"Beckenbauer des Ostens" feiert 60. Geburtstag

Warum ihn alle Dixie nennen, weiß keiner so genau. Er selbst weiß es auch nicht, wie Hans-Jürgen Dörner anlässlich seines 60. Geburtstages heute zugibt: „Den Spitznamen hatte ich seit meiner Kindheit. Ich weiß nicht, von wem und warum. Es hat jedenfalls nichts mit den alten Autos zu tun oder mit dem Dixieland-Festival.“

Nein, das hätte nicht zum wohl elegantesten Fußballer der ehemaligen DDR gepasst. Er hat sich nie aufgedrängt und das Rampenlicht nicht gesucht – nicht mal am runden Geburtstag, den er mit der Familie ganz privat und in Ruhe verbringen will.

"Feinmechaniker auf dem Rasen"

Er hat auch nie Spielfelder gesucht, auf denen er nicht zu Hause war. Zu Hause war er auf dem Rasen. Als er im Rahmen seiner Tätigkeit für den DFB (von 1990 bis Januar 1996 unter anderem als U 18-Trainer) allzu oft hinter dem Schreibtisch saß, da verspürte er „regelrecht Sehnsucht nach dem grünen Rasen“.

Dort nämlich hatte er sich einen weiteren Namen gemacht – und der ließ sich leichter erklären: „Der Beckenbauer des Ostens“. In einem 1993 erschienenen Buch über Dynamo Dresden von Uwe Karte und Gerd Zimmermann steht über Dörner, der es von 1969 bis 1986 auf 392 Oberligaspiele (65 Tore) und 62 Europacupspiele (7 Tore) gebracht hat: „Die gewiss seltene Gabe, Spielzüge zu lesen, vorauszudenken und dank seiner Qualitäten als Spielmacher und Libero auch entsprechend umzusetzen, machten ihn zum Ausnahmekönner. Der Feinmechaniker auf dem Rasen beherrschte die sanfte Kunst wie kaum ein anderer. Dem Tackling zog er selbst in kniffligsten Situationen ein Kabinettstückchen vor. Als Leichtsinn wurde ihm deshalb oft vorgeworfen, was für ihn nur die Leichtigkeit war.“

Dixie Dörner verkörperte auf seine Weise die Leichtigkeit des Libero-Seins, die Franz Beckenbauer sehr nahe kam – nur dass er eben ein bisschen weniger beachtet wurde im anderen Teil Deutschlands, wo ihm die politischen Umstände eine Karriere wie die des "Kaisers" versagten. Niemand wird ihm je unterstellen, ein Glückskind oder gar ein Liebling der Götter gewesen zu sein.

Losentscheid oder Gelbsucht - Dörner ohne Fortune

Schon als Juniorennationalspieler verlor er mit der DDR 1969 das Endspiel eines Juniorenturniers – durch Losentscheid. Mit 30 zog er nach dem Aus in der WM-Qualifikation für Spanien 1982 ein trauriges Zwischenfazit seiner Karriere: „Mir gelingt einfach nicht der große Wurf, weder bei Dynamo noch im Nationaldress.“



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Warum ihn alle Dixie nennen, weiß keiner so genau. Er selbst weiß es auch nicht, wie Hans-Jürgen Dörner anlässlich seines 60. Geburtstages heute zugibt: „Den Spitznamen hatte ich seit meiner Kindheit. Ich weiß nicht, von wem und warum. Es hat jedenfalls nichts mit den alten Autos zu tun oder mit dem Dixieland-Festival.“

Nein, das hätte nicht zum wohl elegantesten Fußballer der ehemaligen DDR gepasst. Er hat sich nie aufgedrängt und das Rampenlicht nicht gesucht – nicht mal am runden Geburtstag, den er mit der Familie ganz privat und in Ruhe verbringen will.

"Feinmechaniker auf dem Rasen"

Er hat auch nie Spielfelder gesucht, auf denen er nicht zu Hause war. Zu Hause war er auf dem Rasen. Als er im Rahmen seiner Tätigkeit für den DFB (von 1990 bis Januar 1996 unter anderem als U 18-Trainer) allzu oft hinter dem Schreibtisch saß, da verspürte er „regelrecht Sehnsucht nach dem grünen Rasen“.

Dort nämlich hatte er sich einen weiteren Namen gemacht – und der ließ sich leichter erklären: „Der Beckenbauer des Ostens“. In einem 1993 erschienenen Buch über Dynamo Dresden von Uwe Karte und Gerd Zimmermann steht über Dörner, der es von 1969 bis 1986 auf 392 Oberligaspiele (65 Tore) und 62 Europacupspiele (7 Tore) gebracht hat: „Die gewiss seltene Gabe, Spielzüge zu lesen, vorauszudenken und dank seiner Qualitäten als Spielmacher und Libero auch entsprechend umzusetzen, machten ihn zum Ausnahmekönner. Der Feinmechaniker auf dem Rasen beherrschte die sanfte Kunst wie kaum ein anderer. Dem Tackling zog er selbst in kniffligsten Situationen ein Kabinettstückchen vor. Als Leichtsinn wurde ihm deshalb oft vorgeworfen, was für ihn nur die Leichtigkeit war.“

Dixie Dörner verkörperte auf seine Weise die Leichtigkeit des Libero-Seins, die Franz Beckenbauer sehr nahe kam – nur dass er eben ein bisschen weniger beachtet wurde im anderen Teil Deutschlands, wo ihm die politischen Umstände eine Karriere wie die des "Kaisers" versagten. Niemand wird ihm je unterstellen, ein Glückskind oder gar ein Liebling der Götter gewesen zu sein.

Losentscheid oder Gelbsucht - Dörner ohne Fortune

Schon als Juniorennationalspieler verlor er mit der DDR 1969 das Endspiel eines Juniorenturniers – durch Losentscheid. Mit 30 zog er nach dem Aus in der WM-Qualifikation für Spanien 1982 ein trauriges Zwischenfazit seiner Karriere: „Mir gelingt einfach nicht der große Wurf, weder bei Dynamo noch im Nationaldress.“

Das trug er exakt 100-mal, von 1969 bis 1985, aber zu einem großen Turnier durfte er nie fahren. Als 1974 die einzige WM-Teilnahme anstand, suchte ihn eine Gelbsucht heim, und so war er nur Zuschauer, als in Hamburg das Sparwasser-Tor fiel und die DDR 1:0 gegen die Bundesrepublik gewann.

Legendäres 3:7 in Uerdingen, aber auch Olympiagold 1976

Auf ein anderes legendäres deutsch-deutsches Spiel hätte er liebend gern verzichtet: Dörner war Chef der Dynamo-Abwehr beim 3:7-Debakel in Uerdingen im März 1986.

Doch diese sportlichen Makel können seine Erfolge nicht ansatzweise überdecken. Denn natürlich hat er eine Menge Titel gewonnen, sogar einmal international: 1976 holte die DDR mit Dörner an der Spitze in Montreal Olympiagold – das hat keine deutsche Auswahl davor oder danach geschafft.

Mit Dynamo wurde der gebürtige Görlitzer – woher auch Michael Ballack stammt – fünfmal Meister und Pokalsieger. Dreimal wurde er DDR-Fußballer des Jahres (1977, 1985, 1986), sogar noch in seiner letzten Saison 1985/1986. Zum Abschied bekam er von Dynamo einen Blumenstrauß und einen Zinnbecher, ein bisschen dürftig nach einer solchen Karriere – und vielleicht eine Retourkutsche für ein systemkritisches Interview 1985. Andere Zeiten.

Keine Grenzen für den Trainer Dörner

Wer weiß, was aus Dörner geworden wäre, wäre die Mauer ein Jahrzehnt eher gefallen? Eine Frage, die ihn selbst beschäftigt. „Ich wäre schon gern auch in den Westen oder ins Ausland gewechselt, einfach um zu sehen, ob ich mich dort sportlich durchgesetzt hätte.“, sagte er jetzt dem Kicker.

Für den Trainer Dixie Dörner gab es keine Grenzen mehr, nur Hürden. Nachdem er die letzte Olympiamannschaft der DDR hatte betreuen dürfen (von 1988 bis 1990), heuerte er beim DFB als Juniorentrainer an. Zudem war er Mitglied im Betreuerstab bei der EM 1992 und der WM 1994.

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"Berufsfußball auf höherer Stufe"

Kurz vor der EM in Schweden rief sein geliebtes Dynamo, der Chefttrainerposten beim damaligen Bundesligisten war frei und Dörner bekam nur wenige Stunden Bedenkzeit. Doch Bundestrainer Berti Vogts bat Dörner, noch die EM mitzumachen, und Dixie blieb bei der Fahne.

Er hat es nicht bereut: „Im Umfeld der Nationalelf habe ich den Berufsfußball auf höherer Stufe erlebt“. So konnte er sich auf das Abenteuer Bundesliga vorbereiten. Es vergingen nach Dynamos Lockruf aber noch über drei Jahre, ehe Dörner bei einem Bundesligisten auf der Bank saß.

Bremen vor dem Abstieg gerettet

Werder Bremen holte ihn im Januar 1996. Ganz schön mutig, gleich zum Start ein "Himmelfahrtskommando". Der Klub steckte nach Otto Rehhagels Abgang in Abstiegsgefahr, und Dörner manövrierte ihn vom 17. auf den 9. Platz. Eine Glanzleistung, für die es nur keine Trophäen gibt.

Weil aber 1996/1997 der nächste Schritt ausblieb und der internationale Wettbewerb verpasst wurde, schwand Dörners Kredit. Im August 1997 wurde er nach dem dritten Spieltag entlassen – nicht wegen des Fehlstarts in die Saison, sondern wegen eines 0:8 gegen Atletico Madrid bei einem Jux-Turnier in Teneriffa. Die Spieler kostete die Blamage 100.000 D-Mark für karitative Zwecke, Dörner den Job.

Traum von der Bundesliga früh vorbei

Dass der Traum von der Bundesliga schon nach 55 Spielen zu Ende sein würde, ahnte er nicht. Dörner war mit 46 noch ein junger Trainer, aber ihm fehlte wie vielen früheren Aktiven aus dem Osten die Lobby. „Hätte ich einen Berater gehabt, wäre es sicher anders gelaufen, dann hätte es zumindest in der 2. Bundesliga Anfragen gegeben. Dass es überhaupt keine Angebote mehr gab, hätte ich nicht vermutet. Das hat mich enttäuscht“, sagt Dörner heute noch.

Im Osten der Republik aber galt und gilt er immer noch etwas: Der FSV Zwickau und VfB Leipzig sowie zuletzt der Radebeuler BC riefen ihn, dazwischen gönnte er sich einen Abstecher nach Kairo zu Al-Ahly.

Nun ist Hans-Jürgen Dörner wieder da, wo mit 16 alles begann – bei Dynamo Dresden. Sportlicher Berater in der 3. Liga. Er ist nicht unglücklich darüber, bescheiden setzt sich der 60-Jährige für seinen Verein ein: „Ich bin nicht der Messias. Es gibt viele Ehemalige, die sportliche Erfahrung haben und den Verein ins rechte Fahrwasser bringen.“ Aber es gibt nur einen Beckenbauer des Ostens.