WM-Entdeckung Giulia Gwinn: Jetzt geht's erst richtig los

Sie war eine Entdeckung der WM: Giulia Gwinn wurde zur besten Nachwuchsspielerin des Turniers in Frankreich gewählt. Und die 20 Jahre alte Mittelfeldspielerin hat noch mehr vor - losgehen soll es beim Start der EM-Qualifikation am Samstag (ab 12.30 Uhr, live in der ARD) gegen Montenegro.

Der Ball ist in einem schönen Bogen geflogen, wie bei so vielen Ecken von Dzsenifer Marozsán. Sie schaute ihrem Schuss nach, der bei Alexandra Popp landete. Die Kapitänin hatte zwar genau an der richtigen Stelle gelauert, aber sie wurde bewacht - und dann war der Ball schnell wieder außerhalb des Strafraums, weg aus der Gefahrenzone. Das dachten zumindest alle. 66 Minuten waren gespielt in diesem so wichtigen ersten Auftritt der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Frankreich am 8. Juli in Rennes gegen China. 66 Minuten bis zu diesem einen Moment.

Giulia Gwinn hatte die Szenen aufmerksam beobachtet, als der Ball bei ihr ankam. Sie musste erst einen tänzelnden Schritt nach hinten machen, um dann die gesamte Mannschaft nach vorne zu bringen. Ball annehmen, aufspringen lassen, kurzer Blick nach oben, schneller, starker Schuss aus 18 Metern durch die Beine von Yang Li ins linke Eck, 1:0! Das entscheidende Tor - und was für eins. "Das habe ich mir immer wieder angeschaut, und meine Eltern haben es mir zu Hause auch noch ein paarmal gezeigt, als könnte ich das jemals vergessen", sagt Gwinn an einem warmen Tag im August und lacht. Das Foto von ihrem Jubelsprung mit Siegerfaust hängt bei ihren Eltern eingerahmt zu Hause - wie auch das Trikot, das sie dabei trug. Beides hat einen Ehrenplatz bekommen.

"Das war aufregend und hat mir extra Selbstvertrauen gegeben"

Mit diesem Tor sind die DFB-Frauen in Auftaktspielen bei Weltmeisterschaften weiter ungeschlagen. Einem Tor, das für Gwinn selbst immer ein ganz besonderes bleiben wird - und eins der wichtigsten, weil sie damit auf der großen internationalen Bühne erstmals auf sich aufmerksam gemacht hat. "Das war schon aufregend und hat mir extra Selbstvertrauen gegeben", sagt Gwinn. "Zu wissen, dass ich auch vor so einer Kulisse treffen kann, hat gutgetan. Diesen Schwung habe ich mitgenommen, das merke ich immer noch."

Gleich beim WM-Debüt ein Tor zu erzielen, das haben nicht viele geschafft. Als Teenie noch dazu. Gegen China war Gwinn 19 Jahre alt, sie ist nach Rekordnationalspielerin Birgit Prinz und Ariane Hingst erst die dritte Deutsche unter 20, die bei einer WM getroffen hat.

All die Eindrücke in wenigen Wochen haben sich für Gwinn anfangs so angefühlt, als sei sie Teil eines Films, ohne ihre Rolle und das Ende genau zu kennen. Gwinn stand in allen fünf Partien auf dem Platz, sie hat sich überall zurechtgefunden - und auch damit beeindruckt. In einer Mannschaft, die sich in einem Umbruch- und Entwicklungsprozess befindet, ließ Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg die inzwischen 20-Jährige offensiv wie defensiv, links wie rechts spielen. Gwinn wirkte auf jeder Position wie ein Routinier, als Drittjüngste im Kader.

WM: "Persönlich toll, das Aus aber extrem bitter"

Aber auch Gwinn konnte nicht verhindern, dass die WM für Deutschland mit einem 1:2 im Viertelfinale gegen Schweden beendet war. Und so sind die Erinnerungen an dieses erste ganz große Turnier von gemischten Gefühlen geprägt. "Die WM war zum einen extrem bitter durch das Ausscheiden", sagt Gwinn. "Für mich persönlich war es aber natürlich auch eine tolle Erfahrung, so viel Einsatzzeit und Vertrauen zu bekommen - und dann noch als beste junge Spielerin des Turniers ausgezeichnet zu werden. Da gibt es vieles, auf das ich stolz sein kann und das mir bleibt."

Seitdem hat sich viel im Leben der U 17-Europameisterin verändert. Gwinn, die am 24. November 2017 in Bielefeld gegen Frankreich debütierte und inzwischen zwei Tore in 13 Länderspielen geschossen hat, ist seit diesem Sommer eine der bekanntesten deutschen Nationalspielerinnen. Aus dem Mädchen vom Bodensee, das sich erst im Handball, Taekwondo und Kunstradfahren versuchte, bevor es mit acht Jahren mit dem Fußball anfing, ist eine gestandene Bundesligaspielerin geworden.

Wechsel vom SC Freiburg zum FC Bayern

Nach vier Jahren beim SC Freiburg ist Gwinn nach der WM zum FC Bayern gewechselt. Von München ist es zu ihrer Familie nach Friedrichshafen nicht weit - und sie trifft beim dreimaligen Deutschen Meister auf viele alte Bekannte. Jens Scheuer, ihr bisheriger Trainer in Freiburg, ist auch ihr aktueller in München, und im Kader des FC Bayern stehen außer Gwinn noch sechs weitere Nationalspielerinnen. "Mir hilft das, ich bin ein extremer Kopfmensch", sagt Gwinn. "Ich muss mich wohlfühlen, dann kann ich auch meine Leistung abrufen."

Ihre Ziele mit dem Verein sind klar: Titel gewinnen. Und mit der Nationalmannschaft? Ohne bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio den Titel verteidigen zu können? "Ich sehe das als Chance", sagt Gwinn. "Bis zur EM 2021 in England haben wir mehr Zeit, als Team zusammenzuwachsen und zu zeigen, was wir können."

Diese neue Phase bei der Nationalmannschaft beginnt für Giulia Gwinn am Samstag (ab 12.30 Uhr, live in der ARD) mit dem EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro - und wie man Tore in wichtigen Spielen schießt, weiß sie inzwischen bestens.

[dfb]

Sie war eine Entdeckung der WM: Giulia Gwinn wurde zur besten Nachwuchsspielerin des Turniers in Frankreich gewählt. Und die 20 Jahre alte Mittelfeldspielerin hat noch mehr vor - losgehen soll es beim Start der EM-Qualifikation am Samstag (ab 12.30 Uhr, live in der ARD) gegen Montenegro.

Der Ball ist in einem schönen Bogen geflogen, wie bei so vielen Ecken von Dzsenifer Marozsán. Sie schaute ihrem Schuss nach, der bei Alexandra Popp landete. Die Kapitänin hatte zwar genau an der richtigen Stelle gelauert, aber sie wurde bewacht - und dann war der Ball schnell wieder außerhalb des Strafraums, weg aus der Gefahrenzone. Das dachten zumindest alle. 66 Minuten waren gespielt in diesem so wichtigen ersten Auftritt der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Frankreich am 8. Juli in Rennes gegen China. 66 Minuten bis zu diesem einen Moment.

Giulia Gwinn hatte die Szenen aufmerksam beobachtet, als der Ball bei ihr ankam. Sie musste erst einen tänzelnden Schritt nach hinten machen, um dann die gesamte Mannschaft nach vorne zu bringen. Ball annehmen, aufspringen lassen, kurzer Blick nach oben, schneller, starker Schuss aus 18 Metern durch die Beine von Yang Li ins linke Eck, 1:0! Das entscheidende Tor - und was für eins. "Das habe ich mir immer wieder angeschaut, und meine Eltern haben es mir zu Hause auch noch ein paarmal gezeigt, als könnte ich das jemals vergessen", sagt Gwinn an einem warmen Tag im August und lacht. Das Foto von ihrem Jubelsprung mit Siegerfaust hängt bei ihren Eltern eingerahmt zu Hause - wie auch das Trikot, das sie dabei trug. Beides hat einen Ehrenplatz bekommen.

"Das war aufregend und hat mir extra Selbstvertrauen gegeben"

Mit diesem Tor sind die DFB-Frauen in Auftaktspielen bei Weltmeisterschaften weiter ungeschlagen. Einem Tor, das für Gwinn selbst immer ein ganz besonderes bleiben wird - und eins der wichtigsten, weil sie damit auf der großen internationalen Bühne erstmals auf sich aufmerksam gemacht hat. "Das war schon aufregend und hat mir extra Selbstvertrauen gegeben", sagt Gwinn. "Zu wissen, dass ich auch vor so einer Kulisse treffen kann, hat gutgetan. Diesen Schwung habe ich mitgenommen, das merke ich immer noch."

Gleich beim WM-Debüt ein Tor zu erzielen, das haben nicht viele geschafft. Als Teenie noch dazu. Gegen China war Gwinn 19 Jahre alt, sie ist nach Rekordnationalspielerin Birgit Prinz und Ariane Hingst erst die dritte Deutsche unter 20, die bei einer WM getroffen hat.

All die Eindrücke in wenigen Wochen haben sich für Gwinn anfangs so angefühlt, als sei sie Teil eines Films, ohne ihre Rolle und das Ende genau zu kennen. Gwinn stand in allen fünf Partien auf dem Platz, sie hat sich überall zurechtgefunden - und auch damit beeindruckt. In einer Mannschaft, die sich in einem Umbruch- und Entwicklungsprozess befindet, ließ Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg die inzwischen 20-Jährige offensiv wie defensiv, links wie rechts spielen. Gwinn wirkte auf jeder Position wie ein Routinier, als Drittjüngste im Kader.

WM: "Persönlich toll, das Aus aber extrem bitter"

Aber auch Gwinn konnte nicht verhindern, dass die WM für Deutschland mit einem 1:2 im Viertelfinale gegen Schweden beendet war. Und so sind die Erinnerungen an dieses erste ganz große Turnier von gemischten Gefühlen geprägt. "Die WM war zum einen extrem bitter durch das Ausscheiden", sagt Gwinn. "Für mich persönlich war es aber natürlich auch eine tolle Erfahrung, so viel Einsatzzeit und Vertrauen zu bekommen - und dann noch als beste junge Spielerin des Turniers ausgezeichnet zu werden. Da gibt es vieles, auf das ich stolz sein kann und das mir bleibt."

Seitdem hat sich viel im Leben der U 17-Europameisterin verändert. Gwinn, die am 24. November 2017 in Bielefeld gegen Frankreich debütierte und inzwischen zwei Tore in 13 Länderspielen geschossen hat, ist seit diesem Sommer eine der bekanntesten deutschen Nationalspielerinnen. Aus dem Mädchen vom Bodensee, das sich erst im Handball, Taekwondo und Kunstradfahren versuchte, bevor es mit acht Jahren mit dem Fußball anfing, ist eine gestandene Bundesligaspielerin geworden.

Wechsel vom SC Freiburg zum FC Bayern

Nach vier Jahren beim SC Freiburg ist Gwinn nach der WM zum FC Bayern gewechselt. Von München ist es zu ihrer Familie nach Friedrichshafen nicht weit - und sie trifft beim dreimaligen Deutschen Meister auf viele alte Bekannte. Jens Scheuer, ihr bisheriger Trainer in Freiburg, ist auch ihr aktueller in München, und im Kader des FC Bayern stehen außer Gwinn noch sechs weitere Nationalspielerinnen. "Mir hilft das, ich bin ein extremer Kopfmensch", sagt Gwinn. "Ich muss mich wohlfühlen, dann kann ich auch meine Leistung abrufen."

Ihre Ziele mit dem Verein sind klar: Titel gewinnen. Und mit der Nationalmannschaft? Ohne bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio den Titel verteidigen zu können? "Ich sehe das als Chance", sagt Gwinn. "Bis zur EM 2021 in England haben wir mehr Zeit, als Team zusammenzuwachsen und zu zeigen, was wir können."

Diese neue Phase bei der Nationalmannschaft beginnt für Giulia Gwinn am Samstag (ab 12.30 Uhr, live in der ARD) mit dem EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro - und wie man Tore in wichtigen Spielen schießt, weiß sie inzwischen bestens.

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