Röttger: "Vor Kimmich ziehe ich meinen Hut"

Er unterschrieb bei Bayer 04 Leverkusen seinen ersten Profivertrag, feierte mit RB Leipzig zwei Aufstiege und war Zweitliga-Profi beim SC Paderborn. Heute zählt Timo Röttger zu den Leistungsträgern der SG Sonnenhof Großaspach. Am Nachmittag (14 Uhr) kommt es zum Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Verein und Spitzenreiter SC Paderborn. Im aktuellen DFB.de-Interview mit Oliver Jensen spricht Röttger über das Erfolgsgeheimnis seiner Mannschaft, aber auch über seine Vergangenheit in Leipzig und seine Erfahrungen mit Nationalspieler Joshua Kimmich.

DFB.de: Herr Röttger, obwohl die SG Sonnenhof Großaspach nur ein geringes Budget hat und jedes Jahr als Abstiegskandidat gehandelt wird, hielt sich der Verein in den letzten zweieinhalb Jahren meist in der oberen Tabellenhälfte auf. Erklären Sie uns das Erfolgsgeheimnis?

Timo Röttger: Ein großer Punkt ist der Zusammenhalt der Mannschaft. Ich bin seit zweieinhalb Jahren hier und muss sagen, dass die Gruppe immer mehr zusammengewachsen ist – trotz der Abgänge. Gute Spieler, die zu höherklassigen Vereinen gewechselt sind, wurden immer durch junge Talente ersetzt. Oft waren das Spieler, die niemand kannte und die in irgendeiner zweiten Mannschaft gespielt haben. Bei uns wurden sie gut aufgenommen und konnten so ihr Potenzial ausschöpfen.

DFB.de: Heute treffen Sie auf Ihren Ex-Verein SC Paderborn. Ist das für Sie ein besonderes Spiel?

Röttger: Ich hatte eine schöne Zeit in Paderborn. Trotzdem verbindet mich nicht mehr viel mit dieser Mannschaft. Ich bin vor knapp zehn Jahren dort weggegangen. Christian Strohdiek ist der einzige aktive Spieler, der aus meiner Zeit übrig geblieben ist. Ansonsten kenne ich noch den Sportdirektor Markus Krösche, der damals mein Mitspieler war.

DFB.de: Vergangene Saison ist der SC Paderborn sportlich abgestiegen und blieb nur der 3. Liga erhalten, weil 1860 München keine Lizenz erhielt. Nun ist die Mannschaft Tabellenführer. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Röttger: In Paderborn geht es immer auf und ab. Aber nun hat die Mannschaft einen guten Weg eingeschlagen. Markus Krösche ist sehr bodenständig und hat viel Ahnung vom Fußball. Wenn der SC Paderborn aufsteigt, und das ist praktisch sicher, werden sie sich wieder in der 2. Bundesliga etablieren. Dort gehört der Verein auch hin. Möglicherweise bekam der Verein Probleme, weil das mit dem Bundesliga-Aufstieg damals zu schnell ging.

DFB.de: Sie selbst haben auch an der Bundesliga geschnuppert. Sie stammen aus der Jugend von Bayer 04 Leverkusen, haben dort für die 2. Mannschaft gespielt und besaßen einen Profivertrag. Wie nahe waren Sie damals an der Bundesliga dran?

Röttger: Ich saß in der Bundesliga und in der Champions League zumindest auf der Bank. Für einen Einsatz hat es leider nicht gereicht. Rückblickend muss ich zugeben: Mit den namhaften Mitspielern wie Dimitar Berbatov, der Tore gemacht hat wie eine Maschine, konnte ich einfach nicht mithalten. Trotzdem habe ich mich in Leverkusen sehr wohlgefühlt.

DFB.de: Bayer Leverkusen ist nicht der einzige namhafte Verein Ihrer Karriere…

Röttger: Sie sprechen vermutlich auf RB Leipzig an. Mit denen bin ich von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga durchmarschiert.

DFB.de: Das Besondere ist, dass Sie im Jahre 2011 zu RB Leipzig in die Regionalliga gewechselt sind, obwohl Sie mit Dynamo Dresden gerade in die 2. Bundesliga aufgestiegen waren. Fühlte sich das nicht wie ein Rückschritt an?

Röttger: Ich wäre ja gerne in Dresden geblieben. Aber mein Vertrag lief aus und der damalige Sportdirektor hat viele Spieler hingehalten. Ein konkretes Angebot kam nicht zustande. Es gab auch keine klare Ansage, wie Dynamo plante. Das Angebot von RB Leipzig hingegen lag auf dem Tisch. Und da ich wusste, dass der Verein viel erreichen möchte, bin ich eben gewechselt.

DFB.de: Was für Bedingungen haben Sie damals in Leipzig vorgefunden?

Röttger: Obwohl wir damals ein Regionalligist waren, fand ich in Leipzig Trainingsbedingungen auf Bundesliga-Niveau vor. Wir hatten zum Beispiel einen eigenen Video-Analysten, mehrere Physiotherapeuten und Top-Trainingsplätze. Wann immer ein Spieler ein Problem hatte, ob nun auf oder neben dem Platz, musste man nur kurz durchklingeln, und schon wurde einem geholfen.

DFB.de: Einer Ihrer Mitspieler war der heutige Nationalspieler Joshua Kimmich. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit ihm?

Röttger: Bei ihm war vom ersten Training an zu erkennen, dass er eine außergewöhnliche Klasse hat – nicht nur fußballerisch, sondern vom ganzen Auftreten her. Er trat trotz seines jungen Alters total souverän auf, war abgezockt und wusste genau, was er wollte. Ihm wurde sicherlich viel Talent in die Wiege gelegt. Aber er war auch extrem fleißig. Er war immer einer der Ersten auf dem Trainingsplatz oder im Kraftraum und hat nach dem Training individuell weiter an sich gearbeitet. Vor ihm kann ich nur den Hut ziehen. Er hat viel dafür getan, dort hinzugelangen, wo er heute ist.

DFB.de: Wie sind die Fußball-Fans damals mit RB Leipzig umgegangen?

Röttger: Wir waren für viele Fans ein rotes Tuch. Das war teilweise grenzwertig. Sind wir vor einem Auswärtsspiel spazieren gegangen, mussten wir immer vom Sicherheitspersonal begleitet werden. Einmal wurde unser Bus mit Steinen beschmissen, sodass Fensterscheiben zu Bruch gingen. Die Anfeindungen waren groß. Aber das hat einen auch angespornt.

DFB.de: Kurioserweise sind Sie mit RB Leipzig in die 2. Bundesliga aufgestiegen und haben danach erneut zwei Schritte zurück in die Regionalliga gemacht – also genauso wie zu Dresdner Zeiten. Haben Sie keine Lust auf 2. Bundesliga?

Röttger: (lacht) Doch, Lust hätte ich schon gehabt. Ich bin auch davon überzeugt, 2. Bundesliga spielen zu können. Aber RB Leipzig hatte eben hohe Ziele und auch die Möglichkeit, Top-Spieler zu verpflichten. Mir wurde daher signalisiert, dass ich vermutlich keine Einsätze bekommen werde und mir einen anderen Verein suchen sollte. Ich bin dann in die Regionalliga zu Viktoria Köln gewechselt, weil ich zurück in meine Heimat wollte. Leider lief es dort nicht so wie erhofft.

DFB.de: Ein Jahr später, im Jahre 2015, sind Sie dann zu der SG Sonnenhof Großaspach gegangen…

Röttger: Genau. Ich hatte den Wunsch, wieder eine Liga höher zu spielen. Ich habe mich dann sehr bewusst für Großaspach entschieden, weil der Verein unbedingt einen erfahrenen Spieler wie mich wollte. Ich habe den Schritt nie bereut.

DFB.de: Inwiefern unterscheidet sich ein Dorfverein wie SG Sonnenhof Großaspach von etablierten Profivereinen wie Bayer Leverkusen, RB Leipzig oder Dynamo Dresden?

Röttger: Das ist eine komplett andere Welt. Als ich hierher kam, hatten wir beispielsweise keinen hauptamtlichen Physiotherapeuten, was sich aber natürlich geändert hat. Das zeigt, dass der Verein sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und hier professionell gearbeitet wird. Und trotzdem fühlt es sich alles so gut und vertraut an, als wäre man wieder bei seinem Fußballverein aus der Heimat. Man wird hier nicht verwöhnt, aber dafür wird der Fußball gelebt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die SG Sonnenhof Großaspach hat geringere Möglichkeiten als andere Clubs, macht aber immer das Beste daraus – in allen Bereichen.

[oj]

Er unterschrieb bei Bayer 04 Leverkusen seinen ersten Profivertrag, feierte mit RB Leipzig zwei Aufstiege und war Zweitliga-Profi beim SC Paderborn. Heute zählt Timo Röttger zu den Leistungsträgern der SG Sonnenhof Großaspach. Am Nachmittag (14 Uhr) kommt es zum Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Verein und Spitzenreiter SC Paderborn. Im aktuellen DFB.de-Interview mit Oliver Jensen spricht Röttger über das Erfolgsgeheimnis seiner Mannschaft, aber auch über seine Vergangenheit in Leipzig und seine Erfahrungen mit Nationalspieler Joshua Kimmich.

DFB.de: Herr Röttger, obwohl die SG Sonnenhof Großaspach nur ein geringes Budget hat und jedes Jahr als Abstiegskandidat gehandelt wird, hielt sich der Verein in den letzten zweieinhalb Jahren meist in der oberen Tabellenhälfte auf. Erklären Sie uns das Erfolgsgeheimnis?

Timo Röttger: Ein großer Punkt ist der Zusammenhalt der Mannschaft. Ich bin seit zweieinhalb Jahren hier und muss sagen, dass die Gruppe immer mehr zusammengewachsen ist – trotz der Abgänge. Gute Spieler, die zu höherklassigen Vereinen gewechselt sind, wurden immer durch junge Talente ersetzt. Oft waren das Spieler, die niemand kannte und die in irgendeiner zweiten Mannschaft gespielt haben. Bei uns wurden sie gut aufgenommen und konnten so ihr Potenzial ausschöpfen.

DFB.de: Heute treffen Sie auf Ihren Ex-Verein SC Paderborn. Ist das für Sie ein besonderes Spiel?

Röttger: Ich hatte eine schöne Zeit in Paderborn. Trotzdem verbindet mich nicht mehr viel mit dieser Mannschaft. Ich bin vor knapp zehn Jahren dort weggegangen. Christian Strohdiek ist der einzige aktive Spieler, der aus meiner Zeit übrig geblieben ist. Ansonsten kenne ich noch den Sportdirektor Markus Krösche, der damals mein Mitspieler war.

DFB.de: Vergangene Saison ist der SC Paderborn sportlich abgestiegen und blieb nur der 3. Liga erhalten, weil 1860 München keine Lizenz erhielt. Nun ist die Mannschaft Tabellenführer. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Röttger: In Paderborn geht es immer auf und ab. Aber nun hat die Mannschaft einen guten Weg eingeschlagen. Markus Krösche ist sehr bodenständig und hat viel Ahnung vom Fußball. Wenn der SC Paderborn aufsteigt, und das ist praktisch sicher, werden sie sich wieder in der 2. Bundesliga etablieren. Dort gehört der Verein auch hin. Möglicherweise bekam der Verein Probleme, weil das mit dem Bundesliga-Aufstieg damals zu schnell ging.

DFB.de: Sie selbst haben auch an der Bundesliga geschnuppert. Sie stammen aus der Jugend von Bayer 04 Leverkusen, haben dort für die 2. Mannschaft gespielt und besaßen einen Profivertrag. Wie nahe waren Sie damals an der Bundesliga dran?

Röttger: Ich saß in der Bundesliga und in der Champions League zumindest auf der Bank. Für einen Einsatz hat es leider nicht gereicht. Rückblickend muss ich zugeben: Mit den namhaften Mitspielern wie Dimitar Berbatov, der Tore gemacht hat wie eine Maschine, konnte ich einfach nicht mithalten. Trotzdem habe ich mich in Leverkusen sehr wohlgefühlt.

DFB.de: Bayer Leverkusen ist nicht der einzige namhafte Verein Ihrer Karriere…

Röttger: Sie sprechen vermutlich auf RB Leipzig an. Mit denen bin ich von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga durchmarschiert.

DFB.de: Das Besondere ist, dass Sie im Jahre 2011 zu RB Leipzig in die Regionalliga gewechselt sind, obwohl Sie mit Dynamo Dresden gerade in die 2. Bundesliga aufgestiegen waren. Fühlte sich das nicht wie ein Rückschritt an?

Röttger: Ich wäre ja gerne in Dresden geblieben. Aber mein Vertrag lief aus und der damalige Sportdirektor hat viele Spieler hingehalten. Ein konkretes Angebot kam nicht zustande. Es gab auch keine klare Ansage, wie Dynamo plante. Das Angebot von RB Leipzig hingegen lag auf dem Tisch. Und da ich wusste, dass der Verein viel erreichen möchte, bin ich eben gewechselt.

DFB.de: Was für Bedingungen haben Sie damals in Leipzig vorgefunden?

Röttger: Obwohl wir damals ein Regionalligist waren, fand ich in Leipzig Trainingsbedingungen auf Bundesliga-Niveau vor. Wir hatten zum Beispiel einen eigenen Video-Analysten, mehrere Physiotherapeuten und Top-Trainingsplätze. Wann immer ein Spieler ein Problem hatte, ob nun auf oder neben dem Platz, musste man nur kurz durchklingeln, und schon wurde einem geholfen.

DFB.de: Einer Ihrer Mitspieler war der heutige Nationalspieler Joshua Kimmich. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit ihm?

Röttger: Bei ihm war vom ersten Training an zu erkennen, dass er eine außergewöhnliche Klasse hat – nicht nur fußballerisch, sondern vom ganzen Auftreten her. Er trat trotz seines jungen Alters total souverän auf, war abgezockt und wusste genau, was er wollte. Ihm wurde sicherlich viel Talent in die Wiege gelegt. Aber er war auch extrem fleißig. Er war immer einer der Ersten auf dem Trainingsplatz oder im Kraftraum und hat nach dem Training individuell weiter an sich gearbeitet. Vor ihm kann ich nur den Hut ziehen. Er hat viel dafür getan, dort hinzugelangen, wo er heute ist.

DFB.de: Wie sind die Fußball-Fans damals mit RB Leipzig umgegangen?

Röttger: Wir waren für viele Fans ein rotes Tuch. Das war teilweise grenzwertig. Sind wir vor einem Auswärtsspiel spazieren gegangen, mussten wir immer vom Sicherheitspersonal begleitet werden. Einmal wurde unser Bus mit Steinen beschmissen, sodass Fensterscheiben zu Bruch gingen. Die Anfeindungen waren groß. Aber das hat einen auch angespornt.

DFB.de: Kurioserweise sind Sie mit RB Leipzig in die 2. Bundesliga aufgestiegen und haben danach erneut zwei Schritte zurück in die Regionalliga gemacht – also genauso wie zu Dresdner Zeiten. Haben Sie keine Lust auf 2. Bundesliga?

Röttger: (lacht) Doch, Lust hätte ich schon gehabt. Ich bin auch davon überzeugt, 2. Bundesliga spielen zu können. Aber RB Leipzig hatte eben hohe Ziele und auch die Möglichkeit, Top-Spieler zu verpflichten. Mir wurde daher signalisiert, dass ich vermutlich keine Einsätze bekommen werde und mir einen anderen Verein suchen sollte. Ich bin dann in die Regionalliga zu Viktoria Köln gewechselt, weil ich zurück in meine Heimat wollte. Leider lief es dort nicht so wie erhofft.

DFB.de: Ein Jahr später, im Jahre 2015, sind Sie dann zu der SG Sonnenhof Großaspach gegangen…

Röttger: Genau. Ich hatte den Wunsch, wieder eine Liga höher zu spielen. Ich habe mich dann sehr bewusst für Großaspach entschieden, weil der Verein unbedingt einen erfahrenen Spieler wie mich wollte. Ich habe den Schritt nie bereut.

DFB.de: Inwiefern unterscheidet sich ein Dorfverein wie SG Sonnenhof Großaspach von etablierten Profivereinen wie Bayer Leverkusen, RB Leipzig oder Dynamo Dresden?

Röttger: Das ist eine komplett andere Welt. Als ich hierher kam, hatten wir beispielsweise keinen hauptamtlichen Physiotherapeuten, was sich aber natürlich geändert hat. Das zeigt, dass der Verein sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und hier professionell gearbeitet wird. Und trotzdem fühlt es sich alles so gut und vertraut an, als wäre man wieder bei seinem Fußballverein aus der Heimat. Man wird hier nicht verwöhnt, aber dafür wird der Fußball gelebt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die SG Sonnenhof Großaspach hat geringere Möglichkeiten als andere Clubs, macht aber immer das Beste daraus – in allen Bereichen.

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