Fandel: "Jetzt werde ich erstmal durchatmen"

Schlusspfiff von und für Herbert Fandel. Zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze beendet der 45-jährige DFB-Schiedsrichter seine erfolgreiche nationale und internationale Laufbahn.

Im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" mit Internetredakteur Thomas Hackbarth zieht Fandel, der viermal zum besten deutschen Schiedsrichter gewählt wurde, eine zufriedene Bilanz und gibt interessante Ausblicke. Teil I des großen Interviews mit Herbert Fandel:

Frage: Herr Fandel, eine Ära geht zu Ende. Seit 1995 haben Sie in der Bundesliga insgesamt 247 Spiele geleitet, dazu 26 Länderspiele und 56 Europapokalspiele. 2007 haben Sie das Champions-League-Finale geleitet. Eigentlich könnten Sie noch zwei Jahre in der Bundesliga pfeifen. Dennoch hören Sie jetzt auf. Warum?

Herbert Fandel: Für mich war immer klar, dass ich dann aufhöre, wenn ich es selbst will. Es sollte ein Moment sein, in dem ich mit ausschließlich positiven Gedanken abschließen kann. Jetzt ist – nach einer langen Karriere – der richtige Zeitpunkt gekommen.

Frage: Was sind Ihre Beweggründe?

Fandel: Ein Leistungssportler braucht Ziele. Die habe ich in den vergangenen Jahren eingefahren: Champions-League-Endspiel, UEFA-Cup-Endspiel, zweimal das DFB-Pokalendspiel. Bereits nach der Europameisterschaft 2008 merkte ich, dass es anders war als vorher.

Herbert Fandel - Schiedsrichter mit Leib und Seele

Frage: Wann war Ihnen definitiv klar, dass Schluss ist?

Fandel: Erst in den vergangenen Wochen wurde es ganz konkret. Vorher war da nur das Gefühl, dass ich meine großen Ziele erreicht hatte und damit eine neue Zeit anbricht. Dieses Gefühl kennt wohl jeder Leistungssportler.

Frage: Hat Sie die Fußverletzung ebenfalls zum Aufhören gebracht?

Fandel: Ich hatte diese Saison weniger Einsätze aufgrund der Entzündung an der Fußsohle. Die Pausen haben mir Zeit zum Nachdenken gegeben. Ich habe die Verletzung als Signal verstanden, aber das war nicht entscheidend für meinen Entschluss.

Frage: Sie haben mit Markus Merk für mehr als ein Jahrzehnt das Bild des Schiedsrichters in Deutschland geprägt. Nun werden Sie künftig im Schiedsrichter-Ausschuss mitarbeiten. Wer hat Sie dafür gewonnen?

Fandel: Volker Roth hat schon vor längerer Zeit in dieser Hinsicht mit mir gesprochen, aber auch DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und Vizepräsident Dr. Rainer Koch haben sich gewünscht, dass ich meine Erfahrungen in den Schiedsrichter-Ausschuss einbringe. Dieses Vertrauen ehrt mich. Es gibt nun viele Möglichkeiten und Perspektiven in meinem Leben, aber ich werde jetzt nicht in Aktionismus verfallen. Nach dieser Karriere werde ich jetzt erstmal durchatmen.

Frage: Sie standen 30 Jahre als Schiedsrichter auf dem Platz, davon zwei Jahrzehnte im Profifußball. Erinnern Sie sich an ihr erstes Spiel überhaupt?

Fandel: Damals habe ich noch Jugendfußball gespielt. Mein erster Einsatz überhaupt war bei einem Spiel dieser Jugend der DJK Utscheid als kein geprüfter Schiedsrichter erschien. Ich erinnere mich noch, dass ich einen Handelfmeter für den Gegner gegeben habe, der das Spiel dann auch entschieden hat.

Frage: Ganz objektiv von Anfang an...

Fandel: Mit dem Willen, konsequent, geradlinig und berechenbar diese neue Aufgabe anzugehen.

Frage: Das erste Bundesliga-Spiel war...?

Fandel: VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt. Das war 1995. Für mich damals eine Bestätigung der vielen Arbeit, die man leisten muss als Schiedsrichter, um auf dieses Niveau zu gelangen. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich.

Frage: Wo haben Sie in zwei Jahrzehnten Bundesliga am meisten dazugelernt?

Fandel: Ich habe mir zu jeder Phase meiner Laufbahn neue Ziele gesteckt und hatte das Gefühl, dass ich immer dazu lerne. Man muss selbstkritisch und authentisch bleiben. Gegenwind ist unvermeidlich, wenn man diesen Job konsequent und geradlinig betreibt.

Frage: Sie wurden von einem Zuschauer auf dem Feld angegriffen, während des Qualifikationsspiels Dänemark gegen Schweden 2007 war das. Gab es andere Vorfälle? Wie hält man die ständige Kritik über Jahrzehnte aus?

Fandel: An die Kritik der Öffentlichkeit muss man sich ja nicht von heute auf morgen gewöhnen. Als Schiedsrichter geht man einen langen Weg, um Kompetenzen und Sachverstand aufzubauen. Immer wieder wird man geschult, beobachtet und hinterfragt sich selbst. Erst wenn man wirklich Qualitäten mitbringt, steigt man als Schiedsrichter in die Bundesliga auf. Ganz ehrlich, am Ende hat mich dieser Druck überhaupt nicht mehr interessiert.

Frage: Haben Fans Sie auch mal gelobt?

Fandel: Die Mehrzahl der Reaktionen war positiv. Gerade hier in meiner Heimat, in der Eifel, waren die Menschen immer froh, dass einer von ihnen im Profifußball dabei ist. Aber den Respekt spüre ich in ganz Deutschland, egal wohin ich komme. Ein schönes Gefühl zum Abschluss meiner Karriere.

Frage: War die Leitung des Champions-League-Finales zwischen Mailand und Liverpool der Karrierehöhepunkt als Schiedsrichter?

Fandel: Davon hatte ich schon als Jugendlicher geträumt, einmal dieses Spiel zu leiten. Ich kann mich heute noch an nahezu jede Situation erinnern.

Frage: Sie wurden nicht für die WM 2006 im eigenen Land nominiert. Wie sehen Sie heute die damalige Entscheidung der FIFA, nur einen Schiedsrichter aus dem Gastgeberland zu nominieren?

Fandel: Im Laufe der Jahre habe ich begriffen, dass Entscheidungen auch sportpolitisch begründet sein können. Insofern habe ich die Auswahl akzeptiert. Diese sportpolitischen Kriterien hätte man seitens der FIFA früher und stärker betonen könne, dann wären auch keine falschen Hoffnungen geweckt worden. Aber Schwamm drüber...

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Schlusspfiff von und für Herbert Fandel. Zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze beendet der 45-jährige DFB-Schiedsrichter seine erfolgreiche nationale und internationale Laufbahn.

Im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" mit Internetredakteur Thomas Hackbarth zieht Fandel, der viermal zum besten deutschen Schiedsrichter gewählt wurde, eine zufriedene Bilanz und gibt interessante Ausblicke. Teil I des großen Interviews mit Herbert Fandel:

Frage: Herr Fandel, eine Ära geht zu Ende. Seit 1995 haben Sie in der Bundesliga insgesamt 247 Spiele geleitet, dazu 26 Länderspiele und 56 Europapokalspiele. 2007 haben Sie das Champions-League-Finale geleitet. Eigentlich könnten Sie noch zwei Jahre in der Bundesliga pfeifen. Dennoch hören Sie jetzt auf. Warum?

Herbert Fandel: Für mich war immer klar, dass ich dann aufhöre, wenn ich es selbst will. Es sollte ein Moment sein, in dem ich mit ausschließlich positiven Gedanken abschließen kann. Jetzt ist – nach einer langen Karriere – der richtige Zeitpunkt gekommen.

Frage: Was sind Ihre Beweggründe?

Fandel: Ein Leistungssportler braucht Ziele. Die habe ich in den vergangenen Jahren eingefahren: Champions-League-Endspiel, UEFA-Cup-Endspiel, zweimal das DFB-Pokalendspiel. Bereits nach der Europameisterschaft 2008 merkte ich, dass es anders war als vorher.

Herbert Fandel - Schiedsrichter mit Leib und Seele

Frage: Wann war Ihnen definitiv klar, dass Schluss ist?

Fandel: Erst in den vergangenen Wochen wurde es ganz konkret. Vorher war da nur das Gefühl, dass ich meine großen Ziele erreicht hatte und damit eine neue Zeit anbricht. Dieses Gefühl kennt wohl jeder Leistungssportler.

Frage: Hat Sie die Fußverletzung ebenfalls zum Aufhören gebracht?

Fandel: Ich hatte diese Saison weniger Einsätze aufgrund der Entzündung an der Fußsohle. Die Pausen haben mir Zeit zum Nachdenken gegeben. Ich habe die Verletzung als Signal verstanden, aber das war nicht entscheidend für meinen Entschluss.

Frage: Sie haben mit Markus Merk für mehr als ein Jahrzehnt das Bild des Schiedsrichters in Deutschland geprägt. Nun werden Sie künftig im Schiedsrichter-Ausschuss mitarbeiten. Wer hat Sie dafür gewonnen?

Fandel: Volker Roth hat schon vor längerer Zeit in dieser Hinsicht mit mir gesprochen, aber auch DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und Vizepräsident Dr. Rainer Koch haben sich gewünscht, dass ich meine Erfahrungen in den Schiedsrichter-Ausschuss einbringe. Dieses Vertrauen ehrt mich. Es gibt nun viele Möglichkeiten und Perspektiven in meinem Leben, aber ich werde jetzt nicht in Aktionismus verfallen. Nach dieser Karriere werde ich jetzt erstmal durchatmen.

Frage: Sie standen 30 Jahre als Schiedsrichter auf dem Platz, davon zwei Jahrzehnte im Profifußball. Erinnern Sie sich an ihr erstes Spiel überhaupt?

Fandel: Damals habe ich noch Jugendfußball gespielt. Mein erster Einsatz überhaupt war bei einem Spiel dieser Jugend der DJK Utscheid als kein geprüfter Schiedsrichter erschien. Ich erinnere mich noch, dass ich einen Handelfmeter für den Gegner gegeben habe, der das Spiel dann auch entschieden hat.

Frage: Ganz objektiv von Anfang an...

Fandel: Mit dem Willen, konsequent, geradlinig und berechenbar diese neue Aufgabe anzugehen.

Frage: Das erste Bundesliga-Spiel war...?

Fandel: VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt. Das war 1995. Für mich damals eine Bestätigung der vielen Arbeit, die man leisten muss als Schiedsrichter, um auf dieses Niveau zu gelangen. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich.

Frage: Wo haben Sie in zwei Jahrzehnten Bundesliga am meisten dazugelernt?

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Fandel: Ich habe mir zu jeder Phase meiner Laufbahn neue Ziele gesteckt und hatte das Gefühl, dass ich immer dazu lerne. Man muss selbstkritisch und authentisch bleiben. Gegenwind ist unvermeidlich, wenn man diesen Job konsequent und geradlinig betreibt.

Frage: Sie wurden von einem Zuschauer auf dem Feld angegriffen, während des Qualifikationsspiels Dänemark gegen Schweden 2007 war das. Gab es andere Vorfälle? Wie hält man die ständige Kritik über Jahrzehnte aus?

Fandel: An die Kritik der Öffentlichkeit muss man sich ja nicht von heute auf morgen gewöhnen. Als Schiedsrichter geht man einen langen Weg, um Kompetenzen und Sachverstand aufzubauen. Immer wieder wird man geschult, beobachtet und hinterfragt sich selbst. Erst wenn man wirklich Qualitäten mitbringt, steigt man als Schiedsrichter in die Bundesliga auf. Ganz ehrlich, am Ende hat mich dieser Druck überhaupt nicht mehr interessiert.

Frage: Haben Fans Sie auch mal gelobt?

Fandel: Die Mehrzahl der Reaktionen war positiv. Gerade hier in meiner Heimat, in der Eifel, waren die Menschen immer froh, dass einer von ihnen im Profifußball dabei ist. Aber den Respekt spüre ich in ganz Deutschland, egal wohin ich komme. Ein schönes Gefühl zum Abschluss meiner Karriere.

Frage: War die Leitung des Champions-League-Finales zwischen Mailand und Liverpool der Karrierehöhepunkt als Schiedsrichter?

Fandel: Davon hatte ich schon als Jugendlicher geträumt, einmal dieses Spiel zu leiten. Ich kann mich heute noch an nahezu jede Situation erinnern.

Frage: Sie wurden nicht für die WM 2006 im eigenen Land nominiert. Wie sehen Sie heute die damalige Entscheidung der FIFA, nur einen Schiedsrichter aus dem Gastgeberland zu nominieren?

Fandel: Im Laufe der Jahre habe ich begriffen, dass Entscheidungen auch sportpolitisch begründet sein können. Insofern habe ich die Auswahl akzeptiert. Diese sportpolitischen Kriterien hätte man seitens der FIFA früher und stärker betonen könne, dann wären auch keine falschen Hoffnungen geweckt worden. Aber Schwamm drüber...