Gerald Asamoah vor Türkei-Duell: "Kein normales Länderspiel"

43 Mal lief Gerald Asamoah für die deutsche Nationalmannschaft auf (sechs Tore), seit 2018 ist er zudem DFB-Botschafter "Fußball für Entwicklung". Vor dem Länderspiel gegen die Türkei am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) spricht der 42-Jährige im DFB.de-Interview über den besonderen Reiz des Duells gegen die Türkei und Leroy Sanés "brutale Schnelligkeit".

DFB.de: Herr Asamoah, Sie haben schon häufiger mal über das besondere Erlebnis des Sommers 2006 gesprochen, als alle im Land hinter Euch standen, egal ob schwarz oder weiß, ohne oder mit Migrationshintergrund. Wie war das damals?

Gerald Asamoah: Ich weiß jedenfalls noch sehr genau wie es war, als ich 2001 als erster gebürtiger Afrikaner in die Nationalmannschaft berufen wurde. Damals fragten mich ein paar Freunde, Menschen aus meinem Umfeld und aus meinem Heimatland Ghana 'Wie kannst Du für Deutschland spielen?' Vorurteile klar, die viel mit der Geschichte Deutschlands zu tun hatten. Ich musste damals erstmal Überzeugungsarbeit leisten. Und dann wurde diese WM tatsächlich ein riesiges Fest. Die Welt war zu Gast bei Freunden. Auch in Ghana liefen die Bilder und bei mir meldeten sich Freunde und Familie: 'Es ist ja überhaupt nicht so, wie wir gedacht hatten. Deutschland ist ja ganz anders.' In der Mannschaft selbst lebt man in einer Bubble, man ist total auf den Fußball fokussiert. Aber wir haben natürlich auch die Bilder von den Public Viewings gesehen, wie die Fußballfans aus aller Welt zusammensaßen, ganz egal wo jemand herkam. Für mich ist die WM 2006 in dieser Hinsicht bis heute ein Sinnbild dafür, wie das Zusammenleben aussehen sollte.

DFB.de: Gab es während ihre aktiven Zeit Angebote aus der Türkei?

Asamoah: Nie etwas Konkretes. Als Fabian Ernst damals von Schalke zu Besiktas Istanbul gewechselt war, kam mal eine lose Anfrage. Ich war einfach zu sehr Schalke. Ich bin gerne in der Türkei, mache dort auch öfter mal Urlaub, meistens unten in einem Klub östlich von Antalya. Ich mag die Herzlichkeit der Menschen dort.

DFB.de: Was erwarten Sie für ein Spiel am Mittwoch?

Asamoah: Deutschland gegen die Türkei, das ist immer etwas Besonderes. Für mehr als eine Millionen Menschen türkischer Herkunft ist Deutschland die zweite Heimat geworden. Und sehr, sehr viele spielen hier auch Fußball. Alleine deshalb ist das Länderspiel am Mittwoch sicher kein normales Freundschaftsspiel. Die türkische Nationalmannschaft wird mit aller Macht versuchen, dieses Spiel zu gewinnen. Das ist ja auch schön. Für uns wird es nicht leicht werden. Ich bin mir sicher, am Mittwoch wird es heiß her gehen.

DFB.de: Leroy Sané ist wegen einer Verletzung für diese Länderspielphase nicht nominiert, trotzdem ist er fraglos ein ganz besonderer Spieler in der Nationalmannschaft. Wie haben Sie den ganz jungen Sané damals auf Schalke erlebt?

Asamoah: Leroy hat damals in Schalkes U 19 gespielt, als ich ihn kennenlernte. Und wir hatten den gleichen Berater, da läuft man sich auch über den Weg. Klar, hat man damals schon sein Talent erkennen können. Er wechselte dann direkt aus unserer U 19 in die Bundesliga-Mannschaft, was absolut kein leichter Schritt war. Er hat das mit seiner Dynamik geschafft. Seine Schnelligkeit ist brutal. Trotz seiner steilen Karriere ist er sich immer treu geblieben. Er meldet sich bis heute und fragt, wie es auf Schalke läuft. Seine Schnelligkeit ist eine Gottesgabe und er macht das Beste daraus. Ich freue mich sehr für ihn.

DFB.de: Schneller als Sie zu Ihrer besten Zeit?

Asamoah: Ich hatte andere Stärken. (lacht)

DFB.de: Ihr steht mit Schalke 04 II aktuell auf dem 7. Platz in der Regionalliga West. Wie sehen Sie die Möglichkeiten dieser Mannschaft?

Asamoah: Wir sind in der Saison 2018/2019 aufgestiegen und spielen jetzt im zweiten Jahr in der Regionalliga. Unseren jungen Spielern wollen wir den nächsten Schritt in den Profifußball ermöglichen. Das ist uns gut gelungen, etwa bei Timo Becker, Nassim Boujellab und Jonas Carls. In der Regionalliga-Mannschaft wird eine super Arbeit gemacht. Auch jetzt spielen hier ein paar gute Jungs, die aber noch etwas Feinschliff brauchen. Unsere Aufgabe ist es vor allem, einen Beitrag zur Entwicklung unserer Talente zu leisten.

DFB.de: Vor knapp fünf Jahren haben Sie ihr Abschiedsspiel auf Schalke gespielt, vor mehr als 60.000 Zuschauern. Ist es lange, lange her oder kommt’s Ihnen vor wie gestern?

Asamoah: Ich habe es mir schlimmer vorgestellt, den aktiven Fußball zu verlassen. Es fühlt sich gut an, weiter für Schalke zu arbeiten, täglich hier auf dem Gelände zu sein. Da ich erst vor ein paar Tagen Geburtstag hatte, kamen wir heute in einem Gespräch auf mein Alter. Ich bin jetzt 42 und habe mit 36 Jahren aufgehört. Das ist schon lange her. Aber ich werde diesen Abschied, den mir die Fans damals bereitet haben, mein Leben lang nicht vergessen. Insofern kommt es mir vor wie gestern.

[th]

43 Mal lief Gerald Asamoah für die deutsche Nationalmannschaft auf (sechs Tore), seit 2018 ist er zudem DFB-Botschafter "Fußball für Entwicklung". Vor dem Länderspiel gegen die Türkei am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) spricht der 42-Jährige im DFB.de-Interview über den besonderen Reiz des Duells gegen die Türkei und Leroy Sanés "brutale Schnelligkeit".

DFB.de: Herr Asamoah, Sie haben schon häufiger mal über das besondere Erlebnis des Sommers 2006 gesprochen, als alle im Land hinter Euch standen, egal ob schwarz oder weiß, ohne oder mit Migrationshintergrund. Wie war das damals?

Gerald Asamoah: Ich weiß jedenfalls noch sehr genau wie es war, als ich 2001 als erster gebürtiger Afrikaner in die Nationalmannschaft berufen wurde. Damals fragten mich ein paar Freunde, Menschen aus meinem Umfeld und aus meinem Heimatland Ghana 'Wie kannst Du für Deutschland spielen?' Vorurteile klar, die viel mit der Geschichte Deutschlands zu tun hatten. Ich musste damals erstmal Überzeugungsarbeit leisten. Und dann wurde diese WM tatsächlich ein riesiges Fest. Die Welt war zu Gast bei Freunden. Auch in Ghana liefen die Bilder und bei mir meldeten sich Freunde und Familie: 'Es ist ja überhaupt nicht so, wie wir gedacht hatten. Deutschland ist ja ganz anders.' In der Mannschaft selbst lebt man in einer Bubble, man ist total auf den Fußball fokussiert. Aber wir haben natürlich auch die Bilder von den Public Viewings gesehen, wie die Fußballfans aus aller Welt zusammensaßen, ganz egal wo jemand herkam. Für mich ist die WM 2006 in dieser Hinsicht bis heute ein Sinnbild dafür, wie das Zusammenleben aussehen sollte.

DFB.de: Gab es während ihre aktiven Zeit Angebote aus der Türkei?

Asamoah: Nie etwas Konkretes. Als Fabian Ernst damals von Schalke zu Besiktas Istanbul gewechselt war, kam mal eine lose Anfrage. Ich war einfach zu sehr Schalke. Ich bin gerne in der Türkei, mache dort auch öfter mal Urlaub, meistens unten in einem Klub östlich von Antalya. Ich mag die Herzlichkeit der Menschen dort.

DFB.de: Was erwarten Sie für ein Spiel am Mittwoch?

Asamoah: Deutschland gegen die Türkei, das ist immer etwas Besonderes. Für mehr als eine Millionen Menschen türkischer Herkunft ist Deutschland die zweite Heimat geworden. Und sehr, sehr viele spielen hier auch Fußball. Alleine deshalb ist das Länderspiel am Mittwoch sicher kein normales Freundschaftsspiel. Die türkische Nationalmannschaft wird mit aller Macht versuchen, dieses Spiel zu gewinnen. Das ist ja auch schön. Für uns wird es nicht leicht werden. Ich bin mir sicher, am Mittwoch wird es heiß her gehen.

DFB.de: Leroy Sané ist wegen einer Verletzung für diese Länderspielphase nicht nominiert, trotzdem ist er fraglos ein ganz besonderer Spieler in der Nationalmannschaft. Wie haben Sie den ganz jungen Sané damals auf Schalke erlebt?

Asamoah: Leroy hat damals in Schalkes U 19 gespielt, als ich ihn kennenlernte. Und wir hatten den gleichen Berater, da läuft man sich auch über den Weg. Klar, hat man damals schon sein Talent erkennen können. Er wechselte dann direkt aus unserer U 19 in die Bundesliga-Mannschaft, was absolut kein leichter Schritt war. Er hat das mit seiner Dynamik geschafft. Seine Schnelligkeit ist brutal. Trotz seiner steilen Karriere ist er sich immer treu geblieben. Er meldet sich bis heute und fragt, wie es auf Schalke läuft. Seine Schnelligkeit ist eine Gottesgabe und er macht das Beste daraus. Ich freue mich sehr für ihn.

DFB.de: Schneller als Sie zu Ihrer besten Zeit?

Asamoah: Ich hatte andere Stärken. (lacht)

DFB.de: Ihr steht mit Schalke 04 II aktuell auf dem 7. Platz in der Regionalliga West. Wie sehen Sie die Möglichkeiten dieser Mannschaft?

Asamoah: Wir sind in der Saison 2018/2019 aufgestiegen und spielen jetzt im zweiten Jahr in der Regionalliga. Unseren jungen Spielern wollen wir den nächsten Schritt in den Profifußball ermöglichen. Das ist uns gut gelungen, etwa bei Timo Becker, Nassim Boujellab und Jonas Carls. In der Regionalliga-Mannschaft wird eine super Arbeit gemacht. Auch jetzt spielen hier ein paar gute Jungs, die aber noch etwas Feinschliff brauchen. Unsere Aufgabe ist es vor allem, einen Beitrag zur Entwicklung unserer Talente zu leisten.

DFB.de: Vor knapp fünf Jahren haben Sie ihr Abschiedsspiel auf Schalke gespielt, vor mehr als 60.000 Zuschauern. Ist es lange, lange her oder kommt’s Ihnen vor wie gestern?

Asamoah: Ich habe es mir schlimmer vorgestellt, den aktiven Fußball zu verlassen. Es fühlt sich gut an, weiter für Schalke zu arbeiten, täglich hier auf dem Gelände zu sein. Da ich erst vor ein paar Tagen Geburtstag hatte, kamen wir heute in einem Gespräch auf mein Alter. Ich bin jetzt 42 und habe mit 36 Jahren aufgehört. Das ist schon lange her. Aber ich werde diesen Abschied, den mir die Fans damals bereitet haben, mein Leben lang nicht vergessen. Insofern kommt es mir vor wie gestern.

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