"Coachin' U": Di Salvo übers Stürmertraining

In Deutschland wird der Ruf nach Positionsspezialisten immer lauter. Aber wie können wir diese entwickeln? Was müssen Positionsspezialisten eigentlich beherrschen? Und welche Positionen benötigen wir in Zukunft wieder vermehrt? Diesen Themen widmen sich die U-Trainer schon seit mehr als drei Jahren und haben daher die positionsspezifischen Programme entwickelt. Was dahinter steckt, erläutern sie in den kommenden Folgen von Coachin' U. Heute: Stürmertraining von U 21-Chefcoach Antonio Di Salvo.

Wenn ich mich daran zurückerinnere, warum ich wie die allermeisten Kinder angefangen habe, Fußball zu spielen: Weil wir den Ball haben und unbedingt ein Tor schießen wollten! Jubel, Freude und Emotionen waren riesengroß, wenn das Netz zappelte. Heute sprechen wir darüber, dass wir mehr Stürmer ausbilden müssen, weil wir auf höchstem Niveau zu wenig Qualitätsspieler haben.

Wie alles begann

Ende 2019 bekamen der damalige U 21-Cheftrainer Stefan Kuntz und ich den Auftrag, ein Konzept zur Entwicklung von Stürmern zu erarbeiten. Drei Punkte waren dabei ausschlaggebend:

  1.  Traditionell hatte Deutschland immer sehr gute klassische Mittelstürmer wie Gerd Müller, Uwe Seeler und einige andere. Als Miroslav Klose, mit 16 Toren bester WM-Torschütze aller Zeiten, seine Karriere beendete, wurde der Ruf nach einem Nachfolger immer lauter.
  2.  Bei den Spielen der U-Nationalmannschaften gegen die größten Fußballnationen fiel auf, dass uns Angreifer fehlen, die auf absolutem Top-Niveau in der Lage sind, Spiele zu entscheiden.
  3.  Im Training bei der U 21 haben wir immer viel Wert darauf gelegt, mit den Stürmern, aber auch mit den anderen Positionsgruppen, an den Basics zu arbeiten. Die Resonanz der Stürmer war immer positiv. Durch viele Wiederholungen haben sie bei den verschiedenen Abschlussaktionen an Sicherheit vor dem Tor dazugewonnen.

Das alles war der Startpunkt und die Motivation, uns detaillierter mit dem Thema zu beschäftigen und ein Konzept aufzustellen.

Golden Zone: Wie und wo fallen die meisten Tore?

Wir wollten nicht nur aus unseren Erfahrungen Handlungsempfehlungen aussprechen und vorgeben. Um zu beantworten, was der Stürmer der Zukunft braucht, haben wir Daten und Statistiken aus den vergangenen zehn Jahren zusammengetragen und dabei die besten Ligen, Wettbewerbe und Stürmer der Welt analysiert. Zusätzlich haben wir eine qualitative Analyse durchgeführt.

Am auffälligsten war, dass in der Zone zwischen Fünf-Meter-Raum und Strafraum ca. 75-85 Prozent aller Tore fallen. Dabei werden die Hälfte der Tore per Direktabnahme erzielt, aber auch viele mit dem zweiten oder dritten Kontakt. Diesem Bereich haben wir mit der „Golden Zone“ einen Namen gegeben. In dieser Zone müssen wir die Abschlusstechniken beherrschen, im Zusammenspiel mit den Mitspielern das perfekte Timing haben, um dorthin zu kommen und uns mit aller Macht durchsetzen wollen.

Die drei Stürmerprofile

Wir haben drei Profile definiert:

  1. der klassische Mittelstürmer
  2. die „falsche 9“
  3. der Außenstürmer

Auch wenn wir aktuell den klassischen Mittelstürmer suchen und ausbilden wollen, geht es auch darum, den vorhandenen Spielerpool optimal auszuschöpfen. Wenn es bspw. in bestimmten Jahrgängen den großen und robusten Stürmer nicht gibt, dann müssen wir eben mit den vorhandenen Stürmertypen gezielt arbeiten. Bis auf wenige Unterschiede sind die Anforderungen, vor allem die Abschlusstechniken, für alle Stürmerprofile gleich.

Um mit Stürmern gezielt zu arbeiten, beziehen wir auch die Eigenschaften des Stürmers mit ein: Neben den erforderlichen Techniken und der Physis spielt die Psyche und Persönlichkeit ein große Rolle. Es geht vor allem um Konsequenz vor dem Tor, die Gier Tore zu erzielen und um einen mutigen Umgang mit vergebenen Torchancen. Außerdem sollte man mit einbeziehen, dass der Stürmer im Vergleich zu anderen Positionen, von Gegnern umzingelt ist, ständig unter Druck ist, in engen Räumen sehr wenig Zeit hat und in puncto Technik und Handlungsschnelligkeit perfekt ausgebildet sein muss. Zu guter Letzt müssen wir Trainer wissen, dass er ein Spielentscheider ist; ein Stürmer wird immer an Toren gemessen und wird selbst nie zufrieden sein, wenn er kein Tor schießt.

Herangehensweise der U-Nationalmannschaften: So arbeiten wir

Die positionsspezifischen Programme spielen in unserer Arbeit bei den U-Nationalmannschaften eine große Rolle. Noch wichtiger als das Erarbeiten eines Konzeptes ist, es mit Leben zu füllen. Wir sammeln im Training Erfahrungen und teilen das Wissen im System Fußball. Bei internen und externen Workshops mit Vereinen, Verbänden etc. sprechen wir über die Erkenntnisse und arbeiten an gemeinsamen Lösungen zur Förderung unserer Talente.

Mit der allerwichtigsten Zielgruppe, den Spielern, sind wir in ständigem Austausch. Wir schicken in regelmäßigen Abständen detaillierte Schwerpunktvideos und besprechen diese auch in den Länderspielmaßnahmen. Anschließend geht es auf den Trainingsplatz; nur durch ein gezieltes Trainieren der Schwerpunkte schaffen wir einen optimalen Transport. Zu Beginn trainieren wir in isolierten Übungen: es geht zunächst darum, durch viele Wiederholungen Sicherheit zu bekommen.

Im Anschluss daran kommen in kleinen und großen Spielformen Gegenspieler dazu, die Stürmer müssen sich im Wettbewerb mit Gegnerdruck behaupten.  Voraussetzung für dieses Training ist, dass die Stürmer die notwendigen Abschlusstechniken beherrschen.

Bisherige Schwerpunkte und allgemeine Coachinghinweise

  1. Abschlusstechniken in der Golden Zone üben.
  2. Timing – den Rücken des Verteidigers suchen:
  3. Bei Flanken und flachen Hereingaben aus dem Rücken des Innenverteidigers starten und mit dem Fuß oder Kopf abschließen.
  4. Timing – mit Querläufen in Abschlusssituationen kommen.
  5. Kreuzen mit und ohne Ball.

 Im Detail haben wir dazu sehr viele Coachinghinweise erarbeitet, die den Rahmen hier sprengen würden. Bei den Abschlusstechniken war uns vor allem wichtig, dass wir uns zunächst auf Präzision, dann auf die Härte konzentrieren. Außerdem sollte der letzte "Blick" vor einem Abschluss zum Ball gehen, damit man ihn gut trifft.

 Es gibt noch viele weitere Schwerpunkte, die wir künftig bearbeiten werden. Als nächstes stehen folgende Themen im Fokus:

  1.  der unbedingte Wille und die Techniken, sich in den Duellen durchzusetzen, vor allem mit dem Rücken zum Tor.
  2. das Timing und die Technik beim Kopfball.
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In Deutschland wird der Ruf nach Positionsspezialisten immer lauter. Aber wie können wir diese entwickeln? Was müssen Positionsspezialisten eigentlich beherrschen? Und welche Positionen benötigen wir in Zukunft wieder vermehrt? Diesen Themen widmen sich die U-Trainer schon seit mehr als drei Jahren und haben daher die positionsspezifischen Programme entwickelt. Was dahinter steckt, erläutern sie in den kommenden Folgen von Coachin' U. Heute: Stürmertraining von U 21-Chefcoach Antonio Di Salvo.

Wenn ich mich daran zurückerinnere, warum ich wie die allermeisten Kinder angefangen habe, Fußball zu spielen: Weil wir den Ball haben und unbedingt ein Tor schießen wollten! Jubel, Freude und Emotionen waren riesengroß, wenn das Netz zappelte. Heute sprechen wir darüber, dass wir mehr Stürmer ausbilden müssen, weil wir auf höchstem Niveau zu wenig Qualitätsspieler haben.

Wie alles begann

Ende 2019 bekamen der damalige U 21-Cheftrainer Stefan Kuntz und ich den Auftrag, ein Konzept zur Entwicklung von Stürmern zu erarbeiten. Drei Punkte waren dabei ausschlaggebend:

  1.  Traditionell hatte Deutschland immer sehr gute klassische Mittelstürmer wie Gerd Müller, Uwe Seeler und einige andere. Als Miroslav Klose, mit 16 Toren bester WM-Torschütze aller Zeiten, seine Karriere beendete, wurde der Ruf nach einem Nachfolger immer lauter.
  2.  Bei den Spielen der U-Nationalmannschaften gegen die größten Fußballnationen fiel auf, dass uns Angreifer fehlen, die auf absolutem Top-Niveau in der Lage sind, Spiele zu entscheiden.
  3.  Im Training bei der U 21 haben wir immer viel Wert darauf gelegt, mit den Stürmern, aber auch mit den anderen Positionsgruppen, an den Basics zu arbeiten. Die Resonanz der Stürmer war immer positiv. Durch viele Wiederholungen haben sie bei den verschiedenen Abschlussaktionen an Sicherheit vor dem Tor dazugewonnen.

Das alles war der Startpunkt und die Motivation, uns detaillierter mit dem Thema zu beschäftigen und ein Konzept aufzustellen.

Golden Zone: Wie und wo fallen die meisten Tore?

Wir wollten nicht nur aus unseren Erfahrungen Handlungsempfehlungen aussprechen und vorgeben. Um zu beantworten, was der Stürmer der Zukunft braucht, haben wir Daten und Statistiken aus den vergangenen zehn Jahren zusammengetragen und dabei die besten Ligen, Wettbewerbe und Stürmer der Welt analysiert. Zusätzlich haben wir eine qualitative Analyse durchgeführt.

Am auffälligsten war, dass in der Zone zwischen Fünf-Meter-Raum und Strafraum ca. 75-85 Prozent aller Tore fallen. Dabei werden die Hälfte der Tore per Direktabnahme erzielt, aber auch viele mit dem zweiten oder dritten Kontakt. Diesem Bereich haben wir mit der „Golden Zone“ einen Namen gegeben. In dieser Zone müssen wir die Abschlusstechniken beherrschen, im Zusammenspiel mit den Mitspielern das perfekte Timing haben, um dorthin zu kommen und uns mit aller Macht durchsetzen wollen.

Die drei Stürmerprofile

Wir haben drei Profile definiert:

  1. der klassische Mittelstürmer
  2. die „falsche 9“
  3. der Außenstürmer

Auch wenn wir aktuell den klassischen Mittelstürmer suchen und ausbilden wollen, geht es auch darum, den vorhandenen Spielerpool optimal auszuschöpfen. Wenn es bspw. in bestimmten Jahrgängen den großen und robusten Stürmer nicht gibt, dann müssen wir eben mit den vorhandenen Stürmertypen gezielt arbeiten. Bis auf wenige Unterschiede sind die Anforderungen, vor allem die Abschlusstechniken, für alle Stürmerprofile gleich.

Um mit Stürmern gezielt zu arbeiten, beziehen wir auch die Eigenschaften des Stürmers mit ein: Neben den erforderlichen Techniken und der Physis spielt die Psyche und Persönlichkeit ein große Rolle. Es geht vor allem um Konsequenz vor dem Tor, die Gier Tore zu erzielen und um einen mutigen Umgang mit vergebenen Torchancen. Außerdem sollte man mit einbeziehen, dass der Stürmer im Vergleich zu anderen Positionen, von Gegnern umzingelt ist, ständig unter Druck ist, in engen Räumen sehr wenig Zeit hat und in puncto Technik und Handlungsschnelligkeit perfekt ausgebildet sein muss. Zu guter Letzt müssen wir Trainer wissen, dass er ein Spielentscheider ist; ein Stürmer wird immer an Toren gemessen und wird selbst nie zufrieden sein, wenn er kein Tor schießt.

Herangehensweise der U-Nationalmannschaften: So arbeiten wir

Die positionsspezifischen Programme spielen in unserer Arbeit bei den U-Nationalmannschaften eine große Rolle. Noch wichtiger als das Erarbeiten eines Konzeptes ist, es mit Leben zu füllen. Wir sammeln im Training Erfahrungen und teilen das Wissen im System Fußball. Bei internen und externen Workshops mit Vereinen, Verbänden etc. sprechen wir über die Erkenntnisse und arbeiten an gemeinsamen Lösungen zur Förderung unserer Talente.

Mit der allerwichtigsten Zielgruppe, den Spielern, sind wir in ständigem Austausch. Wir schicken in regelmäßigen Abständen detaillierte Schwerpunktvideos und besprechen diese auch in den Länderspielmaßnahmen. Anschließend geht es auf den Trainingsplatz; nur durch ein gezieltes Trainieren der Schwerpunkte schaffen wir einen optimalen Transport. Zu Beginn trainieren wir in isolierten Übungen: es geht zunächst darum, durch viele Wiederholungen Sicherheit zu bekommen.

Im Anschluss daran kommen in kleinen und großen Spielformen Gegenspieler dazu, die Stürmer müssen sich im Wettbewerb mit Gegnerdruck behaupten.  Voraussetzung für dieses Training ist, dass die Stürmer die notwendigen Abschlusstechniken beherrschen.

Bisherige Schwerpunkte und allgemeine Coachinghinweise

  1. Abschlusstechniken in der Golden Zone üben.
  2. Timing – den Rücken des Verteidigers suchen:
  3. Bei Flanken und flachen Hereingaben aus dem Rücken des Innenverteidigers starten und mit dem Fuß oder Kopf abschließen.
  4. Timing – mit Querläufen in Abschlusssituationen kommen.
  5. Kreuzen mit und ohne Ball.

 Im Detail haben wir dazu sehr viele Coachinghinweise erarbeitet, die den Rahmen hier sprengen würden. Bei den Abschlusstechniken war uns vor allem wichtig, dass wir uns zunächst auf Präzision, dann auf die Härte konzentrieren. Außerdem sollte der letzte "Blick" vor einem Abschluss zum Ball gehen, damit man ihn gut trifft.

 Es gibt noch viele weitere Schwerpunkte, die wir künftig bearbeiten werden. Als nächstes stehen folgende Themen im Fokus:

  1.  der unbedingte Wille und die Techniken, sich in den Duellen durchzusetzen, vor allem mit dem Rücken zum Tor.
  2. das Timing und die Technik beim Kopfball.
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