Fair Play-Liga: "Ausweitung wünschenswert"

Die bundesweite Einführung der Fair Play-Liga in der G- und F-Jugend war eine der Maßnahmen, die aus dem 2. Amateurfußball-Kongress 2012 entstanden sind. Vor dem 3. Amateurfußball-Kongress in Kassel (22. bis 24. Februar 2019) spricht Dr. Hans-Dieter Drewitz, DFB-Vizepräsident Jugend, über die Erfahrungen mit der Fair Play-Liga und über mögliche Anpassungen für die Zukunft.

DFB.de: Hat sich die Einführung aus Sicht des DFB gelohnt?

Dr. Hans-Dieter Drewitz: Eindeutig ja. Spiel ohne Schiedsrichter bedeutet, die Verantwortung für das Spiel bei den Kindern zu belassen. Die Kinder sollen selbst regeln, ob sich jemand ungerechtfertigterweise einen Vorteil verschafft hat oder nicht. So können die Kinder schnell ein Bewusstsein für Fair Play entwickeln. Dies gelingt anhand der gemachten Erfahrungen sehr gut. Bei Streitigkeiten oder bei groben Verstößen greifen die beiden Trainer/-innen gemeinsam aus ihrer Coachingzone heraus in das Spiel ein. Auch dieses Element der Fair Play-Liga funktioniert, wenngleich für viele Trainer/innen der Wunsch, ergebnisorientiert zu coachen, statt die Kinder ihr Spiel spielen zu lassen, noch sehr ausgeprägt ist. Dies betrifft die Ansprache der Kinder genauso wie die Frage, ob jedes Kind in etwa gleiche Einsatzzeiten bekommt. Hier besteht noch Entwicklungspotenzial. Die Einführung einer Zuschauerzone hat das Ziel, dass die Kinder ohne störende Einflüsse von außen spielen können. Auch dieses Element der Fair Play-Liga hat sich bewährt, auch wenn sich einige Zuschauer/innen immer noch nicht ganz an diese Regelung gewöhnt haben.

DFB.de: Ist es angedacht, den Sicherheitsabstand, den die Eltern in der F-Jugend einnehmen, auch in anderen Altersklassen einzuführen?

Drewitz: Darüber wird derzeit nicht diskutiert. Wir haben die Hoffnung, dass viele Eltern ihre positiven Erfahrungen aus der F-Jugend mit in die E-Jugend nehmen. Eine Ausweitung der Fair Play-Liga-Regeln in die E-Jugend findet vereinzelt bereits statt, über eine flächendeckende Anwendung sollte nachgedacht werden. Darüber hinaus muss man natürlich die baulichen Möglichkeiten an den Plätzen beachten. Bei der Querbespielung des Platzes (bis zu 7er-Feld) können die Vereine den Abstand in der Regel gewährleisten. Ab der D-Jugend (ab 9er-Feld) spielen die meisten Mannschaften über die gesamte Breite des Großfeldes. Da fällt es an vielen Plätzen schwer, eine Fanzone mit tatsächlich 15 Metern Abstand einzurichten.

DFB.de: Welche Erfahrungen hat der DFB bei der Frage gesammelt, ob der Fußball ohne Schiedsrichter funktioniert? Wurde das eingeführt, weil es schlichtweg zu wenige Unparteiische gab? Wäre es sinnvoll, den Schiedsrichter in der F-Jugend wieder einzuführen, weil die Kinder ihn in dem Alter noch als Autorität anerkennen würden?

Drewitz: Anlass für die Fair Play-Liga war nicht die Frage der Verfügbarkeit von Schiedsrichtern/innen. Vielmehr geht es darum, alle Beteiligten, also Spieler/innen, Trainer/innen und Zuschauer/innen für ihre eigene Verantwortung zu sensibilisieren. Insofern macht es keinen Sinn, in der Fair Play-Liga wieder Schiedsrichter einzuführen. Die Entwicklung sollte perspektivisch vielmehr dahin gehen, dass die Kinder, die sich jetzt schon daran gewöhnt haben, auch in der E-Jugend in der Fair Play-Liga ohne Schiedsrichter/in spielen. Grundsätzlich soll die Stärkung der fairen Haltung der einzelnen Beteiligten dabei helfen, Gewaltvorfällen vorzubeugen.

DFB.de: Viele Kinder und Eltern stört es, dass es keine Tabellen mehr gibt. Die Trainer tauschen sich in der Regel aus, was die Ergebnisse betrifft. Wird darüber nachgedacht? Und auch hier: Welche Erfahrungen hat der DFB mit dem Wegfall der Tabellen gemacht?

Drewitz: Die Abschaffung von Tabellen ist eine pädagogisch motivierte Maßnahme. Viele andere Landesverbände praktizieren dies ebenfalls, Schweden beispielsweise verzichtet bis zum zwölften Lebensjahr, also einschließlich bis zur D-Jugend, auf Tabellen. In Österreich regelt der Verband ebenfalls, dass in der U 6 bis U 8 keine Tabellen geführt werden. In Deutschland ist die Handhabung z.T. noch unterschiedlich. Einige Landesverbände gehen dabei noch einen Schritt weiter und verzichten sogar auf das Zählen der Tore, sodass am Ende eines Spiels kein offizieller Sieger mehr feststeht. Bei diesen Maßnahmen geht es darum, das Spiel für alle Kinder in den Vordergrund zu rücken. In unteren Altersklassen sollte Erlebnis klar vor Ergebnis gehen.

DFB.de: Wie sieht die Zukunft der Fairplayliga aus? Gibt es Ideen, Modelle, sie zu modifizieren, zu erweitern, zu revolutionieren?

Drewitz: Die Fair Play-Liga sollte zunächst unverändert weiter so gespielt werden. Eine Ausweitung des Modells oder einzelner Elemente auf weitere Altersklassen, zunächst die E-Jugend, wäre wünschenswert. Beim anstehenden Amateurfußball-Kongress wird es dazu vielleicht neue Hinweise geben. Eine Evaluation der Fair Play-Liga und die Diskussion über mögliche Änderungen stehen bei der für 2020 geplanten Jugendfußball-Fachtagung des DFB an.    

Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem Fachmagazin "kicker", das in seiner Ausgabe vom 18. Februar ausführlich über die Fair Play-Liga berichtet hat.

Das Thema Jugendfußball wird auch beim 3. Amateurfußball-Kongress des DFB eine wichtige Rolle spielen, der vom 22. bis 24. Februar 2019 in Kassel stattfindet. Alle Infos zum Kongress gibt es hier.

[dfb]

Die bundesweite Einführung der Fair Play-Liga in der G- und F-Jugend war eine der Maßnahmen, die aus dem 2. Amateurfußball-Kongress 2012 entstanden sind. Vor dem 3. Amateurfußball-Kongress in Kassel (22. bis 24. Februar 2019) spricht Dr. Hans-Dieter Drewitz, DFB-Vizepräsident Jugend, über die Erfahrungen mit der Fair Play-Liga und über mögliche Anpassungen für die Zukunft.

DFB.de: Hat sich die Einführung aus Sicht des DFB gelohnt?

Dr. Hans-Dieter Drewitz: Eindeutig ja. Spiel ohne Schiedsrichter bedeutet, die Verantwortung für das Spiel bei den Kindern zu belassen. Die Kinder sollen selbst regeln, ob sich jemand ungerechtfertigterweise einen Vorteil verschafft hat oder nicht. So können die Kinder schnell ein Bewusstsein für Fair Play entwickeln. Dies gelingt anhand der gemachten Erfahrungen sehr gut. Bei Streitigkeiten oder bei groben Verstößen greifen die beiden Trainer/-innen gemeinsam aus ihrer Coachingzone heraus in das Spiel ein. Auch dieses Element der Fair Play-Liga funktioniert, wenngleich für viele Trainer/innen der Wunsch, ergebnisorientiert zu coachen, statt die Kinder ihr Spiel spielen zu lassen, noch sehr ausgeprägt ist. Dies betrifft die Ansprache der Kinder genauso wie die Frage, ob jedes Kind in etwa gleiche Einsatzzeiten bekommt. Hier besteht noch Entwicklungspotenzial. Die Einführung einer Zuschauerzone hat das Ziel, dass die Kinder ohne störende Einflüsse von außen spielen können. Auch dieses Element der Fair Play-Liga hat sich bewährt, auch wenn sich einige Zuschauer/innen immer noch nicht ganz an diese Regelung gewöhnt haben.

DFB.de: Ist es angedacht, den Sicherheitsabstand, den die Eltern in der F-Jugend einnehmen, auch in anderen Altersklassen einzuführen?

Drewitz: Darüber wird derzeit nicht diskutiert. Wir haben die Hoffnung, dass viele Eltern ihre positiven Erfahrungen aus der F-Jugend mit in die E-Jugend nehmen. Eine Ausweitung der Fair Play-Liga-Regeln in die E-Jugend findet vereinzelt bereits statt, über eine flächendeckende Anwendung sollte nachgedacht werden. Darüber hinaus muss man natürlich die baulichen Möglichkeiten an den Plätzen beachten. Bei der Querbespielung des Platzes (bis zu 7er-Feld) können die Vereine den Abstand in der Regel gewährleisten. Ab der D-Jugend (ab 9er-Feld) spielen die meisten Mannschaften über die gesamte Breite des Großfeldes. Da fällt es an vielen Plätzen schwer, eine Fanzone mit tatsächlich 15 Metern Abstand einzurichten.

DFB.de: Welche Erfahrungen hat der DFB bei der Frage gesammelt, ob der Fußball ohne Schiedsrichter funktioniert? Wurde das eingeführt, weil es schlichtweg zu wenige Unparteiische gab? Wäre es sinnvoll, den Schiedsrichter in der F-Jugend wieder einzuführen, weil die Kinder ihn in dem Alter noch als Autorität anerkennen würden?

Drewitz: Anlass für die Fair Play-Liga war nicht die Frage der Verfügbarkeit von Schiedsrichtern/innen. Vielmehr geht es darum, alle Beteiligten, also Spieler/innen, Trainer/innen und Zuschauer/innen für ihre eigene Verantwortung zu sensibilisieren. Insofern macht es keinen Sinn, in der Fair Play-Liga wieder Schiedsrichter einzuführen. Die Entwicklung sollte perspektivisch vielmehr dahin gehen, dass die Kinder, die sich jetzt schon daran gewöhnt haben, auch in der E-Jugend in der Fair Play-Liga ohne Schiedsrichter/in spielen. Grundsätzlich soll die Stärkung der fairen Haltung der einzelnen Beteiligten dabei helfen, Gewaltvorfällen vorzubeugen.

DFB.de: Viele Kinder und Eltern stört es, dass es keine Tabellen mehr gibt. Die Trainer tauschen sich in der Regel aus, was die Ergebnisse betrifft. Wird darüber nachgedacht? Und auch hier: Welche Erfahrungen hat der DFB mit dem Wegfall der Tabellen gemacht?

Drewitz: Die Abschaffung von Tabellen ist eine pädagogisch motivierte Maßnahme. Viele andere Landesverbände praktizieren dies ebenfalls, Schweden beispielsweise verzichtet bis zum zwölften Lebensjahr, also einschließlich bis zur D-Jugend, auf Tabellen. In Österreich regelt der Verband ebenfalls, dass in der U 6 bis U 8 keine Tabellen geführt werden. In Deutschland ist die Handhabung z.T. noch unterschiedlich. Einige Landesverbände gehen dabei noch einen Schritt weiter und verzichten sogar auf das Zählen der Tore, sodass am Ende eines Spiels kein offizieller Sieger mehr feststeht. Bei diesen Maßnahmen geht es darum, das Spiel für alle Kinder in den Vordergrund zu rücken. In unteren Altersklassen sollte Erlebnis klar vor Ergebnis gehen.

DFB.de: Wie sieht die Zukunft der Fairplayliga aus? Gibt es Ideen, Modelle, sie zu modifizieren, zu erweitern, zu revolutionieren?

Drewitz: Die Fair Play-Liga sollte zunächst unverändert weiter so gespielt werden. Eine Ausweitung des Modells oder einzelner Elemente auf weitere Altersklassen, zunächst die E-Jugend, wäre wünschenswert. Beim anstehenden Amateurfußball-Kongress wird es dazu vielleicht neue Hinweise geben. Eine Evaluation der Fair Play-Liga und die Diskussion über mögliche Änderungen stehen bei der für 2020 geplanten Jugendfußball-Fachtagung des DFB an.    

Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem Fachmagazin "kicker", das in seiner Ausgabe vom 18. Februar ausführlich über die Fair Play-Liga berichtet hat.

Das Thema Jugendfußball wird auch beim 3. Amateurfußball-Kongress des DFB eine wichtige Rolle spielen, der vom 22. bis 24. Februar 2019 in Kassel stattfindet. Alle Infos zum Kongress gibt es hier.