verloren, aber mein erstes Länderspiel dort haben wir mit 2:0 gewonnen, damals mit Bernd Schneider, Lars Ricken und anderen. Danach wurde oft geschrieben: Asamoah muss ins A-Team. Und als wir die Meisterschaft mit Schalke verpasst hatten, rief Rudi Völler an.

DFB.de: Wie lief das Gespräch?

Asamoah: Ich war zwei Tage in Hannover bei meiner Familie, direkt vor dem Pokalfinale. Unbekannte Nummer. Da gehe ich eigentlich nie ran. Aber diesmal schon, warum auch immer. Wir hatten ein lockeres Gespräch, Rudi ist ja ein entspannter Typ, er hat mich eingeladen, da war klar, dass ich mich für Deutschland entschieden hatte. Ich hatte auch mit Rudi Assauer oft darüber gesprochen. Man könnte sagen, er hat mich nicht ganz uneigennützig beraten (lacht): Wenn ich für Ghana gespielt hätte, wäre ich wegen des Afrika-Cups immer lange für Schalke ausgefallen. Es war am Ende meine Bauchentscheidung.

DFB.de: Ghana war aber immer auch ein Thema?

Asamoah: Natürlich habe ich auch mal gedacht, ich könnte für Ghana noch viel mehr Länderspiele machen. Ein kleines Land. Und es gab ja auch eine Vorgeschichte beim DFB: Spieler wie Paulo Rink oder Sean Dundee, die in Deutschland als Nationalspieler Karriere machen wollten und dann nicht viel oder gar nicht gespielt haben. Ich wollte nicht der nächste von ihnen sein. Aber wie gesagt: Am Ende war es eine Bauchentscheidung.

DFB.de: Wie waren die Reaktionen aus Ghana?

Asamoah: Dazu gibt es eine Vorgeschichte. Ich war ja schon mal in Ghana zum Länderspiel und hatte mich eigentlich schon für das Land entschieden, als ich noch bei Hannover 96 spielte. Für ein Länderspiel gegen Mosambik sind Otto Addo und ich angereist. Charles Akonnor und Samuel Kuffour waren auch dabei. Ich erinnere mich noch gut: Ich saß da mit privaten Klamotten, es war richtig heiß, nicht so wie hier nur 35 Grad. Und dann verteilt der Kapitän ohne große Vorbereitung am Nachmittag um 15 Uhr Trainingsanzüge. Otto und ich schauten uns an: Wir hatten beide keinen bekommen, waren nicht im 18er-Kader. Wir haben uns das Spiel angeschaut und sind wieder zurück nach Deutschland. Danach haben sie mich noch sehr oft eingeladen, aber ich habe gesagt: Ich komme nicht mehr.

DFB.de: Sie waren der erste gebürtige Schwarzafrikaner, der für Deutschland gespielt hat. Was bedeutet Ihnen das heute?

Asamoah: Klar empfinde ich schon auch Stolz. Ich bin den Weg gegangen, den vorher noch niemand gegangen ist. Du machst dir vorher viele Gedanken. Wird man akzeptiert? Wie komme ich an? Ich habe wirklich mit vielen Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit Anthony Yeboah, der für Ghana spielte. Er sagte mir: Gerald, wenn ich die Chance gehabt hätte, ich wäre zu Fuß nach Deutschland gegangen. Aber es war nicht so leicht. Ich hatte schon schlimme Sachen erlebt: Als wir 1997 mit Hannover in Cottbus um den Aufstieg spielten, wurde ich noch mit Bananen beworfen. Und vier Jahre später sollte ich für Deutschland spielen?

DFB.de: Das Freundschaftsspiel gegen die Slowakei – Ihr erstes Länderspiel – ging 2:0 aus. Die Mannschaft spielte damals in ungewöhnlicher Zusammenstellung. Erinnern Sie sich?

Asamoah: Bayern hatte gerade das Champions League-Endspiel hinter sich. Wir hatten auf Schalke nach dem Pokalsieg lange gefeiert, ich bin mit Jörg Böhme hingefahren. Komplett im Schalke-Outfit (lacht), ich wusste gar nicht, was ich anziehen sollte. Ich war noch leicht angeschlagen, dann kam Rudi Völler zu mir und sagte: Gerald, kurze Info: Du fängst morgen an. Ich bin umgefallen. Ich hätte das nie im Leben gedacht. Ich habe abends nichts mehr gegessen, kaum geschlafen, weil ich so nervös war.

DFB.de: Sie haben das 1:0 gemacht.

Asamoah: Ja. Und mit links! Huub Stevens und sein Co-Trainer Eddy Achterberg hatten immer wieder meinen linken Fuß trainiert, weil ich auch bei Schalke über rechts kam. Dann habe ich den Ball auf der rechten Seite von Michael Ballack bekommen, habe zwei Leute ausgespielt und ihn flach in die lange Ecke gezogen. Und dann habe ich mir erstmal überlegt, wie ich jubeln soll. Auf Schalke hatte ich ja meist getanzt (lacht). Ich erinnere mich übrigens noch an eine nette Geschichte zur Nationalhymne.

DFB.de: Erzählen Sie bitte!

Asamoah: Wir hatten damals Yves Eigenrauch in der Mannschaft auf Schalke. Der hatte mit Fußball wirklich nichts zu tun außerhalb seines eigenen Spiels, er interessierte sich für alles, aber nicht für den Fußballbetrieb. Er hat nie etwas gelesen. Er sagte mir: Ach, du bist jetzt Nationalspieler? Dann werde ich mal ausnahmsweise den Fernseher einschalten, aber nur um zu sehen, ob du bei der Nationalhymne mitsingst. Und ungelogen: Die Hymne lief. Und ich habe die ganze Zeit nur an Yves Eigenrauch gedacht. Vor meinem ersten Länderspiel! Ich konnte nicht mitsingen. Aber nachher habe ich das dann immer gemacht.

DFB.de: Wie war das Feedback auf Ihr erstes Länderspiel?

Asamoah: Der Hype begann. Es wurde nur über mich berichtet, danach hatten wir WM-Quali-Spiele gegen Finnland und Albanien, beide Male habe ich von Beginn an gespielt.

DFB.de: 2002 kam die WM. Mit Gerald Asamoah.

Asamoah: Es hieß überall, wir haben fast keine guten Spieler. Und dann ist nach dem Spiel gegen Kamerun etwas wirklich Großes entstanden, als wir mit einem Mann weniger gewonnen haben. Danach lief es, es war ein herausragender Teamspirit. Michael Ballack und Oliver Kahn, die haben uns getragen. Und es waren junge Leute wie Christoph Metzelder, Sebastian Kehl oder auch ich dabei, die Mischung hat gepasst. Die Weltmeisterschaften waren absolute Höhepunkte für mich. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich eine WM im eigenen Land erlebe.

DFB.de: 2006.

Asamoah: Da habe ich gegen Ecuador zwar nur ein Spiel gemacht, aber das Erlebnis war überragend. Endlich haben wir erlebt, was in diesem Land stattfinden kann, wenn wir eine Einheit sind. Wir haben ja alles hautnah mitbekommen. Mein Verhältnis zu Jürgen Klinsmann und Joachim Löw war auch gut. Klinsmann hat uns überrascht. Beim Essen hat er mich 2006 zum DJ gemacht.

DFB.de: Wie kam es dazu?

Asamoah: Ich war ja eigentlich zum Fußballspielen gekommen (lacht). Aber jeder muss sich einbringen für den Erfolg. Ich musste ab sofort meinen iPod mitbringen und für die Musik sorgen. Fußballer sind abergläubisch. Mein Job ging in der Kabine los: Ich hatte mich viel damit beschäftigt, es kam das Album von Xavier Naidoo raus, und ich habe etwas ausgesucht: "Dieser Weg" und "Was wir alleine nicht schaffen". Das haben wir gehört, jedes Mal, bevor wir rausgegangen sind. Das war mein DJ-Dasein. Ich musste es immer anmachen. Ich sagte: Macht doch selbst an! Und alle erwiderten: Nein, Asa, du musst das machen.

DFB.de: Es gab nie einen Rücktritt von Ihnen?

Asamoah: Nach der WM 2006 habe ich mir Ende September beim Europa League-Spiel in Nancy das Bein gebrochen, war danach sieben Monate raus. Ich hatte noch guten Kontakt zu Jogi Löw, aber ich habe es nicht mehr geschafft. Die jungen Leute, die nachkamen, haben es dann auch wirklich gut gemacht. Und wenn du nicht mehr eingeladen wirst, kannst du ja auch nicht mehr zurücktreten (lacht).

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