"Rangnick der Siebziger" wird 90 Jahre alt

Sein Name steht im Telefonbuch. Heddergott, Karl-Heinz, Drei-Kaiser-Eiche 24 in Hennef im Rhein-Sieg-Kreis. Aber der Eintrag führt ins Leere, "kein Anschluss unter dieser Nummer", meldet eine blecherne Stimme. Der Jubilar, der heute seinen 90. Geburtstag feiert, hat seit einiger Zeit eine Geheimnummer, man sei zu oft belästigt worden, wollen die Nachbarn wissen. Auch der Draht zu den lokalen Medien und dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer ist abgerissen, ebenso zur Stadt Hennef und dem 1. FC Köln.

Das ist ebenso bedauerlich wie erstaunlich. Heddergott gilt zwar als ausgesprochener Fußball-Fachmann, der die Fußball-Lehre revolutionierte und den Ruf eines "Chef-Theoretikers" genoss, aber auf der großen Fußballbühne stand der langjährige Trainerausbilder des DFB (von 1967 bis 1980 war er in Köln "Verantwortlicher für das Lehrwesen") nur sechs Monate. Vom 16. April bis 13. Oktober 1980 trainierte er wenig glücklich das reinste Starensemble des 1. FC Köln um Toni Schumacher, Bernd Schuster, Dieter Müller und den jungen Pierre Littbarski.

Overath lobte: "Er ist fleißig, menschlich korrekt, fachlich eine Kanone"

Dafür gab es gute Gründe. Vorzeitig musste er seinen neuen Job beginnen, eigentlich sollte er erst zum Saisonstart 1980/1981 die Nachfolge von Hennes Weisweiler antreten. Doch der floh nach einer Niederlagenserie schon im April nach New York und einer musste die Saison ja zu Ende bringen. Da fing Heddergott, schon im Februar als Nachfolger auserkoren, eben etwas früher an – und auch deshalb musste er viel früher aufhören als gedacht. Es war eine Enttäuschung für beide Seiten. "Wenn ich überhaupt in die Bundesliga gehe, dann zum 1. FC Köln", hatte Heddergott, der in Düsseldorf geboren ist und in Köln studierte (Englisch, Geographie und Sport), gesagt. Und die Spieler freuten sich auch. Bernd Cullmann: "Bei seiner Intelligenz wird er sich schnell an die neue Umgebung anpassen." Von Weltmeister Wolfgang Overath, da schon Ex-Profi, war zu hören: "Heddergott ist fleißig, menschlich korrekt und fachlich eine Kanone. Hoffentlich bekommt ihm der Nervenstress. Aber wenn er sagt, dass er das schafft, dann glaube ich das."

Heddergott, der für Bundestrainer Helmut Schön bei der WM 1974 und EM 1976 die Gegner beobachtete, stürzte sich kopfüber ins Risiko. Er wählte den Schleuderstuhl eines Bundesligatrainers statt den eines krisensicheren Ausbilderpostens beim DFB, der ihn am 14. Februar 1980 aus seinem Vertrag (bis 1984) entließ. Der "Fußball-Professor" verdiente nun das Doppelte (angeblich 15.000 DM). Sein Kommentar damals: "Dass das Tragen höherer Verantwortung auch höher honoriert wird, finde ich ganz natürlich." Er startete mit einer 2:3-Heimniederlage gegen den MSV Duisburg und sagte: "Jetzt habe ich die Schattenseiten meines neuen Jobs kennengelernt, jetzt kann es nur noch aufwärts gehen." Den ersten Sieg gab es erst im fünften Spiel, das 5:0 in Bremen verurteilte Werder zum einzigen Abstieg aus der Bundesliga. Eine Initialzündung war es nicht für die Kölner, die kurz darauf das Pokalfinale gegen Fortuna Düsseldorf (1:2) verloren. Die Saison endete mit einem Missklang und die Skeptiker sahen sich bestätigt.



Sein Name steht im Telefonbuch. Heddergott, Karl-Heinz, Drei-Kaiser-Eiche 24 in Hennef im Rhein-Sieg-Kreis. Aber der Eintrag führt ins Leere, "kein Anschluss unter dieser Nummer", meldet eine blecherne Stimme. Der Jubilar, der heute seinen 90. Geburtstag feiert, hat seit einiger Zeit eine Geheimnummer, man sei zu oft belästigt worden, wollen die Nachbarn wissen. Auch der Draht zu den lokalen Medien und dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer ist abgerissen, ebenso zur Stadt Hennef und dem 1. FC Köln.

Das ist ebenso bedauerlich wie erstaunlich. Heddergott gilt zwar als ausgesprochener Fußball-Fachmann, der die Fußball-Lehre revolutionierte und den Ruf eines "Chef-Theoretikers" genoss, aber auf der großen Fußballbühne stand der langjährige Trainerausbilder des DFB (von 1967 bis 1980 war er in Köln "Verantwortlicher für das Lehrwesen") nur sechs Monate. Vom 16. April bis 13. Oktober 1980 trainierte er wenig glücklich das reinste Starensemble des 1. FC Köln um Toni Schumacher, Bernd Schuster, Dieter Müller und den jungen Pierre Littbarski.

Overath lobte: "Er ist fleißig, menschlich korrekt, fachlich eine Kanone"

Dafür gab es gute Gründe. Vorzeitig musste er seinen neuen Job beginnen, eigentlich sollte er erst zum Saisonstart 1980/1981 die Nachfolge von Hennes Weisweiler antreten. Doch der floh nach einer Niederlagenserie schon im April nach New York und einer musste die Saison ja zu Ende bringen. Da fing Heddergott, schon im Februar als Nachfolger auserkoren, eben etwas früher an – und auch deshalb musste er viel früher aufhören als gedacht. Es war eine Enttäuschung für beide Seiten. "Wenn ich überhaupt in die Bundesliga gehe, dann zum 1. FC Köln", hatte Heddergott, der in Düsseldorf geboren ist und in Köln studierte (Englisch, Geographie und Sport), gesagt. Und die Spieler freuten sich auch. Bernd Cullmann: "Bei seiner Intelligenz wird er sich schnell an die neue Umgebung anpassen." Von Weltmeister Wolfgang Overath, da schon Ex-Profi, war zu hören: "Heddergott ist fleißig, menschlich korrekt und fachlich eine Kanone. Hoffentlich bekommt ihm der Nervenstress. Aber wenn er sagt, dass er das schafft, dann glaube ich das."

Heddergott, der für Bundestrainer Helmut Schön bei der WM 1974 und EM 1976 die Gegner beobachtete, stürzte sich kopfüber ins Risiko. Er wählte den Schleuderstuhl eines Bundesligatrainers statt den eines krisensicheren Ausbilderpostens beim DFB, der ihn am 14. Februar 1980 aus seinem Vertrag (bis 1984) entließ. Der "Fußball-Professor" verdiente nun das Doppelte (angeblich 15.000 DM). Sein Kommentar damals: "Dass das Tragen höherer Verantwortung auch höher honoriert wird, finde ich ganz natürlich." Er startete mit einer 2:3-Heimniederlage gegen den MSV Duisburg und sagte: "Jetzt habe ich die Schattenseiten meines neuen Jobs kennengelernt, jetzt kann es nur noch aufwärts gehen." Den ersten Sieg gab es erst im fünften Spiel, das 5:0 in Bremen verurteilte Werder zum einzigen Abstieg aus der Bundesliga. Eine Initialzündung war es nicht für die Kölner, die kurz darauf das Pokalfinale gegen Fortuna Düsseldorf (1:2) verloren. Die Saison endete mit einem Missklang und die Skeptiker sahen sich bestätigt.

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Aus in Köln schon nach sechs Monaten

Ein Mann ohne Bundesligaerfahrung, ja überhaupt ohne Cheftrainer-Erfahrung und dazu schon in einem Alter (53), in dem der Zugang zu jungen Spielern nicht mehr so leicht ist – das musste ja scheitern. Toni Schumacher warf sich für ihn in die Bresche: "Es ist falsch, ihm allein die Schuld in die Schuhe zu schieben. Unser Trainer hat sich alle Mühe gegeben, uns aus dem Formtief zu führen."

Im Oktober war es dann genug der Mühen: Platz zwölf in der Bundesliga, im Pokal nur 1:1 gegen einen Zweitligisten – der 1. FC zog die Reißleine und Heddergott erkannte: "Die Spieler hatten andere Ansichten, sie standen den Veränderungen skeptisch gegenüber."

Ab 1955 Trainer der B-Nationalmannschaft

Das also war das dunkle Kapitel im Leben eines sehr geachteten Fußballtrainers. Der war er schon mit 24 Jahren. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft machte er Abitur in Wuppertal und wollte Lehrer werden, doch der spätere ZDF-Sportchef Willi Krämer riet ihm, an die Sporthochschule Köln zu gehen. Dort war Heddergott von 1948 bis 1951 und vertiefte sein Fußballwissen. Gekickt hatte er nur für den Düsseldorfer Verein Bilk 13 und deshalb musste der Diplomsportlehrer mit Vorurteilen leben. "Manche Lehrgangsteilnehmer dachten, ich könnte keinen Ball geradeaus kicken und waren dann in der Praxis sehr erstaunt", erzählte er 1980.

Sein erster Trainer-Job war in Koblenz: Mit 24 wurde er Verbandssportlehrer des Rheinlands, verdiente 600 DM. 1954 wechselte er zum Verband Westfalen nach Kaiserau, dann entdeckte ihn der große Sepp Herberger und beförderte ihn 1955 zum Trainer der B-Nationalmannschaft. Später betreute Heddergott auch die Schülernationalelf, wo er Größen wie Overath und Beckenbauer förderte. Auch Kölns Rekordtorjäger Hannes Löhr war sein Schüler.

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"Ich habe durch das Spiel die Welt kennengelernt"

Im Übrigen holte der Theoretiker auch Titel: Mit der Auswahl des Mittelrhein, die er ab 1956 betreute, gewann er 1960 und 1964 den Länderpokal. Nach 17 Verbandsjahren wechselte er zum DFB, ab 1965 gehörte Heddergott auch dem FIFA-Lehrstab an, bereiste die Welt und lernte Sprachen. Englisch und Französisch konnte er gut, als er sich in Lima/Peru vor Lehrgangsteilnehmern nicht gut genug verständigen konnte, belegte er nach der Rückkehr spontan noch einen Spanisch-Kurs. 1973 erschien sein Buch "Neue Fußball-Lehre", das mit manchen Lehrmeinungen aufräumte. Er war der Rangnick der Siebziger. Heddergott schrieb darin: "Die Spieler müssen auch im Training gegen andere Spieler agieren. Nur dadurch wurden sie gefordert. Es bringt nichts, Übungen ohne Gegenspieler zu machen." Eine Meinung, die heute selbstverständlich ist, musste sich in den Tagen der Kopfball-Pendel noch durchsetzen.

Viele Stippvisiten erweiterten seinen Horizont

Heddergott vertrat seine Lehre auch nach dem Reinfall mit Köln noch viele Jahre. Nur nicht mehr in der Bundesliga. Nach Köln wurde er Nationaltrainer von Ägypten (bis 1982) und des Oman (1988), 1984 war er Technischer Direktor der US-Nationalmannschaft. Stippvisiten, die seinen Horizont erweiterten. "Ich habe in allen Kulturen Fußball gelehrt und durch das Spiel die Welt kennengelernt. Das ist eine unglaubliche Erfahrung", sagte er Journalisten zu seinem 80. Geburtstag, als die Nummer im Telefonbuch noch nicht ins Leere führte.

Familie Heddergott ist noch bei guter Gesundheit, versichern die Nachbarn. Karl-Heinz bewohnt mit Frau Renate seit Jahrzehnten ein Eigenheim in Hennef, sie haben zwei Töchter – Gabriele und Susanne.