Ulrike Ballweg: Die Frau für alle Fälle

Sie sind ein Sprungbrett für große Karrieren – die U-Nationalmannschaften. DFB.de stellt die Trainerinnen und Trainer dieser Teams vor. Diesmal: Ulrike Ballweg, die schon die größten Titel mit der Frauen-Nationalmannschaft gewonnen hat und zuletzt bei der U 17-Juniorinnen-WM in der Verantwortung stand.

"Schuld" an allem ist Bruder Jürgen: Er schleppte die kleine Ulrike mit zum Sportplatz der SpVgg Hainstadt im Neckar-Odenwald-Kreis. Und die konnte bald gar nicht schnell genug dorthin zurückgehen. In der F-Jugend meldeten sie ihre Eltern im Verein an, für die damalige Zeit noch ein ungewöhnlicher Schritt, denn so viele Mädchen gab es da noch nicht. Und doch war er folgerichtig. "Ich war fußballverrückt und wollte immer spielen. Das hat auch mein damaliger Sportlehrer gemerkt, der mich als erstes Mädchen in die Schulmannschaft eingeschleust hat", sagt Ballweg. Beim SC Klinge Seckach spielte sie in der Frauen-Bundesliga, im gleichen Verein hatte sie schon mit 17 ihre erste Trainerstation: "Im Jugendbereich wurde damals eine Person gesucht, die Verantwortung für die Mädels und Jungs übernimmt. Da habe ich zum ersten Mal in den Trainerbereich reingeschnuppert." Die Arbeit lag ihr: Mit knapp 24 übernahm sie die erste Frauen-Mannschaft als Spielertrainerin. Größter Erfolg war das Erreichen des DFB-Pokalfinales 1996, das jedoch mit 2:1 an den FSV Frankfurt ging.

Hospitanz bei Ajax und dem KSC

Den Fußball-Lehrer hatte sie schon drei Jahre vorher gemacht, als dritte Frau nach der ehemaligen Bundestrainerin Tina Theune und der saarländischen Verbandstrainerin Margret Kratz. Mit ihr im Kurs waren unter anderem Hans-Peter Briegel, Morten Olsen, Bernd Krauss, Stephan Engels, Bernd Storck. Während der Ausbildung hospitierte Ballweg bei zwei Vereinen, dem Karlsruher SC und Ajax Amsterdam. Der KSC spielte damals unter Winfried Schäfer und mit Sean Dundee und "Euro-Eddy" Schmitt im Europapokal. Die Fußballschule von Ajax gehörte in den 90er-Jahren mit ihrem "Voetbal total"-Ansatz zu den besten Ausbildungsstätten Europas. "Ich konnte über einen Zeitraum bei beiden Vereinen in Mannschaften mit verschiedenen Altersklassen hospitieren. Das war eine sehr interessante und lehrreiche Zeit", sagt Ballweg.

Sie fing beim Badischen Fußballverband an. "Mein ehemaliger Verbandssportlehrer Jörg Daniel hat mich im Nachhinein am stärksten beeinflusst", sagt Ballweg heute. Daniel war der Ausbilder, bei dem sie ihre ersten Lizenzen machte. Später wurden beide Kollegen beim DFB. Zunächst aber wechselte Ballweg nach Hamburg. 2002 ein folgenreicher Kontakt: Silvia Neid war gerade Trainerin der deutschen U 19-Frauen geworden und auf der Suche nach einer Assistenztrainerin. Neid erinnerte sich an ihre ehemalige Mitspielerin aus Seckach, sprach sie an, die sagte zu. Eine Zusammenarbeit begann, die ebenso vertrauensvoll wie erfolgreich werden sollte. Zusammen wurden sie 2004 Weltmeisterinnen mit den U 19-Frauen, gewannen 2007 die WM mit der Frauen-Nationalmannschaft, wurden 2009 und 2013 Europameisterinnen und feierten 2016 mit dem Gewinn der Goldmedaille in Rio de Janeiro den Abschluss ihrer 14-jährigen Zusammenarbeit im Trainerteam. Zusätzlich hatte Ballweg in dieser Zeit noch die U 23-Auswahl trainiert. 2018 wurde Horst Hrubesch übergangsweise Frauen-Bundestrainer. Und holte sich für die Anfangszeit eine Assistenztrainerin an die Seitenlinie, die alle Spielerinnen bestens kannte: Ulrike Ballweg.

Mit der U 17 zur WM

Diesen Sommer sahen Ballwegs Pläne so aus: Kaderlehrgänge, Sichtungslehrgänge und Länderspiele mit ihren U 16-Juniorinnen. Doch dann erkrankte U 17-Trainerin Anouschka Bernhard, konnte ihre Mannschaft nicht zur Weltmeisterschaft nach Uruguay begleiten. Und Ballweg übernahm. "Ich wurde vom Sportlichen Leiter Joti Chatzialexiou und der Co-Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft, Britta Carlson, angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, bei den U 17-Juniorinnen einzuspringen. Da musste ich nicht lange überlegen", sagt sie. Wieder war es so: Sie kannte die Spielerinnen bereits.

Seit 16 Jahren ist die 53-Jährige bereits für den DFB als Trainerin im Einsatz ist, die WM in Uruguay war gleichwohl eine besondere Erfahrung für sie. "Auch wenn ich schon als Trainerin an einigen Turnieren teilgenommen habe: Hauptverantwortlich hatte ich noch nie eine Juniorinnen-Mannschaft bei einem Endrundenturnier von der Seitenlinie aus betreut", sagt sie. Und betont: "Anouschka hat mir eine tolle Mannschaft mit einem sehr gut funktionierenden Betreuerteam übergeben. Das waren wichtige Bestandteile dafür, dass wir die Vorrunde als Tabellenerster überstanden haben."

In einem packenden Viertelfinalspiel gegen Kanada mussten sich die Spielerinnen aus den Jahrgängen 2001 und 2002 dann aber mit 0:1 geschlagen geben. Trotzdem war Ballweg stolz auf die Leistung ihrer Spielerinnen: "Meine Mannschaft hat viel geleistet und tolle Spiele abgeliefert. Wir haben streckenweise begeisternden Fußball gezeigt und uns in einer starken Gruppe als Tabellenerster durchgesetzt." Der Wermutstropfen bleibt: "Wir sind einfach zu früh ausgeschieden." Doch im Fußball ist es nun mal so: Sieg und Niederlage liegen mitunter sehr nah beieinander, so wie im Spiel gegen Kanada. "Ich bin mir sicher, dass die Spielerinnen sehr viele positive Erfahrungen aus der WM mitnehmen, die für ihre weitere sportliche Entwicklung wertvoll sind", sagt Ballweg. Und auch sie selbst wird sich sicher noch lange an die Tage in Uruguay erinnern.

[dh]

Sie sind ein Sprungbrett für große Karrieren – die U-Nationalmannschaften. DFB.de stellt die Trainerinnen und Trainer dieser Teams vor. Diesmal: Ulrike Ballweg, die schon die größten Titel mit der Frauen-Nationalmannschaft gewonnen hat und zuletzt bei der U 17-Juniorinnen-WM in der Verantwortung stand.

"Schuld" an allem ist Bruder Jürgen: Er schleppte die kleine Ulrike mit zum Sportplatz der SpVgg Hainstadt im Neckar-Odenwald-Kreis. Und die konnte bald gar nicht schnell genug dorthin zurückgehen. In der F-Jugend meldeten sie ihre Eltern im Verein an, für die damalige Zeit noch ein ungewöhnlicher Schritt, denn so viele Mädchen gab es da noch nicht. Und doch war er folgerichtig. "Ich war fußballverrückt und wollte immer spielen. Das hat auch mein damaliger Sportlehrer gemerkt, der mich als erstes Mädchen in die Schulmannschaft eingeschleust hat", sagt Ballweg. Beim SC Klinge Seckach spielte sie in der Frauen-Bundesliga, im gleichen Verein hatte sie schon mit 17 ihre erste Trainerstation: "Im Jugendbereich wurde damals eine Person gesucht, die Verantwortung für die Mädels und Jungs übernimmt. Da habe ich zum ersten Mal in den Trainerbereich reingeschnuppert." Die Arbeit lag ihr: Mit knapp 24 übernahm sie die erste Frauen-Mannschaft als Spielertrainerin. Größter Erfolg war das Erreichen des DFB-Pokalfinales 1996, das jedoch mit 2:1 an den FSV Frankfurt ging.

Hospitanz bei Ajax und dem KSC

Den Fußball-Lehrer hatte sie schon drei Jahre vorher gemacht, als dritte Frau nach der ehemaligen Bundestrainerin Tina Theune und der saarländischen Verbandstrainerin Margret Kratz. Mit ihr im Kurs waren unter anderem Hans-Peter Briegel, Morten Olsen, Bernd Krauss, Stephan Engels, Bernd Storck. Während der Ausbildung hospitierte Ballweg bei zwei Vereinen, dem Karlsruher SC und Ajax Amsterdam. Der KSC spielte damals unter Winfried Schäfer und mit Sean Dundee und "Euro-Eddy" Schmitt im Europapokal. Die Fußballschule von Ajax gehörte in den 90er-Jahren mit ihrem "Voetbal total"-Ansatz zu den besten Ausbildungsstätten Europas. "Ich konnte über einen Zeitraum bei beiden Vereinen in Mannschaften mit verschiedenen Altersklassen hospitieren. Das war eine sehr interessante und lehrreiche Zeit", sagt Ballweg.

Sie fing beim Badischen Fußballverband an. "Mein ehemaliger Verbandssportlehrer Jörg Daniel hat mich im Nachhinein am stärksten beeinflusst", sagt Ballweg heute. Daniel war der Ausbilder, bei dem sie ihre ersten Lizenzen machte. Später wurden beide Kollegen beim DFB. Zunächst aber wechselte Ballweg nach Hamburg. 2002 ein folgenreicher Kontakt: Silvia Neid war gerade Trainerin der deutschen U 19-Frauen geworden und auf der Suche nach einer Assistenztrainerin. Neid erinnerte sich an ihre ehemalige Mitspielerin aus Seckach, sprach sie an, die sagte zu. Eine Zusammenarbeit begann, die ebenso vertrauensvoll wie erfolgreich werden sollte. Zusammen wurden sie 2004 Weltmeisterinnen mit den U 19-Frauen, gewannen 2007 die WM mit der Frauen-Nationalmannschaft, wurden 2009 und 2013 Europameisterinnen und feierten 2016 mit dem Gewinn der Goldmedaille in Rio de Janeiro den Abschluss ihrer 14-jährigen Zusammenarbeit im Trainerteam. Zusätzlich hatte Ballweg in dieser Zeit noch die U 23-Auswahl trainiert. 2018 wurde Horst Hrubesch übergangsweise Frauen-Bundestrainer. Und holte sich für die Anfangszeit eine Assistenztrainerin an die Seitenlinie, die alle Spielerinnen bestens kannte: Ulrike Ballweg.

Mit der U 17 zur WM

Diesen Sommer sahen Ballwegs Pläne so aus: Kaderlehrgänge, Sichtungslehrgänge und Länderspiele mit ihren U 16-Juniorinnen. Doch dann erkrankte U 17-Trainerin Anouschka Bernhard, konnte ihre Mannschaft nicht zur Weltmeisterschaft nach Uruguay begleiten. Und Ballweg übernahm. "Ich wurde vom Sportlichen Leiter Joti Chatzialexiou und der Co-Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft, Britta Carlson, angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, bei den U 17-Juniorinnen einzuspringen. Da musste ich nicht lange überlegen", sagt sie. Wieder war es so: Sie kannte die Spielerinnen bereits.

Seit 16 Jahren ist die 53-Jährige bereits für den DFB als Trainerin im Einsatz ist, die WM in Uruguay war gleichwohl eine besondere Erfahrung für sie. "Auch wenn ich schon als Trainerin an einigen Turnieren teilgenommen habe: Hauptverantwortlich hatte ich noch nie eine Juniorinnen-Mannschaft bei einem Endrundenturnier von der Seitenlinie aus betreut", sagt sie. Und betont: "Anouschka hat mir eine tolle Mannschaft mit einem sehr gut funktionierenden Betreuerteam übergeben. Das waren wichtige Bestandteile dafür, dass wir die Vorrunde als Tabellenerster überstanden haben."

In einem packenden Viertelfinalspiel gegen Kanada mussten sich die Spielerinnen aus den Jahrgängen 2001 und 2002 dann aber mit 0:1 geschlagen geben. Trotzdem war Ballweg stolz auf die Leistung ihrer Spielerinnen: "Meine Mannschaft hat viel geleistet und tolle Spiele abgeliefert. Wir haben streckenweise begeisternden Fußball gezeigt und uns in einer starken Gruppe als Tabellenerster durchgesetzt." Der Wermutstropfen bleibt: "Wir sind einfach zu früh ausgeschieden." Doch im Fußball ist es nun mal so: Sieg und Niederlage liegen mitunter sehr nah beieinander, so wie im Spiel gegen Kanada. "Ich bin mir sicher, dass die Spielerinnen sehr viele positive Erfahrungen aus der WM mitnehmen, die für ihre weitere sportliche Entwicklung wertvoll sind", sagt Ballweg. Und auch sie selbst wird sich sicher noch lange an die Tage in Uruguay erinnern.

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