Auf den Spuren von Julius Hirsch

DEPORTATION NACH AUSCHWITZ | BIELEFELD | 61 war Lotte Windmüller wegen eines Freundes öfter gekommen. Seit 1941 arbeitete Lotte Windmüller in einer Kartonagenfabrik in Bielefeld. Im Schloß- hof lernte sie Paul Hoffmann kennen und lud ihn anlässlich ihres 19. Geburtstages im Juli 1941 zu einer Feier in die Pension von Johanne Peppmöller ein – die beiden waren fortan ein Paar. Nachdem Lotte Windmüller im Juli 1942 erneut von einer Deportation zurückgestellt worden war, musste auch sie ins Lager Schloßhofstraße ziehen. Paul Hoffmann und Lotte Windmüller beantragten im Herbst 1942 die Hochzeit, welche sie für den Sommer 1943 planten – ihre gemeinsame Deporta- tion Anfang März 1943 verhinderte dies. Paul Hoff- mann und Lotte Windmüller mussten sich gemein- sam mit den anderen Lagerinsassen am 28. Februar 1943 im Vereinslokal der Eintracht in der Bielefelder Innenstadt einfinden, wo sie sich mit einer Familie Rosenstein aus Warburg die Garderobe als Zimmer teilten. Am 2. März begann der Transport nach Auschwitz. Es gelang Paul und Lotte, eine Postkarte an Johanne Peppmöller aus dem Deportationszug zu werfen – es ist eine von drei Postkarten aus diesem Zug, von denen wir heute wissen. Paul Hoffmann wusste ebenfalls, dass seine Mut- ter, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten musste, im gleichen Deportationszug saß. Seine Versuche, sie an der Rampe in Auschwitz-Birkenau zu finden, scheiterten. Hier sah Paul Hoffmann auch seine Verlobte Lotte Windmüller das letzte Mal, wie sein Sohn Daniel in einem Buch über das Leben seines Vaters beschreibt: „Er ging in die Richtung des Wag- gons zurück, aus dem er ausgestiegen war, um mit Lotte noch einmal zusammenzukommen. Es war ein außerordentlicher Zufall, daß er sie auf seinem Rückweg tatsächlich noch einmal sehen konnte. Sie stand mit Hanna Egert zusammen. Er war froh darüber, daß er sie mit ihr antraf, denn Hanna, eine 20jährige Berlinerin, kannte er als eine resolute und intelligente Frau. […] Lotte zeigte keine Anzeichen von Furcht. Sie schien zuversichtlich zu sein. Lotte und mein Vater versprachen sich noch einmal, auch wenn sie getrennt würden, durchzuhalten.“ Sowohl Lotte Windmüller als auch Hanna Egert wurden in Auschwitz ermordet. Paul Hoffmann hingegen überlebte im Lager Monowitz, auch durch die Hilfe eines befreundeten Kapos und die Protektion eines NSDAP-Büroleiters. Johanne Peppmöller schickte regelmäßig Kleidung und Lebensmittel zu Paul Hoffmann und der vermutlich längst ermordeten Lotte Windmüller nach Auschwitz. Hoffmann und Peppmöller schrieben sich zudem über 50 heim- liche Briefe. Paul Hoffmann überlebte den Todes- marsch von Auschwitz ins KZ Buchenwald im Januar 1945, es gelang ihm schließlich, auf einem weite- ren Todesmarsch im April 1945 in einen Wald zu fliehen. Nach dem Krieg war Paul Hoffmann am Aufbau der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf beteiligt, deren Geschäftsführer er von 1962 bis 1986 war. Er lebte mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern in der Stadt und starb dort am 11. Februar 2008. Er ist auf dem Jüdischen Friedhof in Düsseldorf begraben. An Lotte Windmüller erinnert heute ein Stolperstein in Bielefeld, der an ihrer Wohnadresse in der Detmolder Straße 76 verlegt wurde.

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