Wück: "Jeder Jahrgang war speziell"

Seit mehr als zwölf Jahren ist Christian Wück als Trainer im DFB-Nachwuchsbereich tätig. In der vergangenen Woche stand er bei seinem vorerst letzten U-Länderspiel an der Seitenlinie. Bevor der 50 Jahre alte Ex-Bundesligaprofi im Sommer die Frauen-Nationalmannschaft übernimmt, blickt er im DFB.de-Interview auf seine außergewöhnliche Zeit als U-Trainer zurück.

DFB.de: Seit September 2023 trainieren Sie den Jahrgang 2009 und haben die Jungs in der vergangenen Woche bei ihren beiden ersten Länderspielen begleitet. Für Sie persönlich waren es die Länderspiele Nummer 157 und 158. Konnten Sie die Vergleiche mit der U 15 der Niederlande, Ihre vorerst letzten U-Länderspiele, noch mal richtig genießen?

Christian Wück: Eigentlich war alles so wie immer. Es ging darum, den Jungs die Möglichkeit zu geben, die ersten Schritte auf internationalem Niveau zu gehen. Es waren meine letzten U-Länderspiele, aber das habe ich währenddessen gar nicht groß gemerkt. Da ist man voll im Fokus und will die Spieler dabei unterstützen, dass sie ihre bestmögliche Leistung abrufen können.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie in den vergangenen Wochen und Monaten von dem Jahrgang gewinnen können?

Wück: Wir haben seit September 2023 mit den Spielern gearbeitet. Bis auf die Unterbrechung während der U 17-Weltmeisterschaft im November konnten wir ganz normal mit dem Jahrgang 2009 zusammenarbeiten und die Saison mit den zwei Siegen gegen die Niederlande erfolgreich zu Ende bringen.

DFB.de: Was zeichnet die 2009er-Jungs aus?

Wück: Ich glaube, dass wieder einige sehr interessante Spieler dabei sind. Viele haben ihr Potenzial angedeutet. Wir merken, dass die Jungs im Vergleich zu den 2006ern zu diesem Zeitpunkt defensiv schon etwas stabiler sind. Es gibt eher in der Offensive noch etwas Verbesserungsbedarf. Insgesamt ist es wieder ein interessanter Jahrgang.

DFB.de: Davon hatten Sie bestimmt mehrere. Blicken wir genauer auf Ihren persönlichen Weg: Wie sind Sie damals zum DFB gekommen?

Wück: Die U 16 unter der Leitung von Steffen Freund hatte Ende 2011 einen Lehrgang auf Zypern. Für die beiden angesetzten Länderspiele fiel einer der Assistenztrainer krank aus. Ich hatte mit Steffen zusammen den Fußball-Lehrer-Lehrgang gemacht, und er rief mich dann an, ob ich nicht Zeit und Lust hätte mitzukommen. Das waren meine ersten Schritte beim DFB.

DFB.de: Dann folgte im Sommer 2012 die Übernahme der U 16 als Cheftrainer. Sind Sie schnell in die neue Rolle hineingewachsen?

Wück: Ab März 2012 war ich fester Teil des Trainerteams. Dann kam die Meldung, dass Steffen zu Tottenham Hotspur geht – und der DFB wählte mich, mit großem Vertrauensvorschuss, als Nachfolger aus. Für mich war das natürlich eine große Freude, mit dem Jahrgang 1997 starten zu können. Ich habe eine gewisse Zeit gebraucht, um mich mit allem vertraut zu machen. Mit den 97ern um Benni Henrichs waren wir nicht so erfolgreich wie erhofft. Für die EM mit acht Teams hatten wir uns qualifiziert, sind aber nach der Vorrunde ausgeschieden.

DFB.de: Danach führten Sie Ihre Mannschaften unter anderem zu drei Weltmeisterschaften. Welche Momente kommen Ihnen als erstes in den Kopf, wenn Sie nun auf fast 13 Jahre als U-Trainer zurückblicken?

Wück: Es macht mich stolz, dass wir es geschafft haben, mit jeder Mannschaft zu den großen Turnieren zu fahren. Wenn ich rekapituliere, kann man schon von einer sehr erfolgreichen Zeit mit den U-Teams des DFB sprechen – eben, weil wir es den Jungs ermöglicht haben, jedes Endrundenturnier zu spielen. Mit den 98ern zum Beispiel sind wir bis ins EM-Finale vorgedrungen und haben uns für die WM qualifiziert. Jeder Jahrgang war unterschiedlich, jeder Jahrgang war speziell. In jedem Jahrgang waren Talente dabei, die es in die höchsten Ligen und einige in die A-Nationalmannschaft geschafft haben. Den Auftrag, sich als U-Nationalmannschaft des DFB für jedes Turnier zu qualifizieren, haben wir erfüllt.

DFB.de: Mit der Krönung im vergangenen Jahr, als Sie mit dem Jahrgang 2006 zuerst Europa- und später Weltmeister wurden.

Wück: Das war außergewöhnlich. Gerade auch wegen des Zeitpunktes. Wir haben durch Corona viel weniger Zeit mit diesen Jungs als mit früheren Jahrgängen verbracht. Bis zur EM hatten wir nicht die gewünschten Ergebnisse abgeliefert. Aber seitdem sind wir ungeschlagen.

DFB.de: Wie haben Sie das geschafft, was ist das Geheimnis Ihrer erfolgreichen Jugendarbeit?

Wück: Man darf nicht vergessen: Fußball ist ein Spiel. Und da gehört auch Glück dazu. Wir haben es geschafft, mit jeder Mannschaft eine Beziehung aufzubauen und sie nicht zu überfrachten. Wir haben die Inhalte, die wir den Spielern vermittelt haben, einfach und verständlich gehalten. Wir haben den Spielern viele Freiheiten gegeben, aber auch Leitplanken gesetzt. Daran konnten sie sich orientieren.

DFB.de: Welche Spieler sind Ihnen in bester Erinnerung?

Wück: Aus dem Jahrgang 1996 sind das Timo Werner, Julian Brandt und Jonathan Tah, der jetzt die Heim-EM spielt. Im Jahr danach fällt mir Benni Henrichs direkt ein. Unter den EM-Finalisten des Jahrgangs 1998 war Felix Passlack. Eine wichtige Rolle unter den 2000ern hat Fiete Arp als EM-Torschützenkönig gespielt. Und zuletzt natürlich Florian Wirtz, der seit der U 15 herausragend war. Er hat es geschafft, durch die Zusammenarbeit mit den Vereinen und den Verbänden seine Entwicklung immer weiter voranzutreiben. Technisch war er schon immer gut, seine körperlichen Defizite hat er nach und nach aufgearbeitet. Da können wir alle zusammen stolz sein, dass wir so einen Spieler nicht verhindert haben. (lacht)

DFB.de: Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im deutschen Nachwuchs?

Wück: Ich sehe nicht so schwarz wie manche in der Öffentlichkeit. Wir sind Europa- und Weltmeister mit der U 17. Natürlich ist es ärgerlich, dass wir die EM-Quali mit dem Nachfolgejahrgang nicht geschafft haben. Ich will an der Stelle betonen, dass auch diese Jungs noch viele Erfahrungen sammeln und den Umgang mit Niederlagen lernen müssen. Und trotzdem bringen wir in Deutschland viele Talente hervor. Wir sind auf einem guten Weg mit dem Nachwuchs: Die Trainingsphilosophie Deutschland, der neue Kinderfußball – das sind wichtige Änderungen, um solche Erfolge wie mit den 2006ern wiederholen zu können.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für die künftigen Junioren-Nationalspieler? Und womit können die Fans Ihrer Meinung nach rechnen?

Wück: Ich wünsche mir, dass wir mehr auf deutsche Nachwuchsspieler setzen. Dafür muss allerdings auch die Qualität der Spieler stimmen. Das Vertrauen müssen nicht nur die Trainer geben, das muss ein Stück weit auch die Öffentlichkeit gewähren. Entwicklung braucht Zeit. Wenn wir das gemeinsam angehen, dann glaube ich, dass wir künftig viele Talente nach oben bringen werden.

[jf]

Seit mehr als zwölf Jahren ist Christian Wück als Trainer im DFB-Nachwuchsbereich tätig. In der vergangenen Woche stand er bei seinem vorerst letzten U-Länderspiel an der Seitenlinie. Bevor der 50 Jahre alte Ex-Bundesligaprofi im Sommer die Frauen-Nationalmannschaft übernimmt, blickt er im DFB.de-Interview auf seine außergewöhnliche Zeit als U-Trainer zurück.

DFB.de: Seit September 2023 trainieren Sie den Jahrgang 2009 und haben die Jungs in der vergangenen Woche bei ihren beiden ersten Länderspielen begleitet. Für Sie persönlich waren es die Länderspiele Nummer 157 und 158. Konnten Sie die Vergleiche mit der U 15 der Niederlande, Ihre vorerst letzten U-Länderspiele, noch mal richtig genießen?

Christian Wück: Eigentlich war alles so wie immer. Es ging darum, den Jungs die Möglichkeit zu geben, die ersten Schritte auf internationalem Niveau zu gehen. Es waren meine letzten U-Länderspiele, aber das habe ich währenddessen gar nicht groß gemerkt. Da ist man voll im Fokus und will die Spieler dabei unterstützen, dass sie ihre bestmögliche Leistung abrufen können.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie in den vergangenen Wochen und Monaten von dem Jahrgang gewinnen können?

Wück: Wir haben seit September 2023 mit den Spielern gearbeitet. Bis auf die Unterbrechung während der U 17-Weltmeisterschaft im November konnten wir ganz normal mit dem Jahrgang 2009 zusammenarbeiten und die Saison mit den zwei Siegen gegen die Niederlande erfolgreich zu Ende bringen.

DFB.de: Was zeichnet die 2009er-Jungs aus?

Wück: Ich glaube, dass wieder einige sehr interessante Spieler dabei sind. Viele haben ihr Potenzial angedeutet. Wir merken, dass die Jungs im Vergleich zu den 2006ern zu diesem Zeitpunkt defensiv schon etwas stabiler sind. Es gibt eher in der Offensive noch etwas Verbesserungsbedarf. Insgesamt ist es wieder ein interessanter Jahrgang.

DFB.de: Davon hatten Sie bestimmt mehrere. Blicken wir genauer auf Ihren persönlichen Weg: Wie sind Sie damals zum DFB gekommen?

Wück: Die U 16 unter der Leitung von Steffen Freund hatte Ende 2011 einen Lehrgang auf Zypern. Für die beiden angesetzten Länderspiele fiel einer der Assistenztrainer krank aus. Ich hatte mit Steffen zusammen den Fußball-Lehrer-Lehrgang gemacht, und er rief mich dann an, ob ich nicht Zeit und Lust hätte mitzukommen. Das waren meine ersten Schritte beim DFB.

DFB.de: Dann folgte im Sommer 2012 die Übernahme der U 16 als Cheftrainer. Sind Sie schnell in die neue Rolle hineingewachsen?

Wück: Ab März 2012 war ich fester Teil des Trainerteams. Dann kam die Meldung, dass Steffen zu Tottenham Hotspur geht – und der DFB wählte mich, mit großem Vertrauensvorschuss, als Nachfolger aus. Für mich war das natürlich eine große Freude, mit dem Jahrgang 1997 starten zu können. Ich habe eine gewisse Zeit gebraucht, um mich mit allem vertraut zu machen. Mit den 97ern um Benni Henrichs waren wir nicht so erfolgreich wie erhofft. Für die EM mit acht Teams hatten wir uns qualifiziert, sind aber nach der Vorrunde ausgeschieden.

DFB.de: Danach führten Sie Ihre Mannschaften unter anderem zu drei Weltmeisterschaften. Welche Momente kommen Ihnen als erstes in den Kopf, wenn Sie nun auf fast 13 Jahre als U-Trainer zurückblicken?

Wück: Es macht mich stolz, dass wir es geschafft haben, mit jeder Mannschaft zu den großen Turnieren zu fahren. Wenn ich rekapituliere, kann man schon von einer sehr erfolgreichen Zeit mit den U-Teams des DFB sprechen – eben, weil wir es den Jungs ermöglicht haben, jedes Endrundenturnier zu spielen. Mit den 98ern zum Beispiel sind wir bis ins EM-Finale vorgedrungen und haben uns für die WM qualifiziert. Jeder Jahrgang war unterschiedlich, jeder Jahrgang war speziell. In jedem Jahrgang waren Talente dabei, die es in die höchsten Ligen und einige in die A-Nationalmannschaft geschafft haben. Den Auftrag, sich als U-Nationalmannschaft des DFB für jedes Turnier zu qualifizieren, haben wir erfüllt.

DFB.de: Mit der Krönung im vergangenen Jahr, als Sie mit dem Jahrgang 2006 zuerst Europa- und später Weltmeister wurden.

Wück: Das war außergewöhnlich. Gerade auch wegen des Zeitpunktes. Wir haben durch Corona viel weniger Zeit mit diesen Jungs als mit früheren Jahrgängen verbracht. Bis zur EM hatten wir nicht die gewünschten Ergebnisse abgeliefert. Aber seitdem sind wir ungeschlagen.

DFB.de: Wie haben Sie das geschafft, was ist das Geheimnis Ihrer erfolgreichen Jugendarbeit?

Wück: Man darf nicht vergessen: Fußball ist ein Spiel. Und da gehört auch Glück dazu. Wir haben es geschafft, mit jeder Mannschaft eine Beziehung aufzubauen und sie nicht zu überfrachten. Wir haben die Inhalte, die wir den Spielern vermittelt haben, einfach und verständlich gehalten. Wir haben den Spielern viele Freiheiten gegeben, aber auch Leitplanken gesetzt. Daran konnten sie sich orientieren.

DFB.de: Welche Spieler sind Ihnen in bester Erinnerung?

Wück: Aus dem Jahrgang 1996 sind das Timo Werner, Julian Brandt und Jonathan Tah, der jetzt die Heim-EM spielt. Im Jahr danach fällt mir Benni Henrichs direkt ein. Unter den EM-Finalisten des Jahrgangs 1998 war Felix Passlack. Eine wichtige Rolle unter den 2000ern hat Fiete Arp als EM-Torschützenkönig gespielt. Und zuletzt natürlich Florian Wirtz, der seit der U 15 herausragend war. Er hat es geschafft, durch die Zusammenarbeit mit den Vereinen und den Verbänden seine Entwicklung immer weiter voranzutreiben. Technisch war er schon immer gut, seine körperlichen Defizite hat er nach und nach aufgearbeitet. Da können wir alle zusammen stolz sein, dass wir so einen Spieler nicht verhindert haben. (lacht)

DFB.de: Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im deutschen Nachwuchs?

Wück: Ich sehe nicht so schwarz wie manche in der Öffentlichkeit. Wir sind Europa- und Weltmeister mit der U 17. Natürlich ist es ärgerlich, dass wir die EM-Quali mit dem Nachfolgejahrgang nicht geschafft haben. Ich will an der Stelle betonen, dass auch diese Jungs noch viele Erfahrungen sammeln und den Umgang mit Niederlagen lernen müssen. Und trotzdem bringen wir in Deutschland viele Talente hervor. Wir sind auf einem guten Weg mit dem Nachwuchs: Die Trainingsphilosophie Deutschland, der neue Kinderfußball – das sind wichtige Änderungen, um solche Erfolge wie mit den 2006ern wiederholen zu können.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für die künftigen Junioren-Nationalspieler? Und womit können die Fans Ihrer Meinung nach rechnen?

Wück: Ich wünsche mir, dass wir mehr auf deutsche Nachwuchsspieler setzen. Dafür muss allerdings auch die Qualität der Spieler stimmen. Das Vertrauen müssen nicht nur die Trainer geben, das muss ein Stück weit auch die Öffentlichkeit gewähren. Entwicklung braucht Zeit. Wenn wir das gemeinsam angehen, dann glaube ich, dass wir künftig viele Talente nach oben bringen werden.

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