Kuntz: "Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht"

Ein gelungener Test bei Europameister Spanien und ein 2:0-Auswärtssieg im EM-Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina - so lautet die Länderspielbilanz der U 21-Nationalmannschaft im Oktober. DFB-Trainer Stefan Kuntz spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Karl Evers über die gewonnenen Erkenntnisse aus beiden Spielen und den wachsenden Teamgeist in der Mannschaft.

DFB.de: Herr Kuntz, welches Fazit ziehen Sie nach dem 2:0-Auswärtserfolg gegen Bosnien-Herzegowina?

Stefan Kuntz: Dass es gegen tiefstehende Gegner noch viel zu lernen gibt. Wir haben zu wenig Dynamik ausgelöst - sei es durch besondere Aktionen oder schnelles Passspiel. Die Räume waren nicht immer optimal aufgeteilt, und unsere Fehlpassquote war ungewöhnlich hoch. Gegen den Ball haben wir gut verteidigt und aus meiner Sicht auch verdient gewonnen. Dennoch: Wir müssen die richtigen Schlüsse aus der Partie ziehen - wenn wir uns dann dadurch weiterentwickeln, kann das Spiel im Nachhinein sehr wichtig für uns gewesen sein.

DFB.de: Luca Kilian hat das 1:0 erzielt, es war sein erstes U-Länderspieltor. Wie sehr haben Sie sich für ihn gefreut?

Kuntz: Ich habe mich schon allein deshalb gefreut, weil ich gesehen habe, wie sehr er sich gefreut hat (lacht) - so von innen heraus, das ist einfach cool. Das Tor hätte unser Spiel eigentlich beruhigen sollen, aber wenn wir ehrlich sind: Deutlich gesteigert haben wir uns danach auch nicht. Deshalb sind wir umso glücklicher, dass er die Hütte gemacht hat. Und ich glaube, ganz so einfach, wie er aussah, war dieser Abstauber auch nicht.

DFB.de: Sie haben dann zur Pause zweimal gewechselt.

Kuntz: Genau, wir haben taktisch auf ein 4-4-2-System umgestellt. Danach kamen wir aus meiner Sicht auch ein bisschen besser ins Spiel und hatten dann auch etwas mehr Torchancen.

DFB.de: Dennoch hatte man den Eindruck, dass das Spiel auch hätte kippen können. Markus Schubert hat in der 73. Spielminute nach einem Eckball eine sensationelle Parade auspacken müssen.

Kuntz: Das stimmt, Bosnien hat in etwa ab der Mitte der zweiten Halbzeit angefangen, mehr mitzuspielen und an sich zu glauben. "Schubi" hat uns mit seiner Aktion definitiv im Spiel gehalten. Aber noch mal: Insgesamt finde ich, dass wir gut verteidigt und uns das Leben durch viele Kleinigkeiten eher selbst schwer gemacht haben.

DFB.de: Das 2:0 von Lukas Nmecha war wohl der Inbegriff des "glücklichen Trainer-Händchens": Der eingewechselte Berisha bedient den eingewechselten Nmecha. Plan aufgegangen?

Kuntz: Ich habe im TV-Interview schon etwas ironisch gesagt: Wenn ich jetzt fünfmal wechseln darf, ist meine Trefferquote natürlich auch ein bisschen höher. (lacht) Das Tor war für Lukas Nmecha nicht besonders leicht zu erzielen, und die Vorlage von Mergim Berisha war auch keine einfache. Eigentlich haben wir aus der schwierigsten Situation heraus eine Bude gemacht - und das zeigt natürlich auch, wozu wir im Stande sind.

DFB.de: Mergim Berisha war einer der U 21-Neulinge. Er und Orestis Kiomourtzoglu hatten vorher nie ein U-Länderspiel für Deutschland absolviert. Wie zufrieden sind Sie mit den beiden?

Kuntz: Mergim Berisha ist zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz gekommen und hat in den wenigen Spielminuten sehr engagiert gespielt. Bei Orestis Kiomourtzoglu war es ja so, dass wir uns dafür entschieden hatten, ihn nicht mit nach Bosnien-Herzegowina zu nehmen. Und ich muss sagen: Ich habe ihn fast schon ein bisschen mit Wehmut nach Hause gehen lassen, weil er sich wirklich super präsentiert hat. In der Breite sind unsere Möglichkeiten jetzt auf jeden Fall größer geworden.

DFB.de: Welche Erkenntnisse haben Sie nun aus den eineinhalb Wochen mit der Mannschaft gewonnen?

Kuntz: Aus dem Spanien-Spiel: Dass wir, wenn wir mit einhundert Prozent bei der Sache sind, gegen einen Topgegner über weite Strecken mithalten und ebenbürtig sein können. In Bosnien haben wir aber auch gemerkt, dass wir, wenn wir das Spiel machen müssen, in punkto Konzentration, Schnelligkeit, Passgenauigkeit und der Intensität des Freilaufens noch Luft nach oben haben. Das sind die Punkte, an denen wir beim nächsten Mal ansetzen müssen.

DFB.de: Und abgesehen vom Sportlichen? Es scheint, als sei der Teamgeist in dieser Länderspielphase noch mal deutlich gestärkt worden.

Kuntz: Das liegt natürlich zum einen daran, dass sich einige der Spieler schon aus den vergangenen U-Nationalmannschaften kennen, das schweißt zusammen. Darüber hinaus trägt bei der U 21 aber auch jeder Einzelne - das Team hinter dem Team eingeschlossen - seinen Teil zur guten Stimmung bei. Die Jungs wissen mittlerweile: Man kann hier wirklich etwas gewinnen, nicht nur in sportlicher Hinsicht. Sie haben verstanden, welche Chance sich ihnen hier bietet. Und das fällt natürlich leichter, wenn man sich wohlfühlt. Genauso war die Herzzeigen-Aktion mit der Stiftung Waisenhaus Frankfurt für alle ein besonderes Erlebnis, auch daran wachsen die Spieler. Rundum: eine gute und lehrreiche Zeit.

DFB.de: Sie sind nun Tabellenführer der EM-Qualifikationsgruppe neun. Die erwünschte Ausgangslage für das vermeintliche Topspiel gegen Belgien?

Kuntz: Ja, definitiv. Es ist gut, dass wir vor dem Belgien-Spiel eine ganze Woche Zeit haben, um zu trainieren. Denn es gibt - wie wir gesehen haben - noch einige Dinge, an denen wir arbeiten können. Deshalb ist diese längere Vorbereitungszeit optimal, danach sollten wir für das Spiel gerüstet sein.

[ke]

Ein gelungener Test bei Europameister Spanien und ein 2:0-Auswärtssieg im EM-Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina - so lautet die Länderspielbilanz der U 21-Nationalmannschaft im Oktober. DFB-Trainer Stefan Kuntz spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Karl Evers über die gewonnenen Erkenntnisse aus beiden Spielen und den wachsenden Teamgeist in der Mannschaft.

DFB.de: Herr Kuntz, welches Fazit ziehen Sie nach dem 2:0-Auswärtserfolg gegen Bosnien-Herzegowina?

Stefan Kuntz: Dass es gegen tiefstehende Gegner noch viel zu lernen gibt. Wir haben zu wenig Dynamik ausgelöst - sei es durch besondere Aktionen oder schnelles Passspiel. Die Räume waren nicht immer optimal aufgeteilt, und unsere Fehlpassquote war ungewöhnlich hoch. Gegen den Ball haben wir gut verteidigt und aus meiner Sicht auch verdient gewonnen. Dennoch: Wir müssen die richtigen Schlüsse aus der Partie ziehen - wenn wir uns dann dadurch weiterentwickeln, kann das Spiel im Nachhinein sehr wichtig für uns gewesen sein.

DFB.de: Luca Kilian hat das 1:0 erzielt, es war sein erstes U-Länderspieltor. Wie sehr haben Sie sich für ihn gefreut?

Kuntz: Ich habe mich schon allein deshalb gefreut, weil ich gesehen habe, wie sehr er sich gefreut hat (lacht) - so von innen heraus, das ist einfach cool. Das Tor hätte unser Spiel eigentlich beruhigen sollen, aber wenn wir ehrlich sind: Deutlich gesteigert haben wir uns danach auch nicht. Deshalb sind wir umso glücklicher, dass er die Hütte gemacht hat. Und ich glaube, ganz so einfach, wie er aussah, war dieser Abstauber auch nicht.

DFB.de: Sie haben dann zur Pause zweimal gewechselt.

Kuntz: Genau, wir haben taktisch auf ein 4-4-2-System umgestellt. Danach kamen wir aus meiner Sicht auch ein bisschen besser ins Spiel und hatten dann auch etwas mehr Torchancen.

DFB.de: Dennoch hatte man den Eindruck, dass das Spiel auch hätte kippen können. Markus Schubert hat in der 73. Spielminute nach einem Eckball eine sensationelle Parade auspacken müssen.

Kuntz: Das stimmt, Bosnien hat in etwa ab der Mitte der zweiten Halbzeit angefangen, mehr mitzuspielen und an sich zu glauben. "Schubi" hat uns mit seiner Aktion definitiv im Spiel gehalten. Aber noch mal: Insgesamt finde ich, dass wir gut verteidigt und uns das Leben durch viele Kleinigkeiten eher selbst schwer gemacht haben.

DFB.de: Das 2:0 von Lukas Nmecha war wohl der Inbegriff des "glücklichen Trainer-Händchens": Der eingewechselte Berisha bedient den eingewechselten Nmecha. Plan aufgegangen?

Kuntz: Ich habe im TV-Interview schon etwas ironisch gesagt: Wenn ich jetzt fünfmal wechseln darf, ist meine Trefferquote natürlich auch ein bisschen höher. (lacht) Das Tor war für Lukas Nmecha nicht besonders leicht zu erzielen, und die Vorlage von Mergim Berisha war auch keine einfache. Eigentlich haben wir aus der schwierigsten Situation heraus eine Bude gemacht - und das zeigt natürlich auch, wozu wir im Stande sind.

DFB.de: Mergim Berisha war einer der U 21-Neulinge. Er und Orestis Kiomourtzoglu hatten vorher nie ein U-Länderspiel für Deutschland absolviert. Wie zufrieden sind Sie mit den beiden?

Kuntz: Mergim Berisha ist zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz gekommen und hat in den wenigen Spielminuten sehr engagiert gespielt. Bei Orestis Kiomourtzoglu war es ja so, dass wir uns dafür entschieden hatten, ihn nicht mit nach Bosnien-Herzegowina zu nehmen. Und ich muss sagen: Ich habe ihn fast schon ein bisschen mit Wehmut nach Hause gehen lassen, weil er sich wirklich super präsentiert hat. In der Breite sind unsere Möglichkeiten jetzt auf jeden Fall größer geworden.

DFB.de: Welche Erkenntnisse haben Sie nun aus den eineinhalb Wochen mit der Mannschaft gewonnen?

Kuntz: Aus dem Spanien-Spiel: Dass wir, wenn wir mit einhundert Prozent bei der Sache sind, gegen einen Topgegner über weite Strecken mithalten und ebenbürtig sein können. In Bosnien haben wir aber auch gemerkt, dass wir, wenn wir das Spiel machen müssen, in punkto Konzentration, Schnelligkeit, Passgenauigkeit und der Intensität des Freilaufens noch Luft nach oben haben. Das sind die Punkte, an denen wir beim nächsten Mal ansetzen müssen.

DFB.de: Und abgesehen vom Sportlichen? Es scheint, als sei der Teamgeist in dieser Länderspielphase noch mal deutlich gestärkt worden.

Kuntz: Das liegt natürlich zum einen daran, dass sich einige der Spieler schon aus den vergangenen U-Nationalmannschaften kennen, das schweißt zusammen. Darüber hinaus trägt bei der U 21 aber auch jeder Einzelne - das Team hinter dem Team eingeschlossen - seinen Teil zur guten Stimmung bei. Die Jungs wissen mittlerweile: Man kann hier wirklich etwas gewinnen, nicht nur in sportlicher Hinsicht. Sie haben verstanden, welche Chance sich ihnen hier bietet. Und das fällt natürlich leichter, wenn man sich wohlfühlt. Genauso war die Herzzeigen-Aktion mit der Stiftung Waisenhaus Frankfurt für alle ein besonderes Erlebnis, auch daran wachsen die Spieler. Rundum: eine gute und lehrreiche Zeit.

DFB.de: Sie sind nun Tabellenführer der EM-Qualifikationsgruppe neun. Die erwünschte Ausgangslage für das vermeintliche Topspiel gegen Belgien?

Kuntz: Ja, definitiv. Es ist gut, dass wir vor dem Belgien-Spiel eine ganze Woche Zeit haben, um zu trainieren. Denn es gibt - wie wir gesehen haben - noch einige Dinge, an denen wir arbeiten können. Deshalb ist diese längere Vorbereitungszeit optimal, danach sollten wir für das Spiel gerüstet sein.

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