DFB in VBG-Diskussionen "bestrebt um bestmöglichen Ausgleich"

Wer im Sport Vertragsspieler*innen beschäftigt, hat mit der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) zu tun. Für Diskussionen sorgen aktuell die Entwicklung der Beträge, hohe Gefahrenklassen, eine mögliche Anhebung der Mindestgrenze und Ungleichgewichte im gesamten System. DFB-Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge nimmt Stellung zu wichtigen Fragestellungen rund um das komplexe Thema.

DFB.de: Herr Osnabrügge, warum ist die Verwaltungsberufsgenossenschaft ein wichtiger Partner des Sports?

Dr. Stephan Osnabrügge: Die VBG sorgt unter anderem im Fußball als gesetzliche Unfallversicherung für eine Absicherung von Vertragsspieler*innen - egal welcher Spielklasse. Diese Spieler*innen beziehen bei Verletzungen die deutlich besseren VBG-Leistungen im Vergleich zu den Leistungen der Krankenkassen.

DFB.de: Warum bereitet vielen Klubs das Thema dennoch Kopfzerbrechen?

Osnabrügge: Die Beiträge an die VBG richten sich vereinfacht gesagt nach der Häufigkeit schwerer Verletzungen und nach den Gehaltssummen, begrenzt durch eine Obergrenze, so wie in jedem Zweig der Sozialversicherung. Die Obergrenze ist deutlich gestiegen. Zudem kostet ein Kreuzbandriss in der Verbandsliga dasselbe wie in der Bundesliga. Beim Vertragsspieler in der Verbandsliga werden die Beiträge aber nur auf dessen Vergütung gezahlt, also zum Beispiel 300 Euro. Durch die Entwicklung der VBG-Beiträge sehen sich die Klubs einer immer höheren finanziellen Belastung ausgesetzt. Das ist ein dauerhaftes Diskussionsthema und umtreibt vor allem die Klubs der 3. Liga, der Regionalligen und der FLYERALARM Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Was bedeutet das in Zahlen ausgedrückt?

Osnabrügge: Die Beitragsmessungsgrenze der VBG lag bis 2015 bei 84.000 Euro Jahresgehalt, ab 2016 stieg sie auf 96.000 Euro, seit 2020 beträgt sie 120.000 Euro pro Jahr. Parallel ist die Gefahrenklasse für Sportler*innen, welche für die Berechnung der Beiträge maßgeblich ist, seit 2013 bis heute um mehr als 40 Prozent gestiegen. Bis 2027 ist ein Anstieg um weitere 14 Prozent vorgesehen. Die Drittligisten zahlen aktuell zirka zehn Millionen Euro pro Saison VBG-Beitrag. Der Anteil der VBG-Beiträge an den Gesamtaufwendungen ist beispielsweise in der 3. Liga kontinuierlich auf mittlerweile 6,7 Prozent angewachsen.

DFB.de: Zuletzt kam in der Thematik zusätzliche Aufregung auf. Warum? 

Osnabrügge: Nicht nur bei unseren Klubs sind die Beiträge zunehmend spürbar, sondern in den Profiligen aller Sportarten. Von diesen Ligen außerhalb des Fußballs wurde das Thema auf die Tagesordnung gebracht - und zwar unter zwei Aspekten: zum einen wegen der hohen Gefahrklassen, zum zweiten wegen der mittelbaren Subventionierung im Solidarsystem des Sports. Die VBG und das auf gesetzlicher Ebene zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben dies aufgegriffen und mehrere Arbeitsgruppen gebildet. Einer der dort diskutierten Lösungsvarianten wäre eine signifikante Anhebung der Einstiegshöhe zur Beitragszahlung. Derzeit ist ein Vertragsspieler VBG-versichert, wenn er mehr als 250 Euro pro Monat erhält. Im Raum steht nun, diese Mindestgrenze auf 1200 Euro monatlich anzuheben. Denn die VBG versichert berufliche Tätigkeiten, weshalb die Anknüpfung an eine Summe, die einer beruflichen Tätigkeit zum Mindestlohn entspricht, zumindest eine gewisse Logik hat.

DFB.de: Den Verbänden wurde in diesem Zuge jüngst medial vorgeworfen, sie würden die Geringverdiener im Sport bewusst ausgrenzen wollen.

Osnabrügge: Zunächst: Wir haben diese Diskussion nicht losgetreten, aber natürlich ist es unsere Pflicht, dass wir uns daran beteiligen. Wir befinden uns mitten in diesem Diskussionsprozess. Die Vorschläge, auf die in der Berichterstattung Bezug genommen wurde, stammen nicht vom DFB. Fakt ist, dass der DFB einer Arbeitsgruppe der VBG angehört, in welcher auch andere Verbände und Ligen mitwirken, beispielweise aus Handball und Eishockey. Die dortigen Klubs der höchsten Ligen sind im Vergleich zu den Gesamtumsätzen ähnlich stark belastet wie beispielsweise die Dritt- und Regionalligisten im Fußball. In der Arbeitsgruppe werden mögliche Maßnahmen der VBG diskutiert. Um es nochmal zu betonen: Der DFB ist kein Treiber des genannten Vorschlags. Die Problematiken in Bezug auf Vertragsspieler*innen ab der Regionalliga und darunter, die geringere monatliche Beträge als in den Profiligen erhalten, liegen auf der Hand. Selbstverständlich sind die herausragenden Leistungen der VBG bei den Vertragsspieler*innen willkommen. Auf der anderen Seite kann man auch nachvollziehen, wenn die Erstligisten aus den Ligen außerhalb des Fußballs mögliche Änderungen in die Diskussion einbringen.

DFB.de: Können Sie das Dilemma genauer veranschaulichen?

Osnabrügge: Unter Berücksichtigung der aktuellen Kappungsgrenze von 120.000 Euro Jahresgehalt zahlt ein Klub der 3. Liga für einen Spieler den gleichen VBG-Beitrag wie ein Klub der Bundesliga für einen Spieler mit einem siebenstelligen Gehalt. Die prozentuale Belastung durch VBG-Beiträge ist also für Klubs der 3. Liga, FLYERALARM Frauen-Bundesliga oder Regionalliga ungleich höher als für Bundesligisten und damit deutlich belastender. Andererseits sind die Behandlungskosten für eine Verletzung identisch, sodass zum Teil ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen Beitragszahler und Leistungsempfänger besteht. Dies belastet das Gesamtsystem und führt zu fortlaufenden Beitragserhöhungen. Problematisch ist vor diesem Hintergrund, dass in unteren Ligen Vertragsspieler*innen beschäftigt sind, die den Fußballsport nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausüben. Denn: Hauptzweck der VBG-Versicherung ist es, bei einem Unfall am Arbeitsplatz eine schnellere Regeneration bei der betroffenen Person zu erzielen, um baldmöglich wieder arbeitsfähig zu sein und die existenzsichernden Einkünfte erzielen zu können.

DFB.de: Klingt alles nach einer sehr komplexen Aufgabenstellung. 

Osnabrügge: Das ist sie in der Tat. Der DFB wird diesen Prozess in der Arbeitsgruppe der VBG daher weiter intensiv begleiten und sich einbringen. Wir sind bestrebt um einen bestmöglichen Ausgleich, der alle berechtigten Interessen angemessen berücksichtigt.

[jb]

Wer im Sport Vertragsspieler*innen beschäftigt, hat mit der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) zu tun. Für Diskussionen sorgen aktuell die Entwicklung der Beträge, hohe Gefahrenklassen, eine mögliche Anhebung der Mindestgrenze und Ungleichgewichte im gesamten System. DFB-Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge nimmt Stellung zu wichtigen Fragestellungen rund um das komplexe Thema.

DFB.de: Herr Osnabrügge, warum ist die Verwaltungsberufsgenossenschaft ein wichtiger Partner des Sports?

Dr. Stephan Osnabrügge: Die VBG sorgt unter anderem im Fußball als gesetzliche Unfallversicherung für eine Absicherung von Vertragsspieler*innen - egal welcher Spielklasse. Diese Spieler*innen beziehen bei Verletzungen die deutlich besseren VBG-Leistungen im Vergleich zu den Leistungen der Krankenkassen.

DFB.de: Warum bereitet vielen Klubs das Thema dennoch Kopfzerbrechen?

Osnabrügge: Die Beiträge an die VBG richten sich vereinfacht gesagt nach der Häufigkeit schwerer Verletzungen und nach den Gehaltssummen, begrenzt durch eine Obergrenze, so wie in jedem Zweig der Sozialversicherung. Die Obergrenze ist deutlich gestiegen. Zudem kostet ein Kreuzbandriss in der Verbandsliga dasselbe wie in der Bundesliga. Beim Vertragsspieler in der Verbandsliga werden die Beiträge aber nur auf dessen Vergütung gezahlt, also zum Beispiel 300 Euro. Durch die Entwicklung der VBG-Beiträge sehen sich die Klubs einer immer höheren finanziellen Belastung ausgesetzt. Das ist ein dauerhaftes Diskussionsthema und umtreibt vor allem die Klubs der 3. Liga, der Regionalligen und der FLYERALARM Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Was bedeutet das in Zahlen ausgedrückt?

Osnabrügge: Die Beitragsmessungsgrenze der VBG lag bis 2015 bei 84.000 Euro Jahresgehalt, ab 2016 stieg sie auf 96.000 Euro, seit 2020 beträgt sie 120.000 Euro pro Jahr. Parallel ist die Gefahrenklasse für Sportler*innen, welche für die Berechnung der Beiträge maßgeblich ist, seit 2013 bis heute um mehr als 40 Prozent gestiegen. Bis 2027 ist ein Anstieg um weitere 14 Prozent vorgesehen. Die Drittligisten zahlen aktuell zirka zehn Millionen Euro pro Saison VBG-Beitrag. Der Anteil der VBG-Beiträge an den Gesamtaufwendungen ist beispielsweise in der 3. Liga kontinuierlich auf mittlerweile 6,7 Prozent angewachsen.

DFB.de: Zuletzt kam in der Thematik zusätzliche Aufregung auf. Warum? 

Osnabrügge: Nicht nur bei unseren Klubs sind die Beiträge zunehmend spürbar, sondern in den Profiligen aller Sportarten. Von diesen Ligen außerhalb des Fußballs wurde das Thema auf die Tagesordnung gebracht - und zwar unter zwei Aspekten: zum einen wegen der hohen Gefahrklassen, zum zweiten wegen der mittelbaren Subventionierung im Solidarsystem des Sports. Die VBG und das auf gesetzlicher Ebene zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben dies aufgegriffen und mehrere Arbeitsgruppen gebildet. Einer der dort diskutierten Lösungsvarianten wäre eine signifikante Anhebung der Einstiegshöhe zur Beitragszahlung. Derzeit ist ein Vertragsspieler VBG-versichert, wenn er mehr als 250 Euro pro Monat erhält. Im Raum steht nun, diese Mindestgrenze auf 1200 Euro monatlich anzuheben. Denn die VBG versichert berufliche Tätigkeiten, weshalb die Anknüpfung an eine Summe, die einer beruflichen Tätigkeit zum Mindestlohn entspricht, zumindest eine gewisse Logik hat.

DFB.de: Den Verbänden wurde in diesem Zuge jüngst medial vorgeworfen, sie würden die Geringverdiener im Sport bewusst ausgrenzen wollen.

Osnabrügge: Zunächst: Wir haben diese Diskussion nicht losgetreten, aber natürlich ist es unsere Pflicht, dass wir uns daran beteiligen. Wir befinden uns mitten in diesem Diskussionsprozess. Die Vorschläge, auf die in der Berichterstattung Bezug genommen wurde, stammen nicht vom DFB. Fakt ist, dass der DFB einer Arbeitsgruppe der VBG angehört, in welcher auch andere Verbände und Ligen mitwirken, beispielweise aus Handball und Eishockey. Die dortigen Klubs der höchsten Ligen sind im Vergleich zu den Gesamtumsätzen ähnlich stark belastet wie beispielsweise die Dritt- und Regionalligisten im Fußball. In der Arbeitsgruppe werden mögliche Maßnahmen der VBG diskutiert. Um es nochmal zu betonen: Der DFB ist kein Treiber des genannten Vorschlags. Die Problematiken in Bezug auf Vertragsspieler*innen ab der Regionalliga und darunter, die geringere monatliche Beträge als in den Profiligen erhalten, liegen auf der Hand. Selbstverständlich sind die herausragenden Leistungen der VBG bei den Vertragsspieler*innen willkommen. Auf der anderen Seite kann man auch nachvollziehen, wenn die Erstligisten aus den Ligen außerhalb des Fußballs mögliche Änderungen in die Diskussion einbringen.

DFB.de: Können Sie das Dilemma genauer veranschaulichen?

Osnabrügge: Unter Berücksichtigung der aktuellen Kappungsgrenze von 120.000 Euro Jahresgehalt zahlt ein Klub der 3. Liga für einen Spieler den gleichen VBG-Beitrag wie ein Klub der Bundesliga für einen Spieler mit einem siebenstelligen Gehalt. Die prozentuale Belastung durch VBG-Beiträge ist also für Klubs der 3. Liga, FLYERALARM Frauen-Bundesliga oder Regionalliga ungleich höher als für Bundesligisten und damit deutlich belastender. Andererseits sind die Behandlungskosten für eine Verletzung identisch, sodass zum Teil ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen Beitragszahler und Leistungsempfänger besteht. Dies belastet das Gesamtsystem und führt zu fortlaufenden Beitragserhöhungen. Problematisch ist vor diesem Hintergrund, dass in unteren Ligen Vertragsspieler*innen beschäftigt sind, die den Fußballsport nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausüben. Denn: Hauptzweck der VBG-Versicherung ist es, bei einem Unfall am Arbeitsplatz eine schnellere Regeneration bei der betroffenen Person zu erzielen, um baldmöglich wieder arbeitsfähig zu sein und die existenzsichernden Einkünfte erzielen zu können.

DFB.de: Klingt alles nach einer sehr komplexen Aufgabenstellung. 

Osnabrügge: Das ist sie in der Tat. Der DFB wird diesen Prozess in der Arbeitsgruppe der VBG daher weiter intensiv begleiten und sich einbringen. Wir sind bestrebt um einen bestmöglichen Ausgleich, der alle berechtigten Interessen angemessen berücksichtigt.

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