Streichsbier und Wolf: "Die richtige Mischung ist wichtig"

Eine Trainingseinheit, die 150 Minuten dauert - was nach einem echten Hammerprogramm klingt, war in Wirklichkeit ein entspannter und informativer Austausch unter Kolleg*innen: U 20-Trainer Guido Streichsbier und Hannes Wolf, Coach der deutschen U 18, sprachen kürzlich online mit Trainer*innen von Jugend- und Amateurteams. DFB.de greift einige der Aussagen auf.

Tibor Szekely (VfB Fortuna Chemnitz, Trainer U 9): Nach welchen Eigenschaften werden U-Nationalspieler gescoutet?

Hannes Wolf: Danach, wie gut sie sind (lacht). Der Fußball ist ja sehr individuell. Die Art und Weise, ein guter Spieler zu sein, kann ebenso völlig verschieden sein. Du kannst 1,90 Meter groß sein und eine Maschine oder 1,60 Meter und unglaublich kreativ. Es ist unglaublich schwer zu sagen, was man genau mitbringen muss.

Guido Streichsbier: Im jüngeren Altersbereich haben wir viele Sichtungsturniere, bei den Älteren schauen wir viele Spiele und sind im intensiven Austausch mit den Vereinstrainern. Es geht um die Jungs, die etwas Außergewöhnliches haben, ob es der knallharte Zweikämpfer ist, der starke linke Fuß oder ein Kreativspieler. Pro Jahrgang betreuen wir etwa 40 Spieler enger und haben dazu noch etwa 20 bis 30 Perspektivspieler, die wir immer im Blick haben. Im Vorfeld eines Turniers muss man die Zusammenstellung der Mannschaft im Blick haben. Du kannst nicht nur Kreativspieler mitnehmen – die richtige Mischung ist wichtig. 

Nils Hanak (JFV Seligenstadt, Trainer U 12): Wie plane ich die Trainingsgestaltung im Spannungsfeld zwischen einer langfristigen Entwicklung und dem Erreichen kurzfristiger Erfolgserlebnisse?

Wolf: Wir haben uns damals bei Borussia Dortmund im Jugendbereich dafür entschieden, nach einem Raster im Wochenrhythmus zu trainieren. Das heißt: In jeder Woche wird alles, was relevant ist, trainiert, natürlich mit anderen Gewichtungen. Die Wiederholungszahlen holst du dir dann über die Zeit. Es ist besser, jede Woche 20 Kopfbälle zu trainieren, als in einer Woche 100 Wiederholungen zu machen und dann fünf Wochen gar keine. Die Wochenstruktur ist dennoch variabel, was die Schwerpunkte angeht, nur fällt eben nichts Wichtiges ganz runter und alles wird abgedeckt.

Streichsbier: Dazu ergänzend: Es muss einfach Spaß machen, man muss seine Jungs und Mädels für das Training begeistern können. Dabei spielt natürlich auch das Erfolgserlebnis eine Rolle. Wenn sie merken, dass sie besser werden, hat man sie relativ schnell für sich gewonnen.

Andreas Müller (Eintracht 93 Walldürn, Trainer U 11): Würden Sie das Training innerhalb der Gruppe differenzieren, wenn die Leistungsfähigkeit der einzelnen Spieler eine größere Spanne aufweist?

Streichsbier: Es ist im Heimatverein häufig so, dass bei 20 Spielern sechs fußballerisch gute dabei sind, sechs sind ganz ordentlich und motiviert. Für die anderen ist Fußball die klassische Eingangssportart. Mein Vater war viele Jahre Jugendtrainer und das habe ich bei meinem Sohn auch miterlebt. Alle waren willkommen und es wurde immer versucht zu variieren. In Spielformen werden auf der einen Seite mal alle zusammengemischt, aber auch mal die Stärkeren und die Schwächeren untereinander gelassen, damit jeder Erfolgserlebnisse sammeln kann. Das ist am wichtigsten. Wenn sich alle immer nur an den Talentiertesten orientieren, gehen viele am Ende frustriert nach Hause, das muss unterbunden werden. Bei den technischen Übungen blieben zumeist alle zusammen. Hier gibt es Möglichkeiten zu differenzieren, indem man den Besseren beispielsweise einen Trick mehr einbaut oder ein Zeitlimit setzt, das die anderen nicht haben. 

Thomas Siegel (VfV Borussia 06 Hildesheim, Trainer U 19): Macht es gerade im Jugendbereich nach dem Corona-Lockdown Sinn, mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten?

Wolf: Das ist nicht für jeden etwas, aber aus meiner Perspektive: Ich fand das immer klasse. Es gibt viele Themen, die du als Trainer einfach nicht abdecken kannst. Zum Beispiel, wenn ein Spieler aus irgendeinem Grund nicht schlafen kann. Im Profibereich würde er das wahrscheinlich nicht erzählen, er würde vielleicht befürchten, es würde eine Schwäche implizieren, weshalb er nicht aufgestellt wird. Und wenn du es als Trainer doch erfährst, kannst du schlecht zu ihm gehen, und ihn dazu befragen. Aber wir sind doch alle nur Menschen, jeder hat Schwächen, das ist ganz natürlich. Und da einen Ansprechpartner zu haben, einen Psychologen, das kann einen riesigen Mehrwert bieten. Ob die Spieler dadurch besser werden, das ist nicht gesagt. Aber es macht die Sache einfach rund. Wenn die Leute in ihrer Energie sind, ist zumindest die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie auch gut Fußball spielen.

[jf]

Eine Trainingseinheit, die 150 Minuten dauert - was nach einem echten Hammerprogramm klingt, war in Wirklichkeit ein entspannter und informativer Austausch unter Kolleg*innen: U 20-Trainer Guido Streichsbier und Hannes Wolf, Coach der deutschen U 18, sprachen kürzlich online mit Trainer*innen von Jugend- und Amateurteams. DFB.de greift einige der Aussagen auf.

Tibor Szekely (VfB Fortuna Chemnitz, Trainer U 9): Nach welchen Eigenschaften werden U-Nationalspieler gescoutet?

Hannes Wolf: Danach, wie gut sie sind (lacht). Der Fußball ist ja sehr individuell. Die Art und Weise, ein guter Spieler zu sein, kann ebenso völlig verschieden sein. Du kannst 1,90 Meter groß sein und eine Maschine oder 1,60 Meter und unglaublich kreativ. Es ist unglaublich schwer zu sagen, was man genau mitbringen muss.

Guido Streichsbier: Im jüngeren Altersbereich haben wir viele Sichtungsturniere, bei den Älteren schauen wir viele Spiele und sind im intensiven Austausch mit den Vereinstrainern. Es geht um die Jungs, die etwas Außergewöhnliches haben, ob es der knallharte Zweikämpfer ist, der starke linke Fuß oder ein Kreativspieler. Pro Jahrgang betreuen wir etwa 40 Spieler enger und haben dazu noch etwa 20 bis 30 Perspektivspieler, die wir immer im Blick haben. Im Vorfeld eines Turniers muss man die Zusammenstellung der Mannschaft im Blick haben. Du kannst nicht nur Kreativspieler mitnehmen – die richtige Mischung ist wichtig. 

Nils Hanak (JFV Seligenstadt, Trainer U 12): Wie plane ich die Trainingsgestaltung im Spannungsfeld zwischen einer langfristigen Entwicklung und dem Erreichen kurzfristiger Erfolgserlebnisse?

Wolf: Wir haben uns damals bei Borussia Dortmund im Jugendbereich dafür entschieden, nach einem Raster im Wochenrhythmus zu trainieren. Das heißt: In jeder Woche wird alles, was relevant ist, trainiert, natürlich mit anderen Gewichtungen. Die Wiederholungszahlen holst du dir dann über die Zeit. Es ist besser, jede Woche 20 Kopfbälle zu trainieren, als in einer Woche 100 Wiederholungen zu machen und dann fünf Wochen gar keine. Die Wochenstruktur ist dennoch variabel, was die Schwerpunkte angeht, nur fällt eben nichts Wichtiges ganz runter und alles wird abgedeckt.

Streichsbier: Dazu ergänzend: Es muss einfach Spaß machen, man muss seine Jungs und Mädels für das Training begeistern können. Dabei spielt natürlich auch das Erfolgserlebnis eine Rolle. Wenn sie merken, dass sie besser werden, hat man sie relativ schnell für sich gewonnen.

Andreas Müller (Eintracht 93 Walldürn, Trainer U 11): Würden Sie das Training innerhalb der Gruppe differenzieren, wenn die Leistungsfähigkeit der einzelnen Spieler eine größere Spanne aufweist?

Streichsbier: Es ist im Heimatverein häufig so, dass bei 20 Spielern sechs fußballerisch gute dabei sind, sechs sind ganz ordentlich und motiviert. Für die anderen ist Fußball die klassische Eingangssportart. Mein Vater war viele Jahre Jugendtrainer und das habe ich bei meinem Sohn auch miterlebt. Alle waren willkommen und es wurde immer versucht zu variieren. In Spielformen werden auf der einen Seite mal alle zusammengemischt, aber auch mal die Stärkeren und die Schwächeren untereinander gelassen, damit jeder Erfolgserlebnisse sammeln kann. Das ist am wichtigsten. Wenn sich alle immer nur an den Talentiertesten orientieren, gehen viele am Ende frustriert nach Hause, das muss unterbunden werden. Bei den technischen Übungen blieben zumeist alle zusammen. Hier gibt es Möglichkeiten zu differenzieren, indem man den Besseren beispielsweise einen Trick mehr einbaut oder ein Zeitlimit setzt, das die anderen nicht haben. 

Thomas Siegel (VfV Borussia 06 Hildesheim, Trainer U 19): Macht es gerade im Jugendbereich nach dem Corona-Lockdown Sinn, mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten?

Wolf: Das ist nicht für jeden etwas, aber aus meiner Perspektive: Ich fand das immer klasse. Es gibt viele Themen, die du als Trainer einfach nicht abdecken kannst. Zum Beispiel, wenn ein Spieler aus irgendeinem Grund nicht schlafen kann. Im Profibereich würde er das wahrscheinlich nicht erzählen, er würde vielleicht befürchten, es würde eine Schwäche implizieren, weshalb er nicht aufgestellt wird. Und wenn du es als Trainer doch erfährst, kannst du schlecht zu ihm gehen, und ihn dazu befragen. Aber wir sind doch alle nur Menschen, jeder hat Schwächen, das ist ganz natürlich. Und da einen Ansprechpartner zu haben, einen Psychologen, das kann einen riesigen Mehrwert bieten. Ob die Spieler dadurch besser werden, das ist nicht gesagt. Aber es macht die Sache einfach rund. Wenn die Leute in ihrer Energie sind, ist zumindest die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie auch gut Fußball spielen.

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