1000 Länderspiele: Die Jubiläumspartien

Das DFB-Team zählt weltweit zu den erfolgreichsten Nationalmannschaften. Vor dem 1000. Länderspiel am 12. Juni (ab 18 Uhr) in Bremen gegen die Ukraine blickt DFB.de in einer Serie auf die reiche Geschichte der DFB-Auswahl zurück. Heute: die Jubiläumsspiele - "runde Hunderter".

Nummer 100 (11.3.1934, Luxemburg-Stadt): Luxemburg – Deutschland 1:9 (1:6)

Das Jubiläumsspiel brachte auch eine Premiere und einen doppelten Grund zum Feiern. Denn es war das erste WM-Qualifikationsspiel der DFB-Geschichte und reichte bereits aus, um zur Endrunde nach Italien zu fahren. Das kam so: Deutschland war in einer Gruppe mit Frankreich und Luxemburg, und nur der Letzte schied aus. Die FIFA erlaubte den Verbänden, den Modus selbst festzulegen, und man einigte sich darauf, dass die beiden Großen zuerst gegen den Kleinen spielen sollten. Sollte Luxemburg beide Spiele erwartungsgemäß verlieren, bräuchte es kein weiteres Spiel mehr, was angesichts des angespannten Verhältnisses zwischen Deutschen und Franzosen begrüßt wurde. Luxemburg wurde für seine Rolle als Sprungbrett entschädigt, indem es zwei Heimspiele erhielt, Rückspiele waren nicht vorgesehen. Und so reichten Deutschland 1934 tatsächlich 90 Minuten, um das WM-Ticket zu lösen und nebenbei seinen bis dato höchsten Auswärtssieg ​einzufahren.

Am 11. März 1934 reiste die DFB-Auswahl mit dem Omnibus vom Bahnhof Trier nach Luxemburg, erfreute sich eines herzlichen Empfangs durch Würdenträger und Musikkapellen, die im Hotel einen "deutschen Abend" inszenierten, und eines heillos überforderten Gegners. Die von Reichstrainer Otto Nerz betreute Elf gewann auf schwer bespielbarem Grund vor 15.000 Zuschauern mit 9:1. Die Tore waren zum Großteil Angelegenheit der Stürmer des VfL Benrath: Josef Rasselnberg (4) und Karl Hohmann (3) erbeuteten den Löwenanteil, der Rest vom Schützenfest ging an den kommenden Meister Fortuna Düsseldorf: Kapitän Ernst Albrecht und Willi Wigold. Damit gingen die Rechnungen beider Länder auf: Deutschland konnte schon das WM-Quartier buchen, Luxemburg erfreute sich der Rekordkulisse seiner Fußball-Historie. Für die DFB-Auswahl war die spannendste Frage des Tages, ob Fritz Szepan noch auf den WM-Zug aufspringen würde. Der Regisseur der Schalker hatte zweieinhalb Jahre "gestreikt" und alle Einladungen von Otto Nerz abgelehnt. Erst als der Reichstrainer ihn dann persönlich aufsuchte und die Verstimmungen ausräumte, kehrte Szepan zurück.

Luxemburg war allerdings nicht der Maßstab, wie auch der Kicker feststellte: "Szepan muss, wenn er der Mittelläufer der deutschen Nationalmannschaft sein soll, schneller werden. Er ist für die harten und schnellen Ländermannschaften, wie sie wohl durchweg in Italien an den Start gehen, nicht wendig und nicht schnell genug." Die letzten formalen Zweifel an der Qualifikation der deutschen Elf erledigten sich übrigens einen Monat später: Am 15. April 1934, sechs Wochen vor Turnierbeginn, gewannen auch die Franzosen in Luxemburg. "Nur" mit 6:1, aber vor noch mehr Zuschauern (18.000).

Buchloh – Hundt, Haringer – Janes, Szepan, Oehm – E. Albrecht, Wigold , Hohmann, Rasselnberg, Kobierski.

Tore: 0:1 Rasselnberg (2.), 0:2 Wigold (12.), 0:3 E. Albrecht (24.), 1:3 Mengel (27.), 1:4 Hohmann (30.), 1:5 Rasselnberg (35.), 1:6, 1:7 Hohmann (52., 53.), 1:8, 1:9 Rasselnberg (57., 89.).

Nummer 200 (15.4.1951, Zürich): Schweiz – Deutschland 2:3 (1:1)

Im Januar 1950 war der DFB wieder in die FIFA aufgenommen worden, seine ersten beiden Spiele machte er gegen den treuen Nachbarn aus der Schweiz, der schon bei der Premiere 1908 und beim Neustart nach dem 1. Weltkrieg 1920 zur Verfügung gestanden hatte. So auch nach Weltkrieg II: Beim 1:0 im November 1950 in Stuttgart wurde ein Rückspiel vereinbart, das ein halbes Jahr später in Zürich stieg. Im Vergleich zum Hinspiel änderte Sepp Herberger die Elf auf vier Positionen. Endlich war Fritz Walter wieder einsatzbereit, er bestritt nach achteinhalbjähriger Pause sein 25. Länderspiel. Paul Mebus (VfL Benrath)) und Felix Gerritzen (Preußen Münster) debütierten, der Kölner Josef Röhrig stand zum zweiten Mal auf dem Platz – im Hinspiel war er noch eingewechselt worden.

Das Spiel im Stadion am Hardtturm war Wochen zuvor ausverkauft, unter den 34.000 waren fast 10.000 Deutsche. Einige von ​ihnen kamen schon am Samstag, weshalb die Stadt die Sperrstunde aufhob und schon in der Nacht vor dem Spiel in den Züricher Lokalen etwas für die deutsch-schweizerische Freundschaft getan werden konnte.

Zum Spiel: Gleich nach dem Anpfiff um 15 Uhr ergriffen die Gäste die Initiative, die von der amerikanischen Militärregierung gegründete Neue Zeitung schrieb: "Solche turbulenten erste fünf Minuten hat man selten bei einem Länderspiel erlebt. Die deutsche Mannschaft hat große Momente, sie spielt aber im Sturm zu unüberlegt." Und so traf der andere Sturm: Fatton nutzte einen Stolperer von Toni Turek, schoss den Ball artistisch per Scherenschlag ins leere Tor. Nun verflachte die Partie, "das Spiel atmete keine große Klasse", bis die Walter-Brüder die Initiative ergriffen. Nach einer Ecke von Fritz köpfte Ottmar den Ausgleich, mit 1:1 ging es in die Kabinen. Aus denen kam eine wild entschlossene DFB-Elf zurück, neun Minuten später führte sie plötzlich mit 3:1. Zunächst verwertete Debütant Gerritzen mit einem Linksschuss eine Mebus-Vorlage, dann glückte Fritz Walter ein herrliches Tor per Volleyschuss. Von Vorentscheidung konnte nicht lange die Rede sein, direkt nach Wiederanstoß erhielt die Schweiz einen von Baumann an Friedländer verursachten Foulelfmeter. Unhaltbar für Turek verwandelte Boucquet zum 2:3. Nach drei Treffern binnen zehn Minuten war der Torhagel vorbei, die Deutschen wollten den Sieg nur über die Zeit bringen. Berni Klodt schied verletzt aus, die bei Freundschaftsspielen erlaubte Auswechslung verhalf dem Fürther Horst Schade zum Debüt. Er führte sich mit einem Distanzschuss, der knapp das Tor verfehlt, gut ein. Turek bekam noch einige Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, dann pfiff der Engländer Ellis ab.

Die Neue Zeitung titelte: "Ein mit viel Glück gelungener Jubiläums-Erfolg". Das Sport Magazin befand: "Unentschieden wäre gerecht!" Sepp Herberger war zufrieden: "Wir sind ja erst am Anfang der Entwicklung zu einer wirklichen Mannschaftseinheit, umso glücklicher können wir über diesen Sieg sein. Wie schwer war er vor allem psychologisch zu erkämpfen." Die Entwicklung würde nur drei Jahre später zum WM-Triumph führen, in der Schweiz – die auch als Ausrichter den Deutschen den Boden bereitete für die Rückkehr auf die Weltbühne. Drei Helden von Bern spielten schon 1951 in Zürich, drei weitere (Posipal, Morlock und Kohlmeyer) saßen auf der Bank.

Turek – H. Burdenski, Streitle – Mebus, G. Baumann, Barufka – Gerritzen, Röhrig, O. Walter, F. Walter, B. Klodt, ab 70. Schade.

Tore: 1:0 Fatton (8.), 1:1 O. Walter (42.), 1:2 Gerritzen (50.), 1:3 F. Walter (54.), 2:3 Bocquet (55., Foulelfmeter).

Nummer 300 (26.5.1965, Basel): Schweiz – Deutschland 0:1 (0:1)

Nach Abschluss der zweiten Bundesligasaison reiste die Nationalmannschaft in die Schweiz, die zum 36. Mal als Gegner parat stand – und zum zweiten Mal in Folge für ein Jubiläumsspiel. Der Kicker schrieb: "Wenn die Formel stimmt, dass die ​schönsten Spiele immer geboten werden, wenn es um nichts geht, dann dürfen sich die vielen Deutschen, die sich vor allem aus der badischen Nachbarschaft angemeldet haben, auf das Länderspiel am Mittwoch im St. Jakob-Stadion freuen."

Bundestrainer Helmut Schön nominierte nicht ganz freiwillig eine unerfahrene Mannschaft (im Schnitt 7,6 Länderspiele), deren Kopf Uwe Seeler nach seinem Achillessehnenriss im Februar fehlte. Torwart Hans Tilkowski feierte auch Jubiläum (25. Länderspiel) und war der Erfahrenste, außer ihm hatte nur Abwehrchef Willi Schulz (24) eine zweistellige Anzahl an Länderspielen aufzuweisen. Linksaußen Hans Rebele, einer von drei Stürmern von Europacupfinalist 1860 München, gab sogar sein Debüt. Der frisch gekürte Meister Werder Bremen stellte drei Spieler, die Verteidiger Horst-Dieter Höttges und Sepp Piontek sowie Mittelfeldspieler Max Lorenz. Der Kicker fragte in gespielter Besorgnis: "Hoffentlich haben die Bremer nicht zu viel gefeiert."

Die Flutlichtpartie (Anpfiff 19.30 Uhr) gegen ambitionierte Schweizer, die sich für die folgende WM qualifizieren würden, erfüllte die Erwartungen an ein Fußballfest nicht. Nur ein Tor fiel, das immerhin durch einen Deutschen: Der Hannoveraner Walter Rodekamp krönte seinen zweiten Einsatz im DFB-Trikot mit einem wuchtigen Kopfball nach Ecke von Hans Küppers in den Winkel. Das reichte bereits um zu siegen, Tilkowski beklagte seine Unterbeschäftigung: "Ich war nur einmal am Boden."

Die Urteile fielen hinterher merkwürdig verschieden aus. Einig waren sich alle über den verdienten Sieg, doch das Niveau war umstritten. "Ein gutes Spiel, zum Teil ein sehr gutes", lobte Alt-Bundestrainer Sepp Herberger, doch Nachfolger Helmut Schön war nicht zufrieden, "und wir sind es auch nicht", verlautbarte der Kicker. Bemängelt wurde das Offensivspiel, es fehlte am Ende einer anstrengenden Saison am Tempo. Das Spiel "blieb langsam, weil der Ball, "wo immer er landete, zunächst mal Zeit zum Ausruhen bekam." Das Sport Magazin titelte: "Der Angriff bleibt das Sorgenkind!" Die schwedischen Beobachter, die vor dem entscheidenden WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland Informationen sammeln wollten, befanden ernüchtert: "Den Weg hätten wir uns sparen können." Es war alles in allem ein unspektakuläres Spiel, das nur aufgrund seiner statistischen Besonderheit in die Geschichtsbücher gelangte.

Tilkowski – Piontek, W. Schulz, Sieloff, Höttges – Lorenz, Overath – Heiß, Küppers, Rodekamp, Rebele.

Tor: 0:1 Rodekamp (43.).

Nummer 400 (12.3.1975, London): England - Deutschland 2:0 (1:0)

Als amtierender Weltmeister reisten die Deutschen an den Ort, an dem sie drei Jahre zuvor ihr vermeintlich bestes Länderspiel bestritten hatten. 1972 warfen die England aus der EM und gewannen erstmals in Wembley (3:1), dafür wollten die Briten Revanche. Helmut Schön bot acht Weltmeister auf, aber auch drei unerfahrene Spieler vom Main. Die Offenbacher Erwin Kostedde und Manfred Ritschel sowie Frankfurts Charly Körbel kamen zusammen auf fünf ​Länderspiele. Ritschel debütierte – vor 100.000 Zuschauern. Die Dominanz der Bayern, die noch sechs Spieler im WM-Finale 1974 stellten, war vorbei. Ein Grund: Die Münchner spielten überraschend 1975 gegen den Abstieg. In Wembley waren nur Sepp Maier, "der auch im Bayern-Tief Hochform behielt" (Kicker), und Franz Beckenbauer übrig, Katsche Schwarzenbeck saß auf der Bank.

Die Engländer steckten in einer veritablen Krise und hatten nach der EM 1972 auch die WM 1974 verpasst. Umso ehrgeiziger waren sie an diesem Tag, an dem den Deutschen auch ihr grünes Glückstrikot, das sie unter anderem dort 1972 trugen, nichts half. Es hatte geregnet, der Boden war tief und die Engländer waren daran noch besser gewöhnt als ihre Gäste. Auch mit dem in Deutschland kaum praktizierten Forechecking hatten sie so ihre Probleme. "im Mittelfeld wurde keinem auch nur der Bruchteil einer Sekunde Zeit gelassen", hieß es im Kicker unter der Überschrift "England erdrückte uns!"

Nach 26 Minuten fand die Überlegenheit auch statistischen Ausdruck, Bell glückte nach einer Freistoßflanke, das 1:0. Er hatte Glück, dass sein Widersacher Körbel ausrutschte und den Ball mit der Brust ins eigene Tor abfälschte. Kurz vor der Pause wäre den Engländern beinahe ein Eigentor unterlaufen, es war die größte Ausgleichschance. Maier verhinderte in der Folge mehrfach das 2:0, einmal mit großen Glück, als er einen Ball nicht festhalten konnte und der neben das Tor hoppelte. Nach 66 Minuten aber verschätzte er sich bei einer weiten Flanke. Die fand am langen Pfosten den von Körbel ungedeckten MacDonald, der zum Endstand einköpfte. Der Torschütze traf noch den Pfosten (89.), zuvor rettete Berti Vogts auf der Linie (70.), so dass sich letztlich kein Deutscher über die Niederlage beschweren konnte.

Die Verlierer standen in der Kritik, aus der nur Beckenbauer und der 20-jährige Körbel ausgenommen wurden. Heinz Flohe wehrte sich: "Läuft das Spiel nicht, ist immer das Mittelfeld schuld." Mit dem Wissen von heute kann man getrost sagen: Das 400. war das schwächste aller Jubiläumsspiele.

Maier – Vogts, Beckenbauer, Körbel, Bonhof – Cullmann, Flohe, Wimmer, ab 64. H. Kremers – Ritschel, Kostedde, ab 75. Heynckes, Hölzenbein.

Tore: 1:0 Bell (26.), 2:0 MacDonald (66.).

Zuschauer: 100.000

Nummer 500 (17.6.1984, Lens): Deutschland – Rumänien 2:1 (1:0)

Erstmals fiel ein Jubiläumsspiel mitten in ein Turnier. In Frankreich trat die deutsche Mannschaft zum zweiten EM-Vorrundenspiel in Lens an. Für den amtierenden Europameister war es auch das erste Pflichtspiel gegen Rumänien. Es hatte ein kurioses Vorspiel. Dass es überhaupt stattfand, war vor allem DFB-Busfahrer Walter Kohr zu verdanken. Von nicht sonderlich ortskundigen französischen Polizisten eskortiert, verpasste der Mannschaftsbus nämlich die Ausfahrt nach Lens. Kohr fuhr auf eigene Faust 50 Kilometer über Landstraßen und verdiente sich ein Extralob der Frau von DFB-Präsident Hermann Neuberger:​ "Herr Kohr, das haben Sie sehr gut gemacht!"

Der Präsident wiederum half beim Auspacken der Koffer, es ging um jede Minute. Eine halbe Stunde später, als von der UEFA vorgeschrieben, aber noch rechtzeitig zum Anpfiff waren die sonst für ihre Pünktlichkeit so gerühmten Deutschen im Stadion. Der Adrenalinkick vor dem Anpfiff hatte womöglich sein Gutes. Jedenfalls gewannen sie bei der EM 1984 nur dieses Spiel – dank eines Doppelpacks von Rudi Völler, der die Vorlagen von Norbert Meier und Klaus Allofs verwertete. Dass Karl-Heinz Rummenigge nach dem missglückten Experiment gegen Portugal (0:0), wo er im Mittelfeld spielen musste, wieder stürmte, machte sich bezahlt.

Bundestrainer Jupp Derwall gab zu Protokoll: "Wir hätten leichter gewonnen, wenn wir unsere Chancen vor der Pause genutzt hätten. Aber wir haben verdient gewonnen." Deutschlands 284. Sieg war der letzte dieses Bundestrainers, der nach der EM zurücktrat. Jubiläum feierten auch die Nationalspieler Karl-Heinz Förster (60. Länderspiel), Toni Schumacher (50) und Ulli Stielike (40).

Schumacher – B. Förster, K.H. Förster, ab 79. Buchwald, Stielike, Briegel – Matthäus, K.H. Rummenigge, Meier, ab 69. Littbarski, Brehme – Völler, K. Allofs.

Tore: 1:0 Völler (25.), 1:1 Coras (46.), 2:1 Völler (66.).

Nummer 600 (17.11.1993, Köln): Deutschland – Brasilien 2:1 (2:1)

Vor 51.000 zufriedenen Zuschauern in Köln schlug der Weltmeister die Samba-Kicker mit 2:1. Dass diese ihn ein halbes Jahr später ablösen würden, war da noch nicht zu erahnen. Nach ereignisarmen 30 Minuten ging es plötzlich Schlag auf Schlag. Alle Tore des Abends fielen binnen dreier turbulenter Minuten kurz vor der Pause. Guido Buchwald traf nach Vorarbeit von Stefan Effenberg und Jürgen Klinsmann zum 1:0, Andy Möller von der Strafraumkante zum 2:1. Dazwischen lag das Gegentor von Evair, der eine von allen Verteidigern verpasste Flanke mühelos einschieben konnte. Die Torschützen waren auch die besten Spieler des Abends im DFB-Dress. In der zweiten Hälfte drängte Brasilien auf den Ausgleich und bejubelte ihn schon, als ein Kopfball von Rais Bodo Illgner alles abverlangt. War der Ball hinter der Linie? Schiedsrichter Jan Damgaard sagte "nein" und rettete den Jubiläumsspielsieg.

Kuriosum am Rande: Der Däne stellte Bayerns Jorginho vom Platz im falschen Glauben, er habe ihn schon verwarnt. Doch man wies ihn auf seinen Irrtum hin, und Brasilien blieb komplett. Nicht nur das Jubiläum war historisch: Lothar Matthäus avancierte mit seinem 104. Einsatz an jenem Mittwoch zum Rekordnationalspieler und löste Franz Beckenbauer ab. Den Titel trägt Matthäus auch 30 Jahre später noch. Jürgen Klinsmann unterstrich den Freundschaftscharakter der Partie auf seine Weise: Der gelernte Bäcker überreichte dem damaligen Leverkusener Paulo Sergio einen Christstollen.

Illgner – Brehme, Matthäus, Kohler, Helmer – Effenberg, Häßler, Buchwald, Möller – ​ Riedle (32. Kirsten), Klinsmann (84. Gaudino).

Tore: 1:0 Buchwald (38.), 1:1 Evair (40.), 2:1 Möller (41.).

Nummer 700 (28.3.2001, Athen): Griechenland – Deutschland 2:4 (2:2)

Auf dem Weg zur WM 2002 musste Deutschland im vierten Qualifikationsspiel nach Athen. Der Letzte empfing den Ersten, auf dem Papier war es eine klare Sache – auf dem Platz ein Drama mit Happy End. Der Berliner Marko Rehmer brachte den Gast per Rechtsschuss früh in Führung, der künftige Bremer Angelos Charisteas glich sie aus. Kurz darauf holte Michael Ballack einen Foulelfmeter heraus, den er selbst verwandelte. Diese Führung hielt etwas länger, doch in die Kabinen ging es mit einem 2:2, weil Stürmer Georgiadis niemand am Kopfball hinderte.

Nach einer Stunde schien sich die Waage zu den Griechen zu neigen, denn das bis dahin gefällig aufspielende Supertalent Sebastian Deisler wurde bei seinem Startelfdebüt nach einem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Deisler: "Da war ich übermotiviert." Zehn Deutsche gegen elf Griechen und 53.000 Fans auf den Rängen - da wäre ein Punkt eigentlich okay gewesen. Doch Teamchef Rudi Völler wollte mehr und brachte den Joker, der schon bei seinem Debüt gegen Albanien (2:1) gestochen hatte: Miroslav Klose vom 1. FC Kaiserslautern. 15 Minuten brauchte der 22-Jährige diesmal, um den Ball einzunetzen - per Kopf nach einer Freistoßflanke von Christian Ziege. Klose: "Es war meine Aufgabe, ein Tor zu erzielen und das ist mir gelungen."

In der Schlussminute stach auch der zweite Joker Marco Bode auf Vorarbeit des überragenden Marko Rehmer. Das Spiel war entschieden, das Jubiläumsspiel gerettet. "Der Unterhaltungswert dieses Spiels erreichte Spitzenwerte", lobte der Kicker. Der designierte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hatte zwei Matchwinner ausgemacht: "Deisler mit Ballack - das war heute schon die Zukunft."

Kahn – Rehmer, Wörns, Nowotny, Heinrich – Jeremies (90. Ramelow), Ballack, Deisler, Ziege – Jancker (78. Bode), Neuville (67. Klose).

Tore: 0:1 Rehmer (6.), 1:1 Charisteas (21.), 1:2 Ballack (25., Foulelfmeter), 2:2 Georgidas (43.), 2:3 Klose (82.), 2:4 Bode (90.).

Gelb-Rot: Deisler (60.).

Nummer 800 (26.3.2008, Basel): Schweiz – Deutschland 0:4 (0:1)

Der Austragungsort war kein Zufall, fast auf den Tag genau vor 100 Jahren begann in Basel die Länderspielgeschichte des DFB. Zum 50. Mal hieß der Gegner Schweiz, die zum dritten Mal bei einer deutschen Jubiläumspartie zugegen war. Diese wurde diesmal auch eine Fußballparty. Im letzten Test vor der EM-Kadernominierung dominierte die Mannschaft von Joachim Löw den Mit-Gastgeber der Europameisterschaft 2008 souverän, wenn der Sieg vielleicht auch um ein Tor zu hoch ausfiel. "Ein Auftritt der Nationalelf, der Mut macht für die EURO", hieß es im Kicker.

Besonders im Fokus stand Torwart Jens Lehmann, da der 38-Jährige bei Arsenal London kaum Spielpraxis hatte. Bei Löw blieb er erste Wahl, hielt seinen Kasten sauber und stellte​ einen DFB-Rekord auf: nach Abpfiff war die Nationalmannschaft stolze 621 Minuten ohne Gegentor geblieben. Mit diesem Qualitätsmerkmal kann man schon mal nicht verlieren, zum Siegen brauchte es aber Tore, und die lieferte der Sturm exklusiv und hinreichend. Miroslav Klose überwand den in Wolfsburg spielenden und in dieser Szene unglücklich agierenden Schweizer Keeper Diego Benaglio per Abstauber zum 1:0, Sturmpartner Mario Gomez hatte aufgelegt. "Gar nicht typisch für ihn", witzelte ZDF-Kommentator Bela Rethy.

Vor der Pause war es der einzige Treffer, dann nahm sich der überragende Gomez, amtierender Fußballer des Jahres, der Sache noch etwas intensiver an. Binnen sechs Minuten erhöhte er auf 3:0, die Vorlagen lieferten der Bremer Clemens Fritz und Joker Lukas Podolski, damals auch bei den Bayern kein Stammspieler. Umso wohler tat ihm da sein 25. Länderspieltor, vor dem er Benaglio umkurvte und überlegt einschob, das ihm der ebenfalls eingewechselte Kevin Kuranyi auflegte. Alle vier Tore durch Stürmer, drei von Sturmkollegen vorbereitet – die Offensive war im Frühjahr 2008 gewiss nicht das Sorgenkind der Nation. Dass Fußball keine Mathematik ist und auch mit Statistiken nicht immer zu erklären ist, machte diese Partie indes deutlich: Nach Zweikämpfen (53 Prozent gewonnen) und Ballbesitz (52) zumindest lag die Schweiz vorne.

Lehmann – Lahm (87. Trochowski), Mertesacker, Westermann, Janssen (79. Rolfes) – Fritz (72. Friedrich), Ballack, Hitzlsperger, Schweinsteiger – Klose (58. Podolski), Gomez (75. Kuranyi).

Tore: 0:1 Klose (23.), 0:2, 0:3 Gomez (61., 67.), 0:4 Podolski (89.).

Nummer 900 (29.3.2015, Tiflis): Georgien – Deutschland 0:2 (0:2)

Die Qualifikation für die EM 2016 begann holprig, von den ersten vier Spielen gewann der Weltmeister nur zwei. So stand das zweite DFB-Gastspiel in Georgien vor rund 55.000 Zuschauern unter dem Motto: "Verlieren verboten." Das machten die mit acht Weltmeistern aufgelaufenen Deutschen von Beginn an deutlich. Länderspiel Nummer 900 war eine runde Sache, zur Pause waren die Zweifel schon verflogen. Marco Reus, der schon nach fünf Minuten die Latte traf, und Thomas Müller schossen eine 2:0-Führung heraus – und wie 1995 blieb es gegen buchstäblich chancenlose Georgier bei diesem Resultat.

Bundestrainer Joachim Löw gab zu, was Millionen an den Bildschirmen sahen: "Mit der ersten Halbzeit war ich zufrieden, da hatten wir Zug zum Tor. Nach der Pause haben wir das Spiel mehr verwaltet." Immerhin geriet Sieg Nummer 523 nie in Gefahr, wofür auch der exorbitant hohe Ballbesitz (76 Prozent ) sprach. So endete auch das neunte und bis dato letzte Jubiläumsspiel mit einem Sieger, siebenmal hieß er Deutschland.

Neuer – Rudy, Boateng, Hummels, Hector – Schweinsteiger, Kroos – Müller​ (86. Schürrle), Özil, Reus – Götze (87. Podolski).

Tore: 0:1 Reus (39.), 0:2 Müller (44.).

[um]

Das DFB-Team zählt weltweit zu den erfolgreichsten Nationalmannschaften. Vor dem 1000. Länderspiel am 12. Juni (ab 18 Uhr) in Bremen gegen die Ukraine blickt DFB.de in einer Serie auf die reiche Geschichte der DFB-Auswahl zurück. Heute: die Jubiläumsspiele - "runde Hunderter".

Nummer 100 (11.3.1934, Luxemburg-Stadt): Luxemburg – Deutschland 1:9 (1:6)

Das Jubiläumsspiel brachte auch eine Premiere und einen doppelten Grund zum Feiern. Denn es war das erste WM-Qualifikationsspiel der DFB-Geschichte und reichte bereits aus, um zur Endrunde nach Italien zu fahren. Das kam so: Deutschland war in einer Gruppe mit Frankreich und Luxemburg, und nur der Letzte schied aus. Die FIFA erlaubte den Verbänden, den Modus selbst festzulegen, und man einigte sich darauf, dass die beiden Großen zuerst gegen den Kleinen spielen sollten. Sollte Luxemburg beide Spiele erwartungsgemäß verlieren, bräuchte es kein weiteres Spiel mehr, was angesichts des angespannten Verhältnisses zwischen Deutschen und Franzosen begrüßt wurde. Luxemburg wurde für seine Rolle als Sprungbrett entschädigt, indem es zwei Heimspiele erhielt, Rückspiele waren nicht vorgesehen. Und so reichten Deutschland 1934 tatsächlich 90 Minuten, um das WM-Ticket zu lösen und nebenbei seinen bis dato höchsten Auswärtssieg ​einzufahren.

Am 11. März 1934 reiste die DFB-Auswahl mit dem Omnibus vom Bahnhof Trier nach Luxemburg, erfreute sich eines herzlichen Empfangs durch Würdenträger und Musikkapellen, die im Hotel einen "deutschen Abend" inszenierten, und eines heillos überforderten Gegners. Die von Reichstrainer Otto Nerz betreute Elf gewann auf schwer bespielbarem Grund vor 15.000 Zuschauern mit 9:1. Die Tore waren zum Großteil Angelegenheit der Stürmer des VfL Benrath: Josef Rasselnberg (4) und Karl Hohmann (3) erbeuteten den Löwenanteil, der Rest vom Schützenfest ging an den kommenden Meister Fortuna Düsseldorf: Kapitän Ernst Albrecht und Willi Wigold. Damit gingen die Rechnungen beider Länder auf: Deutschland konnte schon das WM-Quartier buchen, Luxemburg erfreute sich der Rekordkulisse seiner Fußball-Historie. Für die DFB-Auswahl war die spannendste Frage des Tages, ob Fritz Szepan noch auf den WM-Zug aufspringen würde. Der Regisseur der Schalker hatte zweieinhalb Jahre "gestreikt" und alle Einladungen von Otto Nerz abgelehnt. Erst als der Reichstrainer ihn dann persönlich aufsuchte und die Verstimmungen ausräumte, kehrte Szepan zurück.

Luxemburg war allerdings nicht der Maßstab, wie auch der Kicker feststellte: "Szepan muss, wenn er der Mittelläufer der deutschen Nationalmannschaft sein soll, schneller werden. Er ist für die harten und schnellen Ländermannschaften, wie sie wohl durchweg in Italien an den Start gehen, nicht wendig und nicht schnell genug." Die letzten formalen Zweifel an der Qualifikation der deutschen Elf erledigten sich übrigens einen Monat später: Am 15. April 1934, sechs Wochen vor Turnierbeginn, gewannen auch die Franzosen in Luxemburg. "Nur" mit 6:1, aber vor noch mehr Zuschauern (18.000).

Buchloh – Hundt, Haringer – Janes, Szepan, Oehm – E. Albrecht, Wigold , Hohmann, Rasselnberg, Kobierski.

Tore: 0:1 Rasselnberg (2.), 0:2 Wigold (12.), 0:3 E. Albrecht (24.), 1:3 Mengel (27.), 1:4 Hohmann (30.), 1:5 Rasselnberg (35.), 1:6, 1:7 Hohmann (52., 53.), 1:8, 1:9 Rasselnberg (57., 89.).

Nummer 200 (15.4.1951, Zürich): Schweiz – Deutschland 2:3 (1:1)

Im Januar 1950 war der DFB wieder in die FIFA aufgenommen worden, seine ersten beiden Spiele machte er gegen den treuen Nachbarn aus der Schweiz, der schon bei der Premiere 1908 und beim Neustart nach dem 1. Weltkrieg 1920 zur Verfügung gestanden hatte. So auch nach Weltkrieg II: Beim 1:0 im November 1950 in Stuttgart wurde ein Rückspiel vereinbart, das ein halbes Jahr später in Zürich stieg. Im Vergleich zum Hinspiel änderte Sepp Herberger die Elf auf vier Positionen. Endlich war Fritz Walter wieder einsatzbereit, er bestritt nach achteinhalbjähriger Pause sein 25. Länderspiel. Paul Mebus (VfL Benrath)) und Felix Gerritzen (Preußen Münster) debütierten, der Kölner Josef Röhrig stand zum zweiten Mal auf dem Platz – im Hinspiel war er noch eingewechselt worden.

Das Spiel im Stadion am Hardtturm war Wochen zuvor ausverkauft, unter den 34.000 waren fast 10.000 Deutsche. Einige von ​ihnen kamen schon am Samstag, weshalb die Stadt die Sperrstunde aufhob und schon in der Nacht vor dem Spiel in den Züricher Lokalen etwas für die deutsch-schweizerische Freundschaft getan werden konnte.

Zum Spiel: Gleich nach dem Anpfiff um 15 Uhr ergriffen die Gäste die Initiative, die von der amerikanischen Militärregierung gegründete Neue Zeitung schrieb: "Solche turbulenten erste fünf Minuten hat man selten bei einem Länderspiel erlebt. Die deutsche Mannschaft hat große Momente, sie spielt aber im Sturm zu unüberlegt." Und so traf der andere Sturm: Fatton nutzte einen Stolperer von Toni Turek, schoss den Ball artistisch per Scherenschlag ins leere Tor. Nun verflachte die Partie, "das Spiel atmete keine große Klasse", bis die Walter-Brüder die Initiative ergriffen. Nach einer Ecke von Fritz köpfte Ottmar den Ausgleich, mit 1:1 ging es in die Kabinen. Aus denen kam eine wild entschlossene DFB-Elf zurück, neun Minuten später führte sie plötzlich mit 3:1. Zunächst verwertete Debütant Gerritzen mit einem Linksschuss eine Mebus-Vorlage, dann glückte Fritz Walter ein herrliches Tor per Volleyschuss. Von Vorentscheidung konnte nicht lange die Rede sein, direkt nach Wiederanstoß erhielt die Schweiz einen von Baumann an Friedländer verursachten Foulelfmeter. Unhaltbar für Turek verwandelte Boucquet zum 2:3. Nach drei Treffern binnen zehn Minuten war der Torhagel vorbei, die Deutschen wollten den Sieg nur über die Zeit bringen. Berni Klodt schied verletzt aus, die bei Freundschaftsspielen erlaubte Auswechslung verhalf dem Fürther Horst Schade zum Debüt. Er führte sich mit einem Distanzschuss, der knapp das Tor verfehlt, gut ein. Turek bekam noch einige Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, dann pfiff der Engländer Ellis ab.

Die Neue Zeitung titelte: "Ein mit viel Glück gelungener Jubiläums-Erfolg". Das Sport Magazin befand: "Unentschieden wäre gerecht!" Sepp Herberger war zufrieden: "Wir sind ja erst am Anfang der Entwicklung zu einer wirklichen Mannschaftseinheit, umso glücklicher können wir über diesen Sieg sein. Wie schwer war er vor allem psychologisch zu erkämpfen." Die Entwicklung würde nur drei Jahre später zum WM-Triumph führen, in der Schweiz – die auch als Ausrichter den Deutschen den Boden bereitete für die Rückkehr auf die Weltbühne. Drei Helden von Bern spielten schon 1951 in Zürich, drei weitere (Posipal, Morlock und Kohlmeyer) saßen auf der Bank.

Turek – H. Burdenski, Streitle – Mebus, G. Baumann, Barufka – Gerritzen, Röhrig, O. Walter, F. Walter, B. Klodt, ab 70. Schade.

Tore: 1:0 Fatton (8.), 1:1 O. Walter (42.), 1:2 Gerritzen (50.), 1:3 F. Walter (54.), 2:3 Bocquet (55., Foulelfmeter).

Nummer 300 (26.5.1965, Basel): Schweiz – Deutschland 0:1 (0:1)

Nach Abschluss der zweiten Bundesligasaison reiste die Nationalmannschaft in die Schweiz, die zum 36. Mal als Gegner parat stand – und zum zweiten Mal in Folge für ein Jubiläumsspiel. Der Kicker schrieb: "Wenn die Formel stimmt, dass die ​schönsten Spiele immer geboten werden, wenn es um nichts geht, dann dürfen sich die vielen Deutschen, die sich vor allem aus der badischen Nachbarschaft angemeldet haben, auf das Länderspiel am Mittwoch im St. Jakob-Stadion freuen."

Bundestrainer Helmut Schön nominierte nicht ganz freiwillig eine unerfahrene Mannschaft (im Schnitt 7,6 Länderspiele), deren Kopf Uwe Seeler nach seinem Achillessehnenriss im Februar fehlte. Torwart Hans Tilkowski feierte auch Jubiläum (25. Länderspiel) und war der Erfahrenste, außer ihm hatte nur Abwehrchef Willi Schulz (24) eine zweistellige Anzahl an Länderspielen aufzuweisen. Linksaußen Hans Rebele, einer von drei Stürmern von Europacupfinalist 1860 München, gab sogar sein Debüt. Der frisch gekürte Meister Werder Bremen stellte drei Spieler, die Verteidiger Horst-Dieter Höttges und Sepp Piontek sowie Mittelfeldspieler Max Lorenz. Der Kicker fragte in gespielter Besorgnis: "Hoffentlich haben die Bremer nicht zu viel gefeiert."

Die Flutlichtpartie (Anpfiff 19.30 Uhr) gegen ambitionierte Schweizer, die sich für die folgende WM qualifizieren würden, erfüllte die Erwartungen an ein Fußballfest nicht. Nur ein Tor fiel, das immerhin durch einen Deutschen: Der Hannoveraner Walter Rodekamp krönte seinen zweiten Einsatz im DFB-Trikot mit einem wuchtigen Kopfball nach Ecke von Hans Küppers in den Winkel. Das reichte bereits um zu siegen, Tilkowski beklagte seine Unterbeschäftigung: "Ich war nur einmal am Boden."

Die Urteile fielen hinterher merkwürdig verschieden aus. Einig waren sich alle über den verdienten Sieg, doch das Niveau war umstritten. "Ein gutes Spiel, zum Teil ein sehr gutes", lobte Alt-Bundestrainer Sepp Herberger, doch Nachfolger Helmut Schön war nicht zufrieden, "und wir sind es auch nicht", verlautbarte der Kicker. Bemängelt wurde das Offensivspiel, es fehlte am Ende einer anstrengenden Saison am Tempo. Das Spiel "blieb langsam, weil der Ball, "wo immer er landete, zunächst mal Zeit zum Ausruhen bekam." Das Sport Magazin titelte: "Der Angriff bleibt das Sorgenkind!" Die schwedischen Beobachter, die vor dem entscheidenden WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland Informationen sammeln wollten, befanden ernüchtert: "Den Weg hätten wir uns sparen können." Es war alles in allem ein unspektakuläres Spiel, das nur aufgrund seiner statistischen Besonderheit in die Geschichtsbücher gelangte.

Tilkowski – Piontek, W. Schulz, Sieloff, Höttges – Lorenz, Overath – Heiß, Küppers, Rodekamp, Rebele.

Tor: 0:1 Rodekamp (43.).

Nummer 400 (12.3.1975, London): England - Deutschland 2:0 (1:0)

Als amtierender Weltmeister reisten die Deutschen an den Ort, an dem sie drei Jahre zuvor ihr vermeintlich bestes Länderspiel bestritten hatten. 1972 warfen die England aus der EM und gewannen erstmals in Wembley (3:1), dafür wollten die Briten Revanche. Helmut Schön bot acht Weltmeister auf, aber auch drei unerfahrene Spieler vom Main. Die Offenbacher Erwin Kostedde und Manfred Ritschel sowie Frankfurts Charly Körbel kamen zusammen auf fünf ​Länderspiele. Ritschel debütierte – vor 100.000 Zuschauern. Die Dominanz der Bayern, die noch sechs Spieler im WM-Finale 1974 stellten, war vorbei. Ein Grund: Die Münchner spielten überraschend 1975 gegen den Abstieg. In Wembley waren nur Sepp Maier, "der auch im Bayern-Tief Hochform behielt" (Kicker), und Franz Beckenbauer übrig, Katsche Schwarzenbeck saß auf der Bank.

Die Engländer steckten in einer veritablen Krise und hatten nach der EM 1972 auch die WM 1974 verpasst. Umso ehrgeiziger waren sie an diesem Tag, an dem den Deutschen auch ihr grünes Glückstrikot, das sie unter anderem dort 1972 trugen, nichts half. Es hatte geregnet, der Boden war tief und die Engländer waren daran noch besser gewöhnt als ihre Gäste. Auch mit dem in Deutschland kaum praktizierten Forechecking hatten sie so ihre Probleme. "im Mittelfeld wurde keinem auch nur der Bruchteil einer Sekunde Zeit gelassen", hieß es im Kicker unter der Überschrift "England erdrückte uns!"

Nach 26 Minuten fand die Überlegenheit auch statistischen Ausdruck, Bell glückte nach einer Freistoßflanke, das 1:0. Er hatte Glück, dass sein Widersacher Körbel ausrutschte und den Ball mit der Brust ins eigene Tor abfälschte. Kurz vor der Pause wäre den Engländern beinahe ein Eigentor unterlaufen, es war die größte Ausgleichschance. Maier verhinderte in der Folge mehrfach das 2:0, einmal mit großen Glück, als er einen Ball nicht festhalten konnte und der neben das Tor hoppelte. Nach 66 Minuten aber verschätzte er sich bei einer weiten Flanke. Die fand am langen Pfosten den von Körbel ungedeckten MacDonald, der zum Endstand einköpfte. Der Torschütze traf noch den Pfosten (89.), zuvor rettete Berti Vogts auf der Linie (70.), so dass sich letztlich kein Deutscher über die Niederlage beschweren konnte.

Die Verlierer standen in der Kritik, aus der nur Beckenbauer und der 20-jährige Körbel ausgenommen wurden. Heinz Flohe wehrte sich: "Läuft das Spiel nicht, ist immer das Mittelfeld schuld." Mit dem Wissen von heute kann man getrost sagen: Das 400. war das schwächste aller Jubiläumsspiele.

Maier – Vogts, Beckenbauer, Körbel, Bonhof – Cullmann, Flohe, Wimmer, ab 64. H. Kremers – Ritschel, Kostedde, ab 75. Heynckes, Hölzenbein.

Tore: 1:0 Bell (26.), 2:0 MacDonald (66.).

Zuschauer: 100.000

Nummer 500 (17.6.1984, Lens): Deutschland – Rumänien 2:1 (1:0)

Erstmals fiel ein Jubiläumsspiel mitten in ein Turnier. In Frankreich trat die deutsche Mannschaft zum zweiten EM-Vorrundenspiel in Lens an. Für den amtierenden Europameister war es auch das erste Pflichtspiel gegen Rumänien. Es hatte ein kurioses Vorspiel. Dass es überhaupt stattfand, war vor allem DFB-Busfahrer Walter Kohr zu verdanken. Von nicht sonderlich ortskundigen französischen Polizisten eskortiert, verpasste der Mannschaftsbus nämlich die Ausfahrt nach Lens. Kohr fuhr auf eigene Faust 50 Kilometer über Landstraßen und verdiente sich ein Extralob der Frau von DFB-Präsident Hermann Neuberger:​ "Herr Kohr, das haben Sie sehr gut gemacht!"

Der Präsident wiederum half beim Auspacken der Koffer, es ging um jede Minute. Eine halbe Stunde später, als von der UEFA vorgeschrieben, aber noch rechtzeitig zum Anpfiff waren die sonst für ihre Pünktlichkeit so gerühmten Deutschen im Stadion. Der Adrenalinkick vor dem Anpfiff hatte womöglich sein Gutes. Jedenfalls gewannen sie bei der EM 1984 nur dieses Spiel – dank eines Doppelpacks von Rudi Völler, der die Vorlagen von Norbert Meier und Klaus Allofs verwertete. Dass Karl-Heinz Rummenigge nach dem missglückten Experiment gegen Portugal (0:0), wo er im Mittelfeld spielen musste, wieder stürmte, machte sich bezahlt.

Bundestrainer Jupp Derwall gab zu Protokoll: "Wir hätten leichter gewonnen, wenn wir unsere Chancen vor der Pause genutzt hätten. Aber wir haben verdient gewonnen." Deutschlands 284. Sieg war der letzte dieses Bundestrainers, der nach der EM zurücktrat. Jubiläum feierten auch die Nationalspieler Karl-Heinz Förster (60. Länderspiel), Toni Schumacher (50) und Ulli Stielike (40).

Schumacher – B. Förster, K.H. Förster, ab 79. Buchwald, Stielike, Briegel – Matthäus, K.H. Rummenigge, Meier, ab 69. Littbarski, Brehme – Völler, K. Allofs.

Tore: 1:0 Völler (25.), 1:1 Coras (46.), 2:1 Völler (66.).

Nummer 600 (17.11.1993, Köln): Deutschland – Brasilien 2:1 (2:1)

Vor 51.000 zufriedenen Zuschauern in Köln schlug der Weltmeister die Samba-Kicker mit 2:1. Dass diese ihn ein halbes Jahr später ablösen würden, war da noch nicht zu erahnen. Nach ereignisarmen 30 Minuten ging es plötzlich Schlag auf Schlag. Alle Tore des Abends fielen binnen dreier turbulenter Minuten kurz vor der Pause. Guido Buchwald traf nach Vorarbeit von Stefan Effenberg und Jürgen Klinsmann zum 1:0, Andy Möller von der Strafraumkante zum 2:1. Dazwischen lag das Gegentor von Evair, der eine von allen Verteidigern verpasste Flanke mühelos einschieben konnte. Die Torschützen waren auch die besten Spieler des Abends im DFB-Dress. In der zweiten Hälfte drängte Brasilien auf den Ausgleich und bejubelte ihn schon, als ein Kopfball von Rais Bodo Illgner alles abverlangt. War der Ball hinter der Linie? Schiedsrichter Jan Damgaard sagte "nein" und rettete den Jubiläumsspielsieg.

Kuriosum am Rande: Der Däne stellte Bayerns Jorginho vom Platz im falschen Glauben, er habe ihn schon verwarnt. Doch man wies ihn auf seinen Irrtum hin, und Brasilien blieb komplett. Nicht nur das Jubiläum war historisch: Lothar Matthäus avancierte mit seinem 104. Einsatz an jenem Mittwoch zum Rekordnationalspieler und löste Franz Beckenbauer ab. Den Titel trägt Matthäus auch 30 Jahre später noch. Jürgen Klinsmann unterstrich den Freundschaftscharakter der Partie auf seine Weise: Der gelernte Bäcker überreichte dem damaligen Leverkusener Paulo Sergio einen Christstollen.

Illgner – Brehme, Matthäus, Kohler, Helmer – Effenberg, Häßler, Buchwald, Möller – ​ Riedle (32. Kirsten), Klinsmann (84. Gaudino).

Tore: 1:0 Buchwald (38.), 1:1 Evair (40.), 2:1 Möller (41.).

Nummer 700 (28.3.2001, Athen): Griechenland – Deutschland 2:4 (2:2)

Auf dem Weg zur WM 2002 musste Deutschland im vierten Qualifikationsspiel nach Athen. Der Letzte empfing den Ersten, auf dem Papier war es eine klare Sache – auf dem Platz ein Drama mit Happy End. Der Berliner Marko Rehmer brachte den Gast per Rechtsschuss früh in Führung, der künftige Bremer Angelos Charisteas glich sie aus. Kurz darauf holte Michael Ballack einen Foulelfmeter heraus, den er selbst verwandelte. Diese Führung hielt etwas länger, doch in die Kabinen ging es mit einem 2:2, weil Stürmer Georgiadis niemand am Kopfball hinderte.

Nach einer Stunde schien sich die Waage zu den Griechen zu neigen, denn das bis dahin gefällig aufspielende Supertalent Sebastian Deisler wurde bei seinem Startelfdebüt nach einem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Deisler: "Da war ich übermotiviert." Zehn Deutsche gegen elf Griechen und 53.000 Fans auf den Rängen - da wäre ein Punkt eigentlich okay gewesen. Doch Teamchef Rudi Völler wollte mehr und brachte den Joker, der schon bei seinem Debüt gegen Albanien (2:1) gestochen hatte: Miroslav Klose vom 1. FC Kaiserslautern. 15 Minuten brauchte der 22-Jährige diesmal, um den Ball einzunetzen - per Kopf nach einer Freistoßflanke von Christian Ziege. Klose: "Es war meine Aufgabe, ein Tor zu erzielen und das ist mir gelungen."

In der Schlussminute stach auch der zweite Joker Marco Bode auf Vorarbeit des überragenden Marko Rehmer. Das Spiel war entschieden, das Jubiläumsspiel gerettet. "Der Unterhaltungswert dieses Spiels erreichte Spitzenwerte", lobte der Kicker. Der designierte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hatte zwei Matchwinner ausgemacht: "Deisler mit Ballack - das war heute schon die Zukunft."

Kahn – Rehmer, Wörns, Nowotny, Heinrich – Jeremies (90. Ramelow), Ballack, Deisler, Ziege – Jancker (78. Bode), Neuville (67. Klose).

Tore: 0:1 Rehmer (6.), 1:1 Charisteas (21.), 1:2 Ballack (25., Foulelfmeter), 2:2 Georgidas (43.), 2:3 Klose (82.), 2:4 Bode (90.).

Gelb-Rot: Deisler (60.).

Nummer 800 (26.3.2008, Basel): Schweiz – Deutschland 0:4 (0:1)

Der Austragungsort war kein Zufall, fast auf den Tag genau vor 100 Jahren begann in Basel die Länderspielgeschichte des DFB. Zum 50. Mal hieß der Gegner Schweiz, die zum dritten Mal bei einer deutschen Jubiläumspartie zugegen war. Diese wurde diesmal auch eine Fußballparty. Im letzten Test vor der EM-Kadernominierung dominierte die Mannschaft von Joachim Löw den Mit-Gastgeber der Europameisterschaft 2008 souverän, wenn der Sieg vielleicht auch um ein Tor zu hoch ausfiel. "Ein Auftritt der Nationalelf, der Mut macht für die EURO", hieß es im Kicker.

Besonders im Fokus stand Torwart Jens Lehmann, da der 38-Jährige bei Arsenal London kaum Spielpraxis hatte. Bei Löw blieb er erste Wahl, hielt seinen Kasten sauber und stellte​ einen DFB-Rekord auf: nach Abpfiff war die Nationalmannschaft stolze 621 Minuten ohne Gegentor geblieben. Mit diesem Qualitätsmerkmal kann man schon mal nicht verlieren, zum Siegen brauchte es aber Tore, und die lieferte der Sturm exklusiv und hinreichend. Miroslav Klose überwand den in Wolfsburg spielenden und in dieser Szene unglücklich agierenden Schweizer Keeper Diego Benaglio per Abstauber zum 1:0, Sturmpartner Mario Gomez hatte aufgelegt. "Gar nicht typisch für ihn", witzelte ZDF-Kommentator Bela Rethy.

Vor der Pause war es der einzige Treffer, dann nahm sich der überragende Gomez, amtierender Fußballer des Jahres, der Sache noch etwas intensiver an. Binnen sechs Minuten erhöhte er auf 3:0, die Vorlagen lieferten der Bremer Clemens Fritz und Joker Lukas Podolski, damals auch bei den Bayern kein Stammspieler. Umso wohler tat ihm da sein 25. Länderspieltor, vor dem er Benaglio umkurvte und überlegt einschob, das ihm der ebenfalls eingewechselte Kevin Kuranyi auflegte. Alle vier Tore durch Stürmer, drei von Sturmkollegen vorbereitet – die Offensive war im Frühjahr 2008 gewiss nicht das Sorgenkind der Nation. Dass Fußball keine Mathematik ist und auch mit Statistiken nicht immer zu erklären ist, machte diese Partie indes deutlich: Nach Zweikämpfen (53 Prozent gewonnen) und Ballbesitz (52) zumindest lag die Schweiz vorne.

Lehmann – Lahm (87. Trochowski), Mertesacker, Westermann, Janssen (79. Rolfes) – Fritz (72. Friedrich), Ballack, Hitzlsperger, Schweinsteiger – Klose (58. Podolski), Gomez (75. Kuranyi).

Tore: 0:1 Klose (23.), 0:2, 0:3 Gomez (61., 67.), 0:4 Podolski (89.).

Nummer 900 (29.3.2015, Tiflis): Georgien – Deutschland 0:2 (0:2)

Die Qualifikation für die EM 2016 begann holprig, von den ersten vier Spielen gewann der Weltmeister nur zwei. So stand das zweite DFB-Gastspiel in Georgien vor rund 55.000 Zuschauern unter dem Motto: "Verlieren verboten." Das machten die mit acht Weltmeistern aufgelaufenen Deutschen von Beginn an deutlich. Länderspiel Nummer 900 war eine runde Sache, zur Pause waren die Zweifel schon verflogen. Marco Reus, der schon nach fünf Minuten die Latte traf, und Thomas Müller schossen eine 2:0-Führung heraus – und wie 1995 blieb es gegen buchstäblich chancenlose Georgier bei diesem Resultat.

Bundestrainer Joachim Löw gab zu, was Millionen an den Bildschirmen sahen: "Mit der ersten Halbzeit war ich zufrieden, da hatten wir Zug zum Tor. Nach der Pause haben wir das Spiel mehr verwaltet." Immerhin geriet Sieg Nummer 523 nie in Gefahr, wofür auch der exorbitant hohe Ballbesitz (76 Prozent ) sprach. So endete auch das neunte und bis dato letzte Jubiläumsspiel mit einem Sieger, siebenmal hieß er Deutschland.

Neuer – Rudy, Boateng, Hummels, Hector – Schweinsteiger, Kroos – Müller​ (86. Schürrle), Özil, Reus – Götze (87. Podolski).

Tore: 0:1 Reus (39.), 0:2 Müller (44.).

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