UEFA prämiert Kicking Girls mit 50.000 Euro

Mark Twain hat es treffsicher so ausgedrückt: "Wer eine neue Idee hat, ist ein Spinner, bis die Idee eingeschlagen hat". 2005 hatte der Soziologieprofessor  Ulf Gebken eine Idee. Dann hielt er einen Vortrag, sprach darüber und im Publikum saß der damalige DFB-Präsident. Am Freitag wurde Gebkens Eingebung, die damals "Soziale Integration von Mädchen durch Fußball" und heute "Kicking Girls" heißt, mit dem mit 50.000 Euro dotierten UEFA Award for Children ausgezeichnet. DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius sagte bei der Verleihung: "Kicking Girls ist ein wunderbares Projekt, bei dem die Verzahnung von Schule und Fußballverein hervorragend funktioniert."

An heute 80 Standorten und 270 Schulen werden speziell Mädchen aus Familien mit einer Zuwanderungsgeschichte, oft gezielt aus muslimischen Familien, zu Fußball-AGs in den Schulen eingeladen. 4200 Mädchen und junge Frauen spielen so jede Woche Fußball. Teilnehmerinnen haben zudem über das Projekt Kicking Girls die Möglichkeit, sich als Übungsleiter zu qualifizieren und selbst eine AG zu leiten. Zwischen 2006 und 2009 finanzierte der DFB das Pilotprojekt im Alleingang, heute leisten die Laureus Foundation und die beteiligten Kommunen die Finanzierung.

Curtius: "Fußball verfügt über selbstverständliche Kraft zur Integration"

Auslöser war die dramatisch schwache Partizipation von Mädchen mit Migrationshintergrund im Sportverein, die damals unter fünf Prozent lag. "Es ist gar keine Frage, dass der Fußball über eine ganz selbstverständliche Kraft für Integration verfügt", sagte Curtius, bevor er den Preis an die in Frankfurt versammelten Projektleiterinnen weiterreichte. "Die Nationalmannschaft ist ein Motor der Integration, die Vereine an der Basis leisten hier viel. Auch für die Zukunft des DFB sehe ich durch Integration ein großes Potenzial."

Lara Wagner, 22, und Sinem Somaz, 21, leiten ‚Kicking Girls‘-AGs an zwei Grundschulen in Berlin-Kreuzberg. Mädchen von der ersten bis zur vierten Klasse spielen mit. "Es geht um einen geschützten Raum für die Mädchen, in dem Alter werden sie sonst beim Fußballspielen noch von den Jungs gehänselt", erzählt Lara. "Oft geht’s mehr ums Herumtollen und gar nicht so um den Fußball."

Beide junge Frauen haben vor zehn Jahren in einer Schul-AG angefangen, heute spielen beide für die ersten Frauen von Türkiyemspor Berlin. Momentan liege man auf dem zweiten Platz in der Berlin-Liga, erzählt Sinem, und Lara sagt: "Wenn alles gut läuft, spielen wir nächstes Jahr in der Regionalliga." Sie selbst habe ohne jeden Widerstand aus dem Elternhaus Fußball spielen dürfen. "Mein Vater war es", erzählt Sinem Somaz, "der mich erstmals zum Fußball gebracht hat."

Kicking Girls: Jetzt auch in Österreich, Schweiz, Belgien und Irland

Trotz der UEFA-Auszeichnung sei man längst noch nicht zufrieden, betont DFB-Direktor Willi Hink: "Die Entwicklung stagniert ein wenig". Hink legt auch den Finger auf eine andere Wunde: "Unter den 1,7 Millionen ehrenamtlich und freiwillig im Fußball mitwirkenden Menschen sind bis heute viel zu wenige Migranten." Auch Ulf Gebken räumt ein, dass sein Projekt weiter wachsen muss: "Es gibt weiterhin weiße Flecken auf der Landkarte. Lokal und regional haben wir schon etwas verändert, wenn ich etwa an Hamburg und das Saarland denke."

Kicking Girls gibt es inzwischen auch in Österreich, der Schweiz, Belgien und Irland. Seit 2013 lädt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Kicking Girls zu einem Länderspiel ein, inklusive "Meet and Greet" mit den Spielerinnen. Und alle zwei Jahre finanziert der DFB das Netzwerktreffen der AGs aus ganz Deutschland, wie auch am Freitag in Frankfurt.

Lara und Sinem jedenfalls freuen sich über die UEFA-Auszeichnung und blicken zuversichtlich in die Zukunft. Auch die Unterrepräsentanz im Ehrenamt sei ein lösbares Problem. "Das ändern wir", sagen beide und lachen.

[th]

Mark Twain hat es treffsicher so ausgedrückt: "Wer eine neue Idee hat, ist ein Spinner, bis die Idee eingeschlagen hat". 2005 hatte der Soziologieprofessor  Ulf Gebken eine Idee. Dann hielt er einen Vortrag, sprach darüber und im Publikum saß der damalige DFB-Präsident. Am Freitag wurde Gebkens Eingebung, die damals "Soziale Integration von Mädchen durch Fußball" und heute "Kicking Girls" heißt, mit dem mit 50.000 Euro dotierten UEFA Award for Children ausgezeichnet. DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius sagte bei der Verleihung: "Kicking Girls ist ein wunderbares Projekt, bei dem die Verzahnung von Schule und Fußballverein hervorragend funktioniert."

An heute 80 Standorten und 270 Schulen werden speziell Mädchen aus Familien mit einer Zuwanderungsgeschichte, oft gezielt aus muslimischen Familien, zu Fußball-AGs in den Schulen eingeladen. 4200 Mädchen und junge Frauen spielen so jede Woche Fußball. Teilnehmerinnen haben zudem über das Projekt Kicking Girls die Möglichkeit, sich als Übungsleiter zu qualifizieren und selbst eine AG zu leiten. Zwischen 2006 und 2009 finanzierte der DFB das Pilotprojekt im Alleingang, heute leisten die Laureus Foundation und die beteiligten Kommunen die Finanzierung.

Curtius: "Fußball verfügt über selbstverständliche Kraft zur Integration"

Auslöser war die dramatisch schwache Partizipation von Mädchen mit Migrationshintergrund im Sportverein, die damals unter fünf Prozent lag. "Es ist gar keine Frage, dass der Fußball über eine ganz selbstverständliche Kraft für Integration verfügt", sagte Curtius, bevor er den Preis an die in Frankfurt versammelten Projektleiterinnen weiterreichte. "Die Nationalmannschaft ist ein Motor der Integration, die Vereine an der Basis leisten hier viel. Auch für die Zukunft des DFB sehe ich durch Integration ein großes Potenzial."

Lara Wagner, 22, und Sinem Somaz, 21, leiten ‚Kicking Girls‘-AGs an zwei Grundschulen in Berlin-Kreuzberg. Mädchen von der ersten bis zur vierten Klasse spielen mit. "Es geht um einen geschützten Raum für die Mädchen, in dem Alter werden sie sonst beim Fußballspielen noch von den Jungs gehänselt", erzählt Lara. "Oft geht’s mehr ums Herumtollen und gar nicht so um den Fußball."

Beide junge Frauen haben vor zehn Jahren in einer Schul-AG angefangen, heute spielen beide für die ersten Frauen von Türkiyemspor Berlin. Momentan liege man auf dem zweiten Platz in der Berlin-Liga, erzählt Sinem, und Lara sagt: "Wenn alles gut läuft, spielen wir nächstes Jahr in der Regionalliga." Sie selbst habe ohne jeden Widerstand aus dem Elternhaus Fußball spielen dürfen. "Mein Vater war es", erzählt Sinem Somaz, "der mich erstmals zum Fußball gebracht hat."

Kicking Girls: Jetzt auch in Österreich, Schweiz, Belgien und Irland

Trotz der UEFA-Auszeichnung sei man längst noch nicht zufrieden, betont DFB-Direktor Willi Hink: "Die Entwicklung stagniert ein wenig". Hink legt auch den Finger auf eine andere Wunde: "Unter den 1,7 Millionen ehrenamtlich und freiwillig im Fußball mitwirkenden Menschen sind bis heute viel zu wenige Migranten." Auch Ulf Gebken räumt ein, dass sein Projekt weiter wachsen muss: "Es gibt weiterhin weiße Flecken auf der Landkarte. Lokal und regional haben wir schon etwas verändert, wenn ich etwa an Hamburg und das Saarland denke."

Kicking Girls gibt es inzwischen auch in Österreich, der Schweiz, Belgien und Irland. Seit 2013 lädt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Kicking Girls zu einem Länderspiel ein, inklusive "Meet and Greet" mit den Spielerinnen. Und alle zwei Jahre finanziert der DFB das Netzwerktreffen der AGs aus ganz Deutschland, wie auch am Freitag in Frankfurt.

Lara und Sinem jedenfalls freuen sich über die UEFA-Auszeichnung und blicken zuversichtlich in die Zukunft. Auch die Unterrepräsentanz im Ehrenamt sei ein lösbares Problem. "Das ändern wir", sagen beide und lachen.

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