Stefan Kuntz: "Wir müssen an uns glauben"

Stefan Kuntz fährt zu einer Europameisterschaft. Sowohl 1996 als auch 2017 kehrte der ehemalige Nationalspieler und aktuelle U 21-Trainer als Sieger heim. Klare Sache also auch diesmal bei der EM in Italien und San Marino? Wohl kaum. Kuntz weiß es besser. Über Erfolg entscheiden oft Kleinigkeiten und ein ausgeprägter Teamgeist. Darüber spricht Kuntz im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Maximilian Schwartz.

DFB.de: Herr Kuntz, die finale Phase der Vorbereitung auf die U 21-Europameisterschaft hat begonnen. Wie beurteilen Sie Entwicklung Ihrer Mannschaft von Beginn der EM-Qualifikation bis heute?

Stefan Kuntz: Im Vergleich zum September 2017, als wir mit der Mannschaft in die EM-Qualifikation gestartet sind, hat sie sich in allen Bereichen weiterentwickelt. Sowohl in Bezug auf die Dynamik der Mannschaft als auch bezüglich der individuellen Qualitäten der Spieler. Jetzt biegen wir auf die Zielgerade zur EM in Italien und San Marino ein, die richtig spannende Phase beginnt dann im Juni im Trainingslager. Die meisten Jungs bekommen viel Spielzeit in ihren Vereinen, davon profitieren wir enorm bei der U 21. Die Absprachen und Abstimmungen mit den Vereinsverantwortlichen in den zurückliegenden Wochen und Monaten liefen richtig gut, das brauchen wir auch um bei der EM im Sommer erfolgreich zu sein.

DFB.de: Mit Maximilian Eggestein und Lukas Klostermann wurden zuletzt zwei Führungsspieler der U 21 in den Kader der A-Nationalmannschaft berufen. Wie groß ist die Herausforderung, diese Spieler zu ersetzen?

Kuntz: Grundsätzlich bedeutet die Nominierung fürs A-Team von Spielern, die noch in der U 21 spielen könnten, dass wir unseren Job gut machen. Wir wollen die Spieler so entwickeln, dass sie der Mannschaft von Jogi Löw auf Topniveau helfen können. Mit Eggestein und Klostermann sind jetzt insgesamt acht Spieler in der A-Nationalmannschaft, die im Sommer noch bei der U 21-EM spielen könnten. Diese Jungs wären natürlich alle Leistungsträger bei uns und wir werden mit Jogi Löw und seinem Trainerteam besprechen, für welche Spieler es Sinn ergibt, ein U 21-Turnier im Sommer zu spielen und diese wertvollen Erfahrungen mitzunehmen. Letztlich ist die A-Nationalmannschaft das Aushängeschild des DFB, für das wir die Spieler ausbilden, aber natürlich wollen wir nach Möglichkeit auch die stärkste Mannschaft zur EM schicken. Das wird uns durch gute Absprachen untereinander gelingen.

DFB.de: Inwiefern müssen andere Spieler in die Rollen als Führungsspieler hineinwachsen, wenn immer wieder Akteure den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen?

Kuntz: Das ergibt sich von ganz allein, weil in diesen Situationen der nötige Raum für die anderen Spieler entsteht, um Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Spieler stehen bei der U 21 immer an erster Stelle. Sie sollen aus sich herausgehen. Sie sollen zeigen, was in ihnen steckt. Ein wichtiger Aspekt hierfür ist, dass sie sich innerhalb des Teams wohlfühlen. Dafür sorgen wir und ermutigen die Spieler auch dazu, Fehler zu machen.

DFB.de: Wieso?

Kuntz: Nur dadurch können wir neue Dinge, auch im taktischen Bereich, ausprobieren und es ergibt sich ein spezielles Klima, bei dem jeder in seine Rolle hineinwächst. Der Staff und das Trainerteam geben den Rahmen vor, die Feinabstimmung muss unter den Spielern erfolgen. Sie müssen untereinander klären, wer wie und wann die Bälle zugespielt haben möchte. Wir wollen sie zur Kommunikation untereinander animieren und so die Entwicklung fördern.

DFB.de: Nach der souveränen Qualifikation absolvierte Ihr Team im November vorigen Jahres Länderspiele gegen die Niederlande und Italien, im März standen die letzten Härtetests vor der EM gegen Frankreich an. Leichte Gegner haben Sie sich für die Testspiele nicht ausgesucht.

Kuntz: So ist es. Wir haben bewusst die großen Fußballnationen ausgewählt. Meiner Meinung nach nützt es nichts, gegen vermeintlich schwächere Gegner zu spielen. Wir wollten uns vor der EM mit den besten Gegnern messen, um zu sehen, wo wir stehen. Trotzdem haben wir in diesen Spielen einige Dinge ausprobiert, immer mit dem Ziel mutig zu spielen und die Zuschauer zu begeistern. Dadurch, dass wir in diesen Spielen taktische Varianten ausprobiert und auch viele Spieler eingesetzt haben, sind wir bei der individuellen Beurteilung der Spieler sehr weit und können aus diesen Erkenntnissen dann den Kader für die EM zusammenstellen. Die Erfolgserlebnisse in diesen Partien haben wir uns erarbeitet und sie sollen dazu führen, dass die Spieler mit einem gestärkten Selbstbewusstsein in die Europameisterschaft gehen.

DFB.de: Sie haben 1996 in England eine EM als Spieler mit der Nationalmannschaft gespielt und 2017 bei einer U 21-EM als Trainer fungiert. In beiden Fällen stand am Ende der Titelgewinn für die deutsche Mannschaft. Wie lautet ihr Erfolgsgeheimnis?

Kuntz: Ich glaube nicht, dass es hier ein großes Geheimnis oder eine Formel für den Erfolg gibt. Bei einem Turnier hängt das Abschneiden immer von vielen einzelnen Faktoren ab. Für die meisten ist man selbst verantwortlich, indem man hart und konzentriert arbeitet. Es gibt aber auch Aspekte, die man selbst kaum beeinflussen kann.

DFB.de: Wie lauten diese einzelnen Faktoren und Aspekte für ein Turnier?

Kuntz: Wenn man sich mit dem Teilnehmerfeld für die kommende Europameisterschaft auseinandersetzt, lauten die absoluten Topfavoriten auf den Titel wahrscheinlich Frankreich, Spanien und England. Diese Teams sind im Bereich der individuellen Spielerqualitäten vielleicht eine Idee besser als wir besetzt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir in punkto Geschlossenheit, Teamgeist und auch im mannschaftstaktischen Bereich besser sein müssen als diese Gegner. Dementsprechend arbeiten wir sehr viel daran. Die mannschaftliche Geschlossenheit und der Teamgeist waren schon immer Grundlagen für die Erfolge von deutschen Nationalmannschaften. Auch 2017 war die Atmosphäre im Team mit der wichtigste Baustein für unseren Erfolg. Wir müssen geschlossen an uns und unsere Stärke glauben, sie dann auf den Punkt abrufen und mit klarem Plan an die Spiele rangehen.

DFB.de: Und was kann man nicht oder kaum beeinflussen?

Kuntz: Es gibt immer einen gewissen Punkt im Turnier, ein gewisses Momentum. Ein Spiel, das in die eine oder in die andere Richtung ausgehen kann. Entscheidet man diese Spiele für sich, kann man von einer Welle getragen werden. Hierfür braucht man aber auch meistens im richtigen Moment eine Portion Glück – das ist der einzige Faktor für den Erfolg, den man nicht selbst erarbeiten kann. Bei der EM 2017 war dies das Halbfinale gegen England, das wir im Elfmeterschießen für uns entschieden haben.

DFB.de: So wie 1996 als Spieler im EM-Halbfinale gegen England.

Kuntz: Genau. In diesen Spielen entscheidet der größere Zusammenhalt im Team, die mentale Stärke – und am Ende eben auch das Quäntchen Glück – über Sieg oder Niederlage.

[ms]

Stefan Kuntz fährt zu einer Europameisterschaft. Sowohl 1996 als auch 2017 kehrte der ehemalige Nationalspieler und aktuelle U 21-Trainer als Sieger heim. Klare Sache also auch diesmal bei der EM in Italien und San Marino? Wohl kaum. Kuntz weiß es besser. Über Erfolg entscheiden oft Kleinigkeiten und ein ausgeprägter Teamgeist. Darüber spricht Kuntz im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Maximilian Schwartz.

DFB.de: Herr Kuntz, die finale Phase der Vorbereitung auf die U 21-Europameisterschaft hat begonnen. Wie beurteilen Sie Entwicklung Ihrer Mannschaft von Beginn der EM-Qualifikation bis heute?

Stefan Kuntz: Im Vergleich zum September 2017, als wir mit der Mannschaft in die EM-Qualifikation gestartet sind, hat sie sich in allen Bereichen weiterentwickelt. Sowohl in Bezug auf die Dynamik der Mannschaft als auch bezüglich der individuellen Qualitäten der Spieler. Jetzt biegen wir auf die Zielgerade zur EM in Italien und San Marino ein, die richtig spannende Phase beginnt dann im Juni im Trainingslager. Die meisten Jungs bekommen viel Spielzeit in ihren Vereinen, davon profitieren wir enorm bei der U 21. Die Absprachen und Abstimmungen mit den Vereinsverantwortlichen in den zurückliegenden Wochen und Monaten liefen richtig gut, das brauchen wir auch um bei der EM im Sommer erfolgreich zu sein.

DFB.de: Mit Maximilian Eggestein und Lukas Klostermann wurden zuletzt zwei Führungsspieler der U 21 in den Kader der A-Nationalmannschaft berufen. Wie groß ist die Herausforderung, diese Spieler zu ersetzen?

Kuntz: Grundsätzlich bedeutet die Nominierung fürs A-Team von Spielern, die noch in der U 21 spielen könnten, dass wir unseren Job gut machen. Wir wollen die Spieler so entwickeln, dass sie der Mannschaft von Jogi Löw auf Topniveau helfen können. Mit Eggestein und Klostermann sind jetzt insgesamt acht Spieler in der A-Nationalmannschaft, die im Sommer noch bei der U 21-EM spielen könnten. Diese Jungs wären natürlich alle Leistungsträger bei uns und wir werden mit Jogi Löw und seinem Trainerteam besprechen, für welche Spieler es Sinn ergibt, ein U 21-Turnier im Sommer zu spielen und diese wertvollen Erfahrungen mitzunehmen. Letztlich ist die A-Nationalmannschaft das Aushängeschild des DFB, für das wir die Spieler ausbilden, aber natürlich wollen wir nach Möglichkeit auch die stärkste Mannschaft zur EM schicken. Das wird uns durch gute Absprachen untereinander gelingen.

DFB.de: Inwiefern müssen andere Spieler in die Rollen als Führungsspieler hineinwachsen, wenn immer wieder Akteure den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen?

Kuntz: Das ergibt sich von ganz allein, weil in diesen Situationen der nötige Raum für die anderen Spieler entsteht, um Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Spieler stehen bei der U 21 immer an erster Stelle. Sie sollen aus sich herausgehen. Sie sollen zeigen, was in ihnen steckt. Ein wichtiger Aspekt hierfür ist, dass sie sich innerhalb des Teams wohlfühlen. Dafür sorgen wir und ermutigen die Spieler auch dazu, Fehler zu machen.

DFB.de: Wieso?

Kuntz: Nur dadurch können wir neue Dinge, auch im taktischen Bereich, ausprobieren und es ergibt sich ein spezielles Klima, bei dem jeder in seine Rolle hineinwächst. Der Staff und das Trainerteam geben den Rahmen vor, die Feinabstimmung muss unter den Spielern erfolgen. Sie müssen untereinander klären, wer wie und wann die Bälle zugespielt haben möchte. Wir wollen sie zur Kommunikation untereinander animieren und so die Entwicklung fördern.

DFB.de: Nach der souveränen Qualifikation absolvierte Ihr Team im November vorigen Jahres Länderspiele gegen die Niederlande und Italien, im März standen die letzten Härtetests vor der EM gegen Frankreich an. Leichte Gegner haben Sie sich für die Testspiele nicht ausgesucht.

Kuntz: So ist es. Wir haben bewusst die großen Fußballnationen ausgewählt. Meiner Meinung nach nützt es nichts, gegen vermeintlich schwächere Gegner zu spielen. Wir wollten uns vor der EM mit den besten Gegnern messen, um zu sehen, wo wir stehen. Trotzdem haben wir in diesen Spielen einige Dinge ausprobiert, immer mit dem Ziel mutig zu spielen und die Zuschauer zu begeistern. Dadurch, dass wir in diesen Spielen taktische Varianten ausprobiert und auch viele Spieler eingesetzt haben, sind wir bei der individuellen Beurteilung der Spieler sehr weit und können aus diesen Erkenntnissen dann den Kader für die EM zusammenstellen. Die Erfolgserlebnisse in diesen Partien haben wir uns erarbeitet und sie sollen dazu führen, dass die Spieler mit einem gestärkten Selbstbewusstsein in die Europameisterschaft gehen.

DFB.de: Sie haben 1996 in England eine EM als Spieler mit der Nationalmannschaft gespielt und 2017 bei einer U 21-EM als Trainer fungiert. In beiden Fällen stand am Ende der Titelgewinn für die deutsche Mannschaft. Wie lautet ihr Erfolgsgeheimnis?

Kuntz: Ich glaube nicht, dass es hier ein großes Geheimnis oder eine Formel für den Erfolg gibt. Bei einem Turnier hängt das Abschneiden immer von vielen einzelnen Faktoren ab. Für die meisten ist man selbst verantwortlich, indem man hart und konzentriert arbeitet. Es gibt aber auch Aspekte, die man selbst kaum beeinflussen kann.

DFB.de: Wie lauten diese einzelnen Faktoren und Aspekte für ein Turnier?

Kuntz: Wenn man sich mit dem Teilnehmerfeld für die kommende Europameisterschaft auseinandersetzt, lauten die absoluten Topfavoriten auf den Titel wahrscheinlich Frankreich, Spanien und England. Diese Teams sind im Bereich der individuellen Spielerqualitäten vielleicht eine Idee besser als wir besetzt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir in punkto Geschlossenheit, Teamgeist und auch im mannschaftstaktischen Bereich besser sein müssen als diese Gegner. Dementsprechend arbeiten wir sehr viel daran. Die mannschaftliche Geschlossenheit und der Teamgeist waren schon immer Grundlagen für die Erfolge von deutschen Nationalmannschaften. Auch 2017 war die Atmosphäre im Team mit der wichtigste Baustein für unseren Erfolg. Wir müssen geschlossen an uns und unsere Stärke glauben, sie dann auf den Punkt abrufen und mit klarem Plan an die Spiele rangehen.

DFB.de: Und was kann man nicht oder kaum beeinflussen?

Kuntz: Es gibt immer einen gewissen Punkt im Turnier, ein gewisses Momentum. Ein Spiel, das in die eine oder in die andere Richtung ausgehen kann. Entscheidet man diese Spiele für sich, kann man von einer Welle getragen werden. Hierfür braucht man aber auch meistens im richtigen Moment eine Portion Glück – das ist der einzige Faktor für den Erfolg, den man nicht selbst erarbeiten kann. Bei der EM 2017 war dies das Halbfinale gegen England, das wir im Elfmeterschießen für uns entschieden haben.

DFB.de: So wie 1996 als Spieler im EM-Halbfinale gegen England.

Kuntz: Genau. In diesen Spielen entscheidet der größere Zusammenhalt im Team, die mentale Stärke – und am Ende eben auch das Quäntchen Glück – über Sieg oder Niederlage.

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