Jürgen Sparwasser trifft bei der WM 1974 gegen die DFB-Auswahl
Georg Buschner
100 Jahre Länderspiele: Sparwassers legendäres Tor
Ein gewisser Erich Hamann flankte auf Jürgen Sparwasser, der schoss über dem grätschenden Berti Vogts und dem
hechtenden Sepp Maier ein: das Tor wurde zur Legende, der 1:0-Sieg
der DDR im WM-Spiel gegen den "Klassenfeind" BRD am 22. Juni 1974
wird auf ewig der größte Triumph der DDR-Fußballgeschichte bleiben.
Dort finden sich der Olympiasieg 1976, der Europapokal-Gewinn des
1. FC Magdeburg zwei Jahre zuvor und der sechste WM-Platz als
wichtige Erfolge, aber auch jede Menge bitterer Niederlagen, die
das Ansehen der Kicker im die Medaillen zählenden DDR-Sportsystem
ramponierten.
Nur einmal in der 293 Länderspiele (138 Siege/69 Remis/86
Niederlagen) umfassenden Historie des "Deutschen Fußball-Verbandes
der DDR" gelang die Qualifikation für eine Weltmeisterschaft. Und
das ausgerechnet 1974 als die Bundesrepublik Deutschland der
Ausrichter war.
Zu allem Überfluss für die DDR-Politik musste die DDR auch
noch in der niemals als Teil des anderen Deutschlands anerkannten
"Frontstadt" Westberlin gegen Chile antreten (1:1). Das
südamerikanische Land war damals wegen des Pinochet-Militärputsches
international geächtet. Als aber das deutsch-deutsche Duell
gewonnen war, wurden die beteiligten Kicker für viele Jahre in den
Heldenstatus erhoben. Zumindest bis sich 1988 Torschütze Jürgen
Sparwasser in den Westen absetzte.
Abtrünnige Spieler waren ohnehin seit dem am 21. September
1952 in Warschau mit 0:3 gegen Polen verlorenen 1. Länderspiel (der
erste Sieg gelang erst drei Jahre später in Bukarest beim 3:2 gegen
Rumänien/zwei Tore des ersten DDR-Torjägers Willy Tröger) großer
Angst-Faktor bei den Funktionären. Topspieler wie Lutz Eigendorf,
Norbert Nachtweih, Falko Götz oder Frank Lippmann flüchteten,
Nationalspieler-Karrieren wie die des Dresdners Gerd Weber endeten
nach einem aufgedeckten Fluchtplan im Gefängnis.
Mit der Schaffung von elf Fußball-Klubs nach regionalen
Gesichtspunkten in den 60er Jahren und der dort ab dem Kindesalter
in Sportschulen betriebenen zentralen Talent-Förderung, sollten
auch die Fußballer des Sport-Wunderlandes in die Weltspitze
aufrücken. Das gelang insgesamt nicht, obwohl gerade in dieser Zeit
in Rekordauswahlspieler Joachim Streich (102 Einsätze), Hans-Jürgen
Dörner, Hans-Jürgen Kreische, Eberhard Vogel, Peter Ducke, Jürgen
Croy oder auch Konrad Weise der größte Teil der herausragenden
DDR-Fußballer an den Ball trat.
"Goldene Generation" um Sammer, Thom und Kirsten
Eine ähnlich "goldene Generation" wuchs in den 80er Jahren
heran, als Talente wie Andreas Thom, Ulf Kirsten, Matthias Sammer,
Rainer Ernst, Rico Steinmann oder Thomas Doll bereits im
Junioren-Alter mit internationalen Erfolgen für Furore sorgten.
"Wir haben damals Europameister Frankreich besiegt und hätten unter
meiner Führung 100-prozentig die Qualifikation für die WM 1990
geschafft", erinnert sich Bernd Stange an die "bittersten Stunden"
seiner Trainer-Karriere, in denen er nach einem 1:3 gegen die
Türkei als DDR-Auswahltrainer abgesetzt wurde.
Seine Mannschaft verlor in Wien das entscheidende letzte
Qualifikationsspiel unmittelbar nach dem Mauerfall im November 1989
gegen Österreich durch drei Tore von Toni Polster 0:3. Letzter
DDR-Coach wurde Eduard Geyer, unter dessen Führung Matthias Sammer
im September 1990 in Brüssel beim 2:0-Sieg gegen Belgien mit seinen
beiden Toren die DDR-Auswahlgeschichte beendete. Wenig später
avancierte Matthias Sammer zum ersten DDR-Kicker im Dress der
Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), war ein Großteil der
Asse bereits bei Bundesligisten unter Vertrag.
Neben dem 1. FC Magdeburg, der 1974 im Endspiel des
Pokalsieger-Wettbewerbes AC Mailand 2:0 besiegte, sorgten im
Vereinsfußball noch der FC Carl Zeiss Jena (1:2 gegen Dynamo Tiflis
1981) sowie der 1. FC Lok Leipzig (0:1 gegen Ajax Amsterdam 1987)
mit dem Einzug in Europacup-Endspiele für international beachtete
Erfolge.
Von den deutsch-deutschen Duellen auf Klubebene schrieben die
beiden Spiele zwischen den damals unter Trainer-Idol Walter
Fritzsch überragenden Dresdner Dynamos und dem späteren
Europapokal-Gewinner Bayern München (3:4 und 3:3) im Herbst 1973
Geschichte. Mit der Aufnahme von Hansa Rostock und Dynamo Dresden
in die Bundesliga sowie sechs weiterer Vereine in die 2. Liga zum
Beginn der Saison 1991/92 war auch im Vereinsfußball die deutsche
Wiedervereinigung vollzogen.
Weitere Informationen zur Geschichte der Deutschen Nationalmannschaft finden Sie in unserem Sonderbereich.
[sid]
[bild1]
Ein gewisser Erich Hamann flankte auf Jürgen Sparwasser, der schoss über dem grätschenden Berti Vogts und dem
hechtenden Sepp Maier ein: das Tor wurde zur Legende, der 1:0-Sieg
der DDR im WM-Spiel gegen den "Klassenfeind" BRD am 22. Juni 1974
wird auf ewig der größte Triumph der DDR-Fußballgeschichte bleiben.
Dort finden sich der Olympiasieg 1976, der Europapokal-Gewinn des
1. FC Magdeburg zwei Jahre zuvor und der sechste WM-Platz als
wichtige Erfolge, aber auch jede Menge bitterer Niederlagen, die
das Ansehen der Kicker im die Medaillen zählenden DDR-Sportsystem
ramponierten.
Nur einmal in der 293 Länderspiele (138 Siege/69 Remis/86
Niederlagen) umfassenden Historie des "Deutschen Fußball-Verbandes
der DDR" gelang die Qualifikation für eine Weltmeisterschaft. Und
das ausgerechnet 1974 als die Bundesrepublik Deutschland der
Ausrichter war.
Zu allem Überfluss für die DDR-Politik musste die DDR auch
noch in der niemals als Teil des anderen Deutschlands anerkannten
"Frontstadt" Westberlin gegen Chile antreten (1:1). Das
südamerikanische Land war damals wegen des Pinochet-Militärputsches
international geächtet. Als aber das deutsch-deutsche Duell
gewonnen war, wurden die beteiligten Kicker für viele Jahre in den
Heldenstatus erhoben. Zumindest bis sich 1988 Torschütze Jürgen
Sparwasser in den Westen absetzte.
Abtrünnige Spieler waren ohnehin seit dem am 21. September
1952 in Warschau mit 0:3 gegen Polen verlorenen 1. Länderspiel (der
erste Sieg gelang erst drei Jahre später in Bukarest beim 3:2 gegen
Rumänien/zwei Tore des ersten DDR-Torjägers Willy Tröger) großer
Angst-Faktor bei den Funktionären. Topspieler wie Lutz Eigendorf,
Norbert Nachtweih, Falko Götz oder Frank Lippmann flüchteten,
Nationalspieler-Karrieren wie die des Dresdners Gerd Weber endeten
nach einem aufgedeckten Fluchtplan im Gefängnis.
Mit der Schaffung von elf Fußball-Klubs nach regionalen
Gesichtspunkten in den 60er Jahren und der dort ab dem Kindesalter
in Sportschulen betriebenen zentralen Talent-Förderung, sollten
auch die Fußballer des Sport-Wunderlandes in die Weltspitze
aufrücken. Das gelang insgesamt nicht, obwohl gerade in dieser Zeit
in Rekordauswahlspieler Joachim Streich (102 Einsätze), Hans-Jürgen
Dörner, Hans-Jürgen Kreische, Eberhard Vogel, Peter Ducke, Jürgen
Croy oder auch Konrad Weise der größte Teil der herausragenden
DDR-Fußballer an den Ball trat.
"Goldene Generation" um Sammer, Thom und Kirsten
Eine ähnlich "goldene Generation" wuchs in den 80er Jahren
heran, als Talente wie Andreas Thom, Ulf Kirsten, Matthias Sammer,
Rainer Ernst, Rico Steinmann oder Thomas Doll bereits im
Junioren-Alter mit internationalen Erfolgen für Furore sorgten.
"Wir haben damals Europameister Frankreich besiegt und hätten unter
meiner Führung 100-prozentig die Qualifikation für die WM 1990
geschafft", erinnert sich Bernd Stange an die "bittersten Stunden"
seiner Trainer-Karriere, in denen er nach einem 1:3 gegen die
Türkei als DDR-Auswahltrainer abgesetzt wurde.
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Seine Mannschaft verlor in Wien das entscheidende letzte
Qualifikationsspiel unmittelbar nach dem Mauerfall im November 1989
gegen Österreich durch drei Tore von Toni Polster 0:3. Letzter
DDR-Coach wurde Eduard Geyer, unter dessen Führung Matthias Sammer
im September 1990 in Brüssel beim 2:0-Sieg gegen Belgien mit seinen
beiden Toren die DDR-Auswahlgeschichte beendete. Wenig später
avancierte Matthias Sammer zum ersten DDR-Kicker im Dress der
Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), war ein Großteil der
Asse bereits bei Bundesligisten unter Vertrag.
Neben dem 1. FC Magdeburg, der 1974 im Endspiel des
Pokalsieger-Wettbewerbes AC Mailand 2:0 besiegte, sorgten im
Vereinsfußball noch der FC Carl Zeiss Jena (1:2 gegen Dynamo Tiflis
1981) sowie der 1. FC Lok Leipzig (0:1 gegen Ajax Amsterdam 1987)
mit dem Einzug in Europacup-Endspiele für international beachtete
Erfolge.
Von den deutsch-deutschen Duellen auf Klubebene schrieben die
beiden Spiele zwischen den damals unter Trainer-Idol Walter
Fritzsch überragenden Dresdner Dynamos und dem späteren
Europapokal-Gewinner Bayern München (3:4 und 3:3) im Herbst 1973
Geschichte. Mit der Aufnahme von Hansa Rostock und Dynamo Dresden
in die Bundesliga sowie sechs weiterer Vereine in die 2. Liga zum
Beginn der Saison 1991/92 war auch im Vereinsfußball die deutsche
Wiedervereinigung vollzogen.
Weitere Informationen zur Geschichte der Deutschen Nationalmannschaft finden Sie in unserem Sonderbereich.