Oliver Bierhoff: "Wir geben den Spielern ein tolles Umfeld"

Detailliert, prägnant und konkret - so beschreibt Oliver Bierhoff die wesentlichen Inhalte der sportlichen Vorbereitung auf ein Länderspiel. Wie die DFB-Auswahl dabei außerdem die Verpflichtungen gegenüber den diversen Partnern erfüllt und wie die sportliche Leitung auch für den Fall eines gravierenden Rückschlags gewappnet ist, beschreibt der Manager der deutschen Nationalmannschaft im aktuellen „DFB.de-Gespräch der Woche“ mit dem DFB-Redakteur Wolfgang Tobien – und der 39-Jährige kündigt ein Handbuch für jeden Nationalspieler speziell zur EM 2008 an.

Weitere Hintergünde zur Arbeit der sportlichen Leitung vor und während der Länderspielphasen - etwa vor den beiden EM-Qualifikationsspielen am Samstag (ab 20.45 Uhr MESZ, live in der ARD) in Cardiff gegen Irland und am Mittwoch, 17. Oktober (ab 20.45 Uhr, live im ZDF), in München gegen die Tschechische Republik - beschreibt die große Reportage im DFB-Journal (Ausgabe 3/2007), das dieser Tage erscheint und über www.dfb.de zu beziehen ist.

Frage: 70 Länderspiele haben Sie als Spieler für die deutsche Nationalmannschaft bestritten, sind seit 2004 nunmehr deren Manager. Wie hat sich die Vorbereitung auf ein Länderspiel verändert?

Oliver Bierhoff: Eine wesentliche Veränderung ist, dass ich den Jour fixe eingeführt habe als wichtigen Bestandteil der organisatorischen Vorbereitung. Dabei wird in einem intensiven Gedankenaustausch daran gearbeitet, die Abläufe in Bereichen wie Marketing, Medien und Gesamtorganisation vor einem Länderspiel zu optimieren und neue Ideen zu entwickeln, wovon natürlich auch die sportliche Vorbereitung nicht unberührt bleibt. Dort ist neu, dass Hansi Flick als Assistenztrainer den gesamten Scouting-Bereich verantwortet, in enger Zusammenarbeit mit Urs Siegenthaler. Durch die spezielle Video-Beobachtung und -Schulung ergibt sich eine viel intensivere Aufbereitung. Es wird nicht mehr nur, wie zu meiner Zeit als Stürmer, die 30-Minuten-Videokassette abgespielt, vielmehr werden einzelne Spieler und Mannschaftsbereiche mit Kurzvideos ganz gezielt vorbereitet.

Frage: Täuscht der Eindruck, dass speziell dank Urs Siegenthaler die Beschäftigung und Einstellung mit und zum jeweiligen Gegner eine andere, konkretere Qualität bekommen hat?

Bierhoff: Die Vorbereitung auf den Gegner ist in der Tat weniger allgemein, sondern viel detaillierter und prägnanter geworden. Man versucht, typische Aspekte der gegnerischen Stärken und Schwächen hervorzuheben, zu veranschaulichen und dementsprechend das Training abzustimmen.

Frage: Wie gestaltete sich Ihr spezieller Part an der sportlichen Vorbereitung?

Bierhoff: Von Anfang an habe ich bei meiner Tätigkeit als Manager deutlich gemacht, dass die Trainer für die sportliche Vorbereitung verantwortlich sind. Da ich aber auch das Sprachrohr der Nationalmannschaft bin, den Spielern sehr nahe stehe und ihren Weg begleite, bin ich natürlich in die sportlichen Diskussionen und Maßnahmen miteinbezogen. So entsteht das Handbuch, das wir im Büro der Nationalmannschaft für jeden einzelnen Spieler mit allen wichtigen Informationen für die EM 2008 erstellen, in engem Austausch mit den Trainern. Daneben sind während der Länderspielvorbereitung werbe- und marketingtechnische Dinge sowie repräsentative und karitative Auftritte wahrzunehmen. Ich versuche eben, alle Termine möglichst reibungslos unter einen Hut zu bringen.

Frage: Nach welchem Grundsatz werden die Werbetermine vor einem Länderspiel abgewickelt?

Bierhoff: Wir haben vertragliche Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern. Optimal ist die Planung, dass wir diese in der Regel vor Freundschaftsspielen mindestens zwei Tage vor dem Anpfiff erledigen. Die drei, vier Spots und Foto-Shootings im Hinblick auf große Turniere, dazu zählte auch der adidas-Dreh in Köln vor dem Rumänien-Länderspiel, sollten an einem gesonderten, trainingsfreien Tag gemacht werden. Das alles musste und muss optimal organisiert werden, damit der Zeitaufwand für die Spieler minimal ist.

Frage: Der Betreuerstab ist seit 2004 erheblich größer geworden. Wer koordiniert deren Einsätze und fügt sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammen?

Bierhoff: Es liegt natürlich im Ermessen des Bundestrainers, wie er seine Mitarbeiter einsetzt. Doch es ist eine klare Vorgabe von uns, dass wir den kompetenten Spezialisten in unserem Team als den Dienstleistern für die Mannschaft den Freiraum geben, mit den Spielern selbstständig zu arbeiten. Es gibt ja Trainer, die sagen: Alles läuft nur über mich, und ich bin der einzige, der redet. Das ist bei uns ganz anders, ohne dass Joachim Löws Führungsrolle dadurch beeinträchtigt wird. So herrschen aus meiner Sicht bei der Länderspielvorbereitung optimale Arbeitsbedingungen.

Frage: Beinhaltet das viel gelobte, weil sehr erfolgreiche und attraktive "System Bierhoff/Löw" auch ein Krisenmanagement für den Fall eines gravierenden Rückschlags?

Bierhoff: Wir haben vor der WM 2006 alle Möglichkeiten und Unwägbarkeiten durchdiskutiert. Generell muss man feststellen, dass die Nationalmannschaft heute auf einem ungemein stabilen Fundament steht. Diese Basis hat sie sich geschaffen, weil die sportliche Leitung in sich absolut geschlossen ist und sich auch so nach außen präsentiert. Und weil es dem Team gelungen ist, eine enge Verbindung zu seinen Fans herzustellen: Ich denke nur an das Riesenplakat beim Confederations Cup 2005 in Leipzig oder an die Art und Weise, wie es sich am Finaltag der WM 2006 von den Fans am Brandenburger Tor in Berlin verabschiedet hat. Dieses offensive Verhalten nicht nur auf dem Spielfeld und vor allem die totale Geschlossenheit der sportlichen Leitung mit den drei Trainern und mir als Manager werden uns, davon bin ich überzeugt, eine etwaige Krisensituation bewältigen lassen.

Frage: Wäre ein Fußballer wie Oliver Bierhoff in einem solchen Sichtungs- und Betreuungssystem schon in jüngeren Jahren und nicht erst als fast 28-Jähriger Nationalspieler geworden?

Bierhoff: Wenn ich ein solches System im Verein gehabt hätte, wäre ich vielleicht früher Nationalspieler geworden. Die Frage ist, ob ich mit meinen Leistungen als 24-Jähriger schon reif gewesen war für die Nationalmannschaft. Fakt ist ganz sicher, dass wir wahnsinnig gute Bedingungen für die jungen Spieler geschaffen haben, um in das Nationalteam hineinzuwachsen. Wir geben ihnen, aber auch den älteren Spielern, ein tolles Umfeld. Ich wäre gerne unter diesen Bedingungen Nationalspieler gewesen. Unsere Spieler haben viele Freiräume, und bei der eigentlichen Vorbereitung auf ein Länderspiel gibt es weder Leerlauf noch Langeweile.

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Detailliert, prägnant und konkret - so beschreibt Oliver Bierhoff die wesentlichen Inhalte der sportlichen Vorbereitung auf ein Länderspiel. Wie die DFB-Auswahl dabei außerdem die Verpflichtungen gegenüber den diversen Partnern erfüllt und wie die sportliche Leitung auch für den Fall eines gravierenden Rückschlags gewappnet ist, beschreibt der Manager der deutschen Nationalmannschaft im aktuellen „DFB.de-Gespräch der Woche“ mit dem DFB-Redakteur Wolfgang Tobien – und der 39-Jährige kündigt ein Handbuch für jeden Nationalspieler speziell zur EM 2008 an.

Weitere Hintergünde zur Arbeit der sportlichen Leitung vor und während der Länderspielphasen - etwa vor den beiden EM-Qualifikationsspielen am Samstag (ab 20.45 Uhr MESZ, live in der ARD) in Cardiff gegen Irland und am Mittwoch, 17. Oktober (ab 20.45 Uhr, live im ZDF), in München gegen die Tschechische Republik - beschreibt die große Reportage im DFB-Journal (Ausgabe 3/2007), das dieser Tage erscheint und über www.dfb.de zu beziehen ist.

Frage: 70 Länderspiele haben Sie als Spieler für die deutsche Nationalmannschaft bestritten, sind seit 2004 nunmehr deren Manager. Wie hat sich die Vorbereitung auf ein Länderspiel verändert?

Oliver Bierhoff: Eine wesentliche Veränderung ist, dass ich den Jour fixe eingeführt habe als wichtigen Bestandteil der organisatorischen Vorbereitung. Dabei wird in einem intensiven Gedankenaustausch daran gearbeitet, die Abläufe in Bereichen wie Marketing, Medien und Gesamtorganisation vor einem Länderspiel zu optimieren und neue Ideen zu entwickeln, wovon natürlich auch die sportliche Vorbereitung nicht unberührt bleibt. Dort ist neu, dass Hansi Flick als Assistenztrainer den gesamten Scouting-Bereich verantwortet, in enger Zusammenarbeit mit Urs Siegenthaler. Durch die spezielle Video-Beobachtung und -Schulung ergibt sich eine viel intensivere Aufbereitung. Es wird nicht mehr nur, wie zu meiner Zeit als Stürmer, die 30-Minuten-Videokassette abgespielt, vielmehr werden einzelne Spieler und Mannschaftsbereiche mit Kurzvideos ganz gezielt vorbereitet.

Frage: Täuscht der Eindruck, dass speziell dank Urs Siegenthaler die Beschäftigung und Einstellung mit und zum jeweiligen Gegner eine andere, konkretere Qualität bekommen hat?

Bierhoff: Die Vorbereitung auf den Gegner ist in der Tat weniger allgemein, sondern viel detaillierter und prägnanter geworden. Man versucht, typische Aspekte der gegnerischen Stärken und Schwächen hervorzuheben, zu veranschaulichen und dementsprechend das Training abzustimmen.

Frage: Wie gestaltete sich Ihr spezieller Part an der sportlichen Vorbereitung?

Bierhoff: Von Anfang an habe ich bei meiner Tätigkeit als Manager deutlich gemacht, dass die Trainer für die sportliche Vorbereitung verantwortlich sind. Da ich aber auch das Sprachrohr der Nationalmannschaft bin, den Spielern sehr nahe stehe und ihren Weg begleite, bin ich natürlich in die sportlichen Diskussionen und Maßnahmen miteinbezogen. So entsteht das Handbuch, das wir im Büro der Nationalmannschaft für jeden einzelnen Spieler mit allen wichtigen Informationen für die EM 2008 erstellen, in engem Austausch mit den Trainern. Daneben sind während der Länderspielvorbereitung werbe- und marketingtechnische Dinge sowie repräsentative und karitative Auftritte wahrzunehmen. Ich versuche eben, alle Termine möglichst reibungslos unter einen Hut zu bringen.

Frage: Nach welchem Grundsatz werden die Werbetermine vor einem Länderspiel abgewickelt?

Bierhoff: Wir haben vertragliche Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern. Optimal ist die Planung, dass wir diese in der Regel vor Freundschaftsspielen mindestens zwei Tage vor dem Anpfiff erledigen. Die drei, vier Spots und Foto-Shootings im Hinblick auf große Turniere, dazu zählte auch der adidas-Dreh in Köln vor dem Rumänien-Länderspiel, sollten an einem gesonderten, trainingsfreien Tag gemacht werden. Das alles musste und muss optimal organisiert werden, damit der Zeitaufwand für die Spieler minimal ist.

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Frage: Der Betreuerstab ist seit 2004 erheblich größer geworden. Wer koordiniert deren Einsätze und fügt sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammen?

Bierhoff: Es liegt natürlich im Ermessen des Bundestrainers, wie er seine Mitarbeiter einsetzt. Doch es ist eine klare Vorgabe von uns, dass wir den kompetenten Spezialisten in unserem Team als den Dienstleistern für die Mannschaft den Freiraum geben, mit den Spielern selbstständig zu arbeiten. Es gibt ja Trainer, die sagen: Alles läuft nur über mich, und ich bin der einzige, der redet. Das ist bei uns ganz anders, ohne dass Joachim Löws Führungsrolle dadurch beeinträchtigt wird. So herrschen aus meiner Sicht bei der Länderspielvorbereitung optimale Arbeitsbedingungen.

Frage: Beinhaltet das viel gelobte, weil sehr erfolgreiche und attraktive "System Bierhoff/Löw" auch ein Krisenmanagement für den Fall eines gravierenden Rückschlags?

Bierhoff: Wir haben vor der WM 2006 alle Möglichkeiten und Unwägbarkeiten durchdiskutiert. Generell muss man feststellen, dass die Nationalmannschaft heute auf einem ungemein stabilen Fundament steht. Diese Basis hat sie sich geschaffen, weil die sportliche Leitung in sich absolut geschlossen ist und sich auch so nach außen präsentiert. Und weil es dem Team gelungen ist, eine enge Verbindung zu seinen Fans herzustellen: Ich denke nur an das Riesenplakat beim Confederations Cup 2005 in Leipzig oder an die Art und Weise, wie es sich am Finaltag der WM 2006 von den Fans am Brandenburger Tor in Berlin verabschiedet hat. Dieses offensive Verhalten nicht nur auf dem Spielfeld und vor allem die totale Geschlossenheit der sportlichen Leitung mit den drei Trainern und mir als Manager werden uns, davon bin ich überzeugt, eine etwaige Krisensituation bewältigen lassen.

Frage: Wäre ein Fußballer wie Oliver Bierhoff in einem solchen Sichtungs- und Betreuungssystem schon in jüngeren Jahren und nicht erst als fast 28-Jähriger Nationalspieler geworden?

Bierhoff: Wenn ich ein solches System im Verein gehabt hätte, wäre ich vielleicht früher Nationalspieler geworden. Die Frage ist, ob ich mit meinen Leistungen als 24-Jähriger schon reif gewesen war für die Nationalmannschaft. Fakt ist ganz sicher, dass wir wahnsinnig gute Bedingungen für die jungen Spieler geschaffen haben, um in das Nationalteam hineinzuwachsen. Wir geben ihnen, aber auch den älteren Spielern, ein tolles Umfeld. Ich wäre gerne unter diesen Bedingungen Nationalspieler gewesen. Unsere Spieler haben viele Freiräume, und bei der eigentlichen Vorbereitung auf ein Länderspiel gibt es weder Leerlauf noch Langeweile.