Meistertrainer Schmidt: "Ein Erfolg für den gesamten Blindenfußball"

Fast 2000 Zuschauer waren auf den Marktplatz in Halle/Saale gekommen, um bei der Finalrunde der Blindenfußball-Bundesliga mitzufiebern. Das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft hätte spannender nicht sein können: Der FC St. Pauli setzte sich erst im Sechsmeterschießen mit 3:2 gegen die Sportfreunde Blau-Gelb Blista Marburg durch. Für Wolf Schmidt war die Spannung kaum zu ertragen - die Freude dafür umso größer. Im DFB.de-Interview spricht der Pauli-Trainer mit Mitarbeiter Jannik Müller über den Titelgewinn und den besonderen Reiz des Blindenfußballs.

DFB.de: Herr Schmidt, Sieg im Sechsmeterschießen, Deutscher Meister, das Ganze vor fast 2000 Zuschauern - viel besser geht’s doch kaum, oder?

Wolf Schmidt: Nein, das war eine sehr beeindruckende Kulisse. Die Tribüne war voll, die Zuschauer gingen mit und waren total konzentriert dabei. Das war wirklich ein ziemlicher großer Erfolg - nicht nur für uns, sondern für den gesamten Blindenfußball.

DFB.de: Nach einem Sieg im Elfmeterschießen fragen Reporter immer gerne die Spieler und Trainer, ob die Elfmeter vorher trainiert wurden - wie sah das bei Ihnen aus?

Schmidt: Wir haben's gemacht. Wir haben bei den letzten Trainingsinhalten immer wieder unterbrochen und Sechsmeter trainiert. Wir haben auch die Schützen vorher ausgesucht. Aber unser Ziel war es natürlich, das Spiel in der regulären Spielzeit zu gewinnen. Die ging dann leider in die Verlängerung.

DFB.de: Mit gutem Ausgang für Ihre Mannschaft!

Schmidt: Ja, aber die Spannung war wirklich kaum zu ertragen. Wenn der Erfolg einer ganzen Saison von ein paar Schüssen abhängt - das ist extrem! Egal, ob im Elf- oder im Sechsmeterschießen.

DFB.de: Wie würden Sie einem Laien denn die Unterschiede zwischen Blindenfußball und "normalem" Fußball erklären?

Schmidt: Ich finde, es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Fußball ist ein Zielschuss-Spiel und wir sehen normalerweise das Tor und die Mitspieler - das funktioniert bei Blindenfußballern eben nicht. Da braucht man dann entsprechende Hilfsmittel: Im Ball gibt es eine Art Rassel und hinter dem Tor steht ein Guide, der das Ziel akustisch markiert. Sehr wichtig ist das natürlich beim Penaltyschießen. Da muss der Guide durch Klopfen das Tor markieren und so bildet sich beim Spieler akustisch ein Bild des Tors ab. Einer meiner Spieler sagt gerne: "Wenn ich Fußball spiele, kann ich wieder sehen."

DFB.de: Was muss ein Blindenfußballer denn noch besser können, als ein normaler Fußballer?

Schmidt: Das ist richtig gefragt, denn die Basis ist dieselbe. Beim Fußball ist ja häufig von "No-Look-Pässen", oder von "blindem Verständnis" die Rede - im Blindenfußball ist das ganze Spiel ein "No-Look"-Spiel, von der ersten bis zur letzten Sekunde. Was die Ballbehandlung angeht, sind die Anforderungen ähnlich wie beim normalen Fußball. Hinzu kommt, dass ich eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit brauche. Wenn ein Spieler beispielsweise den Ball verliert, ruft er "Verlust". Seine Mitspieler erkennen ihn an der Stimme und müssen dann reagieren. Gleichzeitig im Zweikampf akustisch einen Ball zu orten und dabei immer miteinander zu kommunizieren, das ist sehr schwer und erfordert enorme Fähigkeiten.

DFB.de: Wie bereiten Sie ihr Team denn auf so ein wichtiges Spiel vor?

Schmidt: Wir haben zweimal die Woche Training. Die Spieler, die im Nationalmannschaftskader sind, trainieren noch häufiger. In den letzten Wochen haben wir vor allem an der taktischen Ausrichtung gearbeitet. Das ist eigentlich kaum anders, als beim normalen Fußball. Am Ende des Trainings gibt es immer ein Abschlussspiel. Hier haben wir unsere Jungs auch gegen ein Team von Trainern und Guides, die die Marburger Spieler simulieren sollten, spielen lassen. Wir versuchen, möglichst wettkampfnah zu trainieren. Die Herausforderung ist, dass man immer auf viele sehende Trainer und Helfer angewiesen ist, um so ein Training zu organisieren. Das funktioniert nur über das Ehrenamt.

DFB.de: Was sind denn die größten Herausforderungen als Trainer?

Schmidt: Im Blindenfußball gibt es kaum Literatur. Es ist ein Bereich, in dem viel Kreativität gefragt ist. Das ist eine schöne Herausforderung. Gleichzeitig agiert man sozusagen immer in zwei verschiedenen Welten - der eine kann sehen, der andere nicht. Nur wenn diese zwei Welten zusammenkommen, kann Blindenfußball funktionieren. Und das ist doch eine sehr schöne Erkenntnis. Es ist immer ein voneinander Lernen.

DFB.de: Wie geht es jetzt weiter?

Schmidt: Wir können uns jetzt erstmal ein Jahr Deutscher Meister nennen - das ist ein schönes Gefühl. Wir haben den Titel übrigens mit zwei 18- und zwei 17-Jährigen in der Startformation geholt. Das macht mich unfassbar stolz und darauf kann man aufbauen.

[jm]

Fast 2000 Zuschauer waren auf den Marktplatz in Halle/Saale gekommen, um bei der Finalrunde der Blindenfußball-Bundesliga mitzufiebern. Das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft hätte spannender nicht sein können: Der FC St. Pauli setzte sich erst im Sechsmeterschießen mit 3:2 gegen die Sportfreunde Blau-Gelb Blista Marburg durch. Für Wolf Schmidt war die Spannung kaum zu ertragen - die Freude dafür umso größer. Im DFB.de-Interview spricht der Pauli-Trainer mit Mitarbeiter Jannik Müller über den Titelgewinn und den besonderen Reiz des Blindenfußballs.

DFB.de: Herr Schmidt, Sieg im Sechsmeterschießen, Deutscher Meister, das Ganze vor fast 2000 Zuschauern - viel besser geht’s doch kaum, oder?

Wolf Schmidt: Nein, das war eine sehr beeindruckende Kulisse. Die Tribüne war voll, die Zuschauer gingen mit und waren total konzentriert dabei. Das war wirklich ein ziemlicher großer Erfolg - nicht nur für uns, sondern für den gesamten Blindenfußball.

DFB.de: Nach einem Sieg im Elfmeterschießen fragen Reporter immer gerne die Spieler und Trainer, ob die Elfmeter vorher trainiert wurden - wie sah das bei Ihnen aus?

Schmidt: Wir haben's gemacht. Wir haben bei den letzten Trainingsinhalten immer wieder unterbrochen und Sechsmeter trainiert. Wir haben auch die Schützen vorher ausgesucht. Aber unser Ziel war es natürlich, das Spiel in der regulären Spielzeit zu gewinnen. Die ging dann leider in die Verlängerung.

DFB.de: Mit gutem Ausgang für Ihre Mannschaft!

Schmidt: Ja, aber die Spannung war wirklich kaum zu ertragen. Wenn der Erfolg einer ganzen Saison von ein paar Schüssen abhängt - das ist extrem! Egal, ob im Elf- oder im Sechsmeterschießen.

DFB.de: Wie würden Sie einem Laien denn die Unterschiede zwischen Blindenfußball und "normalem" Fußball erklären?

Schmidt: Ich finde, es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Fußball ist ein Zielschuss-Spiel und wir sehen normalerweise das Tor und die Mitspieler - das funktioniert bei Blindenfußballern eben nicht. Da braucht man dann entsprechende Hilfsmittel: Im Ball gibt es eine Art Rassel und hinter dem Tor steht ein Guide, der das Ziel akustisch markiert. Sehr wichtig ist das natürlich beim Penaltyschießen. Da muss der Guide durch Klopfen das Tor markieren und so bildet sich beim Spieler akustisch ein Bild des Tors ab. Einer meiner Spieler sagt gerne: "Wenn ich Fußball spiele, kann ich wieder sehen."

DFB.de: Was muss ein Blindenfußballer denn noch besser können, als ein normaler Fußballer?

Schmidt: Das ist richtig gefragt, denn die Basis ist dieselbe. Beim Fußball ist ja häufig von "No-Look-Pässen", oder von "blindem Verständnis" die Rede - im Blindenfußball ist das ganze Spiel ein "No-Look"-Spiel, von der ersten bis zur letzten Sekunde. Was die Ballbehandlung angeht, sind die Anforderungen ähnlich wie beim normalen Fußball. Hinzu kommt, dass ich eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit brauche. Wenn ein Spieler beispielsweise den Ball verliert, ruft er "Verlust". Seine Mitspieler erkennen ihn an der Stimme und müssen dann reagieren. Gleichzeitig im Zweikampf akustisch einen Ball zu orten und dabei immer miteinander zu kommunizieren, das ist sehr schwer und erfordert enorme Fähigkeiten.

DFB.de: Wie bereiten Sie ihr Team denn auf so ein wichtiges Spiel vor?

Schmidt: Wir haben zweimal die Woche Training. Die Spieler, die im Nationalmannschaftskader sind, trainieren noch häufiger. In den letzten Wochen haben wir vor allem an der taktischen Ausrichtung gearbeitet. Das ist eigentlich kaum anders, als beim normalen Fußball. Am Ende des Trainings gibt es immer ein Abschlussspiel. Hier haben wir unsere Jungs auch gegen ein Team von Trainern und Guides, die die Marburger Spieler simulieren sollten, spielen lassen. Wir versuchen, möglichst wettkampfnah zu trainieren. Die Herausforderung ist, dass man immer auf viele sehende Trainer und Helfer angewiesen ist, um so ein Training zu organisieren. Das funktioniert nur über das Ehrenamt.

DFB.de: Was sind denn die größten Herausforderungen als Trainer?

Schmidt: Im Blindenfußball gibt es kaum Literatur. Es ist ein Bereich, in dem viel Kreativität gefragt ist. Das ist eine schöne Herausforderung. Gleichzeitig agiert man sozusagen immer in zwei verschiedenen Welten - der eine kann sehen, der andere nicht. Nur wenn diese zwei Welten zusammenkommen, kann Blindenfußball funktionieren. Und das ist doch eine sehr schöne Erkenntnis. Es ist immer ein voneinander Lernen.

DFB.de: Wie geht es jetzt weiter?

Schmidt: Wir können uns jetzt erstmal ein Jahr Deutscher Meister nennen - das ist ein schönes Gefühl. Wir haben den Titel übrigens mit zwei 18- und zwei 17-Jährigen in der Startformation geholt. Das macht mich unfassbar stolz und darauf kann man aufbauen.

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