Chatzialexiou: "Jedes Turnier ohne uns ist eines zu viel"

Das Jahr 2019 ist Geschichte. Für die deutschen Nationalmannschaften war es ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, zieht im DFB.de-Interview mit Peter Scheffler ein Fazit. Und erklärt, wie mit dem "Projekt Zukunft" eine neue Generation neue Erfolge erreichen soll.

DFB.de: Herr Chatzialexiou, ein Jahr mit Höhen und Tiefen liegt hinter den deutschen Teams. Was überwiegt beim Rückblick auf 2019?

Joti Chatzialexiou: Wenn wir auf die A-Nationalmannschaft schauen, ganz gewiss die Höhen. Der oft geforderte Umbruch wurde von Jogi Löw und seinem Team eingeleitet. Dabei wurden – gerade in den letzten Spielen – viele neue, junge Spieler integriert, die auf erfrischende, unbekümmerte Art die EM-Qualifikation als Gruppenerster abgeschlossen haben. Nun freuen wir uns auf die erste paneuropäische EURO im Sommer 2020 und auf extrem spannende, hochklassige Gruppenspiele in München.

DFB.de: Wie sieht es bei der Frauen-Nationalmannschaft aus?

Chatzialexiou: Wir haben in diesem Jahr nur ein Spiel mit unserer A-Nationalmannschaft verloren, leider das entscheidende im Viertelfinale der WM. Die weiteren Ergebnisse und vor allem die Entwicklung dahinter bestärken uns aber, den eingeleiteten Prozess weiterzuführen. Dazu müssen wir aber auch innerhalb des DFB noch mehr in die Zukunft des Frauenfußballs investieren.

DFB.de: Kommen wir zu den U-Nationalmannschaften…

Chatzialexiou: Dort konnten wir mit unseren U 17-Mädels einen EM-Titel feiern. Dazu sind die U 19-Frauen Vize-Europameister geworden. Mit dieser Ausbeute können wir sehr zufrieden sein. Trotzdem erkennen wir Trends, denen wir früh genug entgegenwirken wollen, um auch weiterhin zur absoluten Spitze zu gehören, die immer dichter wird. Bei den Jungs hat mich vor allem das Auftreten der U 21 gefreut. Stefan Kuntz hat es mit einem tollen Teamgeist und einem klaren Plan geschafft, zum zweiten Mal ins EM-Finale einzuziehen. Dort mussten wir allerdings auch erkennen, was uns aktuell zur absoluten Spitze fehlt. Je weiter wir bei den Jahrgängen dann runtergehen, umso deutlicher wird der Unterschied. Mit der U 19-EM und der U 20-WM haben wir diesen Sommer zwei Turniere verpasst, die U 17 musste nach der Gruppenphase bei der EM die Segel streichen. Dabei sind Turniererfahrungen durch nichts zu ersetzen und ein ganz wichtiger Baustein in der Ausbildung unserer Toptalente. Jedes Turnier, das ohne uns stattfindet, ist eins zu viel.

DFB.de: Auch aufgrund dieser Ergebnisse hat Oliver Bierhoff beim DFB-Bundestag Ende September bei den Delegierten um die Unterstützung für das "Projekt Zukunft" geworben.

Chatzialexiou: Ja, wobei die Arbeit unserer Projektgruppe bereits 2018 begann, als wir noch amtierender Weltmeister, U 21-Europameister und Confed-Cup-Sieger waren. Aber bereits damals ist uns aufgefallen, dass der deutsche Fußball neue Impulse benötigt. Wir haben aktuell nicht die Quantität in der Qualität – und das möchten wir ändern. Unser Ziel ist es, wieder konstant zur Weltspitze zu gehören. Dafür müssen wir unser gesamtes System überdenken. Wir haben eine umfassende und schonungslose Analyse des Status quo gemacht – eingebunden waren beinahe 250 Fachexperten aus unterschiedlichen Institutionen: Sportdirektoren, Leiter und Trainer von Leistungszentren und auch Vertreter aus unseren Landesverbänden. Dabei ist uns aufgefallen, dass das System, das vor knapp 20 Jahren das letzte Mal umfassend reformiert wurde, etliche Schwachstellen aufweist. Deshalb hat der DFB-Bundestag mit seinem Grundsatzbeschluss zum Projekt Zukunft die Basis für eine umfassende Reform und Optimierungsschritte geschaffen. Unser Präsident, der Generalsekretär, der Schatzmeister und das gesamte Präsidium unterstützen uns dabei, zukünftig wieder mehr in unser Kerngeschäft zu investieren.

DFB.de: Welche Ziele verfolgt das Projekt konkret?

Chatzialexiou: Übergeordnetes Ziel sind erfolgreiche Nationalmannschaften sowie eine attraktive Liga mit vielen deutschen Spielern, die zu den Besten der Welt gehören. Das möchten wir mit der Erarbeitung einer umfassenden, breit angelegten Zukunftsstrategie für den deutschen Fußball, die sowohl kurz- als auch langfristig Optimierungs- und Lösungsschritte umfasst, erreichen.

DFB.de: Auf welche Inhalte wird es dabei am meisten ankommen?

Chatzialexiou: Wir haben uns auf die Trainerausbildung, die Wettbewerbe und die Förderstrukturen konzentriert. Dort sehen wir die größten Herausforderungen, aber auch die größtmöglichen Effekte. Ziel ist es, unsere Spieler individuell besser auszubilden. Dabei haben unsere Trainer eine entscheidende Rolle. Deshalb arbeiten wir an einer neuen Ausbildungsreform, durch die die Trainer zukünftig noch intensiver begleitet werden. Den Kindertrainern als erste Sichter und Förderer unserer Talente kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Wir müssen die Qualität dieser großen Gruppe steigern. Unsere Kinder sind keine Mini-Erwachsenen, sie benötigen eine kindgerechte Ausbildung. Um das zu erreichen, wollen wir die Wettbewerbsformate im Kinder-, aber auch im Elitebereich anpassen. Es soll keine einseitige Fixierung auf kurzfristige sportliche Erfolge und dem damit verknüpften Ergebnisdruck auf Trainer und Spieler im Jugendbereich geben. Außerdem möchten wir ein System kreieren, indem unsere Förderstrukturen nicht in Konkurrenz zueinanderstehen. Wir benötigen Strukturen, die mit Blick auf die unterschiedlichen Entwicklungsverläufe auch unterschiedliche Erfolgswege ermöglichen.

DFB.de: Welche Rolle spielen dabei die DFL, die Vereine und die Landesverbände?

Chatzialexiou: Eine ganz entscheidende, denn das Projekt Zukunft ist eine Qualitätsoffensive aller Kräfte im deutschen Fußball, durch die alle Institutionen wieder enger zusammenrücken. Unsere Spieler und Trainer rücken dabei in den Mittelpunkt, damit wir den Talente-Pool in Deutschland optimal ausschöpfen. Wir sollten uns alle als Dienstleister und Impulsgeber für unsere Protagonisten sehen und dabei die persönlichen Interessen in den Hintergrund stellen. Deshalb sind wir auch viel bei den Vereinen und Landesverbänden vor Ort und tauschen uns regelmäßig mit ihnen aus.

DFB.de: Haben die anderen Nationen mittlerweile aufgeholt beziehungsweise Deutschland überholt?

Chatzialexiou: Aktuell hat es den Anschein. Die Probleme, die wir erkennen, hatten auch andere Nationen. Auch sie haben ihr System geändert. Jede Nation dann aber auf ihre Art und Weise und so, wie es zu ihren Strukturen passt. Dies ist auch unsere Aufgabe – keine Kopie einer anderen Nation zu sein, sondern den eigenen – den deutschen – Weg zu gehen. Jede Verzögerung innerhalb dieses Prozesses hilft der Konkurrenz, uns zu überholen oder sogar zu enteilen.

DFB.de: Haben wir im deutschen Fußball also zu spät gehandelt?

Chatzialexiou: Das ist im Nachhinein immer einfach zu behaupten. Gerne wird dann auch gesagt, dass man im Erfolg die größten Fehler macht. Allerdings ist es tatsächlich so, dass Änderungen im Erfolgsfall schwieriger umzusetzen sind als in der Phase eines Misserfolgs. Nun sollte es unser Ziel sein, zurück an die Weltspitze zu gelangen und dann so aufgestellt zu sein, dass wir künftig schneller auf warnende Tendenzen reagieren zu können.

DFB.de: Es wird auch viel über die aktuelle Spielergeneration diskutiert, die in den Leistungszentren fußballerisch top ausgebildet wird, aber in der Persönlichkeit "stagniert"? Sehen Sie ein "Generationsproblem"?

Chatzialexiou: Es wäre vollkommen falsch, unsere Talente für das zu verurteilen, was wir in unserem System mitzuverschulden haben. Wir sind in der Pflicht, sie zu führen und ihnen Wege aufzuzeigen, ihre Karriere und ihrem Traum nachzugehen. Dabei müssen wir ihnen Tugenden wieder näherbringen, die den deutschen Fußball früher stark gemacht haben. Unsere Spielerinnen und Spieler sollten eine Mentalität, geprägt von Siegeswillen, Teamspirit, Leidenschaft und Identifikation zeigen. Denn nicht nur das Talent, sondern die mentale Stärke entscheidet darüber, ob man es bis ganz nach oben schafft.

DFB.de: Wo sehen Sie zukünftig die Schwerpunkte in der Ausbildung junger Spieler?

Chatzialexiou: Der entscheidende Erfolgsfaktor im internationalen Fußball liegt aktuell in der individuellen Qualität und der Offensivstärke von Team und Spielern. Dafür benötigen wir wieder mehr Bolzplatzmentalität und dementsprechend initiative Spieler, die viele eigene Erfahrungen gemacht haben und in Spielsituationen auf diese zurückgreifen können. Wir müssen weg von der Selektion und wieder hin zur individuellen Ausbildung. Momentan werden noch zu häufig die aktuell Besten oder Ältesten gefördert, aber nicht zwingend die Talentiertesten. Deshalb sollten wir im Jugendbereich den Erfolg der Entwicklung unterordnen.

[ps]

Das Jahr 2019 ist Geschichte. Für die deutschen Nationalmannschaften war es ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, zieht im DFB.de-Interview mit Peter Scheffler ein Fazit. Und erklärt, wie mit dem "Projekt Zukunft" eine neue Generation neue Erfolge erreichen soll.

DFB.de: Herr Chatzialexiou, ein Jahr mit Höhen und Tiefen liegt hinter den deutschen Teams. Was überwiegt beim Rückblick auf 2019?

Joti Chatzialexiou: Wenn wir auf die A-Nationalmannschaft schauen, ganz gewiss die Höhen. Der oft geforderte Umbruch wurde von Jogi Löw und seinem Team eingeleitet. Dabei wurden – gerade in den letzten Spielen – viele neue, junge Spieler integriert, die auf erfrischende, unbekümmerte Art die EM-Qualifikation als Gruppenerster abgeschlossen haben. Nun freuen wir uns auf die erste paneuropäische EURO im Sommer 2020 und auf extrem spannende, hochklassige Gruppenspiele in München.

DFB.de: Wie sieht es bei der Frauen-Nationalmannschaft aus?

Chatzialexiou: Wir haben in diesem Jahr nur ein Spiel mit unserer A-Nationalmannschaft verloren, leider das entscheidende im Viertelfinale der WM. Die weiteren Ergebnisse und vor allem die Entwicklung dahinter bestärken uns aber, den eingeleiteten Prozess weiterzuführen. Dazu müssen wir aber auch innerhalb des DFB noch mehr in die Zukunft des Frauenfußballs investieren.

DFB.de: Kommen wir zu den U-Nationalmannschaften…

Chatzialexiou: Dort konnten wir mit unseren U 17-Mädels einen EM-Titel feiern. Dazu sind die U 19-Frauen Vize-Europameister geworden. Mit dieser Ausbeute können wir sehr zufrieden sein. Trotzdem erkennen wir Trends, denen wir früh genug entgegenwirken wollen, um auch weiterhin zur absoluten Spitze zu gehören, die immer dichter wird. Bei den Jungs hat mich vor allem das Auftreten der U 21 gefreut. Stefan Kuntz hat es mit einem tollen Teamgeist und einem klaren Plan geschafft, zum zweiten Mal ins EM-Finale einzuziehen. Dort mussten wir allerdings auch erkennen, was uns aktuell zur absoluten Spitze fehlt. Je weiter wir bei den Jahrgängen dann runtergehen, umso deutlicher wird der Unterschied. Mit der U 19-EM und der U 20-WM haben wir diesen Sommer zwei Turniere verpasst, die U 17 musste nach der Gruppenphase bei der EM die Segel streichen. Dabei sind Turniererfahrungen durch nichts zu ersetzen und ein ganz wichtiger Baustein in der Ausbildung unserer Toptalente. Jedes Turnier, das ohne uns stattfindet, ist eins zu viel.

DFB.de: Auch aufgrund dieser Ergebnisse hat Oliver Bierhoff beim DFB-Bundestag Ende September bei den Delegierten um die Unterstützung für das "Projekt Zukunft" geworben.

Chatzialexiou: Ja, wobei die Arbeit unserer Projektgruppe bereits 2018 begann, als wir noch amtierender Weltmeister, U 21-Europameister und Confed-Cup-Sieger waren. Aber bereits damals ist uns aufgefallen, dass der deutsche Fußball neue Impulse benötigt. Wir haben aktuell nicht die Quantität in der Qualität – und das möchten wir ändern. Unser Ziel ist es, wieder konstant zur Weltspitze zu gehören. Dafür müssen wir unser gesamtes System überdenken. Wir haben eine umfassende und schonungslose Analyse des Status quo gemacht – eingebunden waren beinahe 250 Fachexperten aus unterschiedlichen Institutionen: Sportdirektoren, Leiter und Trainer von Leistungszentren und auch Vertreter aus unseren Landesverbänden. Dabei ist uns aufgefallen, dass das System, das vor knapp 20 Jahren das letzte Mal umfassend reformiert wurde, etliche Schwachstellen aufweist. Deshalb hat der DFB-Bundestag mit seinem Grundsatzbeschluss zum Projekt Zukunft die Basis für eine umfassende Reform und Optimierungsschritte geschaffen. Unser Präsident, der Generalsekretär, der Schatzmeister und das gesamte Präsidium unterstützen uns dabei, zukünftig wieder mehr in unser Kerngeschäft zu investieren.

DFB.de: Welche Ziele verfolgt das Projekt konkret?

Chatzialexiou: Übergeordnetes Ziel sind erfolgreiche Nationalmannschaften sowie eine attraktive Liga mit vielen deutschen Spielern, die zu den Besten der Welt gehören. Das möchten wir mit der Erarbeitung einer umfassenden, breit angelegten Zukunftsstrategie für den deutschen Fußball, die sowohl kurz- als auch langfristig Optimierungs- und Lösungsschritte umfasst, erreichen.

DFB.de: Auf welche Inhalte wird es dabei am meisten ankommen?

Chatzialexiou: Wir haben uns auf die Trainerausbildung, die Wettbewerbe und die Förderstrukturen konzentriert. Dort sehen wir die größten Herausforderungen, aber auch die größtmöglichen Effekte. Ziel ist es, unsere Spieler individuell besser auszubilden. Dabei haben unsere Trainer eine entscheidende Rolle. Deshalb arbeiten wir an einer neuen Ausbildungsreform, durch die die Trainer zukünftig noch intensiver begleitet werden. Den Kindertrainern als erste Sichter und Förderer unserer Talente kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Wir müssen die Qualität dieser großen Gruppe steigern. Unsere Kinder sind keine Mini-Erwachsenen, sie benötigen eine kindgerechte Ausbildung. Um das zu erreichen, wollen wir die Wettbewerbsformate im Kinder-, aber auch im Elitebereich anpassen. Es soll keine einseitige Fixierung auf kurzfristige sportliche Erfolge und dem damit verknüpften Ergebnisdruck auf Trainer und Spieler im Jugendbereich geben. Außerdem möchten wir ein System kreieren, indem unsere Förderstrukturen nicht in Konkurrenz zueinanderstehen. Wir benötigen Strukturen, die mit Blick auf die unterschiedlichen Entwicklungsverläufe auch unterschiedliche Erfolgswege ermöglichen.

DFB.de: Welche Rolle spielen dabei die DFL, die Vereine und die Landesverbände?

Chatzialexiou: Eine ganz entscheidende, denn das Projekt Zukunft ist eine Qualitätsoffensive aller Kräfte im deutschen Fußball, durch die alle Institutionen wieder enger zusammenrücken. Unsere Spieler und Trainer rücken dabei in den Mittelpunkt, damit wir den Talente-Pool in Deutschland optimal ausschöpfen. Wir sollten uns alle als Dienstleister und Impulsgeber für unsere Protagonisten sehen und dabei die persönlichen Interessen in den Hintergrund stellen. Deshalb sind wir auch viel bei den Vereinen und Landesverbänden vor Ort und tauschen uns regelmäßig mit ihnen aus.

DFB.de: Haben die anderen Nationen mittlerweile aufgeholt beziehungsweise Deutschland überholt?

Chatzialexiou: Aktuell hat es den Anschein. Die Probleme, die wir erkennen, hatten auch andere Nationen. Auch sie haben ihr System geändert. Jede Nation dann aber auf ihre Art und Weise und so, wie es zu ihren Strukturen passt. Dies ist auch unsere Aufgabe – keine Kopie einer anderen Nation zu sein, sondern den eigenen – den deutschen – Weg zu gehen. Jede Verzögerung innerhalb dieses Prozesses hilft der Konkurrenz, uns zu überholen oder sogar zu enteilen.

DFB.de: Haben wir im deutschen Fußball also zu spät gehandelt?

Chatzialexiou: Das ist im Nachhinein immer einfach zu behaupten. Gerne wird dann auch gesagt, dass man im Erfolg die größten Fehler macht. Allerdings ist es tatsächlich so, dass Änderungen im Erfolgsfall schwieriger umzusetzen sind als in der Phase eines Misserfolgs. Nun sollte es unser Ziel sein, zurück an die Weltspitze zu gelangen und dann so aufgestellt zu sein, dass wir künftig schneller auf warnende Tendenzen reagieren zu können.

DFB.de: Es wird auch viel über die aktuelle Spielergeneration diskutiert, die in den Leistungszentren fußballerisch top ausgebildet wird, aber in der Persönlichkeit "stagniert"? Sehen Sie ein "Generationsproblem"?

Chatzialexiou: Es wäre vollkommen falsch, unsere Talente für das zu verurteilen, was wir in unserem System mitzuverschulden haben. Wir sind in der Pflicht, sie zu führen und ihnen Wege aufzuzeigen, ihre Karriere und ihrem Traum nachzugehen. Dabei müssen wir ihnen Tugenden wieder näherbringen, die den deutschen Fußball früher stark gemacht haben. Unsere Spielerinnen und Spieler sollten eine Mentalität, geprägt von Siegeswillen, Teamspirit, Leidenschaft und Identifikation zeigen. Denn nicht nur das Talent, sondern die mentale Stärke entscheidet darüber, ob man es bis ganz nach oben schafft.

DFB.de: Wo sehen Sie zukünftig die Schwerpunkte in der Ausbildung junger Spieler?

Chatzialexiou: Der entscheidende Erfolgsfaktor im internationalen Fußball liegt aktuell in der individuellen Qualität und der Offensivstärke von Team und Spielern. Dafür benötigen wir wieder mehr Bolzplatzmentalität und dementsprechend initiative Spieler, die viele eigene Erfahrungen gemacht haben und in Spielsituationen auf diese zurückgreifen können. Wir müssen weg von der Selektion und wieder hin zur individuellen Ausbildung. Momentan werden noch zu häufig die aktuell Besten oder Ältesten gefördert, aber nicht zwingend die Talentiertesten. Deshalb sollten wir im Jugendbereich den Erfolg der Entwicklung unterordnen.

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