DFB-Kongress: "Analysten müssen Sprache des Trainers sprechen"

"Wir ertrinken in einer Flut der Informationen, aber wir hungern nach Wissen." Ein Zitat als Willkommensgruß, als die vielleicht wirklich eine gemeinsame Grundlage für ein nun wirklich heterogenes Publikum. 229 Teilnehmer aus aller Welt - also Trainer, Scouts, aber auch Wirtschaftsanalysten, Gäste aus Russland und alleine 20 Teilnehmer aus Asien, auch Neugierige aus anderen Sportarten, Rugby und Basketball etwa - waren am heutigen Mittwoch in das Hilton am Frankfurter Flughafen gekommen. Den Anlass lieferte der 1. Internationale Spielanalysekongress der DFB-Akademie.

Den inhaltlichen Teil des Kongresses eröffneten DFB-Chefscout Christofer Clemens und Dr. Stephan Nopp, der wissenschaftliche Referent des DFB-Sportdirektors. Beide bilden gemeinsam mit Urs Siegenthaler das Scoutingteam der Nationalmannschaft. Der 45 Jahre alte Clemens befasste sich in seinem Eröffnungsvortrag mit dem Berufsbild des Analysten. Der 37-jährige Nopp gab im Anschluss das Inputreferat zum Kongressmotto: "Spielintelligenz: Wahrnehmen und Entscheiden". Und ganz am Anfang begrüßte also dieses Zitat die Teilnehmer, als Chart auf der Bühnenleinwand.

Clemens: "Raum-Zeit-Gegner-Konstellation wird immer wichtiger"

Clemens hielt seinen Vortrag gemeinsam mit Dr. Hendrik Weber von der DFL. Beide betonten die Bedeutung des Kontextes. In den vergangenen Jahren beschäftigte sich die Branche mit Individualstatistiken und singulären Momenten des Spiels. Inzwischen weitet sich der Blick des Analysten. "Die Raum-Zeit-Gegner-Konstellation wird immer wichtiger", sagte Clemens, der daraus ableitend ausgiebig auf das sich verändernde Berufsbild des Analysten einging. Denn der muss natürlich eine hohe Technikaffinität vorweisen, das spielende Personal des europäischen Fußballs im Schlaf kennen, dessen Stärken und Schwächen, und natürlich müssen sie unendlich fleißig sein.

Aber es geht um mehr. Entscheidend werde, so Clemens, "die richtigen Daten in der richtigen Menge an die richtigen Menschen weiterzugeben." Der Analyst sei in diesem Sinne ein Torwächter, heute sagt man dazu wohl "Gateskeeper". Gerade Siegenthaler hat den Ruf, ausuferndes Datenmaterial über den Gegner in ein Narrativ zu verpacken, das bei den Spielern haften bleibt. Clemens: "Spielanalysten müssen extrem vertrauensvoll mit dem Trainerstab zusammenarbeiten, sie müssen die gleiche Sprache wie der Trainer sprechen."

Erfunden wurde der Beruf des Spielanalysten übrigens 1912 durch einen Leserbriefschreiber in den USA. Der hatte nämlich 1000 Bälle mit einem Baseballschläger ins Feld gedroschen und darüber einen langen und klugen Leserbrief geschrieben. Seitdem ist viel passiert. The Next Big Thing? Die Experten prognostizieren eine steigende Datentiefe und die Livenutzung.

Curtius: "DFB ein Ort der Begeisterung"

Keine Kluft zwischen Theorie und Praxis, genau darum wird es bei der DFB-Akademie gehen, hatte zu Beginn des Kongresses Oliver Bierhoff betont. Der Grundstein für den Neubau soll im Sommer gelegt werden, am Gedankengerüst arbeitet der Golden-Goal-Schütze mit seinem Team schon lange: "Die Akademie soll Praxis und Theorie zusammenbringen. Die Wissenschaft kann unsere Trainer noch besser machen." Den Kongress eröffnet hatte DFB-Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius, der sagte: "Der neue DFB soll ein Ort der Begeisterung, der Ideen und der Begegnung sein."

Zum Abschluss des Vormittags lieferte Dr. Stephan Nopp einen fesselnden Beitrag. Im Spätsommer 2014, einige Woche nach dem Triumph von Maracanã, habe sich ein Team unter Leitung des damaligen Sportdirektors Hansi Flick versammelt, um die Erfolgsfrage von Grund auf zu durchdenken. In seinem Vortrag zeigte Nopp, wie die Durchdringung des Fußballs von der Wurzel her durch die Fortsetzung in der Praxis zu verblüffenden und weitreichenden Erkenntnissen führen kann.

Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand die Handlungsabfolge, von der Wahrnehmung über die Entscheidung zur Umsetzung. "In der Kreisliga werden fast zu jedem Moment elf verschiedene Entscheidungen in einer Mannschaft gefällt. Je höherklassig es wird, desto mehr fällen viele die gleiche Entscheidung." In der Fehleranalyse, so Nopp, "beschäftigen wir uns zu oft nur mit der Umsetzung. Über die Phase der Wahrnehmung wissen wir noch zu wenig."

Das soll sich ändern. Auch durch den 1. Spielanalysekongress der DFB-Akademie.

[th]

"Wir ertrinken in einer Flut der Informationen, aber wir hungern nach Wissen." Ein Zitat als Willkommensgruß, als die vielleicht wirklich eine gemeinsame Grundlage für ein nun wirklich heterogenes Publikum. 229 Teilnehmer aus aller Welt - also Trainer, Scouts, aber auch Wirtschaftsanalysten, Gäste aus Russland und alleine 20 Teilnehmer aus Asien, auch Neugierige aus anderen Sportarten, Rugby und Basketball etwa - waren am heutigen Mittwoch in das Hilton am Frankfurter Flughafen gekommen. Den Anlass lieferte der 1. Internationale Spielanalysekongress der DFB-Akademie.

Den inhaltlichen Teil des Kongresses eröffneten DFB-Chefscout Christofer Clemens und Dr. Stephan Nopp, der wissenschaftliche Referent des DFB-Sportdirektors. Beide bilden gemeinsam mit Urs Siegenthaler das Scoutingteam der Nationalmannschaft. Der 45 Jahre alte Clemens befasste sich in seinem Eröffnungsvortrag mit dem Berufsbild des Analysten. Der 37-jährige Nopp gab im Anschluss das Inputreferat zum Kongressmotto: "Spielintelligenz: Wahrnehmen und Entscheiden". Und ganz am Anfang begrüßte also dieses Zitat die Teilnehmer, als Chart auf der Bühnenleinwand.

Clemens: "Raum-Zeit-Gegner-Konstellation wird immer wichtiger"

Clemens hielt seinen Vortrag gemeinsam mit Dr. Hendrik Weber von der DFL. Beide betonten die Bedeutung des Kontextes. In den vergangenen Jahren beschäftigte sich die Branche mit Individualstatistiken und singulären Momenten des Spiels. Inzwischen weitet sich der Blick des Analysten. "Die Raum-Zeit-Gegner-Konstellation wird immer wichtiger", sagte Clemens, der daraus ableitend ausgiebig auf das sich verändernde Berufsbild des Analysten einging. Denn der muss natürlich eine hohe Technikaffinität vorweisen, das spielende Personal des europäischen Fußballs im Schlaf kennen, dessen Stärken und Schwächen, und natürlich müssen sie unendlich fleißig sein.

Aber es geht um mehr. Entscheidend werde, so Clemens, "die richtigen Daten in der richtigen Menge an die richtigen Menschen weiterzugeben." Der Analyst sei in diesem Sinne ein Torwächter, heute sagt man dazu wohl "Gateskeeper". Gerade Siegenthaler hat den Ruf, ausuferndes Datenmaterial über den Gegner in ein Narrativ zu verpacken, das bei den Spielern haften bleibt. Clemens: "Spielanalysten müssen extrem vertrauensvoll mit dem Trainerstab zusammenarbeiten, sie müssen die gleiche Sprache wie der Trainer sprechen."

Erfunden wurde der Beruf des Spielanalysten übrigens 1912 durch einen Leserbriefschreiber in den USA. Der hatte nämlich 1000 Bälle mit einem Baseballschläger ins Feld gedroschen und darüber einen langen und klugen Leserbrief geschrieben. Seitdem ist viel passiert. The Next Big Thing? Die Experten prognostizieren eine steigende Datentiefe und die Livenutzung.

Curtius: "DFB ein Ort der Begeisterung"

Keine Kluft zwischen Theorie und Praxis, genau darum wird es bei der DFB-Akademie gehen, hatte zu Beginn des Kongresses Oliver Bierhoff betont. Der Grundstein für den Neubau soll im Sommer gelegt werden, am Gedankengerüst arbeitet der Golden-Goal-Schütze mit seinem Team schon lange: "Die Akademie soll Praxis und Theorie zusammenbringen. Die Wissenschaft kann unsere Trainer noch besser machen." Den Kongress eröffnet hatte DFB-Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius, der sagte: "Der neue DFB soll ein Ort der Begeisterung, der Ideen und der Begegnung sein."

Zum Abschluss des Vormittags lieferte Dr. Stephan Nopp einen fesselnden Beitrag. Im Spätsommer 2014, einige Woche nach dem Triumph von Maracanã, habe sich ein Team unter Leitung des damaligen Sportdirektors Hansi Flick versammelt, um die Erfolgsfrage von Grund auf zu durchdenken. In seinem Vortrag zeigte Nopp, wie die Durchdringung des Fußballs von der Wurzel her durch die Fortsetzung in der Praxis zu verblüffenden und weitreichenden Erkenntnissen führen kann.

Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand die Handlungsabfolge, von der Wahrnehmung über die Entscheidung zur Umsetzung. "In der Kreisliga werden fast zu jedem Moment elf verschiedene Entscheidungen in einer Mannschaft gefällt. Je höherklassig es wird, desto mehr fällen viele die gleiche Entscheidung." In der Fehleranalyse, so Nopp, "beschäftigen wir uns zu oft nur mit der Umsetzung. Über die Phase der Wahrnehmung wissen wir noch zu wenig."

Das soll sich ändern. Auch durch den 1. Spielanalysekongress der DFB-Akademie.

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