René Adler im Fokus: Rückkehrer und Jubilar

Immer donnerstags stellt team.dfb.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: René Adler, der in der vergangenen Woche beim Länderspiel gegen die Niederlande in Amsterdam seine Rückkehr in den Kreis der Nationalmannschaft feierte und am vergangenen Spieltag seine 150. Bundesligapartie bestritten hat.

Die Konstellation war gemalt für eine gehörige Portion Frust. Großer Ehrgeiz und großer Wille auf der einen Seite, auf der anderen die Entscheidung, dass Ehrgeiz und Wille gebremst werden müssen. 90 Minuten auf der Bank, 90 Minuten Untätigkeit, 90 Minuten als Zuschauer. Eine Strafe für jeden Fußballer, zumal, wenn wie in diesem Fall, der Fußballer voller Ambition und Begabung ist, er zudem seine Fähigkeiten schon längst nachgewiesen hat. Und doch waren die 90 Minuten in Amsterdam für eben für diesen Spieler ein großes Fest: René Adler.

"Ein schönes Gefühl, dabei sein zu dürfen"

Die Niederlande und Deutschland hatten sich mit einem Remis getrennt, torlos. Trostlos war der Abend für Adler nicht. Nicht nur, weil er als Torhüter zu Spielen ohne Tor naturgemäß ein entspannteres Verhältnis hat als jeder Feldspieler. Adler hat die Partie völlig unabhängig von ihrem Resultat als Segen empfunden. "Es war ein sehr schönes Gefühl, dabei sein zu dürfen. Ich habe die Zeit genossen, auch wenn ich nicht gespielt habe", sagt einer, der in seiner Karriere schon viel zu oft anderen beim Fußballspielen zuschauen musste.

Gut eine Woche ist seither vergangen, Adler ist zurück an der Alster, Amsterdam ist Vergangenheit. Am Freitag (ab 20.30 Uhr, live bei Sky) spielt er mit dem Hamburger SV bei Fortuna Düsseldorf. Adler wird die Perspektive wechseln und das Spiel wieder zwischen den Pfosten verfolgen. Spieltag 13 der Saison 2012/2013, der 16. gegen den Neunten, mit einem Auswärtssieg winkt für Hamburg der Sprung auf Platz sechs.

Wichtig, aber in einer langen Saison nur ein Spiel von vielen. Wäre nicht jedes Bundesligaspiel ein besonderes Spiel für ihn, wäre es kein besonderes für ihn. Man muss suchen, um der Paarung Düsseldorf gegen Hamburg große Bedeutung zu geben. Auch in Adlers Augen. Vor einer Woche hat der Torhüter Jubiläum gefeiert, beim 1:0 gegen den FSV Mainz 05 stand Adler zum 150. Mal in der höchsten deutschen Spielklasse zwischen den Pfosten. Düsseldorf ist also die Premiere nach dem Jubiläum.

Verletzung verhindert WM-Teilnahme 2010

Erforderlich ist bei Adler eine solche Überhöhung nicht - angesichts seiner Vita ist jedes Fußball-Spiel für ihn von besonderer Bedeutung. Seine Laufbahn kannte lange nur eine Richtung: nach oben. Die Karriere im Schnelldurchlauf: Nummer zwei in Leverkusen, vorbei an Jörg Butt, Stammtorhüter, in Leverkusen. Vor fünf Jahren war das. Nummer drei in Deutschland, vorbei an Timo Hildebrand, und schließlich, nach zwei starken Leistungen in den Qualifikationsspielen gegen Russland, Deutschlands Nummer eins.

Vor der WM 2010 war das. Dem steilen Aufstieg folgte der freie Fall. Adler verletzte sich, er fuhr nicht mit nach Südafrika. Gerade noch selber jung, wurde er durch zwei Jüngere ersetz: In der Nationalmannschaft durch Manuel Neuer, im Verein, bei Bayer Leverkusen, durch Bernd Leno. "Es war brutal zu spüren, dass man austauschbar ist", sagt er.

Seine Leidensgeschichte ist damit nicht zu Ende erzählt. Der Rippenverletzung folgte eine Operation an der Patellasehne, darauf folgten Komplikationen, Zweifel und Verzweiflung. "Vor gut einem halben Jahr war ich einem Karriereende relativ nah", sagt er. Die schwierige Zeit hat Adler geprägt und verändert. Begriffe wie Respekt und Demut finden sich häufig in seinem Wortschatz, offen räumt er heute seine Angst ein, ein ähnliches Schicksal wie Robert Enke zu nehmen.

Konstanter Rückhalt beim HSV

Heute scheinen diese Ängste sehr weit weg, der Beginn von Adlers Aufstieg ist es nicht. Erst seit drei Monaten darf er wieder Wochenende für Wochenende das machen, was er am besten kann: Bälle halten. Für den HSV, seinen neuen Verein, macht er dies so konstant und überzeugend, dass viele den Torhüter schon nach wenigen Spieltagen wieder mit dem Adler auf der Brust spielen sehen wollen.

Er selber will dies auch, fordert es aber nicht. Die zweijährige Zwangspause hat ihn Geduld gelehrt, vor allem weiß er, dass durch Forderungen selten Karrieren gefördert werden. Als er von Bundestrainer Joachim Löw vor dem Spiel gegen die Niederlande tatsächlich in den Kreis der Nationalmannschaft berufen wird, ist er "ehrlich überrascht", ehrlich erfreut ist er auch.

Für drei Tage war die Nationalmannschaft zusammen, für René Adler war es die Renaissance in einer Wohlfühloase. Adler weiß um das Privileg, Nationalspieler zu sein, aktuell mehr als in seiner ersten Karriere. "Es war eine Rückkehr zu Freunden", sagt er. Und mit Freunden schaut man sich gerne ein Fußballspiel an, zur Not auch mal von der Bank.

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Immer donnerstags stellt team.dfb.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: René Adler, der in der vergangenen Woche beim Länderspiel gegen die Niederlande in Amsterdam seine Rückkehr in den Kreis der Nationalmannschaft feierte und am vergangenen Spieltag seine 150. Bundesligapartie bestritten hat.

Die Konstellation war gemalt für eine gehörige Portion Frust. Großer Ehrgeiz und großer Wille auf der einen Seite, auf der anderen die Entscheidung, dass Ehrgeiz und Wille gebremst werden müssen. 90 Minuten auf der Bank, 90 Minuten Untätigkeit, 90 Minuten als Zuschauer. Eine Strafe für jeden Fußballer, zumal, wenn wie in diesem Fall, der Fußballer voller Ambition und Begabung ist, er zudem seine Fähigkeiten schon längst nachgewiesen hat. Und doch waren die 90 Minuten in Amsterdam für eben für diesen Spieler ein großes Fest: René Adler.

"Ein schönes Gefühl, dabei sein zu dürfen"

Die Niederlande und Deutschland hatten sich mit einem Remis getrennt, torlos. Trostlos war der Abend für Adler nicht. Nicht nur, weil er als Torhüter zu Spielen ohne Tor naturgemäß ein entspannteres Verhältnis hat als jeder Feldspieler. Adler hat die Partie völlig unabhängig von ihrem Resultat als Segen empfunden. "Es war ein sehr schönes Gefühl, dabei sein zu dürfen. Ich habe die Zeit genossen, auch wenn ich nicht gespielt habe", sagt einer, der in seiner Karriere schon viel zu oft anderen beim Fußballspielen zuschauen musste.

Gut eine Woche ist seither vergangen, Adler ist zurück an der Alster, Amsterdam ist Vergangenheit. Am Freitag (ab 20.30 Uhr, live bei Sky) spielt er mit dem Hamburger SV bei Fortuna Düsseldorf. Adler wird die Perspektive wechseln und das Spiel wieder zwischen den Pfosten verfolgen. Spieltag 13 der Saison 2012/2013, der 16. gegen den Neunten, mit einem Auswärtssieg winkt für Hamburg der Sprung auf Platz sechs.

Wichtig, aber in einer langen Saison nur ein Spiel von vielen. Wäre nicht jedes Bundesligaspiel ein besonderes Spiel für ihn, wäre es kein besonderes für ihn. Man muss suchen, um der Paarung Düsseldorf gegen Hamburg große Bedeutung zu geben. Auch in Adlers Augen. Vor einer Woche hat der Torhüter Jubiläum gefeiert, beim 1:0 gegen den FSV Mainz 05 stand Adler zum 150. Mal in der höchsten deutschen Spielklasse zwischen den Pfosten. Düsseldorf ist also die Premiere nach dem Jubiläum.

Verletzung verhindert WM-Teilnahme 2010

Erforderlich ist bei Adler eine solche Überhöhung nicht - angesichts seiner Vita ist jedes Fußball-Spiel für ihn von besonderer Bedeutung. Seine Laufbahn kannte lange nur eine Richtung: nach oben. Die Karriere im Schnelldurchlauf: Nummer zwei in Leverkusen, vorbei an Jörg Butt, Stammtorhüter, in Leverkusen. Vor fünf Jahren war das. Nummer drei in Deutschland, vorbei an Timo Hildebrand, und schließlich, nach zwei starken Leistungen in den Qualifikationsspielen gegen Russland, Deutschlands Nummer eins.

Vor der WM 2010 war das. Dem steilen Aufstieg folgte der freie Fall. Adler verletzte sich, er fuhr nicht mit nach Südafrika. Gerade noch selber jung, wurde er durch zwei Jüngere ersetz: In der Nationalmannschaft durch Manuel Neuer, im Verein, bei Bayer Leverkusen, durch Bernd Leno. "Es war brutal zu spüren, dass man austauschbar ist", sagt er.

Seine Leidensgeschichte ist damit nicht zu Ende erzählt. Der Rippenverletzung folgte eine Operation an der Patellasehne, darauf folgten Komplikationen, Zweifel und Verzweiflung. "Vor gut einem halben Jahr war ich einem Karriereende relativ nah", sagt er. Die schwierige Zeit hat Adler geprägt und verändert. Begriffe wie Respekt und Demut finden sich häufig in seinem Wortschatz, offen räumt er heute seine Angst ein, ein ähnliches Schicksal wie Robert Enke zu nehmen.

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Konstanter Rückhalt beim HSV

Heute scheinen diese Ängste sehr weit weg, der Beginn von Adlers Aufstieg ist es nicht. Erst seit drei Monaten darf er wieder Wochenende für Wochenende das machen, was er am besten kann: Bälle halten. Für den HSV, seinen neuen Verein, macht er dies so konstant und überzeugend, dass viele den Torhüter schon nach wenigen Spieltagen wieder mit dem Adler auf der Brust spielen sehen wollen.

Er selber will dies auch, fordert es aber nicht. Die zweijährige Zwangspause hat ihn Geduld gelehrt, vor allem weiß er, dass durch Forderungen selten Karrieren gefördert werden. Als er von Bundestrainer Joachim Löw vor dem Spiel gegen die Niederlande tatsächlich in den Kreis der Nationalmannschaft berufen wird, ist er "ehrlich überrascht", ehrlich erfreut ist er auch.

Für drei Tage war die Nationalmannschaft zusammen, für René Adler war es die Renaissance in einer Wohlfühloase. Adler weiß um das Privileg, Nationalspieler zu sein, aktuell mehr als in seiner ersten Karriere. "Es war eine Rückkehr zu Freunden", sagt er. Und mit Freunden schaut man sich gerne ein Fußballspiel an, zur Not auch mal von der Bank.